Full text: Der Saar-Freund (7.1926)

zefährlichen, ungerechte Besteuerungen bringenden Mittel der 
Umsatzsteuererhöhung gedeckt werden kann? Der Artikelschreiber 
antwortet hierauf u. a.: Die Ausführungen der Regierungs⸗ 
kommission über den Ausgleich, den sie für die Erhöhung ihrer 
Ausgaben bei den Beamtengehältern usw. haben müsse, können 
nicht überzeugen. Unzweifelhaft ist, daß eine eine Erhöhung 
dieser Ausgaben, eine Erhöhung der Beamtengehälter und der 
Löhne der Staatsarbeiter usw. erfolgen muß, über diese Frage 
besteht höchstens mit der Regierungskommission eine Meinungs— 
verschiedenheit wegen der Höhe, indem nämlich die von der Re— 
gierungskommission vorgesehene Erhöhung der Gehälter, Pen— 
fionen, Löhne usw. für nicht genügend erachtet wird. Aber mit 
der gegebenen Notwendigkeit zu zahlenmäßig höheren Ausgaben 
in Franken ist doch noch lange nicht dargetan, daß der Regie— 
rungskommission die Gelder dafür nicht zur Verfügung stehen und 
daß sie nicht andere Mittel als Schaffung neuer 
Steuerquellen hat, um das Ausgabenmehr zu decken. Zu— 
nächst hätte sie doch einmal die Verpflichtung, den Ist— 
Etat vorzulegen und nachzuweisen, wie sich Einnahmen 
und Ausgaben gestaltet haben und welche angesammelten Mittel 
zur Verfügung stehen. Es wäre dabei auch eingehend zu be— 
legen, wie sich die Mehreinnahmen bei allen den— 
jenigen Steuern, die bei der Geldentwertung automatisch 
steigen, gestalten. Weiter hätte sie darzulegen, ob sie nicht durch 
Einsparen an anderer Stelle, vor allem durch Abbau der 
ausländischen Beamten in der Zentralverwal— 
tung erhebliche Mittel freimachen kann. Dann hätte sie weiter 
offenzulegen, in welchem Umfange durch kaufmännisch gebotene 
Maßnahmen die Möglichkeit, bei den Ausgaben der Entwertung 
nachzufolgen, geschaffen worden ist und weiter geschaffen werden 
kann, mit anderen Worten, es ist Antwort zu geben auf die 
Frage: Sind die jeweils angesammelten Mittel 
por Entwertung geschützt? und kann nicht auf Grund 
dieser Tatsache allein schon eine Anpassung der Gehälter usw. an 
die durch die Inflation gestiegene Lebenshaltung ohne weiteres 
erfolgen? Es muß allerdings bezweifelt werden, ob die Re— 
gierungskommission diese kaufmännische Handlungsweise, die 
zweifellos hätte Pflicht sein müssen, bisher in vollem Umfang 
ausgeübt hat, denn es ist nicht unbekannt, welche ganz erhebliche 
Menge Franken einzelnen bevorzugten Bankinstituten als Ein— 
lage zugeflossen ist und dort natürlich restlos die Entwertung 
mitgemacht hat. Und wie steht es schließlich mit den beiden 
Haupteinnahmeposten der Saarregierung, mit den Beiträgen 
und Steuern der Grubenverwaltung und mit den 
Zollerträgnissen? Daß die vertragliche Regelung der 
Steuerpflicht der Gruben dem durch das Saarstatut geschaffenen 
Recht nicht entspricht und die Gruben ungerecht be— 
günstigt, ist schon so oft dargelegt, daß hier nicht näher darauf 
eingegangen werden muß. Und daß ferner immer noch ungeklärt 
ist, ob dem Saargebiet restlos die ihm nach dem Saarstatut zu— 
stehenden Zollerträgnisse zufallen, ist ebenfalls schon oft dargelegt 
worden. Was aber hier noch besonders hervorgehoben werden 
muß, ist die Frage, ob die Zahlung dieser vom französischen Staat 
abzuführenden Beträge besonders bei den Beiträgen der Gruben 
immer rechtzeitig erfolgt. Bei dem ganzen Steuersystem des 
Saargebiets hat man das Prinzip der Gegenwartsbesteuerung 
durchgeführt, das zweifellos, falls nicht etwa Mängel des Ver— 
anlagungsverfahrens eine Verzögerung in der Zahlung der 
Steuern bringen, grundsätzlich den Staat vor Entwertung der 
Steuerbeträge, wenn auch nicht in vollem Umfang schützt. Ist 
dieser teilweise Schutz bei Eniwertung auch bei sämtlichen Zah— 
lungen des franzöfischen Staates gegeben, mit anderen Worten: 
Erfolgen rechtzeitig und saufend ausreichende 
Abschlagszahlungen durch den französischen 
Staatinentsprechender Weise wie sie der Lohn—⸗ 
steuerpflichtige durch die Vorauszahlungen 
leistet, Solange hier nicht restlose Klarlegung erfolgt, sind 
Zweifel zu erheben, ob bei den Zahlungen des französischen 
Staates die Rechtzeitigkeit immer gewährleistet ist. Bei der 
Zollverwaltung scheint zwar nach unverbürgten Nachrichten 
neuerdings eine regelmäßige Zahlungsweise üblich. Andererseits 
sind — ebenfalls unverbürgt — Fälle bekannt geworden, wo 
mit Verzögerung von einem Jahr große Beträge 
feitens der Grubenverwaltung überwiesen 
worden sind, Beträge, die infolge der Franken— 
entwertung der Regierungskommission nicht 
einmal mitn so Prozent ihres Goldwertes zu—⸗ 
kbießen. Finsichtlich der Zollverwaltung darf noch besonders 
darauf verwiesen werden, daß die Kosten der Erhebung. 
die bei der Abführung der Erträgnisse von der französischen Zolla 
verwaltung eingezogen werden, eine erträgliche Höhe haben. I 
es richtig, daß in diese Erhebungskosten auch die AUsgaben 
für die Zollinie an der Westgrenze des Saar— 
gebietes fallen, trotzdem diese Zollinie lLediglich den In— 
teressen Frankreichs dient und Frankreich vor einem 
etwaigen Schmuggel von Waren, die in Frankreich dem Monopol 
unterliegen, bewahren soll. 
Auf alle diese Fragen hat u. E. die Regie— 
rungskommission zuerst Antwort zu geben, ehe 
sie verlangen kann, daß man ernsthaft das Problem erörtert, ob 
neue Steuerquellen zu schaffen sind und ob daher insbesondere 
auch die vielleicht für einen späteren Zeitpunkt unvermeidbare 
stärkere Heranziehung der Umsatzbesteuerung als Notaushilfs⸗ 
mittel in den Kauf genommen werden kaun. 
Und dann noch ein sehr wichtiges: Für eine stärkere 
ßeranziehung der Umsatzbesteuerung als Ueber— 
gangslösung muß Voraussetzung sein, daß man 
nun wirklich ernsthaft weiß: Wohin steuert der 
Kurs und wann kommt das Ende der Uebergangs⸗ 
zeit? Es wäre völlig untragbar, diese Aushilfsmaßnahmen 
ins Blaue hinein und für unabsehbare Zeit zu treffen. Von der 
Regierungskommission muß daher verlangt werden, daß sie in 
dem Augenblick, wo sie die Maßnahmen sordert, klar und offen 
jagt, sie wolle das gesamte Steuerwesen von einem bestimmten 
Zeitpunkt an auf die Wertbeständigkeit stellen, und daß sie die 
Richtlinien dafür in großen Zügen bereits festlegt. Nur dann 
kann u. E. die gefährliche und grobe Form der Umsatzbesteuerung 
der Bevölkerung zugemutet werden. Wiessteht es in dieser 
Beziehung mit der von den verschiedenstes 
Teilen der Bevölkerung geforderten Vorberei— 
tung der Währungsumstellung? Die Regierungs— 
kommission müsse hier schleunigst handeln und das ihr vorge— 
chlagene Gremium von Sachverständigen zusammenrufen. Diese 
Sachverstündigen wären dann auch berufen, zu prüfen, ob und in 
welchem Umfange von der Uebergangslösung der Belastung des 
Umsatzes Gebrauch gemacht werden kann. 
Der Artikel behandelt dann die einzelnen in den Gesetzent⸗ 
würfen der Saarregierung vorgesehenen Steuererhöhungen, wobei 
er zu einer Verwerfung dieser Erhöhungen kommt, die als un⸗ 
zweckmäßig, ungerecht und unsachgemäß nachgewiesen werden. Von 
allgemeinerer Bedeutung sind die Ausführungen über die geplante 
Finführung eines Devisenumsatzstempels in das Reichs⸗ 
stempelgesetz. 
Nach den bisherigen Vorschrifien war stempelpflichtig nur 
ein Umsatz in ausländischen Banknoten, ausländischem Papiergeld 
ader ausländischen Geldsorten, stempelfrei aber war das Geld— 
wechselgeschäft. Diese Vefreiung soll wegfallen, so daß alle Geld⸗ 
wechselgeschäfte einem Stempel von lu unterliegen sollen. 
Ferner sollen einem Stempel von u “/ die Anschaffungsgeschäfte 
äͤber sonstige ausländische Zahlungsmittel (Devisen im 
engeren Sinne) unterworfen werden. Man muß sich 
vorstellen, was diese Maßnahme für das Saargebiet 
bedeutet, wo die ganze Bevölkerung nahezu restlhos 
dazu übergegangen ist, in Gold zu rechnen, wo in—⸗ 
folge des Versagens der Bank von Frankreich 
nur wertbeständige Kredite zur Verfügung 
stehen und wo sich daher nahezu jede wirtschaftliche Betätigung 
notgedrungen in ausländischer Währung abspielt. Eine Be⸗ 
bhastung des Umsatzes würde nicht mehr oder 
weniger sein als eine ganz regelrechte Prämie 
für alle diejenigen,. die infolge besonderer 
direkten oder indirekten Beziehungen zur Bauk 
von Fraukreich noch über Kredite in Franken 
verfügenundinfolgedessen zur Abdeckung gegen 
Währungsverhuste keine Devisengeschäfte nötig 
haben. Für alle anderen Kreise der Saarwirtschaft, damit aber 
auch für die gesamte mit ihnen verbundene Bevölkerung würde 
der Devisenumsatzstempel eine überaus ungerechte Belastung be⸗— 
deuten, ja den Charakter einer Bestrafung dafür 
haben, daß sie unter ungeheuren Kosten sich 
gezwungen sehen, die ihnen aus der aufge⸗ 
zwungenen,Frankenwährung entstandenen Ver⸗e 
tuste durch schwierige Transaktisnen in aus— 
ländischen Zahlungsmitteln abzudecken, Janz ab⸗ 
gesehen von der Belästigung fast des gesamten bankmäßigen —B 
kehrs mit den zu erfüllenden Stempelformalitäten.
	        
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