Full text: Der Saar-Freund (7.1926)

ive Stellungnahme zu der Flaggenfrage keine Lösung der ver⸗ 
ahreren Angelegenheit erzielt wurde, ist doch wohl erlaubt. Der 
beschluß des Vorstandes des Bundes der Saarvereine, dafür zu 
orgen, daß die Reichsflagge gleich hinter der ersten Musitkapelle 
zgeiragen werde, entsprach m. E. den Verhältnissen 
mehr, als der der Rheinländer; denn dadurch 
vurde wenigstens erreicht, daß die Reichsfarben 
nicht nur im Zuge vertreten waren, sondern den 
hr gebührenden Ehrenplatz bekamen. 
Run wurde gesagt, es wäre das einzig Richtige gewesen, den 
Festzug ganz fallen zu lassen, nachdem der Festzugsausschuß die 
aigentlich selbstverständliche Forderung der christlichen Gewerk⸗ 
chaften bezüglich der Fahnenfrage abgelehnt hatte. Wer sollte 
ihn fallen lassen? Die Berliner Leitungen hatten darauf keinen 
naßgebenden Einfluß. Sie hatten ihn weder organisiert noch 
sinanziert. Beides erfolgte durch die Kölner Festleitung, 
die der Ansicht war, die Gewerkschaften hätten mit ihren Forde⸗ 
zungen früher kommen müssen; so kurz vor der Veranstaltung 
önnten Aenderungen, wie sie gewünscht wurden, nicht mehr vor⸗ 
zenommen werden. Der selbständig arbeitende Kölner Festzugs⸗ 
ausschuß, der alle Fäden in der Hand hatte, wäre in der Lage 
lund m. E. auch bereit) gewesen, den Festzug auch gegen den 
Willen der Berliner Leitungen so durchzuführen, wie er ihn vor⸗ 
hereitet hatte. Was dann, wenn es zu solchen scharfen Gegen⸗ 
ätzen gekommen wäre? Dann wäre wahrscheinlich die ganze 
ßundgebung verunglückt, dann hätten die Redner der großen 
bersammlung, Landeshauptmann Dr. Horion, Oberpräsident 
der Rheinprovinz Dr. Fuchs, Präfident Dr. Ka ufmann und 
pfarrer Dr. Schlich wohl kaum noch reden können und die 
rohe deutsche Kundgebung für Rhein, Pfalz und Saar, die einen 
glänzenden Verlauf nahm und durch Rundfunkübertragung 
von Hunderttausenden miterlebt wurde, hätte nicht stattfinden 
können. Dieser Ausfall wäre ohne Zweifel noch viel bedauerlicher 
gewesen, als die einseitige Zusammensetzung des Festzuges. 
Nach alledem glaube ich, wird man mir zustimmen, wenn ich 
age weder dem Vorstande des Bundes der Saar— 
pereine, noch der Geschäftsstelle oder ihrem 
Bbeschäftsführer Herrn Vogel können wegen der ein— 
seitigen Zusammensetzung des Festzuges berechtigte Vorwürfe ge⸗ 
macht werden. Wenn schon irgendein Versagen vorliegt, dann 
ist es in Köln zu suchen und nicht in Berlin. Allerdings werden 
die Vorgänge in Köln dem Vorstande des Bundes der Saar— 
pereine Veranlassung geben müssen, noch mehr als bisher auf der 
hut zu sein, damit nicht örtliche Ausschüsse über solch wichtige 
Fragen, wie sie in Köln zum Schluß zur Entscheidung standen, 
zegen den Willen der Zentralleitung entscheiden können. Die 
Ueberparteilichkeit des Bundes und seiner Aufgaben verlangen es. 
daß sich solche Vorgänge nicht wiederholen. 
Sehr zu bedauern ist es auch, daß ein Teil der Presse 
geglaubt hat, gut daran zu tun, sich mehr 
mit dem Festzug zu beschäftigen als mit den 
Reden, die gehalten wurden. Dabei ist man ver— 
schiedentlich weit über eine berechtigte Kritik hinaus—⸗ 
gegangen. Auch wurden Behauptungen aufgestellt, die mit 
der Wahrheit und den tatsächlichen Verhältnissen in Wider— 
pruch stehen. Wenn man sich, wie es meines Erachtens Pflicht 
ür eine ernstzunehmende Presse gewesen wäre, bei der Bundes— 
eitung erkundigt hätte, dann hätte nicht ein so schiefes Bild in der 
Deffentlichkeit über die Vorgänge entstehen können, wie es jetzt 
eilweise entstanden ist. Auch grenzt es m. E. zum mindesten an 
lebertreibung, wenn es so dargestellt wurde, als ob die 
ganze auswärtige Politik des Reiches durch den 
Festzug in Gefahr gebracht worden sei. Ich meine 
auch, man solle den Teufel nicht an die Wand malen. Warum 
dem Auslande gewissermaßen in den Mund legen, an einem 
olchen Festzug, der gegen den Willen der Zentralleitungen ein⸗ 
eitig geworden war, Anstoß zu nehmen. Ich meine, es wäre 
m Interesse des besetzten Gebietes und des Saarlandes viel 
hesser gewesen, mit allem Nachdruck zu versuchen, auch das Aus—⸗ 
and auf das aufmerksam zu machen, was die Redner gesagt 
haben, um eine möglichst baldige Befreiuna4 
unserer leidenden Volksgenossen im besetzten 
Sebiet und an der Saar zu erlangen. 
M. Braun und der Seoaorverein. 
Wir haben nicht die Absicht, uns vor Herrn Braun zu recht⸗ 
ertigen, dazu ist gerade er nicht die Person, der gegenüber wir 
Kechenschaft schüldig wären. Wir haben auch nicht die Absicht, 
henie schon zü der ganzen Kölner Angelegenheit Stellung zu 
nehmen, da wir erst einmal die von amtlicher Seite veranlaßte 
sene der Schuldfrage — um die der Saarverein übrigens 
elbst den Herrn Preußischen Minister des Innern gebeten hat — 
abwarten wollen. Es soll heute in dieser Frage nur festgestellt 
werden, daß der Kölner Festzug nicht eine Angelegenheit des 
vundes der Saarvereine und seiner Bundestagung war, sondern 
eine solche des Arbeitsausschusses für eine gemeinsame deutsche 
Kundgebung für Rhein, Pfalz und Saar. Mit den Vorbereitungen 
u dieser Kundgebung hatte der Bund der Saarvereine und seine 
heschäftsstelle überhaupt nichts zu tun. Sie haben sich in diese 
borbereitungen erst eingemischt in dem Augenblick als ihnen be⸗ 
kannt wurde, welche Schwierigkeiten sich bei der Zusammenstellung 
xs Festzuges usw. ergeben hatten. An anderer Stelle nimmt 
u den dann eingesetzten Bemühungen ein Beteiligter Stellung, 
ddaß sich hier ein Eingehen aus diesem Grunde schon erübrigt. 
Wir lassen dahingestellt, ob der Vertreter des „Sozialistischen 
Lressedienstes der den Bund der Saarvereine und seinen Ge⸗ 
oftsführer Vogel die alleinige Schutd an dem Zwijchenfail bei— 
daß über die wahren Zusammenhänge nicht informiert war. Die 
dessache steht fest, datz Nus diefer Quelle bine hanze Reihe links 
tehender Zeitungen das Materiai schöpfte, das se gegen den Bund 
et Saarvereine ausschlachteten. Auch Herr Braun natürlich 
deser sammelte alle Kommentare ne falsch informierter 
deiiungen und druckte sie gewissenhaft halbfeit ab. Rur die 
dichrigsteslung —— er, wollte er übersehen. Herr 
Braun könnte wissen, wie man das im juristischen Leben nennt: 
unanständig! Nun, das ist seine Sache Ihm lag daran, 
dn Saarverein zu verdächtigen, und diesen Verdacht nicht durch 
as irsesen leichter Zweifel an der restlosen Richtigkeit des 
—A so sorgsam zusammengetragenen Materials erschüttern zu 
„VWas beabsichtigte er damit? Er mußte den Parteivorstand 
n diesen Untetlagen davon überzeugen, daß eine Verbindung 
Sozialdemokratischen Pariel mit dem Saarverein und mit dem 
Hagtteund⸗ unmöglich sei. Es ist ihm auch gelungen, denn in 
. 200 vom 30. August 26 teilie das Blatt unter der Ueberschrift: 
dum lentenmal: Der Bund der Saarvereine Ia folgendes mit: 
„Der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei des Saar— 
zebiets und die sozialdemokratische Landesratsfraktion haben in 
gemeinsamer Sitzung einstimmig den Beschluß gefaßt, sewohl für 
die Partei, wie für ihre Mitglieder jede Mitarbeit am Bund 
der Saarvereine in seiner heutigen Tendenz und an seinem 
Organ, dem „Saarfreund“, für die Zukunft abzulehnen, und 
den Bezirksvorstand „Obere Rheinprovinz“ sowie den Haupt— 
vorstand, Berlin, gebeten, diesem Beschluß auch für die inner— 
deutsche Vartei und ihre Mitalieder beizutreten“ 
Ei, ei, weshalb so eilig, Herr Braun? Hatten Sie Sorge, die 
don Herrn Minister Severing eingeleitete Untersuchung der Kölner 
Vorgänge könnte ein Ergebnis haben. das einen solchen Beschluß 
nicht mehr rechtfertigte? Denn der Urheber dieses Beschlusses ist 
hHert Braun, niemand anders! Die Ablehnung der Teilnahme 
der Kölner freien Gewerkschaften an dem Festzug ist das Werk 
herrn Brauns, an den sie sich gewandt hatten. Wuürden keine 
anderen Beweisgründe dazu vorliegen, dann ergeben sie sich aus 
der Begründung, die die freien Gewerkschaften ihrer Absage bei⸗ 
zegeben haben: „Die Veranstaltung geht aus vom Vorstande des 
Bundes der „Saarvereine“, auf den die saarländische Industrie 
tarken Einfluß ausübt.“ Zwei Behauvtungen und zwei Unrichtig⸗ 
eiten, Herr Braun! 
Aber woher die Feindschaft Hetrn Brauns gegen den Saar⸗ 
verein? Weil er dem „Saarfreund“ Rache geschworen hat, 
dem „Saarfreund“, der es gewagt hatte, in seiner Nummer ß vom 
15, Mära 1925 unter anderem folgendes mitzuteilen: 
„In einem Teil der Saarbrücker Presse ist das nachstehende 
Schreiben des bisherigen Geschäftssführers der sozialdemokrati—⸗ 
schen „Volksstinme“ in Saarbrücken. Johann Feld, veröffent⸗ 
licht worden: 
An den Vorstand der Soßialdemokratischen Parkei 
des Saargebiets, 
3. 5. des Vorsitzenden, Herrn Valentin Schäfer 
in Saarbrücken. 
„Nachdem ich die Ueberzeugung gewonnen habe, daß die 
berufenen Instanzen der Partei keine Veranlassung nehmen, 
der von vielen Seiten als landes verräterisch emp⸗ 
undenen Tätigkeit des Redaftsents Braun, in
	        
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