Full text: 23.1895 (0023)

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Der Toten Warnruf. 
(Nach einer aus Hildesheim stammenden Sage.) 
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om Himmel ehern Tag für Tag 
Glutpfeile mitleidslos entſendet 
Der Sonnenball auf Feld und Hag. 
Kein Körnlein hat der Halm geſpendet; 
Die blaſſe Not klopft an die Thüren, 
Mißmut und Hunger ſind zu Gaſt. 
Leicht iſt's, den Groll zur Wut zu ſchüren,. 
Wenn nur ein Funke Feuer faßt. 
Wo kam es her, das kecke Wort, 
Das zündend aufslammt durch die Gaſſen ? 
Von Menſchen wimmelt’'s hier wie dort, 
Am Markt ballt sich's zu dichten Maſſen. 
„Zum Dom! Jn ſeinen Prachtgewändern 
Der ſatte Biſchof Meſſe liest; 
Bequem könnt Euer Loos Jhr ändern, 
Wenn ſich ſein Goldſchat Euch erſchließt.“ 
„Häuft auf den Besten Ihr die Schuld ? 
Wollt gegen Liebe Euch verſchwören ?“ 
Ein Weib ruft's. Voller Ungeduld 
~ Wie möchte darauf einer hören ?! ~ 
Hebt sich der Menge wüſtes Lärmen, 
Hat bald das Weiblein überſchrie'n; 
Und doppelt ſchnell in breiten Schwärmen 
Sieht man das Volk zum Dome zieh'n. 
Im Gotteshaus iſt's kühl und still, 
Dort lauſcht die kleine Schar der Frommen, 
Der Biſchof von der Kanzel will 
Den Hörern an die Herzen kommen: 
„Der Herr uns ſendet ſchwere Heiten, 
Auf daß es liege klar am Tag, 
Wer von uns eine Statt bereiten 
Der Liebe, dem Erbarmen mag.
	        
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