Für Mitbestimmung, Tarifrecht, Besoldungs- und Lohnreform
Grosskundgebung der Verbände des öffentlichen Dienstes in der Wartburg
Jede Berufsgruppe hat ihre speziellen Sor
gen. Dies gilt nicht minder für den öffent
lichen Dienst, der seine Mitglieder am
vergangenen Sonntag in der Wartburg ver
sammelt hatte. Noch immer besteht die Nei
gung seitens der Regierung, dem öffentlichen
Dienst das Tarifvertragsreeht vorzuenthalten
und ihn statt dessen den Tarifordnungen zu
unterwerfen. Viele Jahre schon geht der
Kampf hin und her, ohne daß bisher eine
endgültige Entscheidung gefallen wäre. Dem
öffentlichen Dienst wurde in § 2 des Gesetzes
über Tarifverträge und Schlichtungswesen
eine Sonderregelung in Aussicht gestellt, die
nach Meinung der Regierung aber nicht das
Recht der Gewerkschaften, auf der Basis der
Gleichberechtigung die Lohn- und Arbeits
bedingungen auszuhandeln, beinhalten dürfe.
Es darf darum nicht wundernehmen, daß
der Staat in der rückliegenden Zeit seinen
Bediensteten in bezug auf die Gestaltung der
Löhne und Gehälter vieles schuldig geblieben
ist. Obwohl die Verbände des öffentlichen
Dienstes der EG schon im vergangenen Jahre
der Regierung eine ausführliche Denkschrift
zur Besoldungs- und Lohnreform zugeleitet
haben, war die Vorlage bis zum heutigen
Tage nicht ein einziges Mal Gegenstand von
Verhandlungen. Statt dessen wurde regie
rungsseitig eine Kommission gebildet, die seit
geraumer Zeit hinter verschlossenen Türen
tagt. Den Organisationen hat man bisher
noch keine Möglichkeit eingeräumt, auf die
Beratungen Einfluß zu nehmen. Trotz zwei
maliger Verhandlungen ist bis zum heutigen
Tag das Gesetz über die Mindeststundenlöhne
noch nicht in Kraft gesetzt worden.
Genau so verhält es sich mit dem Betriebs
verfassungsgesetz. Nach Äußerungen von
Landtagsabgeordneten liegt es im Entwurf
vor. Auch in diesem Falle war die Parlaments
mehrheit nicht zu bewegen, dem öffentlichen
Dienst das gleiche Recht zu geben, wie es
für die Arbeitnehmerschaft der Privatwirt
schaft vorgesehen ist. In Anlehnung an die
Bundesrepublik soll der öffentliche Dienst
auch in diesem Fall ein Sondergesetz, das
heißt minderen Rechts, bekommen.
Dem Ruf der Gewerkschaften war eine er
freulich große Zahl von Mitgliedern gefolgt.
Die Wartburg war mehr als besetzt, als der
Versammlungsleiter, Kollege Detgen, die
Kundgebung eröffnete.
Als erster Redner sprach der Kollege John
über die Frage der Mitbestimmung in Wirt
schaft und Verwaltung. Nach allgemeinen
Darlegungen fuhr der Referent fort: „Logi
scherweise kann sich das Mitbestimmungsrecht
im öffentlichen Dienst nur soweit erstrecken,
als es nicht mit den Entscheidungsrechten le
gislativer Organe, das heißt, den direkt vom
Volke gewählten Beschlußkörperschaften in
Konflikt gerät Aber eines ist auch gewiß: Je
größer die zu kontrollierenden Gebilde wer
den und je entfernter von den Kontrollorga
nen sie ihre Tätigkeit ausüben, umso schwie
riger wird die Kontrolle. Die Folge davon ist
eine Erweiterung der Machtpositionen der
Bürokratie. Formal liegt zwar die Macht bei
den Parlamenten, tatsächlich aber wird sie
Betriebsverfassungsgesetz nicht befriedigend
Ortskartell St. Ingbert nimmt Stellung
Am Sonntag, dem 23. 5. 1954 fand in St.
Ingbert, Lokal Brutscher, eine Versammlung
für das Ortskartell statt.
Der Vorsitzende, Kollege Engel, eröff
nete die Versammlung und begrüßte die
zahlreich erschienenen Mitglieder.
Er erteilte dem Vorsitzenden des I. V,
Metall, dem Kollegen Rauch, das Wort.
Der Redner ging zunächst auf das vor «ei
ner Verabschiedung stehende Betriebsver
fassungsgesetz ein und gab wesentliche Teile
seines Inhaltes den Zuhörern bekannt. Er
hob hervor, daß die durch die Versamm
lungskampagne der EG wiederaufgenomme
nen Beratungen des Sozialpolitischen Aus
schusses abgeschlossen sind und wir damit
rechnen können, vielleicht schon im Monat
August zu Be triebsratsneuwählen zu kommen.
In dem nun. verabschiedungsreifen Ent
wurf konnte nicht in allen Punkten Ein
stimmigkeit erzielt werden. So sei vor allem
der § 9 abzulehnen, der den Graupässlem
die Wählbarkeit abspreche. Wir stellen
fest, so betonte er, daß jedeT bei uns an
der Saar bis zum Betriebsleiter und Direktor
avancieren kann, aber nicht zum Betriebsrats
mitglied. Dies stehe in einem gewissen Wider-
«pruch zur Montan-Union, die eine allge
meine Freizügigkeit anstrebe.
Auch in der Frage der Besetzung im Auf-
aichtsrat konnten wir, da bei der Abstimmung
in der Minderheit, unseren Standpunkt nicht
durchsetzen. So bleibt es bei der im Ent
wurf festgelegten Quote: bis 9 Mitglieder
2 Arbeitnehmer, von 10—15 3 Arbeitnehmer,
über 15 4 Arbeitnehmer. In der Bundesrepu
blik ist das Verhältnis im Aufsichtsrat 1:2
d. h. V6 Arbeitnehmer, in der Montan-Industrie
sogar 50:50 mit einem neutralen Vorsitzenden,
An der Arbeitnehmerschaft liege es in Zu
kunft, die Vor- und Nachteile des Gesetzes
unter die Lupe zu nehmen, um die ent
sprechenden Schlüsse zu ziehen.
Besondere Bedeutung komme dem im Ge
setz vorgesehenen Wirtschaftsausschuß zu. Die
Besetzung dieses Ausschusses geschieht pari
tätisch, darunter mindestens 1 Betriebsrats-
mitglied. Dieser Ausschuß tritt allmonatlich
zusammen und hat ein Recht auf Unter
richtung über alle wirtschaftlichen Fragen,
die das Unternehmen betreffen. Der Wirt
schaftsausschuß kommt nur bei Betrieben mit
mehr als 100 Beschäftigten in Frage.
Die Schutzbestimmungen für Betriebsräte
bzw. für den Vertrauensmann werden in dem
ebenfalls zur Verabschiedung reifen Kündi
gungsschutzgesetz verankert werden.
Eine zum Schluß angenommene Ent
schließung richtete sich gegen die Verwen
dung der Atom-Massenvermchtungswaffen
zu kriegerischen Zwecken. Die Versammel
ten erachteten gleichzeitig die Wahrung der
demokratischen Rechte und Freiheiten in allen
Ländern der Welt als eine notwendige Vor
aussetzung für den Frieden. WA.
von Managern ausgeübt. Die Mitbestimmung
bzw. Mitwirkung wollen also hier in erster
Linie erreichen, daß die Qualität der Kontrolle
erhalten und womöglich noch gesteigert wird,
indem zusätzliche Kontrollstellen eingeschal
tet werden. Nach unserer Auffassung soll sich
diese Mitbestimmung ganz allgemein soweit
erstrecken, wie die Bürokratie selbst Ent
scheidungsgewalt besitzt. Ihre Grenze liegt
dort, wo die Rechte rechtssetzender Organe,
die durch verfassungsmäßige Wahlen gebildet
sind — das sind übrigens keinesfalls Aus
schüsse oder Kommissionen — beginnen. Bei
der Forderung nach Mitbestimmung im öffent
lichen Dienst kann es sich also niemals um
eine Beeinträchtigung, sondern immer nur
um eine Vervollständigung der demokratischen
Ordnung handeln“.
In seinen weiteren Ausführungen unter
suchte dann der Referent die Möglichkeiten
der Verwirklichung des Mitbesfimmungs- bzw.
Mitwirkungsrechtes im öffentlichen Dienst,
sowohl in den öfferrtlidien Betrieben wie auch
in den Verwaltungen. Scharf wandte sich der ^
Referent auch gegen die Absicht, getrennte
Betriebsvertretungen einzuführen. „Das Grup
penprinzip, so erklärte er, ist nicht nur ver
derblich für die Wirksamkeit der Betriebs-
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