Full text: 1950 (0005)

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Dlft ARBEIT“ 
Januar 1950 
Ul 
I. V. Post und Fernmeldewesen 
Ein Beitrag zum Verkehrsproblem 
Bisher haben die verschiedensten Seiten 
zu diesem Thema Stellung genommen. 
Noch mehr Interessenten haben — so 
scheint es uns — hinter den Kulissen ge 
arbeitet oder zumindest zu arbeiten ver 
sucht. Die Fachgruppe des Kraftfahr- u. 
Werkstättenpersonals innerhalb des I.-V. 
Post und Fernmeldewesens der Einheits 
gewerkschaft hat sich verschiedene Male 
intern mit den aufgeworfenen Fragen be 
faßt, und sie hält es, da das Schicksal 
einer großen Anzahl von Menschen — di 
rekt und indirekt — auf dem Spiele steht, 
für geraten, in die Diskussion einzugrei 
fen. Vorweg betonen wir, daß wir einen 
Beitrag zu einer befriedigenden Lösung 
leisten wollen und daß es uns darauf an 
kommt, einen Weg zu finden, der sowohl 
den unmittelbar beteiligten Menschen, als 
auch der Volksgesamtheit dient 
Damit haben wiT bereits die Grenzpfähle 
esteckt. Ein Wiederaufleben der vor dem 
. März 1935 im Saarland üblichen unein 
geschränkten privaten Initiative im Omni 
busgewerbe — denn um dieses handelt es 
eich hier ausschließlich — ist gänzlich 
unmöglich. Voh dieser Ansicht vermögen 
uns weder die Hinweise auf Jene Zeitjejn 
abzubringen, noch — wie es die große 
Mode geworden ist — die Berufung auf 
französische Verhältnisse. Erfahrungsge 
mäß lassen sich die Gegebenheiten des 
westlichen Nachbarlandes aus den ver 
schiedensten Gründen heraus nicht ein 
fach durchpausen. Nicht zuletzt sagt die 
vom Saarvolk angenommene Verfassung 
in § 52 Abs. 1, daß das Verkehrs- und 
Transportwesen wegen seiner überragen 
den Eedeutung für die Wirtschaft des Lan 
des oder seines Monopolcharakters nicht 
Gegenstand privaten Eigentums sein 
dürfe. 
Der Ausgangspunkt unserer Untersu 
chung lautet also: Wer soll speziell da« 
Omnibusgewerbe betreiben? Nach der 
Verfassung käme sowohl die Eisenbahn 
als auch die Postverwaltung dafür in Fra 
ge. Weil es sich in beiden Fällen um 
Staatsbetriebe handelt, muß die Zweck- 
mäßigheitim Vordergrund der Ueber- 
legungen stehen. 
Die Post wandte sich, anknüpfend an 
die Tradition der Pferdepost, sehr früh der 
Personenbeförderung in Omnibussen zu. 
Aus dieser Tatsache resultieren unzwei 
felhaft die reicheren Erfahrungen und die 
entsprechenden Einrichtungen, Besonders 
der zuerst genannte Grund erscheint uns 
sehr gewichtvoll. Ueber das bis ins letzte 
Dorf hinein sich erstreckende Netz von 
Postämtern und Agenturen hat die Post 
verwaltung Kontakt zur Bevölkerung und 
ist infolgedessen über ihre Verkehrsbe 
dürfnisse besonders gut informiert. Ge- 
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rade dieser Umstand erspart kostspielige 
Experimente, die jeder andere Verkehrs 
träger ein sehen müßte. 
Die Reibungsflächen sind durch die 
„Richtlinien für die Abgrenzung der Auf 
gabengebiete im Kraftomnibuslinienver 
kehr der Reichsbahn und der Reichspost“, 
die auch heute noch im Saarland Gültig 
keit haben, weitestgehend beseitigt. Da 
rin heißt es u. a.: „Müssen im Zuge einer 
neben der Schiene geplanten Kraftfahr 
linie mehrere Orte berührt werden, die 
nicht Bahnstationen sind, so ist der Be 
trieb dieser Linie Aufgabe der Reichs 
post“. Es sei darauf hingewiesen, daß 
diese Richtlinien den vielfältigen Möglich 
keiten des deutschen Reichsgebietes ge 
nügt haben. Um so einfacher dünkt es 
uns, sie im Saarland sinnvoll anzuwen 
den, wenn der gute Wille und betriebs 
wirtschaftliche Ueberlegungen vorhanden 
sind. 
Das private Omnibusgewerbe gehört auf 
den Aussterbeetat. Nur die Tatsache, daß 
einige Unternehmer in schweren Zeitetn 
Lückenbüßer waren, hindert uns an einet 
noch schärferen Formulierung. Jeder wei 
teren Ausbreitung werden wir uns aufs 
heftigste widersetzen, auch dann, wenn 
die besten Beziehungen mit vollen Backen 
in die Segel blasen. Das Ziel dös Ünter- 
nehmers ist der Gewinn, das Gesiamtin- 
teresse kommt erst in zweiter Linie. Die 
ses steht jedoch für uns im Vordergrund, 
nicht nur, weil wir die Interessen der Mit 
glieder wahrzunehmen haben, sondern 
mehr noch als Steuerzahler. Ist 
nämlich die Postverwaltung dazu verur 
teilt, die unrentablen Linien zu betreiben 
und daneben dem Berufsverkehr zu die 
nen, dann wird der saarländische Steuer 
zahler noch tiefer in die Tasche greifen 
müssen. Rentable Linien sind notwendig, 
um finanzielle Verluste, die gebracht wefr- 
den und im Interesse der Bevölkerung ge 
bracht werden müssen, kompensieren iu 
können. Es ist uns berichtet worden, daß 
ein privater Omnibusbesitzer, der Indu 
striearbeiter von und zur Arbeitsstelle be 
fördert, trotz Ausgabe von Wochenkarte^ 
fast den vollen Fahrpreis erhebt. Es l«t 
ein glücklicherUmstand, daß der Tatort am 
Rande des Saargebietes liegt und die Ver 
ständigung der Arbeiter untereinander 
notwendigerweise an diesem Umstand 
scheitert, sonst hätte die genehmigende 
Stelle einer Flut von Protesten standzuhal- 
ten. Dieses Beispiel beweist, daß viele 
Köche den Brei verderben und einer ein 
heitlichen Tarif ge stal tung im Wege sind, 
ebenso wie die Schaffung eines zusam 
menhängenden Verkehrsnetzes in Anbe 
tracht der vielen Sonderwünsche nahezu 
unmöglich gemacht wird. Zusammen mft 
der oft wahrzunehmenden mangelhaften 
Einhaltung des Fahrplans aus Mangel an 
Ersatzfahrzeugen ergeben sich also ge 
wichtige Gründe, die gegen ein Ueber- 
wuchern des privaten Omnibusgewerbe® 
sprechen und unsere Bedenken ausrei 
chend rechtfertigen. Den Steuerzahler in 
teressiert auch die Tatsache, daß die Post 
ohnehin alle Orte täglich anfahren muß 
und ein dicht organisierter Linien dienst 
zahlreich« Landkraftwagen ersetzen 
würde. 
In diesem Zusammenhang gehört auch 
ein Wort über den Omnibusbetrieb der 
Grubenverwaltung, der nach dem zweiten 
Weltkrieg aus einem Akt der Selbsthilfe 
heraus entstanden ist. Es ist für uns zur 
Beurteilung dieser Frage weniger wichtig, 
ob der Werkverkehr genehmigungspflich 
tig i«t oder nicht. Wir sind vielmehr über 
zeugt, daß wir an einem Punkt an ge fangt 
sind, wo das Wirtschaftsmmisteriüm fan 
Interesse des Gesamtverkehrs und seiner 
Wirtschaftlichkeit prüfen müßte, ob es 
nicht besser wäre, den Transport die» 
Bergleute der Postverwaltung zu Übertrag 
gen. Wir gehen dabei von der Erwägung 
aus, daß die sog. Ueberlagerz eiten bei 
der Saargxubenverwaltung verhältnismä 
ßig hoch sind und den Verkehrsbedüri- 
mssen und ihrer Rentabilität durch zwir 
schen zeitlichen Einsatz der Fahrzeuge 
besser gedient wäre. Die personelle Seit® 
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dieser Frage könnte u. E. durch eane 
schrittweise Klärung gelöst werden. 
Die Frage, ob die vorhandenen Omni 
busse den Verkehrsbedürfnissen des 
Saarlandes genügen, bejahen wir unter 
der Voraussetzung, daß ihr Einsatz von 
einer zentralen Stelle aus gelenkt wird. 
Die Liebe zur Deutlichkeit und Wahr 
haftigkeit gebietet uns, abschließend noch 
auf ©in besonders unerfreuliches Kapitel 
der saarländischen Verkehrsentwicklung 
hinzuweisen, besonders auch deshalb, 
weil wir den Zündstoff aus der saarlän 
disch-französischen und im Endeffekt der 
deutsch-französischen Verständigung be 
seitigt wissen wollen. Ein solcher Zünd 
stoff ist die Linie Peil—Borg—Tünsdorf— 
Mer zig, die bis heute durch einseitiqen 
Machtspruch von einem Nicht-Saarlände» 
befahren w.rd, dem es gelang, die Post 
verwaltung auf den Umweg über Besch— 
Nennig—Sinz Orscholz—Merzig abzu 
drängen. Alle Saarländer, die wir bi« 
heute sprachen — und es waren nicht 
wenige — vermögen dieser Maßnahme 
ke n Verständnis entgegenzubringen. Wir 
können nicht glauben, daß der Vorteil iü» 
einen einzelnen auf die Dauer die Hy 
pothek auf das beiderseitige Verhältnis 
rech.fertigt und haben zum Hohen Kom 
missariat und zur Regierung das Ver 
trauen, daß sie j m beiderseitigen Einver 
nehmen den Explosivstoff beseitigen wer* 
de«. 
Sozialpolitik und Europa-Reform 
Den Verfechtern der europäischen Ein 
heit hält man immer wieder die Behaup 
tung entgegen, daß die Verschiedenheit 
der sozialen Verhältnisse in den euro 
päischen Staaten und die Ungleichheit der 
Belastung der nationalen Wirtschaften mit 
Sozialausgaben aiier Art die Wirtschafte 
angleichung außerordentlich kompliziert 
und wahrscheinlich unmöglich mache. 
Man betont, daß man die sozialen Ver 
schiedenheiten nicht durch übernationale 
Abkommen der Regierungen beseitigen 
könne. Diese Ungleichheiten sind die Fol 
ge einer langen Entwicklung und sie ent 
sprechen den Gegebenheiten der nationa 
len Wirtschaften. Das Argument ist kei 
neswegs überzeugend. Wohl sind die Un- 
S jleichheiten in einer langen Reihe von 
ahren entstanden, aber die Entwicklung, 
die die Wirtschaft und insbesondere die 
Industrie in den meisten europäische.i 
Staaten in den letzten Jahrzehnten ge 
nommen hat, führte bereits zu einer we 
sentlichen Annäherung, die sich seit dem 
Kriegsende noch verstärkte. Wenn trotz 
dem in den letzten Jahren die Verhältnisse 
der gleichen Industrien in den verschie 
denen europäischen Ländern differieren, 
so liegt dies vor allem an der durch die 
Verschiedenartagkeit der von den Län 
dern getriebenen Wirtschafts-, Finanz- 
und Steuerpolitik. 
Welcher Art die Probleme sind, wenn 
sie über den europäischen Kreis hinaus 
betrachtet werden, erhellt aus einer Nach 
richt aus USA, wonach die American Fe 
deration of Labor in einer Eingabe, die 
sie dem Wirtschafts- und Sozialrat der 
Vereinigten Nationen unterbreitet hat, für 
die Einführung der 40-Stundenwoche für 
alle Arbeiter der Welt eintritt und ver 
langt, daß auf lange Sicht an die Verwirk 
lichung der 30-Stunden-Arbeitswoche ge 
gangen wird. Die Forderung wird mit der 
Einführung von modernsten technischen 
Apparaten auf allen Gebieten begründet, 
die das Zeitalter einer zweiten industriel 
len Revolution ankündige. 
Die sozialen Probleme verdienen aller 
größte Aufmerksamkeit und ein eingehen 
des Studium. Deshalb beschloß die Europa- 
Bewegung, noch m diesem Jahre eine 
Konferenz abzuhalten, die der Prüfung der 
Sozialprobleme gewidmet werden wird. 
Diese Probleme sind voller Widersprüche. 
Ihre Lösung ist nur möglich, wenn man 
das Ziel — die Binheit Europas — nicht 
au« dem Auge verliert. Wer die Not 
wendigkeit der europäischen Wirtschafts 
einheit bejaht und die Verwirklichung der 
politischen Einheit Europas wünscht, wird 
auch Wege zur Harmonisierung der so 
zialen Bedingungen in diesem nach Er 
neuerung drängenden Europa finden. 
Für uns, die wir mit Frankreich wnrfc- 
schaftlich verbunden sind, ist es beson 
ders wichtig, zu wissen, wie zur Zeit in 
Frankreich die Entwicklung betrachtet 
wird. Wie in allen Ländern, sind auch 
dort die Auffassungen und Wünsch® 
noch sehr geteilt. 
Was die speziell wirtschaftliche Beite 
anbetrifft so hat der nationale Wirt 
schaftsrat Frankreichs in seiner letztem 
Sitzung die verschiedenen Gegensätze b« 1 - 
handelt. Gewerkschaftsvertreter aus den 
Kreisen der CGT vertraten die Auffassung 
daß eine vorzeitige Aufhebung der Kon 
tingentierungen die ausländische Kon 
kurrenz begünstigen und Arbeitslosig 
keit hervorrufen würde. Die genannten 
Gewerkschaftsvertreter lehnen aus den 
gleichen Gründen auch die Schaffung 
einer Wirtschaftsunion zwischen Frank 
reich, Italien und den Beneluxstaaten ab, 
die unter anderem die Herstellung von 
privaten Erzeuger-Monopolen Begünstige, 
die zur Errichtung internationaler Kartell* 
und der Eingliederung Westdeutschland« 
zur Folge hätte. Diese Haltung finde* 
also ihre Begründung in Wirtschaft* 
liehen und politischen Motiven. Die Ar 
beitgeber-Vertreter wenden sich gegen 
einen systematischen Protektionismus 
der es der französischen Wirtschaft nicht 
gestatten würde, sich zu entwickeln unii 
fordern eine Erweiterung des intereuro 
päischen Warenaustausches. Sie wün 
schen diese Erweiterung schrittweise, um 
Erschütterungen des französischen Wirt 
schaftslebens zu vermeiden. Sie fordern 
ferner die Mitwirkung der Berufsorgani 
sationen bei der Durchführung der PIän# 
zur Liberalisierung der Wirtschaftsbezie 
hungen und eine positive Zollpolitik. Die 
Landwirtschaft fordert die Oeffnung des 
europäischen Marktes für französische 
Agrarprodukte, hält aber die von der Re 
gierung getroffenen Maßnahme^ zur Auf 
hebung der Kontingisntierum^f für vftrfrüKK 
Die Landwirte wünschen die Bildung von 
Regional-Unionen mit Ländern wie Groß 
britannien und Westdeutschland, wollen 
aber keine Union mit Italien da die ita 
lienische Wirtschaft für Frankreich ein* 
Konkurrenz Wirtschaft darstelle. 
Ob und mit welchen MUtteln es gelingen 
wird, die starken sozialen und wirtschaft 
lichen Gegensätze zu überbriieksn, läßt 
sich im Augenblick nicht erkennen. Es Ist 
aber anzunehmen, daß der starke Drang 
nach einer neuen Lösung sich nicht ver 
mindern, sondern noch verschärfen wird.- 
Und mit diesem Problem werden sich 
auch die Gewerkschaftsvertreter schon m 
naher Zukunft in erhöhtem Maße beschäf 
tigen müssen. C. S. 
Wf S. Ä. FRANCAtSE 
MARTINI & ROSS! 
teilt ihrer sehr geehrten 
Kundschaft mit, dass a 0 
Bestellungen ihrer Spezia 
litäten ohne Verzug durch 
ihr Auslieferungslager. 
Wilhelm Philipp KIEFtR 
SAARBRÜCKEN 3,Johannisstr. 8 
Telefon 6033 
ousgeführt werden
	        
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