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DIE ARBEIT“ 
Oktober 1950 
»* 
I.V. Baugeweibe besteht auf Recht 
Unzulängliche Löhne - Warum ist das Bauen so teuer ? 
Vom Baugewarba an der Saar hängt 
unmittelbar die Existenz von 23 000 
Bauarbeitern und ihrer Familien ab. 
Darüber hinaus wirken sich die Ver 
hältnisse naturgemäß breit und tief in 
das gesamte Wirtschaftsleben aus. 
Befindet sich das Baugewerbe in ei 
ner gesunden Entwicklung, kann der 
soziale Friede dort gewahrt werden, 
dann ist eine wesentliche Säule der 
Gesamtwirtschaft in Ordnung. Es ist 
daher unbedingt notwendig, daß alle 
maßgebenden Faktoren dazu beilra 
gen, tm Baugewerbe nicht einseitig 
Kapitaünteressen vorherrschend sein 
zu lassen, sondern das Allgeroeinin- 
teresse muß ausschlaggebend sein. 
Sehr nützlich ist es, sich einen Ueber- 
blick über die Lage zu verschaffen, in 
der sich die Bauarbeiter und alle im 
Bauere werbe zur Zeit befinden. 
Das Baugewerbe unterscheidet sich in 
seiner Konstruktion wesentlich von den 
übrigen Wirtschaftszweigen. Neben sei 
nem saisonbedingten Charakter, wirken 
sich insbesondere noch andere Momente 
in diesem Gewerbe auf das Einkommen 
der in ihm Beschäftigten ungünstig aus. 
Allein durch die Witterungseinfüsse ent 
steht ihnen ein durchschnittlicher Lohn 
ausfall von 15 bis 20o/o. Diesen besonde 
ren Charakter des Baugewerbes hat man, 
abgesehen vor. den letzten 15 Jahren, auch 
stels bei den Abschlüssen von Lohnver- 
einbarungen Rechnung getragen, und dem 
muß natürlich auch in der Zukunft wieder 
Rechnung getragen werden. 
Warum ist nun das, was einmal zu Recht 
gewesen ist, heute nicht mehr? Die im 
Jahre 1930 einsetzende Wirtschaftskrise 
mit ihrer großen Arbeitslosigkeit* nützte 
der Arbeitgeberverband für das Bauge 
werbe im Saargebiet gründlich aus, indem 
er es fertigbrachte, die Bauarbeiterlöhne 
um 27 bis 28o/o und damit erheblich noch 
unter die Stundenlöhne in allen anderen 
Berufszweigen herunterzudrücken. Damit 
wurde aber dem ganzen Gewerbe zwei 
fellos ein sehr schlechter Dienst erwiesen. 
Flucht der noch vorhandenen guten Fach 
kräfte in andere, besser entlohnte Indu 
striezweige und sozusagen ein totaler Stop 
des Nachwuchses, das waren die Folgen 
dieser Maßnahme, unter denen das Bau 
gewerbe seitdem leidet und wer weiß, wie 
lange noch leiden muß. Nach der Rück 
gliederung des Saargebietes 1935 bestand 
keine Möglichkeit für die Arbeiterschaft, 
diesen Zustand zu ändern. Ihre Gewerk 
schaften waren aufgelöst, und über ihre 
Lohn- und Arbeitsbedingungen entschied 
der Reichstreuhänder, ohne sie zu befra 
gen 
Als sich die Bauaroeiter im April dieses 
Jahres, nachdem allgemein von einem 
Preisstop schon lange keine Rede mehr 
sein konnte und es die höchste Zeit war, 
auch den Lohnstop zu durchstoßen, an die 
Arbeitgeber mit der dringlichen Forderung 
aut Neuregelung der Löhne und Gehälter 
wandten, konnten sie sich mit vollem 
Recht darauf berufen, daß sie die weitaus 
am schlechtesten bezahlte Arbeitnehmer 
gruppe im Saarland sind. Bestreiten 
konnte man das auf Arbeitgeberseite kei 
nesfalls, sie setzte aber trotzdem alles da 
ran, eine Neuregelung, wenn nicht zu ver 
meiden, dann aber möglichst lange hin 
auszuschieben. Durch den Spruch des 
staatlichen Schlichtungsausschusses wur 
den schließlich in der saarländischenBau- 
wirtschaft die Löhne ab 22. Mai 1950 um 
12 o/ 0f die Gehälter der kaufmännischen 
und technischen Angestellten ab 15. Mai 
1950 um 8 o/o erhöht. Ebenfalls durch 
Schiedsspruch wurden von demselben 
Zeitpunkte die Löhne und Gehälter in der 
Steinbruch- und Baustoffindustrie um 8 o'o 
erhöht. Für die Zentralheizungs-,Lüftungs 
und sanitäre Installations-Unternehmun 
gen konnte eine Neuregung durch freie 
Vereinbarung mit dem zuständigen Ar 
beitgeberverband getroffen weiden. 
Bei allen Verhandlungen damals war 
man sich darüber einig, daß es sich nur 
um eine vorübergehende Regelung, höch 
stens bis zum Erlaß des bevorstehenden 
Tarifvertragsgesetzes handele. Im An 
schluß an die am 22. Juli 1950 erfolgte 
Veröffentlichung dieses Gesetzes über 
reichten die Bauarbeitergewerkschaften 
den Arbeitgeberverbänden Entwürfe zum 
Abschluß von Rahmentarifverträgen, mit 
gleichzeitigen Anlagen zur Neufestsetzung 
der Löhne und Gehälter. 
Zur Verhandlung über den Abschluß der 
Rahmentarifverträge ist es bis jetzt noch 
nicht gekommen. Was die Löhe und Ge 
hälter betrifft, wurde inzwischen noch 
mals eine provisorische Regelung getrof 
fen und zwar wieder auf der Grundlage 
des vor annähernd drei Jahren geschaffe 
nen Berufsbildes und der Lohnzonenein 
teilung. Durch Beschluß des Schlich 
tungsausschusses vom 3. Oktober wurden 
die Löhne und Gehälter in der Bauwirt- 
schafi ab 1. Oktober 1950 um 12 "/„ er 
höht. 
In der Steinbruch- und Baustoffindustrie 
wurde mit dem Fach- und Arbeitgeberver 
band der Baustoffindustrie des Saarlan 
des am 4. Oktober eine Vereinbarung ge 
troffen, wonach ab 1. Oktober alle Löhne 
und Gehälter sowie die Akkordverdienste, 
soweit dieselben unter Berücksichtigung 
der neuen Lohnsätze unter 55 o/o liegen, 
um 8 o/o erhöht werden. 
Dem Schiedsspruch in der Bauwiitschcft 
sind mehrfache Verhandlungen sowohl 
zwischen den Parteien selbst, als auch 
solche vor dem Schlichtungsausschuß 
vorausgegangen. Die Vertreter des Ar 
beitgeberverbandes der Bauwirtschaft des 
Saarlandes bestritten wohl nicht die Be 
rechtigung der Forderung, taten jedoch 
wieder alles Mögliche, um eine Neurege 
lung zu verhindern und zwar insbeson 
dere dadurch, daß sie sich auf den Ar 
tikel 3 der französisch - saarländischen 
Wirtschaftskonvention beriefen mit dem 
Hinweis, daß nach diesen Bestimmungen 
entsprechende Lohnregelungen erst in 
Frankreich erfolgt sein müßten, bevor man 
hier im Saarland dazu übergehen könnte. 
Man ging zuletzt beim Arbeitgebervcr- 
band soweit, daß man die Kompetenz des 
Schlichtungsausschusses, in diesem Streit 
fälle einen Spruch zu fällen, anzwrrtfelte 
und mit einer Ablehnung eines solchen 
Spruches trotz der Verbindlichkeitserklä 
rung drohte. 
Die jetzt festgesetzten Lohn- und Ge 
haltssätze bleiben wesentlich hinter dem 
zurück, was bereits vor einem halben 
Jahr infolge der Teuerung gefordert wurde 
und schon damals seine volle Berechti 
gung hatte. Man kann unseren Forderun 
gen nicht damit begegnen, daß man auf 
Die Betriebsräte der saarl. Eisenbahnen 
führten am vergangenen Samstag in 
Dudweiler eine Protestversammlung 
durch. Die Vertreter befaßten sich insbe 
sondere mit der Besetzung des Verwal 
tungsrates der SEB, dessen Mitglieder 
durch die Regierung ernannt wurden, 
und übten an der diktatorischen Maß 
nahme heftige Kritik. 
Rechtsanwalt Dr. Levy erläuterte in 
deT Versammlung die rechtliche Lage. 
Er war der Ansicht, daß ein Vertreter 
stets das Vertrauen der von ihm ver 
tretenen Personengruppe genießen müs 
se. Das Handeln dar Regierung ver 
stoße gegen die saarländisch-franzö 
sische Eisenbahnkonvenlion und gegen 
die vorläufige Betriebsräte Verordnung. 
In der Diskussion wurde zum Ausdruck 
gebracht, daß zwei Beamte in den Ver 
waltungsrat entsandt worden seien, wäh 
rend von den 13 000 Bediensteten der 
SEB rd. 9 000 Arbeiter seien und nicht 
berücksichtigt wurden. In der Entschlie 
ßung heißt es u. a.: 
Die durch die Regierung des Saar 
landes vorgenommene Ernennung des 
Mitgliedes des Verwaltungsrates der 
SEB, Herrn Schmidt — Eisenbahnoberin 
spektor — wird als in Widerspruch mit 
dem Geist und Zweck der Konvention 
über den Batrieb der Eisenbahnen des 
Saarlandes und dem § 10 der Verord 
nung über dia Betriebsräte des Saarlan 
des betrachtet. Darüber hinaus befindet 
sich auch diese Ernennung im Wider- 
sprucch zu Artikel 57, Abs. 3 der Ver- 
die Auswirkungen neuer Lohnregeiungen 
auf die Baukosten hin weist. Der Anteil 
der Löhne an den Baukosten betrug früher 
45 bis 50 o/o, heute nur noch 20, höchstens 
25 o/q. Die Baukosten betragen heute in 
Franken das 250- und Mehrfache, was sie 
vorher in Mark betrugen, die neuesten 
Löhne etwas mehr als das lOOfache. Es 
sind somit nicht die Löhne und Gehälter, 
sondern ganz andere Faktoren, die das 
Bauen verteuert haben. 
Man schaue auf die Lieferantenrech 
nungen, die das Material betreffen, z. B. 
wie der Ton, der nach wie vor in der 
Erde liegt, ohne sich dort verteuert zu 
haben, wie dieser jetzt bei der Produk 
tion angerechnet wird, oder die Holzlie 
ferungen und die Transportrechnungen. 
Und dann: früher sah man dia Unterneh 
mer mit Spazierstock oder Fahrrad auf die 
Baustelle kommen, heute gehts nicht 
ohne Luxuswagen, möglichst noch per 
Frau und Tochter extra. 
Neben der Lohn- und Gehaltsregelung 
bedarf 'es auch dringend des Abschlusses 
von Rahmentarifverträgen. Unsere Ent 
würfe dazu liegen dem Vertragspartner 
schon über zwei Monate vor. 
Im Mittelpunkt der gesamten Wirtschaft 
steht der körperlich und geistig schaffen 
de Mensch. Auch der Bauarbeiter darf 
in dem großen wirtschaftlichen Gesche 
hen nicht Objekt sein. Er muß das Recht 
haben, an der Gestaltung seiner Lohn- 
und Arbeitsbedingungen maßgeblich mii- 
zuwirken und die Möglichkeit muß gege 
ben sein, seinen Forderungen Geltung zu 
verschaffen. J. Sch. 
fassung des Saarlandes. Der Ernennung 
des Herrn Schmidt als Vertreter des 
Personals fehlt jede gesetzliche Grund 
lage. 
Der Vorsitzede des I. V. Eisenbahn, 
Kollege Weiter, umriß in seinem Referat 
die Forderungen des Verbandes. „Wir 
müssen“, so betonte er, „dafür kämp 
fen, daß die Löhne unserer Kollegen 
höher gesetzt werden, gleichzeitig aber 
auch dafür sorgen, daß sie die Rechte 
erhalten, die sie verdienen". 
In den weiteren Entschließungen wurde 
festgehalten, daß die am 6. 9. 194° ein- 
gereicchte Forderung des I. V. Eisenbahn 
zur Auszahlung das vollen Lohnes bei 
Erkrankung nun verwirklicht wurde, daß 
die Forderung des I. V. Eisenbahn zur 
Auszahlung einer einmaligen Wirt- 
schaftsbeihilfe aufrecht-erhalten wird und 
die Versammlung erwartet, daß die nun 
gemachte Zusage zur Auszahlung der 
einmaLgen Wirlncnaftsberinile vom Ver 
waltungsrat in seiner Sitzung am 4. 11. 
1950 beschlossen wird. 
Weiter nimmt die Versammlung Kennt 
nis von dem Erlaß der Regierung Nr. 11 
v 0 m 11 lo 1950, wonacch den Ruhe 
standsbeamten und deren Witwen ein 
zinsloser Winterkartoffelvorscchu^, von 
2 500.— Frs. gewährt wird. 
In einer letzten Entschließung lehnt 
die Betriebsrätekouferenz das Ansinnen 
der Christlichen Gewerkschaft, für 
die Saarländischen Eisenbahnen die Be 
soldungsordnung des Oeffentlichen Dien 
stes einzulühran, ab. 
I. V. Eisenbahn protestiert 
Betriebsräte für Vertretung der Arbeiter im Verwaltungsrat der SEB, 
Forderung auf Lohnerhöhung und Wirtschaftsbeihilfe 
«, f „79QQ 
Sie müssen ihn gesehen haben 
bei 
G. M. B. H. 
GEPFLEGTE HERRENKLEIDUNG 
RATHAUSSTRASSE 7 
Arbeit und Recht 
Ist es behanliche 
Arbeitsvei weigerüfti ? 
Ueber die Vorschriften der Unfallver 
hütung und ihre praktische Anwendung 
in den Betrieben ist schon viel gesprochen 
und geschrieben worden. Leider ist es 
aber im Berufsleben so, daß derartige 
Verordnungen seitens der Arbeitgeber und 
Arbeitnehmer oft wenig Beachtung ge 
schenkt wird. Vorkehrungsmaßnahmen 
gegen Unfälle werden meist erst dann 
getroffen, wenn das Malheur passiert ist. 
So ist schon mancher Arbeitnehmer an 
nicht vorschriftsmäßig geschützten Ma 
schinen zu Schaden gekommen. Wenn die 
Schutzbestimmungen und die notwendige 
Sicherheit am Arbeitsplatz erst beachtet 
werden, wenn die Betroffenen körperliche 
Schäden davontragen oder solche sich 
einstellen, dann ist es zu spät. Auch hier 
ist es Aufgabe der Betriebsvertretungen 
und der Gewerkschaften, darüber zu wa 
chen, daß an lebens- und gesundhejtsge- 
fährdeten Arbeitsplätzen die Schutzbe- 
stimmungen angewandt werden. 
Niemand ist verpflichtet, an einer Ma 
schine zu arbeiten, dis nicht mit den vor 
geschriebenen Schutzvorrichtungen ver 
sehen ist. Wer sich weigert, an einev 
solchen gefährlichen Maschine zu aib-i- 
ten, kann nicht nach den §§ der Gewerbe 
ordnung fristlos entlassan werden Seine 
Arbeitsverweigerung ist nicht unbefugt 
und also auch nicht beharrlich. /ie*mehr 
ist der Unternehmer nach § 618 BGB. ver 
pflichtet, für SicherheitsvorrioTtungen zu 
sorgen. Solange das nicht geschieht, ist 
der Beschäftigte nach § 32P BGB. ber ech 
tigt, die Arbeit insoweit zu verweigern. 
Das gilt auch dann, wem die Arbeit an 
einer gesundheitsgefäh-dsten Maschine 
nur kurze Zeit dauern sollte, und auch 
dann, wenn die Geyerbeaufsichtsbehörde 
die zeitweise Benutzung gestattet und 
eine Frist zum Anbringen von Sicherheits 
vorrichtungen gestellt hatte. (Urteii des 
Landesarbeitsgerichts Frankfurt Main v. 
12. 10. 49). Diese Grundsätze gelten auch 
dann, wenn mu gesundheitsgefährlichem 
Material gearbeitet werden muß. Sie sind 
auch dann in Anwendung zu bringen, 
wenn dem Eeschä'tig e t nicht Schul mit el 
in den dafür vorgeseheren Füllen gestellt 
werden. 
(Man beachte hierzu nebenstehende Kari 
katur. 
Agitationsmätzchen. Mit diesem Sch’ag- 
wort leitet die „Gewerkschaftliche Rund 
schau“ einen langatmigen Artikel ein, in 
dem insbesondere in Schimpfwortsn ge 
gen den Gewerkschaftssekretär Kuhnen 
von der EG Stellung genommen wird. Es 
lohnt sich nicht, die Anwürfe wie auch 
sogenannte Schlußfolgerungen in dem Ar 
tikel im einzelnen zurtickzuweisen.
	        
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