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Lächelnd entgegnete sie: „Jch dank’ Euch, Herr,
ſür Euren guten Rat. Uber er ſchreckt mich nicht ab.
Ulle Angst iſt mir längſt benommen; mir ift ſo leicht
zu Mut, als ob ich zum Tanze gehen sollte. Denn
keine Not ist ſo groß, die an einem Tage, was? in
einer Stunde an meinem Leibe sich endet, daß ich sie
nicht mit Freuden ertrüge um der himmliſchen Selig-
keit willen, die nie vergeht. Darum ſeid getroſt und
unverzagt: ich zucke nicht.“
„Solch ſeſten Mut hab’ ich nuch bei keinem Manne
gesunden!‘’ ſprach der Meister voll Bewunderung.
„Wenn's denn ſein ſoll, in Gottes Namen! ſo mag
es gleich geſchehen.'
Er ging zum harrenden Ritter im Vorzimmer
zurück und sagte: „Habt ſröhliche Huversſicht; ich mach'
Euch bald geſund. Wartet hier." Dann begab er
ſich wieder in sein inneres Gemach. ſchioß die Thür
hinter sich und ſchob noch einen Riegel vor, denn
Heinrich ſollte das Schreckliche nicht ſehen. Die Jung-
frau, endlich dem Hiele ſo nah, über alles Irdiſche,
über Furcht und Scham erhaben, wartete kaum das
Geheiß des Arztes ab, sie begann eilig sich zu ent-
kleiden und zerrte ungeduldig an der Naht.
Inzwiſchen lauſchte der arme Heinrich draußen in
höchſter Aufregung. Es war ſo unheimlich stil drinnen,
er hörte ſsaſt nichts. Vergeblich ſuchte er nach einer
Rite in der alten Thür, er konnte nicht hindurch
ſpähen. Um so wilder jagten einander dis Gedanken
in ſeinem fieberheißen Hirn, bis eine leiſe Stimme,
lang überläubt doch nie ganz erstickt, fich immer ver-
nehmlicher und mächtiger erhob: Darſſt du, als Mann,
als Ritter, als Christ, dich retten laſſen um solchen