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„Die Arbeit“
November 1947;
Bei dieser Diskussion wurden
dann noch die innerorganisatoj-
riseben Fragen eingehend behandelt
und auch die zukünftige Zusammen¬
arbeit zwischen der Einheitsgewerk¬
schaft Saar und der GGT ganz be¬
sonders besprochen. ;
Am Freitag, dem 31. Oktober 1947,
hatten wir beim Weltgewerkschafts¬
bund mit den Kameraden Scheve¬
neis und Preuß eine Besprechung
über die künftige Gestaltung und
Stellung der Gewerkschaften an der
Saar im Verhältnis zum Weltgewerk¬
schaftsbund.
Unter Bezugnahme auf die bereits
in Saarbrücken bei der Anwesenheit
der Vertreter des Weltgewerk¬
schaftsbundes stattgefundenen ein¬
gehenden Aussprache brachten wir
zum Ausdruck, daß der Anschluß an
den Weltgewerkschaftsbund in Bälde
erfolgen müsse. Besondere Diskus¬
sionen entwickelten sich bezüglich
der im Saarland geschaffenen Lage
durch die Gründung christlicher Ge¬
werkschaften. Der Kamerad Scheve¬
neis brachte zum Ausdruck, daß er
eine derartige Entwicklung im Inte¬
resse der Arbeitnehmer außerordent¬
lich bedaure und allergrößten Wert
darauf lege, daß ein prominenter
Vertreter des Weltgewerkschafts¬
bundes in kürzester Zeit in größeren
Kundgebungen £m Saarlande zu die¬
sem Problem Stellung nehmen
müsse.
Er gab -im Namen des Generalse¬
kretärs. des Kameraden Saülant. die
Erklärung ab. daß seitens des Welt¬
gewerkschaftsbundes seinerzeit beim
Außenminister ,we°en der Gründung
christlicher Gewerkschaften an der
Faar inf°rvenicrt wurde, aber der
Kniie°e SafHant. der z. Zt. in Rumä¬
nen »'st. bei einer snäteren Gelegen¬
heit über diese Verhandlungen be¬
sonders berichten werde.
Scheveneis als stellvertretender
G',nera1sekretär erklärte sich wäh¬
rend dieser Verband'uncen bereit,
im Monat Dezember 1947 das-Saar¬
land zusammen mit d^m Kameraden
P^uß zu besuchen und in größeren
Kundgebungen persönlich zu spre¬
chen. In der Frage des Anschlusses
der saarländischen Einheitsgewerk¬
schaft an den Weltgewerkchaftsbund •
betonte er. daß er den baldigen An¬
schluß als die glücklichste Lösung
betrachte und seitens des Weltge¬
werkschaftsbundes kaum Bedenken
bestehen dürften. Der wirtschaftliche
Anschluß des Saarlandes und die
autonome Stellung der Saar -macht
es notwendig, daß d’e Gewerkschafts¬
bewegung an der Saar als selbstän¬
dige Organisation erhalten bleibt, da¬
mit in jedem Falle ihre eigene Ge¬
werkschaftspolitik. den gegebenen
Wirt Schaf tsDolitischen Verhältnissen
an der Saar entsprechend, durchge- 1
führt werden kann.
Der Eindruck, den wir als Vertre¬
ter der Einheitsgewerkschaft sowohl
bei. den Verhandlungen im Arbeits-
ministerium, als auch bei dem Gene¬
ralsekretär der CGT ■ und auch des
Weltgewerkschaftsbundes hatten, war ‘
ein absolut befriedigender. Wir ver¬
ließen Paris in der festen Überzeu¬
gung, daß sowohl die französische;
Regierung als auch die Kameraden
der CGT und des Weltgewerkschafts¬
bundes uns bei der Überwindung der :
Schwierigkeiten bei den bevorstehen¬
den Verhandlungen und der Neuge- •
staltung unserer Tarifverträge jede
Unterstützung zuteil werden lassen.
Wacker
Gewerkschaftsvertreter beim Лет Gouverneur
Seit Monaten bemühen wir uns,
die Militärregierung auf die dau¬
ernde Verschlechterung der Lebens¬
mittelversorgung der schaffenden
Menschen aufmerksam zu machen.
. Insbesondere hatten, wir im Lan-
desemährungsausschuß sowohl bei
der Verwaltungskommission, als
auch “bei der Militärregieung schrift¬
lich ' und mündlich immer wieder
darauf hingewiesen, nichts ! unver¬
sucht zu lassen, um die Ernährung
für die Wintermonate sicherznstel-
len und ganz besonders der Versor¬
gung der Bevölkerung mit Winter¬
kartoffeln die größte Aufmerksam¬
keit zu widmen.
Trotz all unserer Bemühungen
stellen wir zu unserem Bedauern
fest, daß in der Versorgung der Be¬
völkerung mit Kartoffeln ein Zu¬
stand eingetreten ist, der zu grö߬
ter Besorgnis Anlaß gibt.
Die Vertreter der einzelnen Indu¬
strieverbände haben deshalb am
14. November 1947 beim Gouver¬
neur des Saarlandes, Herrn Gil¬
bert GRANDVAL, in einer
sehr eingehenden Aussnrache auf
die ernste und > bedrohliche Lage
bin bewiesen.
Der Kollege Wacker schilderte
die derzeitige Lebensmitelknaonheit.
Zum Teil ist diese zurückzuführen
auf die allgemeine Mißernte und
die Trockenheit des Jahres 1947. die
mebt bloß ein Mangel an Gemüse
mit sich brachte, sondern auch eine
Kürzung der Brotration zur Folge
bat Umso bedauerlicher ist es. fest¬
stellen zu müssen, daß die Versor¬
gung mit Kar+offeln ebenfalls nicht
so vor sich geht, wie daß unbedingt
notwendig gewesen wäre und nicht
nPptrt darauf zurückzirfijhren ist.
daß die saarländische Bauernschaft
mit ihren Ablieferungen etwa ein¬
einhalb Monate im Verzug ist. Es
ist unverantwortlich, daß ein , Teil'
der saarländischen Bauernschaft, um
gewisser oersönHcher Vorteile wil¬
len. der Ahgabeoflicht nicht nacb-
kommt und dadurch die Industrie*
bevölkerung in größte Not gerät.
Kollege Wacker betonte weiter, daß
es nicht zuletzt auch im Interesse
der Militärregierung als auch der
Werktätigen an der Saar liegt. So¬
fortmaßnahmen zu ergreifen, damit
schnelle Abhilfe geleistet wird.
.Der Kollege M u n a r i nahm
ebenfalls zu der derzeitigen Emäh-
rungslage in längeren Ausführun¬
gen Stellung und hob' hervor, daß
gerade die Bauhandwerker schon
seit Monaten unter den ungünstig¬
sten" Lebensverhältnissen ihre Arbeit
verrichten müssen.
In seinen-, Ausführungen brachte
der Gouverneur zum Ausdruck, daß
er von der derzeitigen Krise Kennt¬
nis habe, daß die Einheitsgewerk¬
schaft , es war, die in allererster
Linie an ihn herangetreten ist und
er bereits Maßnahmen ergriffen
habe, um so rasch wie möglich eine
Besserung herbeizuführen. Wie wir
seinen Ausführungen weiter ent-
' nahmen, ; sind vom Rheinland für
die Saar 20 000 Tonnen Kartoffeln
unterwegs. In Dänemark sind eben¬
falls 10 000 Tonnen aufgekauft, die
im Anrollen sind und 15 000 Ton¬
nen Saalkartaffeln sind aus Frank¬
reich bereits eingetroffen. Die Saat¬
kartoffeln jedoch werden nur die¬
jenigen Bauern erhalten, die ihr
Abgabesoll erfüllen und die gleiche
Menge eigene Kartoffeln für die
Saatkartoffeln, die sie erhalten, ab¬
geben müssen, sodaß insgesamt vor¬
erst zusätzlich von auswärts 45 000
Tonnen Kartoffeln zur Verfügung
stehen. Der Gouverneur - erklärte
weiter, daß die Kartoffelkrise nicht
eingetreten wäret wenn die saarlän¬
dische Bauernschaft wenigstens in
etwa ihr Abgabesoll ■ erfüllt hätte.
Er müsse feststellen, daß bis zum
heutigen Tage ' vom Saargebiet
selbst <erst 20 Prozent der abzulie-,
ferden Kartoffeln aufgebracht wur¬
den. Festzustellen sei weiter, daß er,
um die Bauern zu einer raschen Ab¬
lieferung zu veranlassen, angeord¬
net habe, daß die Bauern für. jedes
Kilo abgelieferte Kartoffel eine
Vergütung von fünf Franc bekom¬
men, sodaß für sie ein finanzieller
Verlust infolge Umstellung der
Währung nicht entstehe. Der Gou¬
verneur hofft, daß mit der Einfüh¬
rung des französischen Franc an der
Saar und der EinkaufsmögHchkeit
in Frankreich zweifellos eine bes¬
sere Lebenshaltung der Bevölkerung
in Kürze erfolgen werde.
■Auf die Zuckerfrage eingehend,
erwähnte-der" Gouverneur, daß die
französische Ration im Saargebiet
eingeführt würden, die für die Nor¬
malverbraucher 750 g pro Monat be¬
tragen gegenüber den jetzigen 500 g,
die dieselben zur Zeit erhalten.
CH RISI ENT UM DER TAT
Teilergebnisse der Belriebs-
raisw&hien im, Saarland siehe
"Seite 4 und 7.
Einzigartiges Bekenntnis ■ der
Arbeiterschaft für «ie Einheit »
Nicht Worte, sondern Taten be¬
weisen die erfolgreiche, gewerk¬
schaftliche Arbeit zur Linderung der
Not und -Wahrnehmung ■ der wirt¬
schaftlichen Belange der schaffen¬
den Menschen. Darüber hinaus war
und. ist es unsere vornehmste Auf¬
gabe als Einheitsgewerkschaft, auch
denen 'zu helfen, die jahrzehntelang
in der Bewegung gestanden, als auf¬
rechte ' Männer gegen das Nazi¬
system gekämpft, zum Teil gemaß-
regelt wurden und heute infolge Al¬
ter und'“ Invalidität mit einer be¬
scheidenen Rente ihr Dasein fristen
müssen.
Dies trifft auch zu für Witwen
und Waisen der Kollegen, die als
alte Gewerkschaftler ihre Pflicht er¬
füllt haben und heute ; nicht mehr
unter uns wellen.
Die. Unterstützungskommission in
der Einheitsgewerkschaft hat -wäh¬
rend ihrer zweijährigen Tätigkeit in
Notfällen stets helfend eingegriffen.
Eine Vielzahl von Dankschreiben
sind bei uns eingegangen, als An¬
erkennung für die von uns geleistete,
Hilfe! ' * . ;
Der Hauptvorstand der Einheits->
gewerkschaft hat nun, unter beson¬
derer Berücksichtigung des • bevor-1
stehenden Weihnächte - Festes den.
Beschluß gefaßt, eine große Unter- ■
stützungs-Aktion durchzuführen, um
wenigstens über die Weihnächte -,
Feiertage diesen Menschen die täg¬
lichen Sorgen zu erleichtern und
ihnen die Möglichkeit zu geben, in-'
nerhalb ihrer Familie das Fest der
Liebe und des Friedens ohne die
Sorgen um das tägliche Brot be¬
gehen zu können.
Die einzelnen Industrie-Verbände
werden im Laufe des Monats No-
.vember die entsprechenden Frage¬
bogen herausgeben an die Witwen
und Waisen der in infragestehenden
Kollegen damit die Anträge im Laufe
des Monats November, der Unter-
Stützungskommission überwiesen und
noch vor den Feiertagen die Unter¬
stützungen zur Auszahlung gelangen
können. H. Wacker. •,
Große Sofge 'bereitet uns weiter
die Versorgung der Klein- und
Kleinstkinder sowie der Kranken
mit Milch, da auch die Milchabliefe,
rung von Monat zu Monat in erheb¬
lichem Maße zurückgeht.
■■■ ' Das Resultat der Aussprache beim
Gouverneur war, daß von den für
die Werksküchen vorgesehenen Kar¬
toffeln sofort an die Bevölkerung
Kartoffeln ausgegeben werden, da¬
mit die fehlende Zuteilung für Ok¬
tober und ■‘November voll zur Aus¬
gabe kommen kann. Die Belieferung
der Werksküchen der Saargruben
soll aus den ln ungefähr 14 Tagen
eintreffenden Kartoffeln aus Däne¬
mark erfolgen. Die Belieferung der
Normalverbraucher mit 750 g Teig,
waren pro Monat soll ebenfalls zur
Durchführung kommen, da von den
500 Tonnen der Teigwaren aus
Baden-Baden bereits zwei Waggons
eingetroffen sind und dieselben,
soweit sie anlaufen, zur Verteilung
kommen sollen. .
Außerdem sind 3000 ' Tonnen
Frischgemüse im Anrollen* die eben,
falls so rasch wie möglich an die
Bevölkerung ausgegeben werden.:
In der am selben Nachmittag
stattgeiundenen Sitzung des Lande;*
emährungsausschusees konnte
gendes festgestellt werden:
' Für die künftige Fettversorgung,
sind 1000 Tonnen Margarine von
Dänemark eichergestellt, von denen
zur Zeit 200 Tonnen in Duisburg in
Waggons verladen werden, da die
Rheinschiffahrt infolge des niederen
Wasserstandes lahm liegt. Die
Fleisch belieferung für die kommen¬
den Monate ist im vollen Umfange
gesichert, ebenfalls die Belieferung
der Bevölkerung mit Käse. An Hül¬
senfrüchten werden zusätzlich 1000 g
zur Zeit ausgegeben. Darüber hin¬
aus sind an Hülsenfrüchten sicher-
gestellt: * '• > — _ ’ . t .
• von Frankreich 1100 Tonnen, voh
denen 140 Tonnen bereits einge¬
troffen sind, sowie f
von Baden-Baden .3080 Tonnen,
von denen ebenfalls bereits 1400
Tonnen eingetroffen sind. ;• ;
Die Belieferung der Bevölkerung
mit Marmelade soll auch in den
kommenden Monaten zur Durchfüh¬
rung kommen. ' Am bedauerlichsten]
ist die Versorgung der Bevölkerung
mit Milch, die in den letzten Mona¬
ten von 2,7. Millionen Liter auf 1,7
Millionen Liter zurückeeeangen ist.
Frankreich hat durchschnittlich pro
Monat 70 Tonnen Trockenmilch ge¬
liefert, die einen ungefähren Wert
von 711 000 Liter Normalmilch dar¬
stellen " und nur dadurch war das
Landesemährungsamt in der Lage,
wenigstens in etwa die Bevölkerung
mit Milch zu versorget}. Soweit
Frankreich bereit ist, auch in den
kommenden Monaten in diesem Um¬
fange Trockenmilch zu liefern, be¬
steht die Möglichkeit, für die
Kleinste und Kleinkinder die Milch-
ration aufrecht zu erhalten.
Wir werden mit allem Nachdruck
wie bisher ■ der Ernährung unsere
.allergrößte Aufmerksamkeit schen¬
ken und Kollege Wacker hat bean¬
tragt, daß nach der erneut festge¬
setzten Aussprache beim Gouver¬
neur des Saargebietes, die am kom¬
menden Freitag, dem 2L ds! Mti,
stattfindet, ebenfalls -wieder eine
Sitzung des Landesernährungsaos-
Schusses stattfindet, damit wir die
Möglichkeit haben, festzustellen, wie
weit die Ernährungslage sich ■ ge¬
bessert hat und was als Sofortmaß-
nahmen weiter getan werden muß-
Es wird und - muß auch in nächster
Zukunft unsere dringendste Aufaabe
sein, die Arbeitskraft der schaffen*
den Menschen durch eine allgemeine
Verbesserung der Ernährung zu er*
halten. '