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"1 Der Schnee war wieder einmal zerronnen, der
Wind hatte die Erde getrocknet, die Sonne überraſchend
ſchnel Schneeglökchen und Primeln, Veilchen und
zartes Laub hervor gelockt, weich und wonnig ſpielte
die Luft in den Hweigen, die Vöglein begrüßten freudig
die erwünſchte Heit, als an einem Sonntage Herr
Heinrich, noch ſorglich in einen leichten Mantel gehüllt,
fill und matt auf der Bank am Hauſe ſaß, Beatrix
zu seinen Füßen, ihr Vater, doch nicht gar dicht, neben
ihm. Da brach der gute Meier, die Herrlichkeit der
neuerwachenden Natur ringsum und dann den armen
Lazarus an ſeiner Seite betrachtend, nach längerem
Schweigen voll Mitleid in die Worte aus: „Wir
sollen Gott nicht meiſtern und tadeln, aber doch hab'
ich oft im ftillen gefragt, warum der milde Himmels-
wirt und Freudenſpender gerade meinen lieben Herrn
ſo ſchrecklich heimſuche.“
. „Das hab' auch ich gethan, Freund,“ erwiderte
Herr Heinrich ſanft, „und nicht ſo fromm und be-
ſcheiden wie ihr. Nun weiß ich es. Ich habe all
mein Leiden redlich verdient".
„Wieſo ?“ ſragte der Meier erstaunt.
„Hab' ich nicht jahrelang gelebt wie der reiche
Mann im Evangelium, alle Tage herrlich und in
Freuden ? Geſund und stark, ſchagreich und mächtig,
auserleſen und bevorzugt vor vielen Tauſenden ? Da
wärs an der. Heit geweſen zu fragen: Womit hab'
ich dies alles verdient? Wie kann ich mich dankbar
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gethan “. ,