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-Für Gewerkschaftler frei.-*
Für Nicht-Gewerkschaftler Verkaufspreis 0,25 Reichsmark,
1. Jahrgang
Juli 1946
Nummer 1
Ein Wille — Ein Weg!
Die Gewerkschaftsbewegung hat
überall eine lange ivech-
selvolle Entwicklung hinter
sich. Ihre Anfänge gehen zurück ln
die Zeit der politischen Wirren des
vorigen Jahrhunderts. In jener Zeit
entstanden die ersten Arbeiterbil-
dungs- und i’achvereine, die damals
schon die Interessen des Arbeiter¬
standes als einen ihrer wichtigsten
Punkte in ihrem Programm aufge¬
nommen haben. Die kapita listiseli -
industrielte Entwicklung in den sieb¬
ziger und achtziger Jahren machte
aus dem Agrarstaat in wenigen Jah¬
ren einen großkapitalistischen Indu¬
striestaat.
Gegenüber dem in seinem Profit-
interesse hemmungslos sich auswir-
kenden Industrie - Kapitalismus, der ,
brutal und rücksichtslos die Arbeits¬
kraft der Schaffenden ausbeutete,
blieb der Masse der Arbeitenden
nichts anderes übrig, als sich in
Starken, klassenbewußten Gewerk¬
schafts - Organisationen ein Macht¬
mittel zu schaffen, das sie in die
Lage versetzte, sich ihrer Arbeit ent¬
sprechende Lebensmöglichkeiten zu
erkämpfen.
Nach Jahren schwerer Kämpfe
war der größte Erfolg die Aner¬
kennung der Gewerkschaften von
Staatswegen als gesetzliche Ver¬
tretung der Arbeiterschaft. Die
alten Pioniere der Gewerkschafts¬
bewegung wissen, welche fast un¬
überwindlichen Schwierigkeiten und
Hindernisse vorhanden waren, welche
Opfer gebracht werden mußten, bis
dieses Ziel erreicht war. Auch die
schaffenden Menschen an der Saar
haben den Kampf um die Errichtung
von Gewerkschaften kennengelernt.
Die reaktionären Arbeitgeber der
saarländischen Schwerindustrie un¬
ter Führung eines Freiherrn von
Stumm und Röchling in Gemein¬
schaft mit den dem preußischen
Junkertum entstammenden Gruben¬
direktoren, an der Spitze Hilger,
ließen kein Mittel unversucht, um
die Gewerkschaften in ihrer Ent¬
wicklung zu hemmen.
Mit Ausgang des ersten Welt¬
krieges vollzog sich auch im Saar¬
gebiet der Aufbau der Gewerk¬
schaften, wenn auch unter Schwie¬
rigkeiten, ziemlich rasch. Insgesamt
waren innerhalb der verschiedenen
Gewerkschaftsrichtungen rund sieben
Millionen Werktätige erfaßt. Wären
dieselben in einer einheitlichen Or¬
ganisation zusammengefaßt gewesen,
dann wären sie nicht bloß das letzte,
sondern auch das stärkste Bollwerk
gegenüber dem Nationalsozialismus
gewesen. Dem war leider nicht so.
Die Zerrissenheit und Uneinigkeit
benützte Hitler, um am 2. Mai 1933
mit seinen braunen Handlangem
zum entscheidenden Schlag gegen
die Gewerkschaften auszuholen, um
damit in den Besitz der Macht zu
kommen, die er notwendig hatte,
um an die endgültige Errichtung
seines tausendjährigen Reiches gehen
zu können. — An diesem Tag be¬
setzte die SA schlagartig in ganz
Deutschland die Gewerkschaftshäu¬
ser, plünderte dieselben aus und ließ
sie zum Teil in Flammen aufgehen.
Das Vermögen der Gewerkschaften,
von Generationen aus Arbeiter¬
groschen zusammepgespart, wurde
beschlagnahmt, die führenden Män¬
rückte. — Mit Stolz muß heute ge¬
sagt werden, daß tausende aufrechte,
ehrliche Gewerkschaftler bis zum
letzten Tag des Abstimmungskampfes
unerschrockene Kämpfer für Recht
und Freiheit blieben, ohne je die
Hoffnung aufzugeben, daß der Tag
wieder kommen werde, an dem an¬
stelle von Lüge und Gemeinheit
wieder Recht und Menschenwürde
treten würden. — Und er ist wieder
gekommen, der Tag, an dem die Ge¬
werkschaften auch an der Saar neu
erstanden.
Wenn der Aufbau der saarlän¬
dischen Gewerkschaften nach dem
wieder zu wecken. — In selbstloser
Weise haben führende Kollegen der
alten Gewerkschaftsbewegung zu¬
sammen mit jungen, strebsamen
Kräften mit am Aufbau und der
Neugestaltung der Gewerkschaftsbe¬
wegung gearbeitet.
Sie alle sind von einem Willen be-
seelt,
auf dem Boden des Selbstbe-
stimmungsrechfs,
der Demokratie,
unter
Wahrung
strengster partei-
politischer und religiöser Neutralität
Für Freiheit und Recht
fielen im Kampf gegen Tyrannei und Reaktion
die Kollegen
Fritz Husemann, Vorsitzender des Bergarbeiter-Verbandes
Walter Funk, Leiter des Einheitsverbandes der Bergarbeiter
August Dobisch, Leiter des ADGB im Saargebiet
Rieh. Becker, Vorsitzender des Bergarbeiterverb. Wiebelskirchen
Hermann Conrad, Jugendgruppenleiter im EVBD, Saar
Josef Wagner, Lockvveiler, Bergbau-Industrie-Verband
Paul Jost, Herrensohr vom Einheitsverband der Bergarbeiter
Christian Pitz, Dudweiler vom Bergarbeiter-Industrie-Verband
Karl Pitz, Dudweiler vom Deutschen Metallarbeiter-Verband
Wendel Schorr, Saarbrücken, Straßenbahner
Jakob Röder, Saarbrücken, Straßenbahner
Eugen Klapka, Ensdorf. Schreiner
Jakob Weiter, Dudweiler, Gemeindearbeiter
Karl Malter, Sulzbach, Angestellter
Paul Eisenschneider, Saarbrücken, Metallarbeiter
Ihnen und ihren Kameraden, die in den Kerkern Hitlers und auf
den Schlachtfeldern des Faschismus für Menschenrechte und
Völkerverständigung ihr Leben hingaben, werden wir ein ehrendes
Andenken bewahren.
die beruflichen und sozialen Inter¬
essen aller Werktätigen in Wirtschaft
und Staat wahrzunehmen.
Die Einheit in der gewerk¬
schaftlichen Organisation ist die
alleinige Gewähr dafür, eine dem
Frieden dienende demokratische
Wirtschaft, in welcher der schaffende
Mensch nicht als Objekt, sondern
als Subjekt steht, aufzubauen. Nie
war die Einheit der schaffenden
Menschen notwendiger und gebiete¬
rischer als heute, um ein dauer¬
haftes, innerlich gesundes Werk zu
schaffen, das eine gesicherte Ent¬
wicklung einer demokratischen Wirt¬
schaft und eines gesunden Volks¬
lebens ermöglicht.
Wir müssen uns der vollen Ver¬
antwortung bewußt sein, die wir der
Gemeinschaft gegenüber zu tragen
haben und alle Versuche ablehnen,
die diese Einheit zu zerstören trach¬
ten.
Vergessen wir nie, daß die einst
so stolze Gewerkschaftsbewegung,
parteipolitisch und weltanschaulich
zerrissen, mit die Schuld nicht bloß
am eigenen Zusammenbruch, sondern
auch die Schuld am Zusammenbruch
von Volk und Staat trägt.
ner der Gewerkschaften zu Tode ge¬
prügelt oder ins Zuchthaus und KZ -
Lager gebracht. Anstelle der Ge¬
werkschaften setzten die Nazis die
„Deutsche Arbeitsfront“, an deren
Spitze der „berühmte Arbeiterführer“
Dr. Ley stand und der sich zur Auf¬
gabe gemacht hatte, die schaffenden
Menschen aller ihrer in harten und
schweren Kämpfen seit Generationen
erhaltenen Rechte zu berauben.
Die Gewerkschaften an der Saar,
die in ihrer Mehrheit den Kampf
gegen Hitler und seine Gewaltherr¬
schaft aufgenommen hatten, erlebten'
in den Jahren 1933/35 die schwersten
Erschütterungen durch den politi¬
schen Kampf, der damals das Saar¬
gebiet ins Blickfeld der ganzen Welt
totalen Zusammenbruch aus diesem
furchtbaren Chaos heraus möglich
war, so verdanken wir dies in aller¬
erster Linie der französischen Mili¬
tär-Regierung, in ganz besonderem
Maße aber dem Gouverneur des
Saargebietes, Herrn Oberst Grand¬
val, der alles tat, um mit uns zu¬
sammen die Schwierigkeiten beim
Aufbau der Gewerkschaften zu über¬
winden. Gouverneur Grandval war
in den zurückliegenden Monaten der
Zusammenarbeit mit uns von der
einen großen Sorge beseelt, die
schaffenden Menschen an der Saar
so rasch wie möglich aus der Not
und dem Elend herauszubringen,
ihre Existenz zu sichern und die
Lust und Freude zur Arbeit in ihnen
Wer in dieser Zeit schwerster Not
seine persönlichen Interessen nicht
denen der Gesamtheit unterordnet,
handelt verbrecherisch. Was uns
auch sonst trennen mag, im klaren
Bewußtsein unserer großen Auf¬
gaben müssen wir uns alle zusam*-
menfinden zu gemeinsamer Arbeit.
Nur so werden wir auch das Ver¬
trauen zurückgewinnen, das notwen¬
dig ist, um als Gleichberechtigte im
Bund der internationalen Gewerk¬
schaften Schulter an Schulter mit
allen Werktätigen der Welt für Frei¬
heit, Menschenrecht und Menschen¬
würde zu kämpfen und mitzuhelfen,
den Völker frieden sichern.
Wacker.
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