Das Aufgabengebiet der Gewerk¬
schaften hat sich nach dem Krieg
wesentlich erweitert. Wenn sie auch
in der Vergangenheit manchesmal
nur Lohnregulierungsmaschine ge¬
wesen sind, so ging ihr Bestreben
doch zielbewußt dahin, als aktiv
tätige Mitgestalter echte Wirt¬
schaftsdemokratie zu entfalten. Für
die Gewerkschaften war und ist die
politische Demokraie nur eine Vor¬
aussetzung zur Demokratisierung
der Wirtschaft, d. h. die Gleichbe¬
rechtigung auch auf wirtschaftlichem
Gebiet. Diese Gleichberechtigung
auf wirtschaftlichem Gebiet, nennen
wir die Wirtschaftsdemokratie oder
— anders soll nicht gegen die Träger
der Wirtschaft, sondern mit ihnen
durchgeführt werden. Wir vertreten
damit weder den Gedanken einer
Arbeitsfront oder Betriebsgemein¬
schaft mit Führerprinzip, sondern
den Gedanken der tätigen Mitwir¬
kung aller wirtschaftlichen Kräfte
und> Energien, vor allem der ihnen
anvertrauten menschlichen Arbeits¬
kraft. ' - ■■
Wenn ein gütiges Geschick und
die Einsicht der alliierten Kampf¬
truppen den Saarbergbau vor dem
Allerschlimmsten bewahrt haben, so
waren es aber auch Arbeiter und
Angestellte, die in der Notzeit ihren
Mann standen und den Saarbergbau
über die Kriegs- und Nachkriegs¬
wirren hinübergerettet haben. Der
Wiederankurbelung der Wirtschaft
durch eine relativ gute Kohlenför¬
derung hat sich der verantwortungs¬
bewußte Saarbergmann nicht ent¬
zogen.
Zur Zeit steht der Saarbergbau
unter Sequester der Militär-Regie-
mng. Der gegenwärtige Zustand ent¬
spricht aber in keiner Weise der
gewerkschaftlichen Auffassung von
Wirtschaftsdemokratie. Solange das
Besitzverhältnis nicht geklärt ist,
wird es schwer fallen, in eine echte
Wirtschaftsdemokratie hineinwach¬
sen zu können. Die Verstaatlichung
des Saarbergbaues aber ist eine ge¬
werkschaftliche Forderung. Mit der
Sozialisierung des ' Saarbergbaues,
wie überhaupt mit der Demokrati¬
sierung der Wirtschaft werden die
Fronten zwischen Kapital und Ar¬
beit ineinander übergehen. Die Ge¬
werkschaften werden dann der Wirt¬
schaft nicht mehr grundsätzlich in
alter Kampfstellung gegenüber-
stehen, sondern selbst Träger und
Gestalter der Wirtschaft sein. Sie
werden einen Teil der Funktionen
der Wirtschaft selbst übernehmen.
Es versteht sich von selbst, daß
eine Gewerkschaft auch betriebliche
Vorteile aisszu werten vermag, die
nicht nur darin bestehen, Betriebs¬
versammlungen abzuhalten, sondern
aus Zweckmässigkeitsgründen sich
auch des Lohnbüros zur kassentech¬
nischen Erfassung seiner Mitglieder
bedienen wird. Darin eine Methode
der Arbeitsfront zu sehen, beweist
nur mangelnde gewerkschaftliche
Weitsicht.
Selbstverständlich kann die Sa¬
nierung der Wirtschaft auch mit
kapitalistischen Mitteln versucht
werden. Damit wären die . wirt¬
schaftlichen und sozialen Probleme
aber nicht gelöst. Eine wirkliche
Gesundung wäre nur hinausgezö¬
gert und die Gefahr einer neuen
Katastrophe wäre gegeben.
" Die Gewerkschaften stehen in
dieser Hinsicht vor außergewöhn¬
lichen Aufgaben. Die Voraussetzung
hierzu ist die Einigung der gesam¬
ten Arbeitnehmerschaft. Nur die
Ge w erk sch a f t sei nh’eit ver¬
mag entscheidenden Ein¬
fluß auf die soziale Neu¬
ordnung der Wirtschaft
zu nehmen. Jeder Versuch der
, Spaltung der Arbeitnehmerschaft
muß nicht nur als ein Verbrechen
Praktische Wirtschaftsdemokratie
gebrandmarkt, er muß auch ener¬
gisch bekämpft werden, Spalter ist
nicht nur der, welcher den Tren¬
nungsstrich zieht, sondern auch
der, welcher die Ursache
dazu gibt. Die Einigung der Ar¬
beiterschaft in der Einheitsgewerk¬
schaft muß die religiöse und
parteipolitische Neutra¬
lität als unantastbare
Grundlage haben. Gelingt uns
das nicht, dann ist es um die Volks¬
und Wirtschafts-Demokratie ge¬
schehen. '■ V
Der Industrieverband Bergbau
der Einheitsgewerkschaft hat be¬
wiesen, daß er den Anforderungen
der saarländischen Wirtschaft ge¬
recht wurde. Mag eine kluge und
zielbewußte Politik der Saargruben¬
verwaltung auf dem Sektor der
Verpflegung im Interesse der Lei¬
stungssteigerung - zu einem Erfolg
geführt haben, so hat die in aller
Verantwortung geführte Gewerk¬
schaftsarbeit einen mindest eben so
großen Anteil daran. Der Einsatz
aller Funktionäre zur Erzielung
eines reibungslosen Betriebsablaufs,
so wie der gewerkschaftliche Ein¬
fluß auf Verhandlungen zum Besten
der Saarbergarbeiter hat die Lei¬
stung entscheidend beeinflußt.
Der Außenminister Frankreichs
hat auf der Moskauer Konferenz
die Auffassung vertreten, daß die
gegenwärtigen Bemühungen zu
Gunsten der Bergarbeiter fortge¬
setzt werden müssen. Darunter ver¬
stehen wir auch eine noch bessere
Berücksichtigung wohlüberlegter,
verantwortlicher gewerkschaftlicher
Forderungen. Wenn die Verzöge¬
rung der Betriebsrätewahlen uns
bis zur Stunde noch eine gesetzliche
Grundlage versagt, so vertreten wir
die Auffassung, daß eine Zusam¬
menarbeit zum Besten der Werte
schaffenden Menschen und zum
Nutzen der saarländischen Wirt¬
schaft nicht von einem Gesetz ab-'
hängig gemacht werden darf. Wenn
der kommende Betriebsrat der ver¬
längerte Arm der Gewerkschaft ist,
um den gewerkschaftlichen Einfluß
im Betrieb noch besser zu veran¬
kern, so muß den heutigen Betriebs¬
vertretungen auch ohne Betriebs¬
rätegesetz jetzt schon entsprechende
Rechte eingeräumt werden. Unter
keinen Umständen darf es Vorkom¬
men, daß Betriebe schon monate-^
lang um einen Betriebs Vertreter*
kämpfen müssen. Nicht auf allen
Saargruben, trägt man den Erfor¬
dernissen der Zeit Rechnung.
Eine allgemeine Ablehnung findet
die monatliche Fettzuteilung ge¬
messen nach dem Verdienst. Wir
freuen uns, daß der Kreis der Be¬
zugsberechtigten nicht nur wie vor¬
gesehen auf die Gedingehauer be¬
schränkt, sondern die Schicht¬
löhner von Unter- und
Übertage mit hereinbezo¬
gen wurden. Darüber hinaus
aber warnen wir vor der Anwen¬
dung eines Prämiensystems zur Er¬
reichung bestimmter Fettmengen.
Der Bergbau im allgemeinen und
. der Saarbergbau im besonderen ist
empfindlich genug, auf ungerechte
und unsolidarische Maßnahmen zu
reagieren.
Berechtigten Anlaß zur Kritik hat
auch die Einrichtung der Zwangs-
küchenbenutzung gegeben. Die
durchgeführten Abstimmungen auf
y den Gruben von Gruppe Ost haben
gezeigt, daß durchschnittlich 97 •/*
der Belegschaft die zwangsweise
Küchenbenützung - ablehnen. Wir
wenden uns damit nicht gegen die
Werksküchen als soziale Einrich¬
tung.
Dieser Hinweis auf dem Sektor
der Verpflegung der -Saarbergleute
möge zeigen, daß der Industriever¬
band Bergbau in aller Verantwor¬
tung seine Forderungen vertritt
Wir wünschen^ auch, daß man uns
als Gewerkschaft nicht vor vollen¬
dete Tatsachen stellt, sondern bei
allen betrieblichen Maßnahmen so
’verfährt, als ob das Betriebsräte¬
gesetz schon Tatsache wäre.
Aloys SchmitD*
Fachgruppe der Bergbauangestellten
Am . 28. April ds. J. fand unter
dem Vorsitz der Kollegen Stiefken,
Gruppe Ost, im Lokale Theobald
Saarbrücken die Gründung der
Fachgruppe der Bergbauangestell¬
ten des Saarbergbaues statt. Aus
diesem Grunde erschienen die Dele¬
gierten von sämtlichen Schachtan¬
lagen, Nebenbetrieben, Grubenver¬
waltungen und Hauptverwaltung.
Abwesend waren 41 Delegierte und
der Vorsitzende des tIndustriever¬
bandes Bergbau,. Kollege Alois
Schmitt.
Auf der Tagesordnung stand als
Hauptpunkt die Bildung der Fach¬
gruppe der... Bergbauangestellten.
' In einem kurzen Referat legte
Kollege Stiefken Ziel und Zweck
der Delegierten-Tagung dar und
führte dabei aus, daß, nachdem der
äußere, Aufbau des Industriever¬
bandes Bergbau vollzogen worden
ist, die nächste Aufgabe des Ver¬
bandes sei, die innere Struktur der
Gewerkschaft einer Revision zu un¬
terziehen. Die' Bergbauangestellten
wünschten die Bildung der „Fach¬
gruppe der Bergbauangestellten''
mit selbständigem Sekretariat, eige¬
ner Leitung und Geschäftsführung.
Die Fachgruppe hat in Zukunft die
Aufgabe, die speziellen Belange der
Angestellten in arbeitsrechtlicher
wie in sozialpolitischer Hinsicht
wirksam zu vertreten und die be¬
ruflichen wie wirtschaftlichen In¬
teressen der Angestellten wahrzu¬
nehmen.
Eine weitere Aufgabe der Fach¬
gruppe wird es sein, der geistigen
und technischen Arbeit der kauf¬
männischen, wie technischen Ange¬
stellten die Bewertung zu erkämp¬
fen, die ihr nach ihrer großen
volkswirtschaftlichen Bedeutung zu¬
kommt. Sie verleugnen damit kei¬
neswegs den Gedanken der Solida¬
rität aller Arbeitnehmer und haken
fest an den Prinzipien der Einheits-
' gewerkschaft der Arbeiter, Ange¬
stellten und Beamten.
Nach eingehender Aussprache
wurde folgende Resolution ein¬
stimmig angenommen:
1. Bildung der' Fachgruppe der
Bergbauangestellten im Rahmen des
Industrieverbandes Bergbau der
Einheitsgewerkschaft.
2. Bildung eines selbständigen
Sekretariats mit eigener Geschäfts¬
führung und Leitung und den da¬
zugehörigen technischen Hilfskräf¬
ten.
3. Als Vorsitzender der „Fach¬
gruppe der Bergbauangestellten“
wurde der Kollege Theodor Stiefken
einstimmig gewählt.
4. Wahl eines Fachgruppen-Sek-
retariats aus den verschiedensten
Angestellten-Kategorien des Berg¬
baues.
In das Fachgruppen - Sekretariat
wurden folgende Kollegen gewählt:
die Kollegen Aloys Biese],, Stgr. u.
Tage, Grube Reden; Robert Jost,
Magazinsteiger, Grube Viktoria
Griesborn; Emil Gerhard, Kokerei¬
steiger, Grube Reden; Heinrich
, Wendel, Elektrosteiger - Anwärter,
Grube Heirütz; Johann Wahrheit,
Fördermaschinist, Grube Hirsch¬
bach; Rieh. Kaufmann, Bau- und
Vermessungswesen, Verwalt. Neun¬
kirchen; Fritz Hollinger, Lohnbuch¬
haltung, Grube Heinitz; Robert
Dörr, Hauptverwalt. Saarbrücken.
Ferner gehören dem Sekretariat
die beiden Angestelltenvertreter der
Gruppe Mitte und West, die Kol¬
legen Heinrich Braun und Johann
Schlichter, an. . - - .• ..
Ab 1. Mai 1947.-hat die „Fach¬
gruppe der • Bergbauangestellten**
die Tätigkeit aufgenommen.
Stiefken.
VERBANDSMITTEILUNGEN
Rechtsschutz und Sozialabtellung
Sprechstunden:
St. Wendel 7 Betriebsamt der
Eisenbahn. Montags von 9—12 Uhr.'
Neunkirchen / Lokal Müller,
Wellesweilerstr., Montags von 14
bis 17 Uhr.
Saarlouis 7 Bierstraße* Diens¬
tags von 9 bis 12 Uhr.
Völklingen / Poststraße 21.
Dienstags von 14 bis 17 Uhr.
Homburg 7 Am Bahnhof. Mitt¬
wochs von 9 bis 12 Uhr.
St. Ingbert / Kaiserstraße. Mitt¬
woch von 14 bis 17 Uhr.
Dudweiler / Büchelstr-, Lokal
Kopp. Donnerstag von 9—12 Uhr.
Sulzbach / Volkshaus. Donners¬
tag von 14 bis 17 Uhr. ' .s
Riegelsberg / Lokal Gabriel.
Samstags von 9 bis 12 Uhr.
Saarbrücken / Brauerstr. 6—8.
Täglich von 8 bis 12 Uhr und von
14 bis 16 Uhr.
• Wir bitten alle. Verbandsmitglie-
der, gewerkschaftliche Hilfe und
Auskunft bei den zuständigen Ge¬
schäfts- und Beratungsstellen ein¬
zuholen; - .
Sprechstunden der Verbandsleitung
Saarbrücken, Brauerstr. 6—8.
Telefon Nr. 62 20.
Montags geschlossen,
Dienstags von 9 bis 12 Uhr und
von 14 bis 16 Uhr.
Mittwochs von 9 bis 12 Uhr und
von 14 bis 16 Uhr.
Donnerstags von 9 bis 12 Uhr und
von 14 bis 16 Uhr.
Freitags geschlossen, ~"
Samstags geschlossen.
Geschäftsstelle Sulzbach, Volks haus,
, Hauptstraße 116.
Dienstags von 9 bis 12 Uhr und
von 14 bis 17 Uhr.
* Freitags von 9 bis 12 Uhr und
von 14 bis 17 Uhr.
Geschäftsstelle Luisenthal,
Provhizialstr. 9.
Dienstags von 8 bis 12 Uhr und
von 13 bis 17 Uhr,
Mittwochs von 8 bis 12 Uhr und
von 13 bis 17 Uhr,. .
Donnerstags von 8 bis 12 Uhr" und
von 13 bis 17 Uhr.