Beite 14
„Die 'Arbeit"
Oktober 1947
Das Jugendsekretariat
Jugend in der Einheitsgewerkschaft
Zur Bearbeitung der gewerkschaft-i
Lichen Belange der Jugend innerhalb
der • Einheitsgewerkschaft der Ar¬
beiter, Angestellten und Beamten
wurde das Jugendsekretariat ge¬
schaffen. Das Jugendsekretariat be¬
findet sich im Hause-der Hauptver-*
— / waltung der Einheitsgewerkschaft,
liebe der Tat. Denkt alle daran, daß. Saarbrücken, Brauerstraße 6 bis 8,
Ihr die Zukunft einmal übernehmen' Telefon-Nummer: 62 20 und 87 24,
sollt. Laßt daher keine Gelegenheit Apparat Nr. 32. '
■Jungkolleginnen und -Kollegen!
Mit Wirkung vom 15. September
1947 wurde mir durch den Haupt¬
vorstand der Einheitsgewerkschaft,
unter einstimmiger Vertrauensbezeu*
gung der Jugendvertreter der ein-
- zelnen Industräeverbänder (Jugend¬
sekretariat) die Aufgabe eines Haupt¬
jugendleiters der vEinheitsgewerk¬
schaft übertragen.
Der Beweggrund meiner Zusage
war ausschließlich die Verpflichtung
und Verantwortung, die gerade "die
junge Generation der Jugend gegen¬
über trägt und auch - in sich verv
spüren muß,'Große Aufgaben harren
auf uns alle". Gilt es doch, uns als
junge Menschen die Lebersgrund¬
lage zu erkämpfen, auf der .vir eine
glücklichere und friedlichere Zu¬
kunft aufbauen können. DieN Ver¬
wirklichung dieser ‘Aufgaben lassen
" sich aber nur durch engste Zusam¬
menarbeit atler Jugendlicher mit den
Jugendfunktionären der Einheitsge¬
werkschaft ermöglichen.
Zunächst kommt es darauf an, daß
Ihr alle von der Notwendigkeit
einer einheitlichen Gewerkschj^be-'
wegung^über7£ii- £>ie Tätig-
—¿eit"'in der Einheitsgewerkschaft
schließt jedoch jegliche Vermassung
der freien Persönlichkeit aus. Wir
wollen und werden keine „Uniform¬
menschen" heranbilden. Ein weiterer
. Punkt, den ich Euch zu Anfang un¬
seres Zusammenwirkens voranstellen
möchte, ist folgender:
Wir müssen eine gesunde Zusam¬
menarbeit zwischen Jugend und
, kälterer Generation erreichen. Das be¬
deutet, daß die stürmisch vorwärts¬
drängende Kraft der Jugend Sich
paaren muß, mit der abwägenden
besonnenen Erfahrenheit der älteren
Kollegen. Stellt Euch den Vorgang
des Milchkochens vor, und Ihr wer¬
det ein Beispiel haben, was ich mit
oben angeführtem Satze sagen will.
Wie die Milch auf dem Feuer gekocht
werden muß, um gesundheitsschä¬
digende Keime zu verlieren, so muß
auch die Jugend gewissermaßen in'
. einem .Schmelztiegel geläutert wer¬
den. Wenn beim Kochen die Milch
überschäumt, gehen wertvolle Be¬
standteile dabei verloren. Genau so
geht wertvolle Kraft der Jugend
verloren, wenn es nicht gelingt, die
•überschäumende Kraft zum Nutzen
der Jugend selbst zu zügeln. Jugend
soll und darf nicht kritiklos sein,
aber ihre Kritik muß anfbauend und
darf- nicht zerstörend wirken. Man
hat Euch durch den in dem vergan-
- genen Jahrzehnt gepredigten Grund¬
satz: „Jugend hat immer Recht“ ge-
. schmeichelt, um Euch - gleichzeitig
durch die Lehre: „Der Führer bat
immer Recht", kritiklos machen zu
können. Wir sind daher grundsätz-
. . lieh als Jugend heute davon über¬
zeugt, daß es an uns und unserem
' Verhalten liegt, ob wir wirklich
' Persönlichkeiten heranbilden können
und ob wirklich aus uns selbst die
besten Gewerkschaftler hervorgehen.
Wir sind aber auch davon überzeugt,
daß die ältere Generation uns ge¬
nügend Raum zum selbständigen
Arbeiten geben muß. Wir müssen im
engsten Zusammenarbeiten mit der
alteren Generation und im ehrlichen
Vertrauen zu ihr. auf Grund unserer,
eigenen Arbeit und unseres jungen
- Woltens, all die Ziele, zu erreichen
versuchen, die uns als junge Gene¬
ration vor Augen, schweben.
Als dritten Grundsatz mochte ich
Eucjj zurufen: „Habt Vertrauen- zu
Euch selbst und zu Eurem reinen
Wollen. Laßt Euch nicht beirren und
entmutigen, wenn man Euch oft
sagen möchte, daß Ihr durch und
durch verdorben seid/4 Als Jugend
müssen wir diese * Verleumdung zu¬
rückweisen, da sie uns jeglichen Mut
zum Neuaufbau unseres Lebens rau¬
ben will und überdies auch keines¬
wegs der Wahrheit .entspricht. Un¬
sere Jugend hat noch genügend
Idealismus, um mitzuhelfen an der
Neugestaltung unseres 'gesamten
Lebens.
Eine Mahnung möchte ich’ jedoch
nicht unterlasen: „Seid sauber in
Eurem Denken, Reden und Han¬
deln.“ Du, Jungkollege, hast nicht das
Recht schlecht über Deine Arbeits¬
kameradin zu urteilen, und Du,
unter Deiner Würde liegt, wenn Du
in Deiner Lebenshaltung unnatür¬
lich und anstößig wirkst. Helft ein¬
ander wo Ihr könnt und seid Weg¬
bereiter in eine neue Zukunft, die
frei sein muß vom Geiste der Lüge
und des Hasses und die erfüllt -sein
muß vom Geiste echter Nächsten-
vorübergehen, Euch weite/zubilden
'in den Fragen Eures Berufes und
der Allgemeinbildung. Nützt beson¬
ders jede Gelegenheit Euch gewerk¬
schaftliche Kenntnisse anzueignen
aus, um später als tüchtige Gewerk¬
schaftsfunktionäre die Rechte des -
schaffenden Volkes wirksam ver¬
treten zu können.
Jungkolleginnen und -kollegent
Der Raum in unserer Zeitung reicht
leider . nicht aus, um hier nähere
Ausführungen über unsere kommen¬
den Arbeiten zu machen. Ihr werdet
jedoch durch Rundschreiben und
Versammlungen davon in Kenntnis
gesetzt. Ich möchte Euch bitten, Eure
Wünsche und Sorgen entweder durch
persönlichen Besuch oder schriftliche
Eingaben an das Jugendsekretariat
vorzubringen. Zum Schluß möchte
It>h Euch bitten, dem Jugendsekre¬
tariat und mir persönlich bei der
Durchführung und Verwirklichung
unserer Aufgaben stets behilflich zu
sein, ‘
. Euer Rudi Blass
Wir wollen leben
Es ist ein unbestreitbares Recht
der Jugend, daß gerade sie'eine ver¬
nünftige und gesittete Lebensgrund¬
lage haben muß. Oft genug wird ge¬
rade dieses Recht der Jugend allzu¬
leicht verkannt. Wer aber ''die Ju¬
gend hat, der hat auch die Zukunft.
Wir als junge Generation vertre¬
ten nicht den Standpunkt, daß die
Jugend, immer Recht hat, sondern
wir sind gerne bereit, gute Rat¬
schläge der älteren Generation ent¬
gegenzunehmen und in die' Wirk¬
lichkeit ^lmzusetzen. Diese Bereit¬
schaft setzt aber eine kritische Be¬
trachtung aller Lebensfragen und
Gestaltungsmögljchkeiten voraus. Sie
schließt ferner die .Bereitschaft der
älteren Generation zum wirklichen
Helfenwollen und‘2Ur Anerkennung
der berechtigten Forderungen der
Jugend ein. Jede Vernachlässigung
der Jugendarbeit bedeutet die Fort¬
setzung des an uns durch das ver¬
gangene Regime verübten Verbre¬
chens. Darum nimmt sich auch die
.Einheitsgewerkschaft ganz besonders
der Jugend von ganzem Herzen an
und hilft ihr bei der Verwirklichung
ihrer , berechtigten Forderungen in
den Betrieben und Büros. Wir wol¬
len als junge Generation die jungen
Arbeiter in den Betrieben und in
1 den Büros zu brauchbaren Menschen •
und damit zu rechten Gewerkschaft¬
lern heranbildem Unser Ziel ist die
Einheit der Arbeiter. im . gewerk¬
schaftlichen Leben unseres Volkes.
Diese Einheit kann und muß die
Brücke zur Völkerverständigung sein
und werden. Die Jugend will nicht
noch einmal in ihren Idealen betro¬
gen werden von einer handvoll
Menschen, denen ihr • Geldsack als
.Mittel ihrer Macht höher steht, als
das Leben und die Gesundheit von
. Millionen Menschen. An Stelle
des Völkerhasses daher
die Völkerliebe, an Stelle
des ' Völkermorderis for¬
dert sie.daher den Völker¬
frieden.
H
Wir sind "als Jugend nicht nur zu
Forderungen bereit, sondern spüren
die Verpflichtung, «die auf unsere
jungen Schultern gelegt ist. Aus
diesem Verantwortungsbewußtsein
heraus formen sich unsere Forde¬
rungen auf:
1. Bessere Ernährung und Beklei¬
dung.
2. Ein fortschrittliches Jugend-
. schutzgesetz, in dem alle sozialen
und ' arbeitsrechtlichen Belange
der Jugend weitgehendst Be¬
rücksichtigung finden. Besonde¬
res Augenmerk ist hier auf die
. Berufsausbildung und ärztliche
Betreuung zu legen. '
3; Mitbestimmungsrecht
im Betriebsrat. In allen
Betriebsräten muß ein Jugend¬
licher vertreten sein. Wo kein
Die Dienststunden sind:
Montag bis Freitag von 8 Uhr bij
16.30 Uhr; • . .
Samstag von 8 Uhr bis 13,00 Uhr.
Samstags nachmittags ist das Büro
des Jugendsekretariats geschlossen.
Persönliche Vorsprachen und tele¬
fonische Anfragen können nur wäh¬
rend diesen Zeiten erfolgen.
1 Jugendsekretariat-
• ' gez. Blass
wählbarer Jungkollege im Be¬
triebe arbeitet, muß ein Jugend¬
obmann von der Jugend gewählt
werden, der in engster Zusam¬
menarbeit mit dem Betriebsrat,
die Forderungen der Jugend vor¬
bringt.
4. Eine Lohn- und Tarifgestal¬
tung, die es auch den Jugend¬
lichen erlaubt, ein ihrer Art und
ihren-Bedürfnissen entsprechen¬
des Leben zu führen. Hierzu ge-
• hört vor allen Dingen die For¬
derung: Gleicher Lohn, bei glei¬
cher Leistung.
5. Schaffung von Jugendheimen,
Jugendbildungs- und Erholungs¬
stätten. Hierzu gehören beson¬
ders: Kulturelle-' lir.d sportlich*
Entfaltungsmöglichkeiten.
Diese grundsätzlichen Forderungen
müssen erfüllt werden, um der Ju¬
gend das Gefühl des Vertrauens in
eine wahrhafte Demokratie zu ge¬
ben. Zahlreiche Hoffnungen werden
sich dann verwirklicht haben oder
zumindest in die Tat umsetzen las¬
sen, • ,
'Es liegt nicht an dem Willen der
Jugend, denn sie hat Sich in ihren
besten Teilen noch genügend Be¬
geisterungsfähigkeit für diese hohen
Ideale erhalten. Gebt der Ju¬
gend daher Raum zu eige¬
nem Schaffen Und zu eige¬
nem Leben.. Hüster.
Metallarbeiterjugend in der Wartburg
Ende August fand im großen Saal
der Wartburg in Saarbrücken das
erste und größte Jugendtreffen des
Industrieverbandes Metall der Ein¬
heitsgewerkschaft .statt, woran sich
über 2000 Jugendliche beteiligten.
’ Kollege Fliegler zeigte der Jugend
wie und wo sie sich aktiv und posi¬
tiv im demokratisch-fortschrittlichen
Sinne - am Wiederaufbau betätigen
kann: Er appellierte an die Jugend,
zu erkennen, daß die wichtigste
Voraussetzung eines erfolgreichen
Aufbaues in der Einheit der Arbeit¬
nehmerschaft bestünde. Er förderte
die Jugend auf, für die Erhaltung
auch an die älteren Kollegen, der
Jugend die Hand zu reichen und der
Jugend den Platz einzuräumen der
ihr gebührt. Sie appellierte weiter
an die ganze Welt, unserer Jugend
endlich das Gefühl Wer Zweitrangig-
keit zu nehmen und nicht die Ju¬
gend für die Vergangenheit verant¬
wortlich zu machen, sondern unJi
einzugliedern in die große Völker-
für J eine friedlich-demokratische
gemeinschaft zum Wohle aller und
Entwicklung und somit zum Völker¬
frieden. Ihre Ausführungen gipfel¬
ten darin, der anwesenden Jugend
die Forderungen der Einheitsge-
der Einheit in der Gewerkschaft zu ■ "werkschaft in Bezug auf die Jugend
zu unterbreiten und der Jugend den
Weg zu zeigen, wie man für diese
Forderungen auch erfolgreich kämp¬
fen kann. Auch ihre Ausführungen
mündeten in dem Appell an die Ju-.
gend, alles.für die -Erhaltung der
Einheit zu tun. •• / • - '
Im weitern Verlauf der Kundge¬
bung nahm der Präsident der Ein¬
heitsgewerkschaft, Kollege Wak-
ker, zur Jugendfrage Stellung- Er.
gab seine Freude über die starke
Teilnahme der Jugend an diesem
kämpfen und sich für keine Spal¬
tung mißbrauchen zu lassen. Seine
Worte für die Einheit fanden den
stärksten Beifall aller Jugendlichen.
Hierauf sprach Kollegin Geschke
vom Jugendsekretariat über das
.Thema: „Jugend und Einheitsge¬
werkschaft.“'
- Sie . behandelte insbesondere die
Frage,, weshalb 'die Jugend sich in
der Einheitsgewerkschaft organisie¬
ren soll. Sie erinnerte die Jugend
nicht'nur an ihre Rechte, sondern' Jugendtreffen Ausdruck, dieder Be-
überzeugte die Jugend auch davon,- weis dafür sei, daß die Jugend ver-
wie bitter notwendig es ist, die standen habe, um was es geht. Kol-
Pflichten mit - allem Ernst zu be- lege Wacker bestätigte die. aufge-
trachten und vor allem diese Pflich- stellten Forderungen als - eine Not-
ten mit allen zur Verfügung stehen- wendigkeit. Ec sicherte'der Jugend
den. Kräften zu erfüllen. ■ die vollste Unterstützung der Haupt-
Kollegin Geschke appellierte aber Verwaltung zu, ri •. *, ,•