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kommen sein dürfte, etwas Näheres über den Diamanten
und seine Fundstätten zu erfahren.
Der Diamant — chemisch ein Kohlenstoff — ist unter
allen Edelsteinen der wichtigste, wenn auch keineswegs
der wertvollste. Was ihn aber vor allen anderen Edel¬
steinen in erster Linie auszeichnet, ist seine große Härte,
sein hohes Brechungs- und Lichtzerstreuungsvermögen,
dem er sein prächtiges Farbenspiel und seinen Glanz
verdankt, und endlich seine Reinheit und verhältnis¬
mäßige Größe, in der er im Gegensatz zu anderen
Edelsteinen wie Smaragd, Rubinen und Saphir ge¬
funden wird.
Wegen seiner großen Härte findet der Diamant
nicht nur Verwendung als Schmuckstein, sondern wird
auch vielfach in der Technik gebraucht. Der großen
Härte verdankt der Diamant auch seinen Namen, der
vom griechischen „adamas", der „Unbezwingliche", ab¬
geleitet wurde.
Die Reinheit und Durchsichtigkeit ist für den Wert
der Diamanten zunächst bestimmend. Im allgemeinen
stellt man fich unter einem Diamanten einen farblosen,
klaren und durchsich¬
tigen Stein vor. Dem
ist nun durchaus nicht
so, denn nur etwa ein
Viertel aller gefun¬
denen Diamanten hat
diese Eigenschaft, wäh¬
rend ein anderes Viertel
schwach und die übrige
Hälfte mehr oder we¬
niger lebhaft gefärbt
ist. Abgesehen von
einigen ausgezeichneten
grünen, dunkelblauen
und blutroten Exem¬
plaren, die aber nur
selten in den Handcl
kommen und meist in
den Händen der Minen¬
besitzer bleiben, sind die
„blauweißen", wie sie
in Brasilien und In¬
dien vorkommen, die
wertvollsten. Die Kap¬
diamanten haben häufig einen Stich ins Gelbe.
Abgesehen von der Reinheit und der Farbe ist auch
die Größe der Diamanten für ihren Wert von Be¬
deutung. Das Einheitsgewicht, nach dem die Edel¬
steine gehandelt werden, ist das Karat — 0,205 Gramm.
Kostet nun 1 Karat eines Diamanten z. B. 500 Mark,
so soften 2 Karat von derselben Qualität nicht etwa
1000 Mark, wie man annehmen sollte, sondern etwa
2000 Mark. Bei größeren Gewichten ist dann der
Unterschied noch beträchtlicher. Begründet ist diese
sprunghafte Preissteigerung dadurch, daß für einen
Edelstein ein Gewicht von über 1 Karat immerhin
noch die Norm ist. Der größte bislang überhaupt
gefundene Diamant ist in englischem Besitz. Er wurde
am 26. Januar 1905 20 Meilen nordwestlich von
Pretoria entdeckt. Sein Rohgewicht betrug 3024^4
Karat — 620 Gramm, seine Länge 112 mm, die Höhe
65 mm und die Breite 51 mm. Seinen Wert schätzte
man auf 10000000 Mark, er wurde aber für 3000000
Mark von der südafrikanischen Regierung angekauft
und als Beweis ihrer „Loyalität" König Eduard von
England als Geburtstagsgeschenk am 9. November 1907
überreicht.
Was die Kunst des Schleifens anbelangt, so ist
diese schon recht alt. Zuerst dürfte sie in Indien aus¬
geübt worden sein. Erst verhältnismäßig spät kam
sie nach Europa. Die Diamantschleiferei wird haupt¬
sächlich in Amsterdam und Antwerpen ausgeführt; in
Deutschland in Idar und Hanau. Idar schleift aus
eigene Rechnung, und die von dort kommenden Edel¬
steine erfreuen sich wegen ihres vorzüglichen Schliffes
eines guten Rufes. Wegen seiner außerordentlichen
tärte kann der Diamant nur mit seinem eigenen
ulver geschliffen werden.
Daß die Kunst des Diamantschleifens gerade in
Indien ihren Anfang nahm, kann nicht überraschen;
stammen doch auch die ältesten Diamantfunde, die
gleichzeitig die schönsten und berühmtesten Steine liefer¬
ten, aus diesem Wunderlande. Bis zum 18. Jahr¬
hundert versorgte Indien die ganze Welt mit Dia¬
manten, heute ist die Produktion kaum noch nennens¬
wert. Der Diamantüberfluß in Indien war so groß,
daß die Edelsteine vielfach zur Ausschmückung der
alten Götzenbilder benutzt wurden.
Ebenso wie Indien
hat auch Borneo in
früheren Zeiten be¬
trächtliche Mengen des
Edelsteins hergegeben.
In den letzten Jahr¬
zehnten jedoch ist die
Produktion sehr zurück¬
gegangen.
Nächst den indischen
Fundstätten sind die
brasilianischen Dia-
mantvorkommen die
ältesten. Sie wurden
im Jahre 1728 von
Goldsuchern entdeckt.
Am ergibigsten ist heute
die Provinz Bahia.
Ebenso wie die in¬
dischen gehören auch
jetzt noch die brasiliani¬
schen Steine zu den
besten. Vom Beginn
der Produktion bis
zum Jahre 1850 sind etwa 10000000 Karat, das sind
44 Zentner im Werte von über 300 Millionen Mark
erbeutet worden. Für die letzten 50 Jahre wird der
Ertrag auf weitere 200 Millionen Mark geschätzt.
Die Diamantfunde in Australien, China und Nord¬
amerika sind für den Welthandel belanglos. An der
Spitze marschiert jetzt Südafrika, das °/io des ganzen
Welthandels an Diamanten deckt.
Der erste südafrikanische Diamantfund fällt in das
Jahr 1867. Ein Händler erhielt ihn von einem Bur,
der von seinem Werte keine Ahnung hatte. Der Stein
wog 241/4 Karat und brachte später 100000 Mark.
Zwei Jahre später erhielt derselbe Bur von einem
Hottentotten für 80000 Mark einen Diamanten von
831/2 Karat. Dieser Juwel wird auf eine halbe Million
Mark geschätzt und befindet sich im Besitze einer eng¬
lischen Gräfin.
Schnell verbreitete sich damals die Kunde von dem
neuen verheißungsvollen Diamantenfunde, und zahl¬
reiche Abenteurer stürmten aus aller Herren Länder
herbei. Die Erwartungen wurden nicht getäuscht;
hunderte von Gruben, eine neben der anderen, führten
in die Erde hinab und in rapidem Tempo entwickelte
Diamantenwäscherei bei Kolmanskop.