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Selbstüberwindung wird immer belohnt, nur wär's
uns schwachen, lobes- und lohnbedürftigen Menschen
lieber, wenn es immer auf der Stelle geschähe, wie
hier. Martin begegnete nach einigen Schritten einem
frühern Schulkameraden, dem reichen Herrn Lohmar.
„Sieh' da," rief dieser erfreut, „das trifft sich ja gut!
Dich such' ich eben. Willst du mir einen Gefallen
thun?"
Er hatte das trauliche „Du" beibehalten, während
Martin längst „Sie" zu ihm sagte. Kleider und Um¬
stände machen auch zwischen Gleichaltrigen einen be¬
deutenden Unterschied: hier der stattliche Herr in den
Gummischuhen, der feinen, hellgrauen Hose, dem dicken,
bis an den Hals zugeknöpften blauen Ueberrock mit
dem Sammtkragen, dem glänzenden Hute, den warmen
Pelzhandschuhen und dem schwerseidenen Regenschirme,
— und vor ihm der bleiche, schlechtgekleidete, mit Kohlen¬
staub bedeckte und nach Schweiß und Schwefel riechende
Bergmann.
„Mein Schwiegervater hat mich zum heiligen Abend
eingeladen," fuhr Herr Lohmar lächelnd fort, „und zwar
mit Kind und Kegel, Mann und Maus, Knecht, Magd
und Vieh und Allem, was mein ist. Nun laß' ich das
Haus nicht gerne ganz leer zurück, zumal da gerade
mehr Geld als gewöhnlich da liegt. Willst du den
Wächter spielen? das heißt, du darfst.auch ein wenig
einnicken^nur Thür' und Fenster gehörig verschlossen
und aufgepaßt!"
„So'sind die Reichen!" war Martins erster Gedanke,
it leben /alle Tage herrlich und in Freuden, sogar
BedientenpaÄ ustd Alles^whs mit ihnen zusammen-