К SAAR-BERGBAU К
Funktionäre tagten in Völklingen
Vor einer von nahezu 200 Funktio¬
nären des Industrieverbandes Berg¬
bau der Einheitsgewerkschaft be¬
suchten Bezirks-Delegierlen-Konfe-
renz am 22. Juni in Völklingen
sprach Kollege Hasert in scho¬
nungsloser Deutlichkeit über die
Lage des Verbandes und zeigte Mit¬
tel und Wege auf, wie der gegen¬
wärtige Engpaß überwunden wer¬
den kann.
Die anschließende Diskussion stand
durchweg auf hoher Stufe und gab
den ernsten Willen aller Funktionäre
zu erkennen, beim Aufbau und Aus¬
bau des Verbandes tatkräftig mit
Hand anzulegen. Alle Diskussions¬
redner betonten die Dringlichkeit der
Einführung des Betriebsrätegesetzes,
auf das man nun schon über ein
Jahr vergeblich wartet. Eine sehr
»scharfe Kritik widerfuhr einigen
Betriebsobleuten, die mehr ihr eige¬
nes Wohl als das der Belegschaften
im Auge haben. Für die Zeit, bis
zum Inkrafttreten des Betriebsräte-
geselzes wurden Neuwahlen gefor¬
dert, damit die Belegschaften Ge¬
legenheit hätten, die Männer ihres
Vertrauens mit der Vertretung ihrer
Interessen zu beauftragen. Lebhaft
begrüßt wurde die Gründung neuer
Ortsgruppen und die Verlagerung
der Kassierung in die Ortschaften.
Man erkannte die Notwendigkeit
dieser organisatorischen Umstellung
an, weil sie die Gewähr biete, ideell
an die Mitgliedschaft heranzukom¬
men und außerdem eine möglichst
lOOprozentige kassentechnische Er¬
fassung gewährleiste. Einstimmige
Ablehnung erfuhr das von der Saar¬
grubenverwaltung eingeführte Prä¬
miensystem, insbesondere die nach
dem Einkommen gestaffelte Fettzu¬
teilung. Der Wunsch der Versammel¬
ten ging dahin, die Grubenverwal¬
tung möge das gesamte Prämien-
system fallen lassen. Die Prämien
seien geeignet, Solidariiätsgefühl
und Einigkeit zu untergraben und
dafür Neid und Mißgunst zu säen.
Eingehend auf die Verhältnisse im
Ruhrbergbau wurde festgestellt, daß
die Bergleute dort bei Urlaub und
Krankheit die erhöhten Rationen
weiter beziehen. Auch die Saargru-
bcnverwaltung muß sich bewußt
sein, daß die Erhaltung der Arbeits¬
kraft auch dann gewährleistet wer¬
den muß, wenn der Bergmann in¬
folge Krankheit oder Urlaub nicht
im Arbeitseinsatz steht.
Lebhaft begrüßt wurde die An¬
wesenheit des Kollegen Weiter,
1. Vorsitzender des Industrieverban¬
des Eisenbahn, Post und Fernmelde¬
wesen. Kollege Weiter schaltete sich
in die Diskussion ein und zeigte an
Hand einiger Beispiele, wie ein or¬
ganisatorischer Bau aussehen muß,
wenn er schlagkräftig und tatkräf¬
tig die Belange seiner Mitglieder
vertreten soll. Die erste Ziel¬
setzung jedes Industrie¬
verbandes müsse darin be¬
stehen, sich das Mitbestim¬
mung srecht zu sichern. Nur
so könnten die Verhältnisse, wie sie
heute noch auf einzelnen Gruben
herrschen, beseitigt werden. Grund¬
voraus Setzung für jede er¬
folgreiche Arbeit sei die
geschlossene Einheit aller
Schaffenden bei strenger
Einhaltung der parteipoli¬
tischen und religiösenNeu-
trali tä t.
Am Schlüsse der Tagung wurde
folgende Entschließung einstimmig
angenommen:
„Die versammelten Funktionäre
des Industrieverbandes Bergbau der
Einheitsgewerkschaft - Gruppe West
- nehmen nach den Ausführungen
des Kollegen Hasert Kenntnis von
der Lage des Verbandes. Sie ver¬
urteilen die bisher im Verband geüb¬
ten Methoden und sprechen der Ver¬
bandsleitung, sowie der Hauptver¬
waltung der Einheitsgewerkschaft
ihr uneingeschränktes Vertrauen aus.
Die Versammelten erkennen die Be¬
strebung der Vcrbandsleitung, den
Aufbau und Ausbau des Verbandes
nach gewerkschaftlichen Grund¬
sätzen und Richtlinien vorzunehmen,
voll und ganz an und versprechen
diese tatkräftig zü unterstützen. Sie
beauftragen die Verbandsleitung:
1. Die Militärregierung zu bitten,
die Freilassung der Kriegsgefan¬
genen, besonders aus Rußland, zu
erwirken.
2. Entsprechende Schritte zu un¬
ternehmen, damit das Betriebsräte¬
gesetz umgehend eingeführt wird.
3. Erhebungen über die Löhne der
Heizer, Maschinisten und Handwer¬
ker mit dem Ziel vorzunehmen, ihre
Bezahlung nach dem Hauerdurch¬
schnittslohn, wie das bis 1935 der
Fall war, zu fordern.
4. Auf Grund der Vorschriften
über das Spruchkammerverfahren
zu fordern, daß die Hauptschuldigen
und Belasteten aus der Nazizeit, so¬
fern sie noch im Saarbergbau tätig
sind, zur Rechenschaft gezogen und
entlassen werden.
5. Zu verlangen, daß die für die
Verstaatlichung geeigneten Betriebe
umgehend in den Besitz der Allge¬
meinheit überführt werden.
6. Den wirtschaftlichen Anschluß
des Saarlandes an Frankreich zu
fordern und im Zusammenhang da¬
mit die Gleichstellung der Saarberg-
Wahl der Betriebsgruppenleitung
arbeiter in sozialer und Wirtschaft-;
licher Beziehung mit der französi¬
schen Bergarbeiterschaft anzustre¬
ben.
7. An die dem Inüustrieverband
Bergbau noch fern stehenden Berg¬
arbeiter den dringenden Appell zu
richten, der Organisation beizutreten
und sich für die Hebung und Bes¬
serstellung des Bergarbeiterstandes
einzustellen. Hoffmann.
Schaffung von Jugendabteilungen
den Klärung. Überzeugend sprach
er sich über den Anschluß der
Saar an Frankreich aus, so daß
jeder Zuhörer die dringende Not¬
wendigkeit dieses bedeutungsvollen
Schrittes anerkannte. Weiter for¬
derte er die Überprüfung der
schlechten Löhne und Gehälter. Er
betonte, daß die Pröisstopgesctze
schon lange durchbrochen, aber die
Löhne und Gehälter die gleichen
geblieben sind. Auch wurde die For¬
derung akut, die bewährten Arbei¬
ter nach einjähriger Probezeit ins
Angestelltenverhältnis zu überneh¬
men*, hierdurch würde manches
Unrecht an vielen wirklichen Eisen¬
bahnern ausgeglichen. Zur Entnazi¬
fizierung und Wiedergutmachung
sei gesagt, daß die Fertigstellung
der Uberprüfnngsarbeit bevorsteht
und baldigst zur Durchführung ge¬
langt. Unerläßlich sei die sofortige
Einführung des Betriebsrätegesetzes.
Eindrucksvoll nahm er dann zu den
Spaltungsversuchen in konfessio-
In der Zeit vom 1. bis 15. August
1947 erfolgt auf allen Gruben und
Annexen die Neuwahl der Betriebs-
gruppenleitungen. Gewerkschafts¬
kollege! Auch Dein Betrieb, Deine
Arbeitsstätte wählt sich ihre ge¬
werkschaftliche Betriebsgruppenlei¬
tung. Du darfst nicht abseits stehen.
Sei Dir der Bedeutung und Wichtig¬
keit der Betriebsgruppenleitung be¬
wußt. Denke an das kommende Be¬
triebsrätegesetz. Zur Wahl der kom¬
menden Betriebsräte wird die Be¬
triebsgruppenleitung die Vorschlags¬
listen aufstcllen. Sei Dir dieser Tat¬
sache bewußt.
Mit den Vorarbeiten der Belriebs-
rätewahl werden wir nach der Wahl
der Betriebsgruppenleitung begin¬
nen.
Die Saargruben
Die Saargruben, unsere Arbeits¬
stätten, stehen unter Sequester. Das
Besitzverhältnis ist noch ungeklärt.
Wir verraten kein Geheimnis, wenn
in der Vergangenheit der Industrie¬
verband Bergbau in der Anschlu߬
frage eine abwartende Haltung ein¬
genommen hat. Mr. Rieth von der
Militärregierung hat unter größtem
Beifall auf dem Kongreß der Me¬
tallarbeiter in Völklingen die Na¬
tionalisierung der saarländischen
Schwerindustrie, einschließlich der
Saargruben in Aussicht gestellt. Da¬
mit wäre einem politisch autonomen
Saarland die wirtschaftliche Grund¬
lage gegeben.
Die Funktionäre von Gruppe West
haben nunmehr in einer Versamm¬
lung am Sonntag, dem 22. Juni 1947,
die von rund 250 Delegierten be¬
schickt war, einstimmig den wirt¬
schaftlichen Anschluß bejaht und
damit den Beweis erbracht, daß auch
der Industrieverband Bergbau den
Erfordernissen der Gegenwart in
positiver Haltung Rechnung zu tra¬
gen bereit ist.
Auch für den Fall, daß die saar¬
ländische Industrie und die Saar¬
gruben auf das französische Repara¬
tionskonto gutgeschrieben und die
saarländische Wirtschaft mit der
saarländischen Kohle in den Kreis¬
lauf der französischen Wirtschaft
einbezogen werden, steht nichts im
Wege, die Schwerindustrie und die
Saargruben zu nationalisieren, d. h.
sie dem Saarvolk zu übergeben.
Die Verstaatlichung der Saargru¬
ben aber würde uns vor größere
Pflichten stellen, uns aber auch grö¬
ßere Rechte geben. Die von uns ge¬
forderte und erstrebte Wirtschafts¬
demokratie verlangt die rasche Ein¬
führung des Betriebsrätegesetzes.
Denn ' die gegenwärtig tätigen Be¬
triebsvertretungen sind ohne gesetz¬
liche Grundlage und entsprechen
nicht den gewerkschaftlichen Anfor¬
derungen. Die Betriebsräte allein
werden in der Lage sein, die Interes¬
sen und Forderungen der Saarberg¬
leute mit Nachdruck zu vertreten
und die Verwirklichuno der Be-
triebsdemokratie auch im Saarberg¬
bau zu gewährleisten.
In den schon bestehenden Orts¬
gruppen des Verbandes sollen nach
Möglichkeit auch Jugendabteilungen
geschaffen werden. Dementspre¬
chende Anfragen sind zu richten an
den Verbandsjugendobmann Paul
Schmidt, Grube Kohlwald.
Sprechstunden für Jugendfragen
finden statt jeden Mittwoch von 8
bis 13 und von 14—17 Uhr in Saar¬
brücken 3, Brauerstraße 6—8
Organisatorischer Tätigkeitsbericht
der Geschäftsstelle Sulzbac»
im 1. Halbjahr 1947
Veranstaltet wurden:
4 Delegiertenkonferenzen
1 Frauenkundgebung
1 Jugendkundgebung
4 Vollsitzungen des Gruppenbei¬
rates
18 Sekretariatssitzungen des Grup¬
penbeirates
16 Funktionssitzungen
1 Elternabend
1 Großkonzert.
Gegründet wurden:
5 Ortsgruppen
8 Pensionärgruppen
3 Jugendgruppen
2 Betriebsgruppen wurden reorga¬
nisiert.
Korrespondenz:
165 schriftliche Mitteilungen wur¬
den versandt.
Die Mitteilungen der Verbandslei¬
tung wurden durch die Geschäfts-
- stelle an die Betriebs- und Orts¬
gruppen übermittelt.
Rechtschutz und Sozialversicherung:
Von 154 Fällen ist der größte Teil
zu Gunsten der Mitglieder erledigt
worden. In 223 Fällen wurde den
vorsprech enden Kameraden der
richtige Weg gezeigt.
Geschäftsstelle Jllingen:
Sprechstunden
Dienstag von 8—12, 13—15 Uhr,
Mittwochs von 8—12, 13—15 Uhr.
Donnerstags von 8—12, 13—15 Uhr.
Verbände berichten
industrieverband Eisenbahn
Am 28. Juni fand im Scala-The¬
ater in Dudweiler eine Tagung aller
Funktionäre der Saareisenbahner
statt. Etwa 465 Eisenbahner waren
aus allen Teilen unserer Saarheimat
zu dieser eindrucksvollen Zusam¬
menkunft erschienen.
In der Begrüßungsansprache’"’
konnte der Versammlungsleiter,
Kollege Kunz, zahlreiche Gäste,
unter ihnen die Spitze der Eisen¬
bahndirektion, Präsident Meil-
chen und Abteilungspräsident
Härtel, als Vertreter der Militär¬
regierung die Herren Rieth und
B o z o 11 a und Kollege Wacker
von der Hauptverwaltung begrüßen.
Kollege Weiter, als Vorsitzen¬
der des Industrieverbandes Eisen¬
bahn, hielt ein Referat, das in seinen
Einzelausführungen klar und ein¬
deutig gehalten war. „Die Eisen¬
bahn“, so betonte er unter anderem,
„steht in ihrer Organisation und
im Wiederaufbau an der Spitze der
Saarindustrie. Was die Mitglied¬
schaft der Eisenbahner zu unserer
Einheit anbetrifft, so sind sie nicht
zu 80 Prozent, sondern ich darf
Ihnen die freudige Mitteilung
machen, daß sie zu 99,9 Prozent
nunmehr organisiert sind. In seinen
weiteren Ausführungen betonte er
die Notwendigkeit einer Umgestal¬
tung der Verwaltung der Eisen-
bahndireklion, insbesondere forderte
er die Besetzung der führenden und
leitenden Stellen nach rein demo¬
kratischen Grundsätzen. Das heißt,
wir wollen, daß diese Stellen nur
von den besten Demokraten und
Könnern besetzt werden. Viele
Fragen zur Sozialpolitik, besonders
der Ernährung und Kleidung, fan¬
VERBA NDSMiTTEIL ENGEN
Ъ