Full text: Evangelisches Wochenblatt (13.1886)

) 
Mortk zu ihm geredet, das hat er nie vergessen können. 
Sie halt ihn nämlich geiragt., ob auch au Vord viel 
gestucht werde, oder voh da auch viel gehetet werde? 
Damals hat dieser Kapitän auch selber noch viel geflucht 
uud wenig gebetet. Die sanjite Frage der milden Frau 
ijt ibm aber durch's Herz gegangen, und als er bald 
darauf währeud der Fahrt in den Schiffsraum gestürzi 
iunid das Bein so unglüclich gebrochen hat, daß es 
bgenommen werden mußte, da hat Jens Owesen in 
sich geschlagen und hat nie wieder geflucht, aber viet 
gebetet. An dies alles denkt er jetzt in der Hänge— 
makte, da der Mondschein die „Agathe Katharina“ 
umspielt, da oben unter der Declke. Daran aber schließt 
sich der Gedanke: Hat unser Herrgott Jens Owesen so 
beim Vein zu fassen gekriegt, dann wird er auch wohl 
den Owe Jensen bein Bein, oder sonst wo zu fassen 
kriegen! Mit diesem Gedanten ist der alte Kapitän an 
jeucin Abend eingeschlafen. Der Mond stieg höher. 
Die Kaiüte lag bald im Schatten. Das Schiffomodell 
unter der Decke war kaum zu erkennen, nur das weiße 
Brustbild an der Gallion keuchtete durch die dämmernde 
Nacht. 
Ungesegnet — mit Undank im Herzen in die weite 
Welt hinausstürmen, —— das kann kein Glück bringen. 
Owe Jeusen war damals ein hochgewachsener Knabe 
von fünfzehn Jahren. Sie ktonnten ihn brauchen am 
Bord der englischen Brigg, die Bemannung war nicht stark. 
Owe ward als Decksjunge aufgenommen, nachdem er 
vam Kapitän verpflichtet war und derselbe ihm von 
den andern Leuten die nötigen Kleider verschafft hatte, 
welche er mit seinem Monatsgelde abverdienen mußte. 
Der Kapitän war ein strenger, finster blickender Maun, 
man sah ihn nie lachen. Unbeweglich staud er auf 
seinem Posten, und sein Koammando klang scharf und 
chneidig. 
Owo hatte sich das Leben an Bord doch anders gedacht. 
Hier lernte er gehorchen. Und als er das erste Mal 
bei bewegter Seo in die Masten hinaufgeschickt ward, 
da war's ihm doch ein eigen Gefühl, so in den Waten 
zu schweben, die bodenlose Tiefe unter sich. Aber er 
hatte ein Paar feste Hönde und geschmeidige Glieder, 
konntke klettern wie eine Katze und sah gar nicht unter 
sich, sondern über sich. Hätte er's damals schon bedacht, 
daß es noch einen tieferen Abgrund gibt, als das Meer, 
und daß es über den Wolken noch etwas Höheres gibt, 
daun wäre vieles anders geworden. Aber solche Ge— 
dauten kamen damals nicht in sein thörichtes Horz, als 
er zum erstenmal in den Mastkorb klettern mußte. 
(Fortsetzung solgt.) 
Guter Rat an Dienende. 
(Schluß.) 
8. Noch eins merke dir: „Genieße alles mit Dauk— 
sagung.“ Tas Sprüchwort sagt: „Trinkoder i ß, 
Gottenicht vergiß.“ Wärest du nicht wie des 
Feldes Getier, wenn du das thätest? Es nimmt auch 
Speise und Trank hin, ohne die Hand zu kennen, die 
beides gibt. Danken kann's nicht, darum ist es ihm 
nuch keine Sünde, wenn es nicht dankt. Aber wie steht 
es init dir, der du deine Füße noch unter 
andearer Leute Tisch streckst? Kennst du die 
segnende Hand unicht, auf die aller Augen warten? 
sKteunst du“ den Gott der Liebe nicht, der seine milde 
Hand aufthut, dich mit Wohlgefallen zu segnen? Und 
du wolltest nicht danken, wenn du reichlich Speise und 
Trank aus deines Gottes und Vaters Hand hinnimmst? 
Darum deutke daran täglich: Trink oder iß, 
Gott nicht vergiß! 
9. Dann wirst du nicht daran denken, was so vie— 
len deiner Geuossen hentigen Tages den Kopf verrückt; 
ich meine das Lesen windiger, leerer und schlechter Ge 
schichten, die man hie und da um geringes Geld leihen 
kaun und unter dem RNamen Romane angepriesen 
wverden. Die verdrehen die Köpfe der Mädchen und 
ergiften ihr Herz. Solch' ein durch Romanleserei ver— 
rücktes Madchen wird einst keine tüchtige Hausfrau. 
O, ist denn keine Bibel vder Gesangbuch mehr im Hause 
oder in deinem Koffer? Das ist gesunde, für alle dieu— 
liche Speise, die den Verstand auftlärt, das Herz beisert 
und unsere Tritte gewiß macht. Die gebrauche fleißig! 
10.“ Und nun zum Schluß noch etwas. Wer 
alle Tage feiert, sagt das Sprüchwort, der 
perlangt nicht nach dem Sonntag. Tas 
muß wahr sein! Aber wie ist es mit dem, der treu 
gearbeitet hat die sechs Wochen- und Werkeltage? Weißt 
du es aus Erfahrung, wie wohl es einem um's Herz 
ist, wenn au Samstagabend die Feierglocken dir zu— 
rufen: Gedense des Sabbattages, daß du ihn heiligst? 
O, das ist ein lieblicher Klang, der zur Ruhe und zur 
Freude am Sonntage auffordert, wo man inne werden 
soll, daß man zu der Christengemeinde gehört und mit 
derjelben beten, loben, singen und das Wort Gottes in 
lebendiger Predigt hören kann. Das Sprüchwort sagt: 
Am Werktag arbeit' alle Ding', am 
Sonntag höre, bet' und sing'. Sechs Tage 
sollst du arbeiten, sagt das Wort Gottes, aber am 
siebenten, oder, wie der Christ es nimmt, am ersten, 
wveil der Herr Jesus am Sonntag auferstanden ist — 
da sollst du nicht arbeiten. Das steht auch für dich in 
der Bibel. 
Leider wissen wir es und sehen's mit Augen, wie 
in vielen Haushaltuungen am Sonntage erst recht ge— 
arbeitet wird, wenigstens bis an den Mittag, wodurch 
dann meistenteils der Dienstbote um sein Recht betrogen 
wird, Gott öffeuntlich dienen zu können, und unvernierkt 
dahin gelangt, daß auch ihm die Sonnkagsheiligung 
gleichgültig wird. Das Sprüchwort sagt: Sonuntags 
ürbeit üst Gott heid. Er will sie nicht und hat 
ihr keinen Segen verheißen. Und doch ist an Gottes 
Segen alles gelegen. Auch heißt es: Plag' 
dich, ringe, strebe, sinn' —, ohne Gott ist 
kein Gewinnun! — was der Sonntager— 
wirbt, schon vor dem Montag verdirbt. 
Das sind Worte, die recht in die Seele der Herrschaften 
und Dienstboten dringen müssen, wenn's überhaupt 
hefser werden soll. 
Der Sonntag ist nicht unser, er ist des Herrn. 
Das sind freilich alle Tage unseres Lebens; aber der 
Sonntag ist des Herrn in anderer Bedeutung, er ist 
ein, ihun geweiht, geheiligt. Wenden wir ihn nicht so 
an, so sind wir Diebe an dem Herrn und au uus 
elbst. An dem Herrn sind wir Diebe, denn wir steh— 
en ihm die Ehre, die wir ihm an diesem Tage geben 
sollen; an uns solbst, denn wir stehlen uns den seligen 
Frieden des Sountags, und zugkeich denen, welchen wir 
sin rauben, — nämlich die Gelegenheit, für unsere und 
für Ir⸗ Seele zu sorgen. 
Tarum suche du solche Herrschaft, welche dir deinen 
Sonntag unverkümmert läßt, und danke Gott dafür,
	        
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