Full text: 1954 (0009)

mungcn über das Einkommen sind jedoch so 
gehalten, daß soziale Härten nach Möglichkeit 
vermieden werden. 
Die Gewährung der Sozialrentnerhilfe setzt 
u. a. voraus, daß der Rentner sich den not 
wendigen Lebensbedarf nicht beschaffen kann. 
Dem Rentner selbst wird hierbei eine Er 
werbsarbeit nicht zugemutet. Ebenso erscheint 
nach den Durchführungsbestimmungen zu dem 
Gesetz eine Erwerbsarbeit für die Witwe des 
Rentners nicht zumutbar, wenn sie entweder 
das 50. Lebensjahr vollendet oder mindestens 
1 Kind zu versorgen hat oder aber selbst zu 
mehr als 50 v. H. erwerbsbeschränkt ist. 
Die Sozialrcntnerhilfe wird außer für den 
Rentner bzw. dessen Witwe auch für die haus- 
haltsangehörigen Personen gewährt, soweit sie 
familienzulageberechtigt sind. Leben mit dem 
Rentner andere Familienangehörige zusammen, 
für die er keine Familienzulagen bezieht, so 
werden sie bei der Erreichung der Sozialrent 
nerhilfe nicht berücksichtigt. 
Trotz mancher Berührungspunkte unter 
scheidet sich die Sozialrentnerhilfe doch we 
sentlich von der öffentlichen Fürsorge. Dies 
zeigt sich vor allem darin, daß z. B. Nach 
zahlungen von Versorgungs- oder Versiche 
rungsrenten nicht für gewährte Sozialrentner 
hilfen in Anspruch genommen werden kön 
nen. Schließlich kann der Sozialrentner seinen 
Anspruch im verwaltungsgerichtlichen Verfah 
ren bis zur Entscheidung des Oberverwal- 
tungsgeriJites verfechten. 
Für FäFe, in denen ein Rechtsanspruch auf 
Sozialrentnerhilfe nach dem Gesetz nicht an 
erkannt werden kann, hat der Gesetzgeber 
die Möglichkeit eines Härteausgleichs vorge 
sehen, wenn sich bei Anwendung des Gesetzes 
besondere Härten ergeben. Über solche Fälle 
entscheidet der Arbeitsminister im Einverneh 
men mit dem Finanzminister unter Ausschluß 
des Rechtsweges. 
Mit der Durchführung efes Gesetzes sind 
die Bürgermeister bzw. Verwaltungsvorsteher 
beauftragt. Sie nehmen den Antrag entgegen 
und entscheiden darüber in erster Instanz. 
Ebenso bringen sie die Sozialrentnerhilfe zur 
Auszahlung. In diesem Zusammenhang sei er 
wähnt, daß die Sozialrentnerhilfe von der An- 
tragstellung an rückwirkend für drei Monate 
gewährt werden kann. 
Die Auswirkungen des Gesetzes lassen sich 
im gegenwärtigen Stadium nur schwer über 
sehen. Im Augenblick sind statistische Erhe 
bungen im Gange, die zeigen sollen, wie groß 
der Personenkreis ist, für den das Gesetz Gel 
tung erlangt hat. Erst dann wird sich über 
sehen lassen, welche finanziellen Auswirkun 
gen das neue Gesetz mit sich bringt. Die Ein 
zelbestimmungen des Gesetzes, durch welche 
die Höhe der Aufwendungen im wesentlichen 
bestimmt wird, sind noch nicht als endgültig 
anzusehen. In welchem Umfang geholfen wer 
den kann und ob weitere Verbesserungen vor 
gesehen werden können, hängt von den Mitteln 
ab, die der Landtag für diesen Zweck zur 
Verfügung stellen kann. 
Gleicher Lohn für gleiche Leistung 
Um die Gleichberechtigung der Frau 
Gewerkschaftsforderungen werden häufig 
erst nach jahrelangen Kämpfen allgemein an 
erkannte Grundsätze. Eine ganze Reihe ge 
werkschaftlicher Forderungen sind nach und 
nach in internationalen Abkommen oder so 
gar in den Gesetzgebungen und Verfassungen 
einzelner Staaten verankert worden. Damit 
ist jedoch in vielen Fällen nichts über die 
praktische Anwendung und Erfüllung einer 
solchen Forderung gesagt. Anerkennung eines 
Grundsatzes und dessen strikte Befolgung 
sind oft zwei grundverschiedene Dinge. Auf 
gabe der Gewerkschaften ist, den Spalt, der 
zwischen beiden klafft, nach Möglichkeit zu 
schließen. 
Der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche 
Arbeit“ ist der Arbeiterbewegung entsprun 
gen. Er entstand als Ausdruck der Forderung 
gleichen Rechtes und sozialer Gerechtigkeit 
für alle Menschen und beide Geschlechter. Als 
im vergangenen 19. Jahrhundert die Forde 
rung zum ersten Male gestellt wurde, bekam 
sie im Jahre 1888 in einer Entschließungs- 
fordefung des britischen TUG ihre erste feste 
Ausformung. Nach dem zweiten Weltkrieg 
legten die Vereinten Nationen die Gleichbe 
rechtigung von Männern und Frauen fest. 
Im Artikel 23 der Welt-Erklärung der Men 
schenrechte wurde verkündet: „Alle Menschen 
haben unterschiedlos Anspruch auf gleichen 
Lohn für gleiche Arbeit“. 
Aufgabe der Internationalen Arbeitsorgani 
sation war es, diesen Grundsatz in die Praxis 
zu übertragen, indem man ihn in einem inter 
nationalen Arbeitsabkommen gesetzlich ver 
pflichtende Gestalt gab. Die IAO war umso 
mehr dazu berufen, als schon im Vorwort zu 
ihrer Satzung deT Grundsatz „gleicher Lohn 
für gleiche Arbeit“ niedergelegt worden war. 
Im Juni 1951 nahm die 34. internationale 
Arbeitskonferenz mit 105 gegen 33 Stimmen 
bei 40 Stimmenthaltungen als Arbeitskonven 
tion Nr. 100 die Durchführung der gleichen 
Entlohnung für gleiche Arbeit für beide Ge 
schlechter an. Die Konvention 100 wurde je 
doch bis heute nur von sechs Staaten ratifi 
ziert. 
Sie verpflichtet die Staaten, welche ihr bei 
treten, den Grundsatz gleicher Entlohnung für 
gleiche Arbeit männlicher und weiblicher Ar 
beitskräfte nachdrücklich zu verfolgen. Die 
Durchführung des Grundsatzes kann dabei 
durch die Landesgesetzgebung oder durch Ta 
rifverträge zwischen Arbeitgebern und Arbeit 
nehmern, oder durch andere kombinierte Vor 
schriften und Maßnahmen gesichert werden. 
Wie sich schon daraus ergibt, Lst die Kon 
vention außerordentlich elastisch. Sie ver 
langt weder ein Zwangssystem noch ein Ein 
greifen des Staates. Die Konvention erlaubt 
sogar, daß „die Unterschiede zwischen Ein 
kommen, welche ohne Berücksichtigung des 
Geschlechtes den Verschiedenheiten entspre 
chen, die sich durch eine objektive Wertung 
der zu leistenden Arbeit ergeben, nicht als 
dem Prinzip entgegenstehend betrachtet wer 
den dürfen.“ 
In den verschiedenen Mitgliedsstaaten der 
IAO haben sich die freien Gewerkschaften 
sofort nach der Annahme der Konvention 
für deren Ratifizierung durch die Regierun 
gen eingesetzt. Dieses Bestreben wurde noch 
stärker, als der Dritte Weltkongeß des IBFG 
in Stockholm im Juni 1953 beschloß, den 
Exckutiv-Ausschuß des Bundes zu beauf 
tragen, dieser Frage seine besondere Aufmerk 
samkeit zu schenken. 
Der IBFG, welcher sich schon auf seinem 
ersten Kongreß in London im Dezember 1949 
für den Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche 
Arbeit“ ausgesprochen hatte, mußte schon 
früher sich' unmittelbar mit dem Probleni 
beschäftigen und zwar innerhalb der Öffent 
lichen Dienste. Im Januar 1953 verfaßte der; 
IBFG auf Ersuchen des Sekretariats der Ver 
einten Nationen einen Bericht über die Dis 
kriminierung der Frauen in den Öffentlichen 
Diensten. Der Bericht des IBFG, welcher sich 
auf eine Nachfrage bei 18 angeschlossenen 
Organisationen und eine Untersuchung der; 
Internationalen Förderation der Gewerkschaf 
ten des Personals Öffentlicher Dienste stützte, 
zeigte besonders, daß die diskriminierenden 
Praktiken zum größten Teil auf alte Traditi 
onen zurückgingen oder auf einfachen Vor 
urteilen beruhten. Daraus folgt, daß die voll 
kommene Überwindung jeder geschlechtlichen 
Diskriminierung auf dem Arbeitsgebiet nur 
auf lange Frist möglich ist. Die freien Ge 
werkschaften sind entschlossen, diese Arbeit 
zu leisten. Die Ratifizierung der Konvention 
Nr. 100 durch die verschiedenen Staaten wird 
ihnen dabei helfen, aber sie kann nicht das 
Endziel sein, sondern nur ein Mittel, um 
eine günstige Atmosphäre für die praktische 
Durchführung der lohnmäßigen Gleichberech 
tigung zu schaffen. 
Auf Grund der durch den Stockholmer 
Kongreß angenommenen Resolution forderte 
der IBFG seine Mitgliedsorganisationen auf, 
ihn über die Verhältnisse in ihren Ländern 
in bezug auf diese Frage zu informieren. 
Mehrere Organisationen berichteten über ihre 
Erfahrungen, ihre Bemühungen und ihre Er 
folge. 
In einer großen Anzahl von Ländern stehen 
die Gewerkschaften auf dem Standpunkt, daß 
die Durchführung des Gleichberechtigungs 
grundsatzes im wesentlichen Sache der beruf 
lichen Organisationen sei. Das ist besonders 
der Fall in Schweden, Norwegen, Dänemark, 
Großbritannien, in der Schweiz und in den 
Vereinigten Staaten. In diesen Ländern stel 
len die Gewerkschaften bei den Tarifverhand 
lungen die Forderung nach Bestimmungen, 
durch die die lohnmäßige Gleichberechtigung 
gesichert wird. Wo die Arbeitsbedingungen 
in den öffentlichen Diensten, wie es oft der 
Fall ist, durch die Gesetzgebung geregelt sind, 
ist es weiterhin Aufgabe der Verbände,' bei 
den zuständigen Instanzen darauf zu dringen, 
daß die Gleichberechtigung gesetzlich festge 
legt wird. Dadurch bekommt der Kampf für 
die Durchsetzung des Grundsatzes je nach dem 
Land und dem Beruf eine besondere Färbung. 
Sehr zahlreiche Verbände haben in der letzten 
Zeit auf diesem Gebiete ihre Bemühungen 
verdoppelt. Sowohl die Diskussion über die 
Ratifizierung der Konvention Nr. 100, wie 
die Resolution des Kongresses des IBFG er 
lauben den Kampf in den einzelnen Ländern 
vorwärts zu treiben. In Schweden haben der 
Gewerkschaftsbund und die Zentralorganisa 
tion der Arbeitgeber ein gemeinsames Studi 
um anläßlich der Verhandlungen über die 
Löhne der Arbeiterinnen eingeleitet. Man 
konnte feststellen, daß das Arbeitsversäum 
nis bei den Arbeiterinnen häufiger ist als bei 
den Arbeitern, daß die ersteren im allge 
meinen eine kürzere Berufslaufbahn haben 
und eine geringere Berufsausbildung. Die 
beiden genannten Organisationen beschlossen 
daraufhin, gemeinsame Bemühungen zur Be 
seitigung dieser Unterschiede zu unterneh 
men. Ein Gemeinschaftsorgan, der „Rat für 
den weiblichen Arbeitsmarkt“ wurde errichtet. 
Seine Aufgabe ist, die Mittel zu suchen, durch 
die die Arbeitsverhältnisse der Frauen ver 
bessert werden können. 
In Dänemark bemühen sieh der Gewerk 
schaftsbund wie seine Mitgliederorganisatio- 
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