Seite 4
,Die Arbeit“
November 1947
Sozialversicherung
(Fortsetzung)
3. Die Knappschaftsvollrente.
Welchem Zwecke dient die Knapp-
■ schaftsvollrente?
Sofern der Bergmann zu keiner
nennenswerten Arbeit mehr fähig
und somit Invalide ist, wird ihm die
Knappschaftsvollrente gewährt. Dies
ist eine Rentenleistung, die in einem
angemessenen Verhältnis zu seiner
bisherigen Arbeitsleistung im Berg¬
bau und damit zu seinem ges. Ar¬
beitseinkommen steht. Diese Rente
soll es dem Bergmann ermöglichen,
entsprechend seinem bisherigen Le¬
bensstandard zu leben. Die Knapp-
schaftsvollrente ist an die Stelle der
Leistungen aus den bisherigen knapp-
schaftlichen Pensionsversicherungen
und der knappschaftlichen Invaliden¬
versicherung getreten. Sofern • Ver¬
sicherungszeiten außerhalb des Berg¬
baues hinzukommen, wird für diese,
zusammen mit der Knappschafts¬
rente, auch heute eine Gesamt¬
leistung gewährt.
Wer erhält die Knappschaft^-...
vollrente?
Die Knappschaftsvollrent© erlhält
der knappschaftlich versichert ge¬
wesene Arbeiter und Angestellte, der
a) dauernd Invalide oder
b) vorübergehend Invalide ‘ ist»'
wenn die Invalidität ununter-
brochen 26 Wochen gedauert
hat, oder nach Wegfall des
Krankengeldes noch besteht
oder ■ . . - • .
c) das 65, Lebensjahr vollendet
hat
Die1. Wartezeit muß erfüllt und die
Anwartschaft erhalten sein. Es sind
also die gleichen Leistungsvoraus¬
setzungen wie für die Gewährung
der Invalidenrente bzw. der Lei¬
stungsanteile aus der I.V. zur In¬
validenpension oder zum Ruhegeld.
nach dem alten Recht. ’
‘ Die 'Anwartschaft auf die Knapp¬
schaftsvollrente wird durch den Be¬
zug einer Knappschaftsrente erhal¬
ten.
Wann ist der Bergmann Invalide?
' (§ 1254 d. R.V.O.) -
Als Invalide gilt der Versicherte,
der infolge von Krankheit oder an-
deren Gebrechen oder Schwäche sei¬
ner körperlichen oder geistigen
Kräfte nicht imstande ist, durch eine
Tätigkeit, die seinen Kräften und
Fähigkeiten entspricht und ihn un¬
ter billiger Berücksichtigung seiner
Ausbildung und seines bisherigen
Berufes zugemutet werden kann, ein
Drittel dessen zu verdienen, was kör¬
perlich und geistig gesunde Per¬
sonen derselben Art mit ähnlicher
Ausbildung durch Arbeit zu verdie¬
nen pflegen. Diese auch nach bis-,
herigem Recht geltende gesetzliche
Begriffsbestimmung, die aus der In¬
validenversicherung entnommen ist,
gilt einheitlich für knappschaftlich
versicherte Arbeiter und Angestellte.
\^em kann die Rente wieder ent¬
zogen werden? (§ 54 R.K.G.)
• Die Rente wird entzogen, wenn
der Berechtigte infolge einer wesent¬
lichen Änderung in seinen Verhält¬
nissen die Leistungsvoraussetzungen .
nichtvmeHr erfüllt (z. B. nicht mehr
berufsunfähig ist). (1293 R.V.O.)
• Einer- Aufforderung zur ärztlichen
Untersuchung oder - Krankenhaus¬
beobachtung muß der Berechtigte
auf alle Fälle Folge leisten. Tut er
das nicht, so kann ihm die Rente
für eine bestimmte Zeit ganz oder
teilweise, entzogen werden. Eine
Rentenentziehung wird- dem Berech¬
tigten durch schriftlichen Bescheid
mitgeteilt.
Kurt Weyrich.
Berichtigung
• In der vorigen Nummer, Seite 8,
betr. Sozialversicherung, bedarf die
Frage:
•Was versteht man unter,
wirtschaftlich gleich¬
wertiger Tätigkeit?
einer Richtigstellung:
Es muß heißen: Unter Umständen
kann schon ein 20prozentiger Lohn¬
ausfall zur Verneinung der wirt¬
schaftlichen Gleichwertigkeit führen.^
Tei lergebnisse der Betriebsratswahien im Saarla nd
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K. A. Zenner, Saarbrücken
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1
AngesL
Drahtwarenfabrik, Saarbrücken
39
36
33
3
5
C- •
Dinglerwerk, Bierbach *
242
176
195
19
7
Otto Kaiser, St. Ingbert
295
221
212
9
..... 7
E. Müller & Söhne, Saarbrücken
' 89
82
82
—
6
*
H. Will, Saarbr. Masch.-Fabrik
Sbf. Hebezeugfabrik. Saarbrücken
81
64
64
■
6
' 81
65
63
2
' 5
Dingler Karcher, Saarbrücken
395
314 ,
224
9
8
L. Pabst & Sohn, Saarbrücken
52
43
41
2
5
Gebr. Adt, Ensheim
• 82
72
72
_
5
‘ ■■■ .
M. Ehemann, Friedrichsthal
26
26
25
1
7
Eisenwerk, St. Ingbert
662
539
514
25
9
Eisenwerk Friedrichsthal *
109
101
97
4
6
Industrie-Garage, Saarbrücken
27
20
19
1
3
H. Jurisch & Co., Saarbrücken
102
450
445
5
6
Kardex, Saarbrücken
66 '
53 "
53
'_
5
Gebr. Lüttgens,' Saarbrücken
105
97
88
9
6
Metallindustrie Menesa, Neunkirch.
409
• 346
326
•20
8
Saarbr. Nieten- und Kettenfabrik
-15
12
10
2
5
R. W. E., Eppelborn
' 65 ■ ■
' : 62
58
4'
* 5
W. Schulde, Dudweiler ’=•
* 31
26 '*■
24 •
2
3
,, - ■
Schneider-Werke, St Ingbert
135
120
114
6
7
B. Seibert Hauptverwaltung
143
125
116
9
6
Neunkircher Eisenwerk - ■ * : . <
. 1071
' 986
869
117
8
Arbeit.
Neunkircher Eisenwerk
248
220
205
15
2
Angest,
Öffentliche Betriebe
und Verwaltungen!
Rathaus Saarbrücken:
Arbeiter: wahlberechtigt: 316,
abgeg.: 219, gültige Stimmen: 200,
Einheitsgewerkschaft 3 Betriebsrats¬
sitze, 3 Ergänzungsmitglieder;
Angestellten: wahlberech;
tigt: 812, abgeg.: 650, gültige Stim¬
men 619, Einheitsgewerkschaft Be-
trieusratssitze 7, „Christi. Aktion“ 1
Sitz, Ergänzungsmitglieder: Einheits¬
gewerkschaft: 6 Sitze, „Christi. Ak¬
tion“ 2 Sitze. '
Stadtverwaltung Merzig:
Wahlberechtigt 109, abgeg. Stim¬
men, 92 gültige Stimmen, 79 Ein¬
heitsgewerkschaft: 6 Sitze, 6 Ergän¬
zungsmitglieder.
Kreissparkasse Merzig:
Wahlberechtigt 38, abgegeb. 37,
gültige Stimmen 36, Einheitsge¬
werkschaft 3 Sitze, 3 Ergänzungsmit¬
glieder. . ...
Gemeindeverwaltung Dillingen:
• Wahlberechtigt .225, abgegeb. Stim¬
men 185, gültige ■ Stimmen 181, Ein¬
heitsgewerkschaft: 7 Sitze; 7 Ergän¬
zungsmitglieder. j ,. ,,
Land es Versicherungsanstalt für das
Saarland:
. , Wahlberechtigt 255, abgegeb. Stim¬
men 199, gültige Stimmen 195, Ein¬
heitsgewerkschaft >7 Sitze,’1- 7 Ergän¬
zungsmitglieder. - ’ (
Gemcindebetriebe Schiffweller:
’ Wahlberechtigt 30, abgegeb, Stim¬
men 17, gültige 16, Einheitsgewerk¬
schaft 3 Sitze, 3 Ergänzungsmitglie¬
der.’
Kreissparkasse St. Ingbert:
v Wahlberechtigt 32, abgegeb.- Stim¬
men 32, gültige Stimmen 31, Ein¬
heitsgewerkschaft: 3 Sitze; 3 Ergän¬
zungsmitglieder.
Verwaltungsbezirk Spiesen - Elvers¬
berg: -
- Wahlberechtigt: 103, . abgegeb. 87,
gültige Stimmen 79, Einheitsgewerk¬
schaft 6 Sitze, 6 Ergänzungsmitglie¬
der.*' '. \ ,_V-
Stadtgemeinde St. Ingbert:.
.. . Wahlberechtigte-250, abgegeb. 190,
gültige Stimmen 192, . Einheitsge¬
werkschaft 7 Sitze, 7 Ergänzungs¬
mitglieder. ..
L Fortsetzung, Seite 7
■ —: - (pati&et
Unser M.H.L.-Redaktionsmitglied war
Mitglied der Delegation saarländischer
Arbeitnehmervertreter, die mit Ver¬
tretern der Arbeitgeber am 31. Oktober
vom Arbeitsminister D. Mayer emp¬
fangen wurden,
... erster Eindruck. . ~
Pünktlich auf die Minute lief un¬
ser Zug auf dem gare de l’Est ein.
Paris! Wenn man beinahe 20 Jahre
nicht-mehr diese Stadt gesehen hat,
„ist man besonders erwartungsvoll,
nach so langer Zeit Vergleiche an¬
stellen zu können. Doch beim Aus¬
steigen schon fühlte ich den ganzen
Zauber der Großstadt Paris, es war
wie damals, ein überwältigender
Eindruck; ein unaussprechlicher
Bann nimmt mich ' gefangen, ich
fühle mich ganz klein, ganz beschei¬
den, ein winziges Wesen in. dieser
großen Metropole. Aber gleich'be¬
gegnet uns vollendete Höflichkeit,'
der Vertreter' eines Reisebüros emp¬
fängt ' uns und geleitet uns zu un¬
serem Hotel. Auch hier bei aller
Geschäftigkeit bewundernswerte Höf¬
lichkeit.’ Wenig Formalitäten, uns
als Ausländern geradezu wohltuend.
Der Minister.
, Wir stehen im .Vorzimmer des Mi¬
nisters der Arbeit und bewundern
den Frack des. Dieners, der ziga¬
rettenrauchend am Schreibtisch em¬
sige Tätigkeit vorspielt. Doch wir-
£ind nicht neidisch, denn wir wissen:
„Repräsentation verpflichtet“ und
&ßiföett
warten, auf bequemen Stühlen
sitzend, auf den Empfang. Ganz
plötzlich ein leises Glockenzeichen,
wir werden vom Diener aufgefor¬
dert zu kommen. Der Minister emp¬
fängt uns an der Tür, schüttelt je¬
dem die Hand und sagt ein paar
unverbindliche Worte. ' '; ■
Wir nehmen vor seinem Schreib¬
tisch Platz. Im Raume ist eine ein¬
drucksvolle Stille. Wenig Eleganz.
Die Möbel alle im Stil Louis XIV.
Hinter dem' Schreibtisch ein Bild
des Präsidenten der Republik Vin¬
cent Auriol.' Am Fenster ein großer
Strauß Chrysanthemen in . einer
prachtvollen --Vase. Sonst kein
Schmuck, trotzdem alles sehr wir¬
kungsvoll. Das Gespräch, das nun
beginnt, wird sehr, leise geführt,
Frage und Antwort wechseln schnell, •
trotzdem allen verständlich. Kurze
Unterbrechungen durch das Telefon
lassen das Reaktionsvermögen des
Ministers erkennen.-Efh leises „Om“
und beinahe geflüstert gibt er seine
Antwort. Die Unterredung, die.bei¬
nahe a/i .Stunde dauert,., wird vom
Minister mit gespannter Aufmerk¬
samkeit geleitet. Jedem Sprecher
blickt er ins Auge,..und als nun die
Konferenz zu Ende geht, faßt er alle.
Probleme zusammen und Seine Zu¬
sagen sind befriedigend. Wieder
Händeschütteln und* freundliche:
Worte, wir verlassen das Palais sehr
beeindruckt. ... :
Besuch bei der CGT. ... '
Wir werden schön, erwartet in¬
dem großen Haus der rue Lafayette,
das sich wuchtig von den übrigen
'Häusern abhebt. Fünf Etagen, klet¬
terten wir hoch und hier zeigten
sich in aller Deutlichkeit die Spar¬
maßnahmen der Regierung. Es gab
kein Licht! Denn einen Tag in der.
Woche gibt es stadtteilweise Strom¬
sperre, folglich behilft man sich mit
Kerzen oder Karbidlampen. In Ab¬
wesenheit von Léon Jouhaux wur¬
den wir von seinem Vertreter, Mr.
Bothereau, empfangen, der sich mit
den saarländischen Verhältnissen
gut vertraut zeigte. Mit großem In¬
teresse folgte er unseren Darlegun- '
gen und hatte volles Verständnis für
■die Forderungen der Einheitsgewerk¬
schaft. Auch hier hatten wir den
Eindruck, daß / wir nicht als ehe¬
malige Feinde, sondern als Kame¬
raden betrachtet wurden. Die Auf¬
schlüsse und Unterstützungen, .die
man uns hier gab, werden für die
Einheitsgewerkschaft in der Zu-;
kunft von besonderem Wert sein.
Wir-werden auch auf die Solidari¬
tät t unserer Kollegen von der CGT
immer rechnen' können und an uns
wird es liegen, auch uns solidarisch
gegenüber den französischen Kame¬
raden zu verhalten.,1': Ohne'-diese'
gegenseitige Solidarität-werden wir
nicht gut erfolgreich: sein. Darum
war die Versicherung des Kollegen
Bothereau für uns ein ermutigendes
Beispiel, Der Besuch bei - der CGT
wird ' uns .unvergeßlich; bleiben.
Beim WOB. .fj.w ,, re?
‘ Nahe des Triumphbogens, in der {
rue Vernet, liegt der Sitz, des Welt¬
gewerkschaftsbundes. Ein ehemali¬
ges Hotel eines, spanischen Granden
mit sehenswertem Treppenschmuck.
Hier laufen die Fäden der gesamten
nationalen Föderationen in der gan¬
zen Welt zusammen. Wir betreten
das Arbeitszimmer des. Kollegen
Schevenells, des stellvertretenden
Generalsekretärs. Er war noch beim
Diktat, das- er in fließendem Englisch
seiner Sekretärin gab. Kurz über¬
legend, dann aber ohne Pause, dik¬
tierte er ein Schreiben an eine ame¬
rikanische’ Föderation. An uns ge¬
wandt,' konnten'wir.'uns von seinem
guten Deutsch überzeugen. Er gab
seiner Freude über unseren Besuch
lebhaft Ausdruck, denn Saarbrücken
,ist ihm noch von 1934—35 in guter
Erinnerung. ' Wertvoll war für uns
die Versicherung, daß er unsere
Aufnahme in den WGB; mit allen
Kräften unterstützen wird. Die uns
zugesagte Hilfe Wird für' die Kol¬
legen der Einheitsgewerkschaft bald
sichtbar werden. Wir möchten nicht
versäumen, hier an dieser Stelle un¬
serem beben Freund A. Preuß für
seine Unterstützung beim , WGB un¬
seren Dank aüszusprechen, der im
WGB * ein aufrechter Vertreter un¬
serer' Sache ist. r''u"s
Mit der Gewißheit, daß wir n^it
vergebens den WGB aufgesucht ha¬
ben, verlassen wir die rue Vernet;
und haben das Gefühl, als Beauf¬
tragte der Einheitsgewerkschaft ent¬
sprechend gehandelt zu haben.