Full text: 1947 (0002)

К SAAR-BERGBAU К 
Funktionäre tagten in Völklingen 
Vor einer von nahezu 200 Funktio¬ 
nären des Industrieverbandes Berg¬ 
bau der Einheitsgewerkschaft be¬ 
suchten Bezirks-Delegierlen-Konfe- 
renz am 22. Juni in Völklingen 
sprach Kollege Hasert in scho¬ 
nungsloser Deutlichkeit über die 
Lage des Verbandes und zeigte Mit¬ 
tel und Wege auf, wie der gegen¬ 
wärtige Engpaß überwunden wer¬ 
den kann. 
Die anschließende Diskussion stand 
durchweg auf hoher Stufe und gab 
den ernsten Willen aller Funktionäre 
zu erkennen, beim Aufbau und Aus¬ 
bau des Verbandes tatkräftig mit 
Hand anzulegen. Alle Diskussions¬ 
redner betonten die Dringlichkeit der 
Einführung des Betriebsrätegesetzes, 
auf das man nun schon über ein 
Jahr vergeblich wartet. Eine sehr 
»scharfe Kritik widerfuhr einigen 
Betriebsobleuten, die mehr ihr eige¬ 
nes Wohl als das der Belegschaften 
im Auge haben. Für die Zeit, bis 
zum Inkrafttreten des Betriebsräte- 
geselzes wurden Neuwahlen gefor¬ 
dert, damit die Belegschaften Ge¬ 
legenheit hätten, die Männer ihres 
Vertrauens mit der Vertretung ihrer 
Interessen zu beauftragen. Lebhaft 
begrüßt wurde die Gründung neuer 
Ortsgruppen und die Verlagerung 
der Kassierung in die Ortschaften. 
Man erkannte die Notwendigkeit 
dieser organisatorischen Umstellung 
an, weil sie die Gewähr biete, ideell 
an die Mitgliedschaft heranzukom¬ 
men und außerdem eine möglichst 
lOOprozentige kassentechnische Er¬ 
fassung gewährleiste. Einstimmige 
Ablehnung erfuhr das von der Saar¬ 
grubenverwaltung eingeführte Prä¬ 
miensystem, insbesondere die nach 
dem Einkommen gestaffelte Fettzu¬ 
teilung. Der Wunsch der Versammel¬ 
ten ging dahin, die Grubenverwal¬ 
tung möge das gesamte Prämien- 
system fallen lassen. Die Prämien 
seien geeignet, Solidariiätsgefühl 
und Einigkeit zu untergraben und 
dafür Neid und Mißgunst zu säen. 
Eingehend auf die Verhältnisse im 
Ruhrbergbau wurde festgestellt, daß 
die Bergleute dort bei Urlaub und 
Krankheit die erhöhten Rationen 
weiter beziehen. Auch die Saargru- 
bcnverwaltung muß sich bewußt 
sein, daß die Erhaltung der Arbeits¬ 
kraft auch dann gewährleistet wer¬ 
den muß, wenn der Bergmann in¬ 
folge Krankheit oder Urlaub nicht 
im Arbeitseinsatz steht. 
Lebhaft begrüßt wurde die An¬ 
wesenheit des Kollegen Weiter, 
1. Vorsitzender des Industrieverban¬ 
des Eisenbahn, Post und Fernmelde¬ 
wesen. Kollege Weiter schaltete sich 
in die Diskussion ein und zeigte an 
Hand einiger Beispiele, wie ein or¬ 
ganisatorischer Bau aussehen muß, 
wenn er schlagkräftig und tatkräf¬ 
tig die Belange seiner Mitglieder 
vertreten soll. Die erste Ziel¬ 
setzung jedes Industrie¬ 
verbandes müsse darin be¬ 
stehen, sich das Mitbestim¬ 
mung srecht zu sichern. Nur 
so könnten die Verhältnisse, wie sie 
heute noch auf einzelnen Gruben 
herrschen, beseitigt werden. Grund¬ 
voraus Setzung für jede er¬ 
folgreiche Arbeit sei die 
geschlossene Einheit aller 
Schaffenden bei strenger 
Einhaltung der parteipoli¬ 
tischen und religiösenNeu- 
trali tä t. 
Am Schlüsse der Tagung wurde 
folgende Entschließung einstimmig 
angenommen: 
„Die versammelten Funktionäre 
des Industrieverbandes Bergbau der 
Einheitsgewerkschaft - Gruppe West 
- nehmen nach den Ausführungen 
des Kollegen Hasert Kenntnis von 
der Lage des Verbandes. Sie ver¬ 
urteilen die bisher im Verband geüb¬ 
ten Methoden und sprechen der Ver¬ 
bandsleitung, sowie der Hauptver¬ 
waltung der Einheitsgewerkschaft 
ihr uneingeschränktes Vertrauen aus. 
Die Versammelten erkennen die Be¬ 
strebung der Vcrbandsleitung, den 
Aufbau und Ausbau des Verbandes 
nach gewerkschaftlichen Grund¬ 
sätzen und Richtlinien vorzunehmen, 
voll und ganz an und versprechen 
diese tatkräftig zü unterstützen. Sie 
beauftragen die Verbandsleitung: 
1. Die Militärregierung zu bitten, 
die Freilassung der Kriegsgefan¬ 
genen, besonders aus Rußland, zu 
erwirken. 
2. Entsprechende Schritte zu un¬ 
ternehmen, damit das Betriebsräte¬ 
gesetz umgehend eingeführt wird. 
3. Erhebungen über die Löhne der 
Heizer, Maschinisten und Handwer¬ 
ker mit dem Ziel vorzunehmen, ihre 
Bezahlung nach dem Hauerdurch¬ 
schnittslohn, wie das bis 1935 der 
Fall war, zu fordern. 
4. Auf Grund der Vorschriften 
über das Spruchkammerverfahren 
zu fordern, daß die Hauptschuldigen 
und Belasteten aus der Nazizeit, so¬ 
fern sie noch im Saarbergbau tätig 
sind, zur Rechenschaft gezogen und 
entlassen werden. 
5. Zu verlangen, daß die für die 
Verstaatlichung geeigneten Betriebe 
umgehend in den Besitz der Allge¬ 
meinheit überführt werden. 
6. Den wirtschaftlichen Anschluß 
des Saarlandes an Frankreich zu 
fordern und im Zusammenhang da¬ 
mit die Gleichstellung der Saarberg- 
Wahl der Betriebsgruppenleitung 
arbeiter in sozialer und Wirtschaft-; 
licher Beziehung mit der französi¬ 
schen Bergarbeiterschaft anzustre¬ 
ben. 
7. An die dem Inüustrieverband 
Bergbau noch fern stehenden Berg¬ 
arbeiter den dringenden Appell zu 
richten, der Organisation beizutreten 
und sich für die Hebung und Bes¬ 
serstellung des Bergarbeiterstandes 
einzustellen. Hoffmann. 
Schaffung von Jugendabteilungen 
den Klärung. Überzeugend sprach 
er sich über den Anschluß der 
Saar an Frankreich aus, so daß 
jeder Zuhörer die dringende Not¬ 
wendigkeit dieses bedeutungsvollen 
Schrittes anerkannte. Weiter for¬ 
derte er die Überprüfung der 
schlechten Löhne und Gehälter. Er 
betonte, daß die Pröisstopgesctze 
schon lange durchbrochen, aber die 
Löhne und Gehälter die gleichen 
geblieben sind. Auch wurde die For¬ 
derung akut, die bewährten Arbei¬ 
ter nach einjähriger Probezeit ins 
Angestelltenverhältnis zu überneh¬ 
men*, hierdurch würde manches 
Unrecht an vielen wirklichen Eisen¬ 
bahnern ausgeglichen. Zur Entnazi¬ 
fizierung und Wiedergutmachung 
sei gesagt, daß die Fertigstellung 
der Uberprüfnngsarbeit bevorsteht 
und baldigst zur Durchführung ge¬ 
langt. Unerläßlich sei die sofortige 
Einführung des Betriebsrätegesetzes. 
Eindrucksvoll nahm er dann zu den 
Spaltungsversuchen in konfessio- 
In der Zeit vom 1. bis 15. August 
1947 erfolgt auf allen Gruben und 
Annexen die Neuwahl der Betriebs- 
gruppenleitungen. Gewerkschafts¬ 
kollege! Auch Dein Betrieb, Deine 
Arbeitsstätte wählt sich ihre ge¬ 
werkschaftliche Betriebsgruppenlei¬ 
tung. Du darfst nicht abseits stehen. 
Sei Dir der Bedeutung und Wichtig¬ 
keit der Betriebsgruppenleitung be¬ 
wußt. Denke an das kommende Be¬ 
triebsrätegesetz. Zur Wahl der kom¬ 
menden Betriebsräte wird die Be¬ 
triebsgruppenleitung die Vorschlags¬ 
listen aufstcllen. Sei Dir dieser Tat¬ 
sache bewußt. 
Mit den Vorarbeiten der Belriebs- 
rätewahl werden wir nach der Wahl 
der Betriebsgruppenleitung begin¬ 
nen. 
Die Saargruben 
Die Saargruben, unsere Arbeits¬ 
stätten, stehen unter Sequester. Das 
Besitzverhältnis ist noch ungeklärt. 
Wir verraten kein Geheimnis, wenn 
in der Vergangenheit der Industrie¬ 
verband Bergbau in der Anschlu߬ 
frage eine abwartende Haltung ein¬ 
genommen hat. Mr. Rieth von der 
Militärregierung hat unter größtem 
Beifall auf dem Kongreß der Me¬ 
tallarbeiter in Völklingen die Na¬ 
tionalisierung der saarländischen 
Schwerindustrie, einschließlich der 
Saargruben in Aussicht gestellt. Da¬ 
mit wäre einem politisch autonomen 
Saarland die wirtschaftliche Grund¬ 
lage gegeben. 
Die Funktionäre von Gruppe West 
haben nunmehr in einer Versamm¬ 
lung am Sonntag, dem 22. Juni 1947, 
die von rund 250 Delegierten be¬ 
schickt war, einstimmig den wirt¬ 
schaftlichen Anschluß bejaht und 
damit den Beweis erbracht, daß auch 
der Industrieverband Bergbau den 
Erfordernissen der Gegenwart in 
positiver Haltung Rechnung zu tra¬ 
gen bereit ist. 
Auch für den Fall, daß die saar¬ 
ländische Industrie und die Saar¬ 
gruben auf das französische Repara¬ 
tionskonto gutgeschrieben und die 
saarländische Wirtschaft mit der 
saarländischen Kohle in den Kreis¬ 
lauf der französischen Wirtschaft 
einbezogen werden, steht nichts im 
Wege, die Schwerindustrie und die 
Saargruben zu nationalisieren, d. h. 
sie dem Saarvolk zu übergeben. 
Die Verstaatlichung der Saargru¬ 
ben aber würde uns vor größere 
Pflichten stellen, uns aber auch grö¬ 
ßere Rechte geben. Die von uns ge¬ 
forderte und erstrebte Wirtschafts¬ 
demokratie verlangt die rasche Ein¬ 
führung des Betriebsrätegesetzes. 
Denn ' die gegenwärtig tätigen Be¬ 
triebsvertretungen sind ohne gesetz¬ 
liche Grundlage und entsprechen 
nicht den gewerkschaftlichen Anfor¬ 
derungen. Die Betriebsräte allein 
werden in der Lage sein, die Interes¬ 
sen und Forderungen der Saarberg¬ 
leute mit Nachdruck zu vertreten 
und die Verwirklichuno der Be- 
triebsdemokratie auch im Saarberg¬ 
bau zu gewährleisten. 
In den schon bestehenden Orts¬ 
gruppen des Verbandes sollen nach 
Möglichkeit auch Jugendabteilungen 
geschaffen werden. Dementspre¬ 
chende Anfragen sind zu richten an 
den Verbandsjugendobmann Paul 
Schmidt, Grube Kohlwald. 
Sprechstunden für Jugendfragen 
finden statt jeden Mittwoch von 8 
bis 13 und von 14—17 Uhr in Saar¬ 
brücken 3, Brauerstraße 6—8 
Organisatorischer Tätigkeitsbericht 
der Geschäftsstelle Sulzbac» 
im 1. Halbjahr 1947 
Veranstaltet wurden: 
4 Delegiertenkonferenzen 
1 Frauenkundgebung 
1 Jugendkundgebung 
4 Vollsitzungen des Gruppenbei¬ 
rates 
18 Sekretariatssitzungen des Grup¬ 
penbeirates 
16 Funktionssitzungen 
1 Elternabend 
1 Großkonzert. 
Gegründet wurden: 
5 Ortsgruppen 
8 Pensionärgruppen 
3 Jugendgruppen 
2 Betriebsgruppen wurden reorga¬ 
nisiert. 
Korrespondenz: 
165 schriftliche Mitteilungen wur¬ 
den versandt. 
Die Mitteilungen der Verbandslei¬ 
tung wurden durch die Geschäfts- 
- stelle an die Betriebs- und Orts¬ 
gruppen übermittelt. 
Rechtschutz und Sozialversicherung: 
Von 154 Fällen ist der größte Teil 
zu Gunsten der Mitglieder erledigt 
worden. In 223 Fällen wurde den 
vorsprech enden Kameraden der 
richtige Weg gezeigt. 
Geschäftsstelle Jllingen: 
Sprechstunden 
Dienstag von 8—12, 13—15 Uhr, 
Mittwochs von 8—12, 13—15 Uhr. 
Donnerstags von 8—12, 13—15 Uhr. 
Verbände berichten 
industrieverband Eisenbahn 
Am 28. Juni fand im Scala-The¬ 
ater in Dudweiler eine Tagung aller 
Funktionäre der Saareisenbahner 
statt. Etwa 465 Eisenbahner waren 
aus allen Teilen unserer Saarheimat 
zu dieser eindrucksvollen Zusam¬ 
menkunft erschienen. 
In der Begrüßungsansprache’"’ 
konnte der Versammlungsleiter, 
Kollege Kunz, zahlreiche Gäste, 
unter ihnen die Spitze der Eisen¬ 
bahndirektion, Präsident Meil- 
chen und Abteilungspräsident 
Härtel, als Vertreter der Militär¬ 
regierung die Herren Rieth und 
B o z o 11 a und Kollege Wacker 
von der Hauptverwaltung begrüßen. 
Kollege Weiter, als Vorsitzen¬ 
der des Industrieverbandes Eisen¬ 
bahn, hielt ein Referat, das in seinen 
Einzelausführungen klar und ein¬ 
deutig gehalten war. „Die Eisen¬ 
bahn“, so betonte er unter anderem, 
„steht in ihrer Organisation und 
im Wiederaufbau an der Spitze der 
Saarindustrie. Was die Mitglied¬ 
schaft der Eisenbahner zu unserer 
Einheit anbetrifft, so sind sie nicht 
zu 80 Prozent, sondern ich darf 
Ihnen die freudige Mitteilung 
machen, daß sie zu 99,9 Prozent 
nunmehr organisiert sind. In seinen 
weiteren Ausführungen betonte er 
die Notwendigkeit einer Umgestal¬ 
tung der Verwaltung der Eisen- 
bahndireklion, insbesondere forderte 
er die Besetzung der führenden und 
leitenden Stellen nach rein demo¬ 
kratischen Grundsätzen. Das heißt, 
wir wollen, daß diese Stellen nur 
von den besten Demokraten und 
Könnern besetzt werden. Viele 
Fragen zur Sozialpolitik, besonders 
der Ernährung und Kleidung, fan¬ 
VERBA NDSMiTTEIL ENGEN 
Ъ
	        
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