ORGAN DES I.V. ÖFFENTLICHE BETRIEBE UND VERWALTUNGEN DER EINHEITSGEWERKSCHAFT
5. Jahrgang Saarbrücken, Januar 1954 Nummer 1
Denkschrift tut Besoldungstefotm
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J,Die in Kraft befindlich® Besoldurigs-
regelung wird den veränderten Wirtschaft -
liehen Verhältnissen längst nicht mehr ge
recht; Die in den letzten Jahren durchge
führten besoldungsrechtlichen Maßnahmen
können lediglich so betrachtet werden,
daß sie der dringendsten wirtschaftlichen
Notlage der Beamtenschaft abhelfen und
die Beamten vor der Gefahr weiterer Ver
schuldung bewahren sollten. Es gilt aber
als feststehend, daß alle bisher durchge
führten Maßnahmen nicht genügen, um
«u einer Losung des Besoldungsproblems
und zu einer Anpassung der Bezüge an die
durch die wirtschaftliche Situation gestie
genen Lebenshaltungskosten zu kommen.
Im Zusammenhang mit der Besoldungs-
reform ist es unerläßlich, die Einzelre-
lungen des Besoldungsgesetzes von 1927
®iner durchgreifenden Ueberarbeitung zuj
unterziehen; .Vieles genügt den Anforde
rungen seit langem nicht mehr. Wir den
ken hier insbesondere an die hohe, Zahl
von Besoldungsgruppen, die unterschied
liche; Zahl der Dienstaltersstufen, die Be
stimmungen über die Berechnung de§ BDA
usw.‘j2
Das sind di® einleitenden Worte iä der
Denkschrift der Verbände des öffentlichen
Dienstes der Einheitsgewerkschaft zur Be
soldungsreform, die zu Beginn des Jahres
der Regierung und den Landtagsabgeord
neten zugestellt worden ist;
Es ist wohl allen Mitgliedern noch be
kannt, daß der Herr Innenminister anläß
lich der Verabschiedung dos Besoldungsän
derungsgesetzes vom 10. 7. 1953 eine bal-
dige-Besoldungsreform in Aussicht stellte.
Diese wurde in seinem Aufträge durch
Herrn Oberregierungsrat Dr. Engel den
Berufsverbänden für den Herbst 1953 ver
sprochen. Ebenso wurde uns die Unterstüt
zung des Verwaltungsausschusses des
Landtages durch seinen Vorsitzenden,
Herrn Abg. Kunkel, zugesichert. Trotz ver
schiedener Erinnerungen an das gegebene
Versprechen sind wir bisher noch nicht
über ernstliche Vorarbeiten unterrichtet
oder gar zu Verhandlungen eingeladen
worden. Wir bezweifeln, daß dieses Ver
halten von Regierung und Landtag dazu
angetan ist, eine Atmosphäre des Ver
trauens zu schaffen. Bei allen Anlässen
haben wir gegenüber den Vertretern der
Regieruiig immer wieder betont, daß wir,
gewillt sind, mit der Regierung zu ar
beiten; Die Beamtenschaft und überhaupt
der gesamte, öffentliche Dienst steht nicht
kontra zur Regierung. Wir haben uns im
mer bemüht, die Sorgen der Regierung zu
verstehen, müssen aber, auch erwarten, daß
die Regierung auch zij den autorisierten
Vertretern der, Beamten, Angestellten und
Arbeiter Vertrauen hat und gemeinsam mit
ihnen die dringendsten Probleme einer Lö
sung näher führt. Und zu diesen dringend
sten Problemen, gehört unweigerlich die
Besoldungsreform. Da wir nicht wissen,
was die Regierung auf diesem Gebiete vor
hat, hat die Besoldungs- und Tarifkom-
mission unseres Verbandes die Initiative
ergriffen und sich gemeinsam mit den
Vertretern der Industrieverbände Eisen
bahn, Verkehr und Transport und der
Postgewerkschaft mit dem Besoldungspro
blem beschäftigt. Es, wurden Vergleiche
zur Bundesrepublik, zu Frankreich und zur
privaten Wirtschaft angestellt. Bei all die
sen Vergleichen und einer Gegenüberstel
lung zu den Vorkriegsverhältnissen wurde
eindeutig festgestellt, daß die Kaufkraft
der Löhne, und Gehälter des öffentlichen
Dienstes immer noch unter dem Vorkriegs
stand liegt, während alle anderen Berufs
gruppen den Vorkriegsstand bereits er
reicht bzw. sogar überschritten haben.
Unser Bestreben geht deshalb nach wie vor
darauf hinaus, die Kaufkraft der Dienst
bezüge des öffentlichen Dienstes wieder
auf den Stand von 1938 zu bringen. Gleich
zeitig wollen wir aber auch die niedrig
sten und höchsten Gehälter in ein ge
rechteres Verhältnis zueinander bringen,
als das 1938 der Fall war und bei den
Grundgehältern selbst (ohne Zulagen) noch
heute der Fall ist;
Die Denkschrift enthält daher die be
kannten Forderungen der Gewerkschaft
auf
1. Verringerung der Besoldungsgrup
pen und damit verbundener Neuein
stufung verschiedener Beamtenkate
gorien,
2. Vereinheitlichung und Verringerung
der Anzahl der Dienstaltersstufen,
Schaffung eines Verhältnisses vetn
2 :3 zwischen Anfangs- und End
grundgehalt und Neuregelung der
Vorschriften über das Besoldungs-
die_nstalter,
3. Neufestsetzung der Grundgehälter und
des Wohnungsgeldes durch Einbau der
verschiedensten Zulagen.
Daneben forderten wir die Beseitigung
des Diätariats und die Festlegung eines
Rechtsanspruches der Beamten im Vorbe
reitungsdienst auf Dienstbezüge, sowie eine
automatische Angleichung der Ruhegehäl
ter an die Dienstbezüge der aktiven Be
amten;
Da wir für die Angestellten und Arbei
ter des öffentlichen Dienstes nach wie vor
die Tarifvertragsfreiheit fordern, geht un
ser Bestreben an und für sich danach, ihre
Bezüge statt durch einseitige Gesetze durch
zweiseitige Verträge festzulegen. Solange
aber die Tarifvertragsfreiheit noch nicht
Wirklichkeit ist, was wir sehr bedauern
und unserer Regierung nicht zur Ehre ge
reicht, solange werden auch die Bezüge der
Angestellten und Arbeiter durch Gesetze
oder Verordnungen geregelt. Deshalb ha
ben wir in unserer Denkschrift auch die
Angestellten und Arbeiter nicht verges
sen und folgendes ausgeführt:
Durch die Reform der Beamtenbesol
dungsordnung ist es unerläßlich, auch eine
analoge Reform der Tarifordnungen A und
B vorzunehmen und insbesondere die Tä
tigkeitsmerkmale anzugleichen. Damit soll
erreicht werden, daß eine gleichwertige
Tätigkeit grundsätzlich auch eine gleich
wertige Einstufung sowohl in der Beam
tenbesoldungsordnung als auch in der
TOA. bzw. TOB. erfährt.'
Die Grundvergütungen der Angestellten
richten sich nach den betreffenden Ver
gleichsgruppen der Beamtenbesoldungs
ordnung.
Die Grundlöhne der Arbeiter sollen auf
dem gesetzlichen Mindestlohn aufbauen."
In einer unserer nächsten Ausgaben wer
den wir uns näher mit den Vorschlägen
zur Aenderung der Tätigkeitsmerkmale
usw. beschäftigen. EL L;