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„Nein, Gemahl," antwortete der arme Dulder, den
seine sar yÑ oft wach hielten. „Wie kommſt Du
eut’ ſo frühe ?“
h Da offenbarte sie ihm kurz und schlicht ihren un-
geheuren Entſchlußk. Er traute ſeinen Ohren kaum,
er war sprachlos, als er die unerhörte Kunde vernahm.
Die Augen quollen ihm über bei ihren treuherzigen
Worien : „Weiß Gott, ich will gern ſür Euch sterben.“
„Solche Liebe hat mir noch kein Mensch gezeigt!“
rief er, als er wieder Worte fand. „Gott wolle Dir's
lohnen, wie ich es nicht vergeſſen werde bis an mein
Ende. Aber annehmen kann ich Dein Opfer nicht.“
„Warum nicht?“ erwiderte ſie. „Euer Leben 1ſt
mehr wert als meines.“ '
„Gemahl," ſprach er, „Du thuſt wie die Kinder.
Was denen in den Sinn kommt, es ſei übel oder gut,
dazu sind sie alle jähen Mutes, und es gereuet sie
doch oſt ſehr darnach. Ich zweifle durchaus nicht, daß
es Dir in dieſer Stunde vollkommen Ernſt iſt. Aber
im Angesichte des Todes würde Dein Entſchluß wanken,
und dann wär'’ alles umſsonſt.“
„Laßt es darauf nur getroſt ankommen," erwiderte
sie und sah ihn mit einem Blick unendlicher Liebe an.
„Und Deine Eltern?“ begann er von einer andern
Seite. „Denkst Du nicht an die ? Ohne ihren Wilen
darfst Du Dich eines solchen Dinges nicht unterſangen.
Frage sie, jawohl, Gemahl, beſprich Dich mit ihnen,
und was sie Dir raten, das 1hue.“
So ſprach er und lächelte dazu, denn wenig ahnle
er, was er doch bald darauf aus dem eigenen Munde
des Meiers hören ſolle: „Es ist heute der dritte
Tag, daß sie, ſonſt das ſanſleſte und folgſamſte Kind,