Organ I. V. Öffentliche Betriebe und Verwaltungen der Einheitsgewerkschaft
5. Jahrgang
Saarbrücken, Juli 1954
Nummer 7
Soll das die Besoldungsreform sein?
Besoldungsvereinfachungsgesetz
Seit der denkwürdigen Laiidtagsvitzung
vom 10. 7. 1953, in der der Herr Innenminister
als Sprecher der Regierung eine baldige Be
soldungsreform versprach, war fast ein Jahr
vergangen, als den Berufsorganisationen am
22. 6. 1954 durch Herrn Oberregierungsrat Dr.
Engel der Regierungsentwurf zu einem neuen
Beamtenbesoldungsgesetz ausgehiindigt wurde.
Nach ernsthafter Prüfung sehen wir uns
außerstande, diesen Entwurf gutzuheißen.
Dieser Gesetzentwurf bringt nicht die ange
kündigte Besoldungsreform, sondern kann
bestenfalls als Besoldungsvereinfachungsgcsetz
bezeichnet werden. Die Vereinfachung besieht
darin, daß die laufende Zulage (10, 9 bzw.
7®/#), die widerrufliche Zulage (1 000 Frs.)
und ein Teil der Sonderzulage (1 000 Frs. für
Ledige und weitere 1 000 Frs. für Verheira
tete) in das Grundgehalt eingebaut wurden.
Der verbleibende Teil der Sonderzulage (1 000
Frs. für Verheiratete mit 1 und 2 Kindern
und weitere 1 000 Frs. für solche mit 3 und
mehr Kindern) tritt zu der Erhöhung, die bis
her schon zum Wohnungsgcldzuschuß ge
währt worden ist. Wir begrüßen diese Ver
einfachung, wenn sie auch mehr im In
teresse der gehalts festsetzenden und gehalts
zahlenden Stellen, als im Interesse der Be-
"N’ensteten selbst eingeführt wird. Allerdings
I ^.üssen wir zugehen, daß dadurch die bis-
, herigen Zulagen ruhegehaltsfähig werden.
[ Die daraus resultierende Erhöhung wollen wir
anerkennen, denn sie war längst fällig mul
■ notwendig gewesen. Außerdem soll es da-
i durch möglich werden, um einmal mit den
Worten der Ministerialhürokratie zu sprechen,
daß in Zukunft jeder Beamte sein Gehalt
: selbst ausrechnen kann, eine Tatsache, die
immerhin einen Fortschritt darstellt.
Geringfügige Erhöhung nicht zu
vermeiden!
Es spricht nicht für die Regierung, wenn
wir außerdem in den Bemerkungen zu der
neuen Gesetzes Vorlage lesen müssen: „Aller-
f dings konnte eine geringfügige Erhöhung
der Gesamtbezüge (ca. 250 Frs. bei den An
gehörigen der unteren Besoldungsgruppen,
[ die sich bei steigenden Grundgehältern ver-
! mindert) nicht vermieden werden.
Will das Innenministerium keine
Besoldungsreform?
Obwohl man uns schon seit Jahren eine
Besoldungsreform verspricht, lesen wir in der
Begründung des Gesetzentwurfes: „Die wei-
tergelienden Anträge der Berufsvereinigun
gen, die mehr oder weniger auf weitgehende
Beibehaltung des BDA und damit auf eine
erhebliche Erhöhung des Grundgehaltes hei
einer Beförderung hinauslaufen, können nicht
berücksichtigt werden, da eine Verwirklichung
dieser Forderungen eine generelle Besol
dungsreform zur Voraussetzung haben
müßte“
Was srgl der Ministerpräsident dazu?
Steht das nicht im Widerspruch zu den
Ausführungen des Herrn Ministerpräsidenten,
der nach unserem 24-stündigen Proteststreik
in einer Radioansprache am 18. 12. 1951 fol
gendes erklärte:
„Darüberhinaus hat die Saarl. Regierung
immer wieder betont, daß sie in Zusammen
arbeit mit den Organisationen die bestehen
de Besoldungsordnung raschestens ver
bessern will. Eine zu diesem Zwecke von der
Regierung eingesetze Kommission ist an der
Arbeit und soll durch Hinzuziehung von Ver
tretern der Berufsverbände des Öffentlichen
Dienstes diese Arbeiten auf Wunsch der Re
gierung nunmehr beschleunigt durchführen,
damit die gesetzliche Verabschiedung der
neuen Besoldungsordnung mit Wirkung vom
1. 1. 1952 noch in der gegenwärtigen Sit
zungsperiode des Landtages erfolgen kann,
sodaß die von den Behördenangestellten in i t
Recht kritisierten Mängel in der Besol
dung, die die Regierung durch
aus anerkennt, raschestens behoben
werden können.“
Versprechungen von 1952-53
noch zu realisieren
In den Verhandlungen dieser Besoldungs-
kommissäon einigte man sich auf eine Erhö
hung der Grundgehälter, Einführung des
französischen Wohnungsgeldzuschusses, Besei
tigung der Lohnzonen und geringliigige Ver
besserungen der BDA-Bestimmungen. Mit
dem Hinweis auf das Experiment Pinav
sprach sich der Landtag im Sommer 1952
gegen eine Erhöhung der Grundgehälter aus.
Nachdem dieses Experiment im Herbst 1952
als gescheitert angesehen werden konnte,
machten wir erneut Vorschläge zur Besol
dungsreform, die seitens der Regierung wie
derholt als notwendig bezeichnet wurde. In
der nachfolgenden Zeit wurden mit dem Hin
weis auf Landtagswahl, Regierungsneubil-
düng, Konventionsverhandlungen usw. die
Verhandlungen mit den Berufsorganisationen
hinausgeschoben. Das Gesetz, das der Land
tag vor den Parlamentsferien noch am 10. 7.
1953 unter Dach und Fach brachte, war we
der geeignet, die Diskrepanz zwischen Ein
kommen und Lebenshaltungskosten zu besei
tigen, noch die Bezüge des Öffentlichen
Dienstes zu den Löhnen anderer Berufsgrup
pen in ein vernünftiges und gerechtes Ver
hältnis zu bringen. In der gleichen Landtags
sitzung stellte der Herr Innenminister eine
baldige Besoldungsreform iu Aussicht. Seit
dem ist ein ganzes Jahr vergangen und wie
der geht der Landtag in Ferien! L T nd wieder
ist nichts geschehen.
Warum nur die Lehrer berücksichtigt?
Unabhängig von dem vorgenannten 8c-
soldungsvereinfachnngsgesetz, das in den
nächsten Tagen mit den Berufsorgani
sationen durchgesprochen werden soll, wurde
am 30. fi. 1954 ein Btvuldungsände-
rungsgesetz in erster Lesung angenommen.
Wie der Herr Innenminister selbst dazu aus
führte, bringt es nur geringfügige Verbesse
rungen für verschiedene Lehrerkategorien.
Wir gönnen den Volksschullehrern diese Ver
besserungen, die vor allem darin bestehen,
daß gewisse Aufstiegsmöglichkeiten geschaf
fen werden. Die Regierung und auch den
Landtag müssen wir eindringlichst darauf
aufmerksam machen, daß noch eine Reihe
anderer Härten zu beseitigen sind, was in
dem gleichen Gesetz hätte geschehen können.
Will die Regierung mit der besseren Ein
stufung der Techniker warten, bis der letzte
tüchtige Mann zur Privatwirtschaft überge
wechselt ist? Ist es nicht höchste Zeit, daß
für den Handwerksmeister A7a (bzw. TOA
VII) statt bisher A9 (TOA IX) als Eingangs
gruppe festgelegt wird? Will die Regierung
es als gerecht bezeichnen, daß ein Wevkfüh-
rer schlechter bezahlt wird als ein Vorhand
werker? Wie lange soll die Berufsfeuerwehr
auf ihre Neueinstufung entsprechend dem
Vorbild der Bundesrepublik noch warten?
Das sind nur einige Gruppen, die wir heraus
gegriffen haben; wir wollen es uns ersparen,
die Aufzählung weiter fortzusetzen.
Wir haben in unserer Denkschrift zur Be
soldungsreform Vorschläge gemacht, über die
man endlich einmal diskutieren sollte. Bei
der Abfassung waren wir uns darüber im
klaren, daß sie nicht von heute auf morgen
zu verwirklichen sind. Wir haben aber ge
hofft, daß das nächste Besoldungsänderungs
gesetz zu mindestens Ansatzpunkte zu einer