Full text: 1947 (0002)

März 1947 
,Die Arbeit“ 
S»it« T 
Der Jugendkongreß in Sulzbach 
Arn'21 Februar 1947 fand in Sulz¬ 
bach der erste Jugendkongreß der 
saarländischen Gewerkschaften statt. 
Uber 600 Delegierte waren aus allen 
Teilen und allen Berufen des Saar¬ 
landes erschienen, um Fragen der 
Jugend zu beraten. 
Mit einem Appell an die Einheit 
der Gewerkschaftsjugend eröffn ete 
Kollege Obermeier den„Jugend- 
kongreß.' Mit ihm ist der erste Schritt 
getan, die Jugend einer besseren Zu¬ 
kunft entgegenzuführen. 
Nach der Wahl des Präsidiums er¬ 
griff Kollege Wacker das Wort. 
Er könne zu unserer Freude fest¬ 
stellen, daß die Jugend willens ist, 
mit uns zusammen in kamerad¬ 
schaftlicher Mitarbeit an der Besei¬ 
tigung der Not und des Elends von 
Hunderttausenden mitzuarbeiten. 
,Wenn die Arbeit, ob beruflich oder 
gewerkschaftlich, ihren Sinn und 
¿weck erfüllen soll, dann erfordert 
eie den ganzerf Menschen, dann gibt 
sie uns aber auch das Recht, an allen 
Gütern der Menschheit, an dert ma¬ 
teriellen, wie an den geistigen und 
kulturellen, teilzunehmen. 
Es muß daher- Aufgabe der Ge¬ 
werkschaften sein, den Schutz der 
Jugend gegen geistige und körper¬ 
liche Schädigung . wahrzunehmen, 
eine gute Berufsschule zu garantie¬ 
ren und den Ausbau des Jugend¬ 
rechts zu vervollständigen. • Auch 
müßte den Verhältnissen entspre¬ 
chende Jugendgerichtsteife geschaf¬ 
fen werden, sowie eine . Aufstieg¬ 
möglichkeit der Fleißigen und Tüch¬ 
tigen in Staat und Wirtschaft ohne 
Rücksicht auf die Brieftasche' der 
Eltern. Die Jugend aber müsse mit- 
liämpfen unter der Losung „Vor¬ 
wärts und aufwäi^ts*'. 
Dann sprach Herr Rieth von der 
Militärregierung und beglück¬ 
wünschte die Einheitsgewerkschaft, 
daß sie dem Jugendproblem ihre 
Aufmerksamkeit schenkt. Es gibt 
keine bessere Schule für das Leben 
als die Gewerkschaftsschule. Die 
'Jugend müsse die Brücke, schlagen 
zu allen Völkern und zur wirklichen: 
Verständigung -und Versöhnung aller 
Völker, um dadurch den Beweis zu 
bringen, daß es auch hier Jugend¬ 
kameraden gibt,—die ihren Lebens¬ 
mut in etwas anderem sehen als in 
dem Heldentod. In der Gewerk¬ 
schaftsschule wird man die Jugend 
zu freien Menschen erziehen und 
zum demokratischen Denken, um auf 
geradem Wege dem Ziele zu mar¬ 
schieren,, das „Freiheit "und Wohl¬ 
stand“ heißt. 
Das Hauptreferat hielt Kollege 
Hasert. Er kennzeichnete die Ju¬ 
genderziehung der vergangenen 
Epoche, besonders in der Hitlerzeit. 
Diese Jugend, die den Krieg miter¬ 
lebte, wollen wir ümformen und 
umschulen, wir wollen sie auf¬ 
bauenden lind helfenden Menschen 
machen. Wir wollen in der Gewerk¬ 
schaftsbewegung der Gegenwart und 
Zukunft etwas anderes, als eine 
Lohnregulierungs- und Lohnbewilli¬ 
gungsmaschine. Wir müssen eine 
Standesbewegung und eine Kultur¬ 
bewegung werden. Wir müssen die 
Jugend vor Ausbeutung und Mi߬ 
brauch auf der Arbeitsstelle schüt¬ 
zen und verhindern,' daß die Aus¬ 
bildung gröblichst vernachlässigt 
wird. Wir erheben, die Forderung: 
„Gleich e.r Lohn für gleiche 
A r b e i t.“ 
Wir wollen die jungen Menschen 
zu Berufskönnen, Pflichtbewußtsein 
.und Verantwortungsgefühl erziehen 
und neben der Mitarbeit in der Ge¬ 
werkschaft muß auch der Wille zur 
Mitbestimmung im Betrieb, in der 
Wirtschaft und- im öffentlichen Le¬ 
ben geweckt werden. Junge Men¬ 
schen htiben Weltgeschichte gemacht 
und auch unsere Jugend muß an 
einer neuen Zukunft mitschmieden, 
wo Recht und Gerechtigkeit waltet. 
Nachdem die Herren Oberregie¬ 
rungsrat Pf aff und Bürgermeister 
Schneider, Sulzbach, den Kon¬ 
greß begrüßt hatten, wurde die Dis¬ 
kussion durch Kollegin Geschke 
eröffnet. 
Sie verlangt, daß die Jugend in 
allen Institutionen, wo Jugendfragen' 
behandelt werden, Zutritt habe, be¬ 
sonders auch in ’den Betriebsräten. 
In den jetzt geschaffenen Jugend¬ 
ämtern muß die Gewerkschafts¬ 
jugend vertreten sein. Für die Ju¬ 
gend bedeutet der Begriff der Demo¬ 
kratie mehr als Forderungen, sie be¬ 
deutet Entwickiungsmöglichkeit' für 
die gesamte Jugend. Wenn die Ju¬ 
gendfrage mit Verständnis pnd Liebe 
behandelt wird, werden junge Men¬ 
schen mit Hingabe und Begeiste¬ 
rung eine Gewerkschaftsjugendbe¬ 
wegung schaffen. 
Der Kollege Mörsdorf von der 
Höheren Technischen Lehranstalt 
führte aus, daß der Weg der Jugend 
vom . Impuls der Freiheit gelenkt 
werden muß und verlangt eine Re- 
form des Hochschul-' und . Schul¬ 
wesens. 
In der Nachmittagstagung refe¬ 
rierte Kollege Scholl zur Jugend¬ 
schutzgesetzgebung der Vergangen¬ 
heit und der Zukunft. Im neuen Ge¬ 
setz möchte die Jugend folgende 
Punkte_verankert sehen: 
Für Jugendliche bis 16 Jahren 
24 Tage Urlaub; 
für Jugendliche bis 18 Jahren 
18 Tage Urlaub; 
Verbot der- Beschäftigung von 
' Jugendlichen während der 
Nachtzeit und an Sonn- und 
Feiertagen; 
' Keine Verwendung von Jugend¬ 
lichen . bei gesundh,eits- und 
lebensgefährlichen Arbeiten. 
Für die Jugend in der Land- 
wirtschaft nicht nur eine be¬ 
stimmte Arbeitszeit, sondern 
auch Fortbildungsmöglichkeit. 
Beteiligung an staatlichen und 
kommunalen Jugendämtern. 
Der Referent bat die Militärregie¬ 
rung, eine gesetzliche Grundlage zu 
schaffen, die^die Jugend freisprechen 
solle von jeder nationalsozialisti¬ 
schen Verantwortung. Dann verlangte 
er eine gründliche Berufsausbildung 
und bemängelte, daß in seiner Lehr¬ 
werkstätte nicht genügend Lehr-1 
mittel vorhanden sind. 
Kollege Binsen nahm der Jp- 
gend das feierliche Versprechen ab, 
sich von allen Irrlehren der Ver¬ 
gangenheit abzuwenden, den Kampf 
gegen die Nazitheorie zu führen und 
ihr Schicksal selbst in die Hände zu 
nehmen. 
Kollege R a m m о von der Höhe¬ 
ren Technischen Lehranstalt dankte 
allen Kollegen der Einheitsgewerk¬ 
schaft, die geholfen haben, die 
Schwierigkeiten beim Studium zu 
überwinden und stellte die Forde¬ 
rung, dem Industrie-Verband Bau¬ 
gewerbe und Metall das Mitbestim- 
mungsrecht in der Dozentenschaft 
und im Lehrplan zu gewähren. 
Kollege Paul Schmidt gab einen 
Überblick über die Jugendarbeit im 
Bergbau und forderte eine gründ¬ 
liche, gewerkschaftliche Schulung, 
sowie die Erstellung von Jugend¬ 
heimen und dfe Herausgabe einer 
Jugendzeitung. 
An der Wahl der Jugendleitung 
waren alle Verbände beteiligt. 
Kollege Obermeier schloß den 
Kongreß mit dem Aufruf, alle Be¬ 
schlüsse in die Tat umzusetzen und 
am Neuaufbau unserer Heimat zum 
Wohle aller mitzuarbeiten. 
Kulturabend in Bildstock 
Am 22. Februar veranstaltete die 
Jugendgruppe Bildstock der Einheits¬ 
gewerkschaft im . Verein mit der 
Musikgruppe St. Ingbert^ im Anschluß 
an den Jugendkongreß in Sulzbach 
einen Xulturabend. Das Weihespiel, 
von der Gruppe selbst verfaßt, war 
ein glühender Appell an die Einheit 
aller Schaffenden und ein Aufruf 
zum Kampf für Frieden, Freiheit 
und Gerechtigkeit. -Der Leiter des 
Industrie-VerbandesBergbau forderte 
fn einer Ansprache die zahlreich 
anwesenden Jugendlichen auf, mit 
der« Einheitsgewerkschaft für bessere 
Lebensbedingungen zu kämpfen. In 
bunter Folge brachte dann die Ju- 
gendgruppe Bildstock ein abwechs¬ 
lungsreiches Programm. Die Sing¬ 
gruppe gab ihre, schönen Lieder mit 
Zitherbegleitung zum Besten, wäh¬ 
rend das Tanzpaar die Anwesenden' 
mit Kunsttänzen erfreute. Pas Thea¬ 
terstück in heimischer Mundart 
brachte einen vollen Erfolg für die 
Jungen Künstler. Die junge St. Ing- 
berter Musikkapelle trug durch ihre 
musikalischen Beiträge zur Verschö¬ 
nerung dieses Abends bei. 
v Theatergemeinde 
der Einheitsgewerkschaft, 
Miete 2: Dienstag, den 8. April 1947, 
19,00 Uhr; 
Miete 3: Dienstag, den 15. April 1947,' 
19,00 Uhr; ‘ . - 'v 
Miete 4: Montag, den 21. April 1947, 
19,00 Uhr; 
Miete 1: Sonntag, den 27. April 1947, 
19,00 Uhr; • .* ' ' 
. „Land des Lächelns“. . — 
Frouenorbeit in der 
Genossenschaft sbewegung 
Der Zentralverband deutscher-Kon¬ 
sumgenossenschaften hat die Errich¬ 
tung einer Frauensektion in Angriff 
genommen, für welche die ersten 
Vorbereitungen bereits geleistet sind.. 
Die Aufgabe der Frauensektion 
soll darin böslehen, die Frauen zur 
intensiven, verantwortungsbewußten 
Mitarbeit" in den Konsumgenossen¬ 
schaften und allen ihren Einrich¬ 
tungen heranzubilden und darüber 
hinaus, die Verbindung mit den ge¬ 
nossenschaftlichen Frauenorganisa- 
tionen anderer Länder aufzunehmen 
und zu pflegen. 
Mit der Schaffung "der Frauen- 
sektion verbindet sich auch der 
Zweck, die vielen guten Bemühungen 
bereits- tätiger Frauengruppen und 
einzelner Frauen an einer Stelle 
Stusammenzufasseü, damit die Arbeit 
an anderen Stellen hierdurch ange¬ 
regt und befruchtet werden " kann. 
In Zusammenkünften sollen die ge¬ 
meinsamen Aufgaben besprochen 
und» es soll ein Tätigkeitsprogramm , 
r ' ■ ' 
erarbeitet werden, das den Bedürf- 
. nissen der Bewegung Rechnung trägt 
und den Frauen Gelegenheit zur 
Entfaltung von Initiative und frucht¬ 
bringender Tätigkeit gibt. 
Es erscheint unnütz, über die Not¬ 
wendigkeit und den Wert der Frauen¬ 
mitarbeit in der Genossenschafts¬ 
bewegung zu schreiben. .Sie war seit 
je eine der wichtigsten. Voraus-* 
Setzungen für das wirtschaftliche 
Gedeihen der Konsumgenossen¬ 
schaften. Die Frau mit dem Einkaufs¬ 
korb'—=■ das treue Mitglied — trägt 
die Bewegung. Wenn die Mitglied¬ 
schaft außer dem wirtschaftlichen 
Vorteil noch die hohen sittlichen 
Grundsätze erkennt, auf denen die 
Bewegung ruht, und danach'handelt 
— dann ist der Aufstieg ■ des Ge- 
. nossenschaftswesens gesichert. Die 
Frauen sind eine gewaltige Kraft, 
einmal durch das Übergewicht der 
Zahl, mehr jedoch -dadurch,' daß in 
ihren Händen zum guten Teil nun 
das' Geschick des Volkes ruht'. Für 
die Gestaltijng der Zukunft ist ent-' 
scheidend, wie die Fragen und Mütter 
zu den grundlegenden Fragen der 
Neugestaltung unseres wirtschaft¬ 
liche*, sozialen urid politischen Le¬ 
bens stehen; in welchem Geiste sie 
ihre Kinder erziehen; wie sie selbst 
den Anforderungen des täglichen Le¬ 
bens gegenübertretere 
Die Genossenschaftsbewegung strebt 
die Aufrichtung einer sozialen Ge¬ 
mein Wirtschaft an. Der Weg ■ zu 
diesem Ziel . muß zuerst' gebahnt 
'werden. Unter denen, die ihn bahnen, 
dürfen die ’ Genossenschafterinnen 
nicht fehlen. Sie gehören in die erste 
E.eihe der Wegebauer,, damit die - 
nachrückende Generation das Werk 
' fortführen* und vollenden kann. Für. 
die -Tätigkeit der Frauensektionen 
werden demnächst Leitsätze bekannt¬ 
gegeben. ' } ' ■ 
• Als Leiterin der Frauensektionen 
wurde Frau Eramy Riedl gewon-. 
r.en, die bis'zum Jahre 1833 als Lei¬ 
terin der Frauengilde' im Verband 
Deutscher Wirischaftsgenossensehaf- 
ten der Tschechoslowakei tätig war. 
Frau Riedl emigrierte 1939.. nach 
England und war während der letz¬ 
ten fünf Jahre im Sekretariat des 
Internationalen Genossenschaftsbun- 
des tätig. Miß P o 11 e 7 . die Verwal¬ 
tungssekretärin'des IGBM bemerkt in 
ihrem Zeugnis für Frau Riedl, daß 
diese in England Gelegenheit gehabt 
ha.be, ihre Kenntnisse über die natio¬ 
nalen. Genossenschaftsbeweguhgen in 
der ganzen Welt zu erweitern. Ihre 
natürliche Fähigkeit und , ihr um¬ 
fassendes Wissen,, wie ihre Erfah¬ 
rungen auf dem Gebiet der inter¬ 
nationalen Genossenschaftsbewegung 
würden Frau Riedl für ihre Tätig¬ 
keit in Deutschland sehr zustatten 
.kommen. Frau Riedl habe, so be¬ 
merkt Miß Polley, den Internatio¬ 
nalen Genossenschaftsbund mit allen 
guten persönlichen Wünscben-.semes 
Präsidenten, , .Lord Rusholme, 
verlassen. Der Exekutivausschuß des 
IGB. hat sich gleichermaßen ausge¬ 
lassen. v 
Neue Frauenberufe im Wes'en 
Die veränderte Bevölkerungs¬ 
struktur . in Nordrhein - Westfalen 
macht es nach Auffassung des Lan¬ 
desarbeitsamtes dringend erforder- 
lichj die' weiblichen Jugendlichen in 
Berufe zu lenken, in denen sie Aus¬ 
sicht auf eine dauernde Beschäfti¬ 
gung haben. Das .Landesarbeitsamt 
Nordrhein-Westfalen zählt darunter. 
Berufe wie Uhrmacher, Optiker, 
Graveure, Buchbinder. Buchdrucker, 
Aristreigher, Tapezierer. Glaser, Her¬ 
renschneider .und gewisse Berufe der 
Elektro-, und Metallindustrie.
	        
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