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Einstufung nach der TDÄ und Prüfungserfurdernis
Ein Urteil des Arbeitsgericht München
Leitsätze:
Die Verpflichtung zur Einstufung in die der
überwiegenden Tätigkeit entsprechende Ver
gütungsgruppe entfällt nicht deshalb, weil die
in einer Dienstordnung zur TOA vorgeschrie
bene Prüfung nicht abgelegt worden ist.
Tatbestand:
Beide Kläger sind bei der beklagten Spar
kasse im Angestelltenverhältnis tätig und er
halten Vergütungsbezüge nach Gruppe VII
TO. A.
Der Kläger B. wird seit dem 1. 5. 1950
als Buchhaltungskontrolleur beschäftigt, die
Klägerin F. wird seit dem 1. 1. 1951 über
wiegend ebenfalls als Buchhaltungskontrol
leurin verwendet. Zusätzlich verrichtet sie
Schalterdienst.
Die Kläger erfüllen nach den Grundsätzen
die der frühere Reichstreuhänder für den
öffentlichen Dienst für die Einstufung der
Sparkassenangestellten aufgestellt hat (bekannt
gegeben durch RdErl. d. RuPrMdl und des
RuPrWiM. vom 3. 5. 1938 — V d Bes. 29/38
und I 719/38 —; abgedruckt in Böhm-Jund:
D ie Dienstverhältnisse für Angestellte und
Arbeiter bei öffentlichen Verwaltungen und
Betrieben. Bd. II, S. 295), die Voraussetzun
gen zu einer Einreihung in Vergütungsgruppe
VI b TO. A. Die Beklagte verweigert dennoch
den Klägern die Gehaltsbezüge dieser Gruppe
weil sie nicht die Prüfung für den gehobenen
Sparkassendienst abgelegt haben.
Die Kläger meinen, daß die Beklagte ihre
Einreihung in die Vergütungsgruppe VI b TO.
A nicht von der Ablegung dieser Prüfung
abhängig machen dürfe. Die Bestimmung des
§ 3 Absatz II Satz 1, „daß durch Dienstord
nung die Ablegung von Prüfungen vorge
schrieben werden kann“, mache die Ablegung
einer solchen Prüfung nicht zu einem Tätig
keitsmerkmal, das zusätzlich zu dem in der
Anlage 1 zur TO. A aufgezählten Tätigkeits
merkmalen hinzukomme. Diese Vorschrift be
deute nur, daß durch Dienstordnung den An
gestellten die Verpflichtung auferlegt werden
könne, sich einer Prüfung zu unterziehen, um
dem öffentlichen Arbeitgeber auf diese Weise
die Möglichkeit zu geben, sich über die Eig
nung eines Angestellten für irgendwelche Auf
gaben ~u vergewissern.
Mit der Klage verlangen die Kläger für die
Zeit vom 1. 7. bis 30. 11. 1952 den Unter
schiedsbetrag zwischen den erhaltenen, gemäß
Vergütungsgruppe VII TO. A berechneten Ge
haltsbeträgen und den Bezügen, die ihnen bei
Einreihung in Gruppe VI b TO. A auszu
zahlen gewesen wären.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Zur Rechtfertigung ihres Antrages führt sie
aus, daß nach der vom Reichs- und Preußi
schen Minister des Innern erlassenen Gemein
samen Dienstordnung (GDO des RuPrMdl)
zur TO. A Sparkassenangestellte in die Ver
gütungsgruppe VI Jb TO. A nur eingestellt
werden oder aufrücken sollen, wenn sie die
Prüfung für den gehobenen Sparkassendienst
abgelegt haben. Nach Auffassung der Beklag
ten ist gemäß § 3 Absatz II Satz 1, erster
Plalbsatz der TO. A die Ablegung dieser Prü
fung Voraussetzung für die Einreihung in die
Gruppe VI b TO. A.
Der Höhe nach sind die Klageforderungen
unstreitig.
Wegen des übrigen Parteivortrages wird auf
die bei den Akten befindlichen Schriftsätze
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Klagebegehren ist gerechtfertigt.
Die Kläger sind berechtigt, von der Be
klagten für die Zeit vom I. 7. bis 30. 11. 1952
den Unterschiedsbetrag zwischen den Bezügen
der Vergütungsgruppe VII TO. A und jenen
der Vergütungsgruppe VI b TO. A als Ersatz
des Schadens zu fordern, den sie dadurch
erlitten haben, daß die Beklagte sie nicht in
die Gruppe VI b TO. A eingereiht hat.
I. Der Inhalt des zwischen den Parteien
bestehenden Arbeitsverhältnisses richtet sich
nach den Vorschriften der Tarifordnung A für
Angestellte im öffentlichen Dienst (TO. A).
Gemäß § 3 Absatz II Satz 1 TO. A ist jeder
Angestellte von seinem öffentlichen Arbeitge
ber nach seiner überwiegenden Tätigkeit nach
den in der Anlage 1 der TO. A festgelegten
Tätigkeitsmerkmalen in die entsprechende Ver
gütungsgruppe einzureihen. Hiernach war die
Beklagte verpflichtet, die Kläger in die Gruppe
VI b TO. A einzureihen und ihnen die Ge
haltsbezüge dieser Gruppe zu zahlen, da die
Kläger, wie unstreitig ist, nach den Grund
sätzen, die der Reichstreubänder für den öf
fentlichen Dienst für die Einstufung der Spar
kassenangestellten aufgestellt hat und die eine
Ergänzung zu den in der Anlage I zur TO. A
aufgezählten Tätigkeitsmerkmalen darstellen,
die Voraussetzungen für eine Einreihung in
Vergütungsgruppe VI b TO. A erfüllen.
Entgegen der Meinung der Beklagten ent
fiel für sie die Verpflichtung zur Einreihung
der Kläger in die Gruppe VI b TO. A auch
nicht deshalb, weil die Kläger nicht die in der
GDO des RuPrMdl zur TO. A vorgeschrie
bene Prüfung für den gehobenen Sparkassen
dienst abgelegt haben.
In § 3 Absatz I TO. A ist für die Ent
lohnung der Angestellten ausdrücklich das
Leistungsprinzip niedergelegt: „Die Vergü
tungen werden nach dem Wert der Leistung
bemessen.“ Der Wert der Leistungen ist aller
von der Tatsache, ob jemand eine Prüfung
abgelegt hat, unabhängig. Entscheidend sind
in erster Linie die Merkmale der Tätigkeit
und diese nimmt § 3 Absatz 2 Satz 1 TO. A
auch zum Maßstab für die Bewertung einer
Leistung, „die Einreihung in Vergütungsgrup
pen erfolgt nach den in der Anlage 1 zur
TO. A festgelegten Tätigkeitsmerkmalen“. Zu
Unrecht entnimmt die Beklagte der Bestim
mung des § 3 Absatz II 1. Satz 2. Halbsatz
nach der durch Dienstordnung die Ablegung
von Prüfungen vorgeschrieben werden kann,
daß zusätzlich zu der Erfüllung der Tätigkeits
merkmale auch die Ablegung einer solchen
Prüfung für die Einreihung in die Vergü
tungsgruppen entscheidend ist. Daß die ge
nannte Vorschrift sich als Halbsatz an den
ersten Satz des § 3 Absatz II anschließt, weist
darauf hin, daß sie ebenso wie der Vorsatz
lediglich eine Erläuterung des in § 3 Absatz I
verankerten Leistungsprinzips darstellt. Es soll
nicht über eine Dienstordnung ein Weg zur
Aufhebung oder Beschränkung des Leistungs
grundsatzes eröffnet, sondern eher dieser
Grundsatz noch verstärkt werden. Der Wert
einer Tätigkeit bestimmt sich nicht allein nach
der Art der zu erledigenden Aufgaben, son
dern — und nicht zuletzt — auch nach der
Güte der erbrachten Leistungen. Der öffent
liche Arbeitgeber erhält die Möglichkeit, Prü
fungen zu verlangen, damit er sich ein Bild
über die Leistungsfähigkeit der Angestellten
machen und sie ihren Fähigkeiten entsprechend
verwenden kann. Die erfolgreiche Ablegung
einer Prüfung ist nicht neben der Erfüllung
der Tätägkeitsmerkmale eine zusätzliche Vor
aussetzung für die Einreihung in eine Ver
gütungsgruppe, sondern bedeutet den Nach
weis dafür, daß der Prüfling überhaupt zur
Ausübung einer Tätigkeit, die den Tätigkeits
merkmalen einer bestimmten Vergütungsgruppe
entspricht, befähigt ist (ebenso Urteile des
Li\G Bayern, Zweigstelle Nürnberg v. 13. 1.
1953 — Ber. Reg. Nr. N 59/51/VI und des
LAG Düsseldorf v. 18. 7. 1952 — 2 Sa 183 —
52). Die Richtigkeit dieser Auffassung ergibt
sich aus dem Wortlaut der Nr. 4 a der GDO
des RuPrMdl zur TO. A. „In die Vergütungs
gruppen VII—IV sollen Angestellte im Ver- '
waltungs- Kassen- oder Sparkassendienst in ; H
der Regel nur eingestellt werden oder auf- '
rücken, wenn sie sowohl den Anforderungen
hinsichtlich der Täligkeitsmerkmale für die
Vergütungsgruppen genügen als auch die für
den Verwaltungszweig in Betracht kommende
Prüfung erfolgreich abgelegt haben.“ Eirt-
sprechend dem dargelegten Sinn des § 3 Ab
satz II Satz 1, 2. Halbsatz TO. A weist die
DGO, um die Besetzung der Stellen der Ver
gütungsgruppen VII—IV mit fachlich geeigne
ten Kräften sicherzustellen, die Dienststellen
leiter an auf diesen nur geprüftes Personal
zu verwenden. Daß die Nr. 4 a der GDO
nur die Stellen besetzung regeln will und
die Frage der tariflichen Einstufung unberührt
läßt, folgt eindeutig audi aus den Runderlas
sen des Reichsministers des Innern zu Nr. 4 a
GDO vom 1. 9. 1939 (RMBLiV S. 1821) und
vom 19. 3. 1941 (RMBLiV S. 479). In ihnen
erklärt sich der Reichsminister des Innern da
mit einverstanden, daß die „Stellen der Ver
gütungsgruppen VII—IV auch mit Bewerbern
die die erforderliche Prüfung nicht abgelegt j
haben, besetzt werden, soweit Angestellte mitJ^)
erfolgreich abgelegter Prüfung nicht verfügbar
sind“, und betont gleichzeitig, daß „in dem
Grundsatz, daß die fraglichen Stellen nur mit
Angestellten mit erfolgreich abgelegter Prü
fung besetzt werden, keine Änderung eintritt“.
Dadurch, daß die Beklagte es unterlassen
hat, die Kläger für die Zeit vom I. 7. bis 30.
11. 1952 den Merkmalen ihrer Tätigkeit ent
sprechend in die Vergütungsgruppe VI b ein
zureihen, ist den Klägern ein Schaden in Höhe
des Unterschiedsbetrages zwischen den erhal
tenen, nach Gruppe VII TO. A berechneten
Gebaltsbezügen und den Bezügen, die sie bei
Einreihung in Gruppe VI b TO. A bekommen
hätten, entstanden. Diesen Schaden hat die
Beklagte gemäß § 276 BGB zu ersetzen, weil
er durch eine schuldhafte Verletzung der ihr
obliegenden Fürsorgepflicht verursacht wurde.
Es gehört zur Fürsorgepflicht des Arbeitge
bers, dafür Sorge zu tragen, daß die Vergü
tung der Arbeitnehmer den erfüllten Tätig
keitsmerkmalen entspricht.
Aus vorstehenden Gründen war, da die Kla
geforderungen der Höhe nach unstreitig sind,