Und nochmals die Preise
Unterschiedliches Preisniveau in Lothringen und an der Saar — „Saar-Handei" polemisiert — Amt für Preisbildung überzeugt nicht
Das Verhältnis der Löhne und Preise ist
zweifellos eines der Kernprobleme einer je
den Volkswirtschaft, ein Problem, das natür
lich in besonderem Maße den Arbeitnehmer
interessiert; denn letzten Endes ist es für ihn
ja nicht so sehr von Bedeutung, was er in
der Lohntüte nach Hause tragt, als was er
sich für den Inhalt dieser Lohntüte kaufen
kann.
Wenn wir nun an der Saar, mehr vielleicht
als in anderen Gebieten, uns in der Lohn-
und Preisfrage auch über unsere Landesgrenze
hinweg zu orientieren suchen, so ist das eben
falls nur zu verständlich, da bei Lohnver
handlungen die Verhältnisse in Frankreich
und hier vor allein in Lothringen von fast
ausschlaggebender Bedeutung sind.
Es ist nun nicht erst seit heute oder gestern,
daß wir von den verschiedensten Seiten aus,
also nicht nur von Arbeitnehmern, auf erheb
liche Preisunterschiede zwisdien dem Saar
land und dem benadibarten Lothringen hin
gewiesen werden. Daß wir versuchen, der
artigen Hinweisen auf den Grand zu gehen,
ist dodi wohl nicht nur unser gutes Redit,
sondern sogar unsere verdammte Pflidit,
selbst auf die Gefahr hin, daß wir nicht auf
den Beifall des „Saar-Handel“ oder des Amtes
für Preisbildung und VVirtsdiaftskontrolle
stoßen, dem ja nadi unserer Auffassung in
erster Linie obliegen sollte, für Ordnung auf
dem Preissektor zu sorgen und den Verbrau
cher weitestmöglidi zu schützen.
Anläßlkh der Pressekonferenz des Amtes
für Preisbildung und VVirtsdiaftskontrolle vom
14. Juni 1954 (siehe „Die Arbeit“ 1954/Nr. 7)
führten wir aus — wie wir annehmen in durch
aus sachlidier Form —, daß nach unseren
Feststellungen eine ganze Reihe von Lebens
mittelpreisen an der Saar höher liegen als
im benadibarten Lothringen, und daß di©
Preisunterschiede bei Fleisdiwaren ganz be
sonders augensdieinlich sind.
Die von uns seinerzeit vorgebrachten Zah
len hat man nun nidit etwa widerlegt, son
dern lediglich zerredet, der „Saar-Handel“
gar reagierte mit einem seiner bekannten
Wutausbrüche, wie immer, wenn eine Ange
le genheit nicht so läuft, wie er es gerne haben
möchte (siebe Kampf gegen Konsumgenossen
schaften). Audi neuerdings., nachdem inzwi
schen eine scharfe Kontroverse in versdiiedc-
nen Preisfragen zwisdien der „Volksstimme“
einerseits und dem Amt für Preisbildung und
Wirtsdiaftskontiolle und der SVZ andererseits
ausgebrodien war, ergreift der „Saar-Handel“
wieder einmal das Wort — Ton „wie gehabt“,
um im Handdsjargon zu reden — und ver
sucht dabei audi gegen die Einheitsgewerk-
sdiaft heftige Tiefsdiläge zu landen. Nun, das
Organ des saarländischen Handels kann ver-
sidiert sein, daß wir diese Tiefsdiläge mit der
gleidien stoisdien Ruhe, die uns von ihm
an anderer Stelle bescheinigt wird, verdaut
haben, machten wir uns doch von vorneherein
über die Tatsache keine Illusionen, daß wir
uns beim Anschneiden der Preisfrage schwer
sten Angriffen aussetzen würden und daß bei
diesen Auseinandersetzungen aus ganz natür-
lidien Gründen unsere Position alles andere
als leidit sein werde. Wenn wir von unserer
Seite aus bisher jede Polemik vermieden ha
ben, so deshalb, weil uns daran gelegen ist,
in der Preissituation eindeutig Klarheit zu
sdiaffen.
Diese Klarheit hat audi nicht die Presse
konferenz des Amtes für Preisbildung und
VVirtsdiaftskontrolle vom 1. 10. 1954 gebracht.
Bei den ganzen Preisfeststellungen des
Amtes haben wir den Eindrude, daß sie nidit
als repräsentativ anzusprechen sind und an
scheinend mehr getroffen wurden um die
eigene These zu stützen und die andere, wir
geben zu, vielleicht unbequeme These zu
widerlegen.
Wir kommen zu dieser Ansidit aus ver
schiedenen Gründen, von denen wir nur
einige wenige anführen wollen, die wir aber
bei Bedarf jederzeit erweitern können.
1. Das Amt für Preisbildung und Wirtschafts
kontrolle bringt die untenstehende Gegen
überstellung:
Wir stellen fest, daß hier das Amt für
Preisbildung die niedrigsten von ihm über»
liaupt ermittelten Preise, Preisen gegenüber
stellt, die als Durchschnittspreise anzusprechen
sind, also die statistische Todsünde begangen
hat, die man uns bzw. der Volksstimme vor
werfen zu müssen glaubt. Darüberhinaus hat
Fleiäcb preise
Warenart
lt- Volksstimme in
Frankreich (Lothr.)
erhobene Preise
1)
lt. Volksstimme in
Saarbrücken erhobene
Preise
1)
Vom Amt für Preisbildung in
der Woche vom 22.—28. 8. 54 in
Saarbrücken festgestellten
niedrigsten Preise
Rindfleisch I. Qualität
Filet ohne Knochen
820
900
Filet ohne Knochen
800
Roastbeef ohne Knochen
670
750
Roastbeef ohne Knochen
700
Hinterviertel (Bratfleisch)
ohne Knochen
540
600 '
Bratfleisch ohne Knochen
480
Vorderviertel (Bug) Hodirippe
mit Knochen
370
380
Bratfleisch mit Knochen
360
Blechstück und Baudilappen
mit Knochen
240
340
Suppen fleisch mit Knochen
260
Rinderbrust mit Knochen
190
340
Kalbfleisch
Schnitzel ohne Knochen
820
900
Schnitzel ohne Knochen
800
Kalbskeule ohne Knochen
780
800
Kalbskeule ohne Knochen
700
Kalbsbug ohne Knochen
630
780
Kalbskeule mit Knochen
520
Kalbskotelett mit Knochen
490
520
Braten mit Knochen u. Kotelett
520
Halsstück mit Knochen
430
520
Ragout mit Knochen
290
Brust und Beinstück
340
400
Schweinefleisch
Halskotelett mit Knochen
540
620
Stilkotelett
- 560
620
Kotelett
580
Filetkotelett
600
620
Braten ohne Knochen
750
Schinkenstück ohne Knochen
720
780
Braten mit Knochen
600
Schweinebauch
420
460
Bauch mit Knochen
460
Speck, frisch
m
400
Speck, frisch
400
Speck geräuchert
320
400
Speck, geräuchert
380
Dörrfleisch
470
520
Dörrfleisch
460
Schälrippchen
150
250
Schälrippchen
100
1) Anmerkung der Redaktion:
Diese Preise wurden durch unseren I. V. Eisenbahn fest gestellt (s. „Das Flügelrad"
1954/Nr, 9) und decken sich, abgesehen von ganz gerin-
fügigen Abweichungen mit zu
anderen Zeitpunkten
und in anderen Geschäften
von der Hauptverwaltung festgestelhen Zahlen,
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