Full text: 5.1950 (0005)

Februar 1950 
DIE ARBEIT“ 
Seite 7 
ii 
lange GeroertifMIer 
Warum lehnen wir Nationalismus und Militarismus ab? 
Im Folgenden bringen wir einen Beitrag 
zu einem Diskussionsthema das besonders 
in den Kreisen der schaffenden Jugend von 
großer Wichtigkeit sein dürfte. 
In dem Artikel sind bewußt gewisserma 
ßen nur die Kernsätze zu diesem Thema 
festgehalten. In der Diskussion sollt Ihr Euch 
eingehend mit diesem Problem befassen und 
uns vor allem auch einmal Euere Mei 
nung dazu schreiben. 
Es wurde schon oft in den letzten Jahren 
von Nationalismus und Militarismus ge 
sprochen und geschrieben. 
Um Klarheit über diese beiden Begriffe 
zu erhalten, wollen wir uns heut« einmal 
eingehend damit befassen. 
Was ist Nationalismus? 
Zunächst eine Erläuterung des Ursprun 
ges des Wortes. 
Das Wort Nation, national, nationali 
stisch hat seinen Ursprung in dem la 
teinischen Wort „natio“, d. h, auf deutsch 
die Geburt, die Herkunft. 
Nation ist demnach eine Gruppe von 
Menschen gleicher Herkunft, gleicher Sit 
ten und Anschauungen, gemeinschaftli 
cher Sprache und gemeinschaftlicher Ge 
schichte, die sich zu einer festen Organi 
sation, nämlich dem Staat, zusammenge- 
funden haben. Der Begriff Nation ist also 
in sich durchaus nichts Schlechtes und 
ve r dammung s wü r di ge s. 
Alles, was mit dem Leben einer Na 
tion zusammenhängt, ist national zu nen 
nen. 
Auch das nationale Empfinden ist 
durchaus verteidigungs- und ehrenwert. 
Nun kommen wir aber zu dem Begriff 
„nationalistisch“. 
Wer nationalistisch ist, hat mit dem na 
tional denkenden Menschen, der sich als 
Angehöriger einer Nation auch zu dieser 
seiner Nation bekennt, nichts zu tun. 
Der nationalistische Mensch — oft auch 
chauvinistisch genannt, muß sogar als 
tatsächlicher Schädling an seiner Nation 
gebrandmarkt weiden. 
Der "Nationalist lehnt jede ehrliche und 
offene Zusammenarbeit mit Angehörigen 
einer anderen Nation ab, weil er davon 
überzeugt ist, daß alle anderen Nationen 
minderwertig und nichtswürdig sind. 
Durch dieses bewußte Aus schalten jeg- 
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Besucht alle Versammlungen 
und Veranstaltungen 
der Gewerkschaft! 
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Man muß schon sagen, daß das saar 
ländische Handwerk eine zielbewußte Po 
litik in seinem Sinne führt. Diese Politik 
sieht aber leider fast immer nur so aus, 
das sie für unsere Lehrlinge Nachteile um 
Nachteile bringen soll. 
Nicht nur allein, daß man die Erzie 
hungsbeihilfen auf das schärfste angreift. 
Nicht nur allein, daß man den § 12 der 
Anordnung über die Vereinheitlichung der 
Erziehungsbeihilfen einer Aenderung un 
terziehen’will. 
Nicht nur allein, daß man absolut im 
Bereich des Handwerkes wiederum Lehr 
zeitverlängerungen fordert. 
Nicht nur, daß man es bis jetzt der Ge 
werkschaft nicht ermöglichen will, auch in 
das Ausbildungswesen des saarländi 
schen Handwerkes sich maßgeblich ein 
zuschalten: 
Nun will das saarländische Schmiede 
handwerk auch noch generell für seinen 
Berufszweig die Erschwerniszulage für 
Lehrlinge gestrichen wissen. 
Das geht nun allmählich doch zu weit! 
Wir machen darauf aufmerksam, daß 
wir als Gewerkschaft unsere Stellung 
nahme zu all diesen Bestrebungen bei 
der Regierung des Saarlandes verteidigen 
werden. 
Im übrigen verweisen wir auch auf den 
Leitartikel auf der Titelseite dieser Aus 
gabe „Die Arbeit.“ 
Bildung des Landesjugendausschusses 
bevorstehend 
Wie uns das Ministerium für Kultus, 
Unterricht und Volksbildung mltbeilt, steht 
lieber Verbindungsmöglichkeiten über die 
eigenen Staatsgrenzen hinaus kapselt sich 
der Nationalismus ebenso bewußt von 
der internationalen Begegnung der Men 
schen ab und ist ein Gegenteil nur dar 
auf bedacht, seine Nation „über alles 
in der Welt“ zu stellen. 
Wir erkennen schon aus diesen Formu 
lierungen, die absolut keinen Anspruch 
erheben auf die Vollständigkeit der Be 
schreibung des Nationalismus, daß na 
tionalistisches Verhalten der beste Weg 
bereiter von Kämpfen zwischen den Na 
tionen, d. h. also wirtschaftlichen und 
militärischen Auseinandersetzungen, ist. 
Der Nationalist trägt ja nicht danach, 
ob durch sein Verhalten Tausende und 
Millionen Leben und Gesundheit aufs 
Spiel setzen und verlieren müssen. 
Für ihn ist es nur von Bedeutung, ob 
seinengstirnig es Denken und Han 
deln die Oberhand gewinnt oder 
nicht. 
Nicht jeder Soldat ist schon deshalb ein 
Militarist, weil er in eine Uniform gesteckt 
wurde. 
Militarismus ist eine Geisteshaitung, 
unter deren Einwirkung der Militarist han 
delt. Der blinde Kadavergehorsam, d. h. 
das Gehorchen, als sei man eine blind 
lings ergebene, willenlose Masse, ist die 
beste Vorstufe zum Militarismus. Der Mi 
litarist nimmt ebensowenig Rücksicht auf 
die menschlichen Belange seines Näch 
sten als auf die tatsächlichen Erforder 
nisse seiner Nation. Ihm kommt es nur 
darauf an, unter allen Umständen 
„mit dem Säbel zu rasseln“ und Krieg zu 
spielen. Dabei muß betont werden, daß 
man den Militaristen, der so viel 
von Heldentum schreit, nie 
mals dort find et , wo es tatsäch 
lich kracht und ernst ist. Jeder 
kennt ja sicher das schöne Beispiel von 
Nationalismus und Militarismus führen 
unweigerlich zum Verderben eines Volkes, 
Es ist kein Wunder, sondern eine Selbst 
verständlichkeit, daß alle Arten kapitali 
stischer Machthaber sich stets auf das 
Engste mit dem Nationalismus und Mili 
tarismus verbunden fühlen. Wir gehen 
sogar so weit, daß die kapitalistischen 
Machthaber erst das Fundament zu Na 
tionalismus und Militarismus abaeben. 
Denn aus Nationalismus und Militarismus 
entsteht der Imperialismus ganz gleich 
welcher Prägung. Imperalismus aber ist 
die Sucht, unter allen Umständen und un 
ter Anwendung aller Mittel zur Herrschaft 
zu gelangen. 
Nationalismus und Militarismus haben 
uns in der Vergangenheit zu den unend- 
die Bildung des Landesjugendaussohus- 
ses, der auf Grund des Jugendpflegege 
setzes geschaffen werden muß, unmittel 
bar bevor. 
Damit wäre eine Lücke geschlossen, 
die sich schon oft als sehr nachteilig be 
merkbar gemacht hat. 
Das Jugend Sekretariat der Einheitsge 
werkschaft wird diesem Ausschuß eben 
falls mit Sitz und Stimme angehören. 
Gründung des Jugendherbergsverbandes 
im Saarland 
Nachdem das Jugendherbergswerk 
durch seinen Verwaltungsausschuß die 
Voraussetzungen dazu geschaffen hat, 
wird in Kürze die Gründung des 
Jugendherbergsverbandes im Saarland 
vorgenommen werden. 
Mit der Gründung dieses Verbandes 
wird das Ringen um das Wiedererstehen 
des Jugendherbergsgedankens seine Krö 
nung erfahren. 
Gleichzeitig wird ein Schlußstrich un 
ter eine Zeitepoche gesetzt werden, die 
das Wandern der Jugend zu einem poli 
tischen Zweck mißbraucht und vollkom 
men verstaatlicht hatte. 
Unsere Jugend soll wieder als Glied 
des Weltjugendherbergswerkes die Enge 
der Ländergrenzen überwinden und für 
die weltweite Schönheit anderer Länder 
begeistert werden, um somit auch gleich 
zeitig den Grundstein persönlicher Freund 
schaft mit Menschen aus aller Welt zu 
legen. 
Fürwahr: Di« beste Garantie einer wah 
ren und dauerhaften Völkerverständigung, 
Der Nationalist ist daher auch nicht ge 
willt, aus den geschichtlichen Tatsachen 
zu lernen und neue Wege zum Wohle 
seiner Mitmenschen zu gehen; umso eher 
ist er gewillt, die Mitmenschen, die aus 
geschichtlicher Erfahrungen und Erkennt 
nissen die Lehre gezogen haben, als 
„Verräter an der Nation“ zu beschimpfen. 
Umso eher ist er gewillt, Angehörige an 
derer Nationen als „Kulis“, als „Neger“ 
kurzum: als Minderwertige zu verach 
ten. 
Für große, fortschrittliche Ideen im Be 
reiche der Völkerfamilie ist der Natio 
nalist nicht brauchbar und daher in 
Wirklichkeit ein „Erz-Reaktionär.“ 
Der Nationalismus ist daher eine Gei- 
teshaltung, die wir als fortschrittliche, 
junge Menschen und insbesondere als An 
gehörige der Arbeiterklasse endgültig in 
unseren Herzen und in den Herzen un 
serer Mitmenschen überwinden müssen. 
den besten Plätzen im Kino, die bekannt 
lich immer hinten sind, weil es vorne 
„flimmert,“ 
Man wird aber den Militaristen immer 
dort finden, wo es um die Vermassung 
des Menschen, um die Zerstörung 
menschlicher Freiheit und Würde, um die 
Durchführung von Verbrechen gegen die 
Menschlichkeit durch ein'autori äres und 
diktatorisches System geht. 
Der Militarist schaltet eben jedes eigen- 
persönliche Denken und Handeln aus und 
vergötzt den Staat und seine „größten 
Führer aller Zeiten.“ 
Er ist auch beileibe nicht nur in 
Deutschland zu finden gewesen, sondern 
auch heute noch in anderen Staaten, 
selbst, wenn diese sich „demokratisch“ 
nennen. 
liehen materiellen und geistigen Trümmer 
feldern geführt. 
Glaubt Ihr, daß das in Zukunft anders 
wäre? Nationalismus und Militarismus 
haben dem deutschen Volk alleine im 
letzten Weltkrieg 
6 385 000 tote Soldaten und Offiziere, 
9 655 000 Verwundete und Krüppel, 
3 380 000 getötete Zivilisten 
12 280 000 Kranke und Arbeitsunfähige 
14980 000 Ausgebombte und Evakuierte 
9 500 000 völlig zerstörte Wohnungen u. 
7 950 000 restlos vernichtete Fabrika 
tionsräume 
gebracht. 
Diese Zahlen mögen eindringlicher und 
deutlicher als alle Worte beweisen, wie 
Bildung einer Kommission für Berufsaus 
bildungsfragen. 
Zum Zwecke einer intensiven Bearbei 
tung aller Berufsausbiidungsangelegen- 
heiten soll im Rahmen des Jugendsekre 
tariates eine Kommission gebildet wer 
den. 
Es ist nun unser Wunsah, daß sich be 
sonders solche Kollegen melden, die be 
reits in ihrem Betrieb in der Ausbildungs 
leitung stehen. 
Vor allem wird sich die Kommission 
mit der Schaffung eines Entwurfes zum 
Berufsausbildungsgesetz befassen. 
Das Jugendsekretariat bittet daher alle 
Kollegen, die Interesse zur Mitarbeit auf 
diesem Gebiete haben, sich unter Angabe 
ihrer Betliebspraxis in Berufsausbildungs 
fragen und genauer Anschrift zu melden. 
Die Meldungen mögen unmittelbar an 
das Jugendsekretariat der Einheitsgewerk 
schaft gerichtet sein. 
Berufsausbildungsausschuß im Bereich 
der Industrie- und Handelskammer. 
Nachdem, wie uns die Industrie- und 
Handelskammer mitteilt, im Bereich der 
Kammer’ ein Berufsausbildungsausschuß 
gebildet wurde, wird nunmehr auch eine 
Kommission gegründet werden, deren vor 
aussichtlicher Name „Arbeitsstelle für be 
rufliche Ausbildung in Industrie und Han 
del des Saarlandes“ sein wird. 
Diese Kommission wird die Aufgaben 
des von uns seit längerer Zeit geforder 
ten Berufsausbildungnausschusses über 
nehmen, und zwar selbstverständlich un 
ter Hinzuziehung der Gewerkschaften als 
gleichberechtigte Partner. 
unsinnig es wäre, heute auf demselben 
Weg weiterzufahren. 
Wir lehnen Nationalismus und Militaris 
mus mit all ihren Begleiterscheinungen 
mit der ganzen Glut unserer jungen, le 
bensfrohen Herzen ein für allemal ab. 
Der neue Weg, den die Kulturvölker 
Europas zu beschreiten gewillt sind und 
in ihrem eigensten Interesse auch ge 
willt sein müssen ist derjenige, der zu 
einer 
europäischen Vereinigung 
führen wird. 
Auch dann,. wenn gewisse altherge 
brachte „Souveränitäten“ der einzelnen 
Staaten zugunsten der neuen Völkerge 
meinschaft an diese übertragen werden 
müssen, auch dann, wenn mit alten soge 
nannten „Traditionen“ unter selbstver 
ständlicher Beibehaltung der wesenseige- 
nen Kultur, Sitten und Gebräuche, 
Sprache und des Volkstums gebrochen 
werden muß. 
Das einzige Ziel, das unentwegt verfolgt 
werden muß, ist das: 
Die Solidarität der Arbeiterklasse muß 
die Grenzen der Herzen zum Fallen 
bringen, um der Versöhnung und dem 
Frieden unter den Völkern den Weg 
zu bereiten. 
Deshalb lehnen wir Nationalismus und 
Militarismus ab! 
Rudi Blaß 
Einführung in die französische Geschäitssprache, 
Von Jean Graf f. Ernst Klett-Verlag. Stutt 
gart 
Vielen Schülern und auch schon tätigen 
Korrespondenten wird das 158 Seiten umfassen 
de Buch mit Wörterverzeichnis wertvolle Dienste 
leisten. Der 1. Teil enthält Briefreihen, die die 
Hauptbriefarten behandeln unter Vermeidung 
besonderer Schwierigkeiten. Im 2. Teil sind 
schwierige Originalbriefe und besondere Fälle 
aufgeführt so der Verkehr mit Speditionen. Ban 
ken etc. Wer energisch und systematisch heran 
geht. wird mit dem Buch, das die erwähnten 
beiden Teile enthält, viel anfangen können und 
wichtige Fortschritte zu verzeichnen haben. 
Preis des Buches 3,80 DM (in Buchhandlungen 
zu bestellen). 
Blick in die Welt. Diese in Hamburg erschei 
nende Monatszeitschrift macht ihrem Namen 
auch weiter alle Ehre. Wenn sich auch nicht 
jeder jede Betrachtung, z. B. über soziale Fra 
gen, restlos zu eigen machen wird, so merkt 
man doch das Streben nach Loyalität und Sach 
lichkeit auch auf diesem Gebiet. Sehr fesselnd 
sind die jeweiligen Schilderungen über Wirt- 
schft. Auswandererprobleme, Länder- und Völ 
kerkunde, Kunst, Film, Theater. Sport, Mode. 
Wir hoffen ...., daß auch dia Arbeits 
gemeinschaft des saarländischen Hand 
werkes diesen Geist der Fortschrittlich 
keit zeigt! 
Monatsberichte 
Das Jugendsekretariat macht nochmals 
auf die Einsendung der Monatsberichte 
der einzelnen Ortsjugendgnippen auf 
merksam. 
Aus dem Ausland 
Deutschland. In dem Gebiet der West 
deutschen Bundesrepublik befaßt man 
sich ernsthaft mit der Einführung des 9. 
Volksschuljahres als „Berufs-indungs- 
jahr.“ Auch die Kollegen und Kollegin 
nen des Deutschen Gewerkschaftsbun 
des sind unter bestimmten Voraussetzun 
gen Befürworter der Einführung eines 9. 
Volksschuljahres. 
Frankreich. In Frankreich ist ein Sta 
tut zur Berufsausbildung in Bearbeitung, 
in welchem besonders der technische Un 
terricht und die sportliche Erziehung be 
deutend stärker als bisher Berücksichti 
gung finden. 
USA, In den USA wird demnächst eine 
ganztägige Schule für leitende Gewerk 
schaftsfunktionäre eröffnet, deren Lehr 
gänge jeweils 12 Ijdonate dauern. Acht 
Monate hiervon sind dem theoretischen 
Unterricht und vier Monate der prakti 
schen Arbeit in verschiedenen Handels 
und Industriezweigen gewidmet. 
Das Jugendsekretariat teilt mit: 
Aufhebung der Erschwerniszulage für Lehrlinge ? ? ? 
Was ist Militarismus? 
Wo.führen nun Nationalismus und Militarismus hin?
	        
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