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Beispiele französischer Aussaugungspolitik an der Saar.
Von Dr. Kurt Süttebräucker
von nischt weniger als 30 Mill. Mark, umgerechnet
auf den gh der Bevölkerung wiederum eine Zusakßbelastung um
etwa 40 R
Wenn man nun weiterhin noch bedenkt, daß die Regie⸗
rungskommission laufend über größere Kassenbestaͤnde verfuͤgt,
hei denen sie sich aber, wiederum nach französischem Muster, an
dem Grundsatz Frant gleich Frank festhaltend, beharrlich weigert,
diese durch Anlage in wertbeständiger Form vor der Ent—
vertungsgefahr zu schützen, die für das vergangene Jahr mit
nindestens 5Millionen Goldmark veranschlagt wer—
den können. Dadurch erhöht sich naturgemäß die steuerliche Be—
astung des Saargebietes, da durch die dabei entstehenden Ver—⸗
uste anderweitig, Deckung gesucht werden muß. Da man an—⸗
nehmen kann, daß auch diese Verluste im laufenden Etatsjahr
eineswegs geringer sein werden, ergibt sich somit eine weitete
Erhöhung der steuerlichen Belastung der Saarbevölkerung um
ꝛtwa 7 Mark pro Kopf.
Außerdem sind die Lasten des Saargebietes deshalb noch
weiter erheblich höher als der Etat erkennen läßt, weil erheb—
iche Beträge, die von Rechts wegen in die Kassen der Regie—
cungskommission fließen müßten, unglaublicherweise direkt in
die französischen Staafskassen fließen. FHierbei
ist vor allem an einen erheblichen Teil der Zolleinnahmen ge—
dacht. In dem Saarstatut ist klar und deutlich zum Ausdruck
zebracht worden, daß „der Ertrag aus den Zölien auf die für
den örtlichen Verbrauch des Saargebietes destimmten Waren
nach Abzug aller Ethehungskosten in den Haushalt des Saar—
zebietes einzustellen ist‘. Unglaublich ist es demgegenüber, wie
diese Bestimmung von der französischen Zollbehorde ausgelegt
wird. Lediglich die Zölle, die aus der saarländisch-deutschen
ßrenze erhoben werden, fließen in die Kassen der Regierungs⸗
ommission, während auch hier schon die als Zollsträͤfen ein—
gehenden im Saargebiet infolge der rigorosen Handhabung des
Zolltarifs nicht unbeträchtlichen Gelder an den französischen
Fiskus abgesührt werden. Hingegen die gesamten
e, die für nach dem Saargebiet gehenden
Waren an französischen Zoklämtern erhoben
werden, 3. B. bei lothringischen Zollämtern
oder an Seehafenplätzen, verschwinden in der
französischen Staatskasse. Damit aber nicht genug;
durch systematische Schikanen bei der Abfertigung an der saar—
ländisch-deutschen Grenze sucht man auf die Warenempfänger in⸗
direkt dahingehend einen Druck auszuüben, daß —* in Zukunft
ihre Waren über lothringische Zollämter laufen lassen, da dort
ich die gesemte Zollabsertigung reibungsloser vollzieht. Der
Zweck dieser Schikanen liegt auf der Hand; wenn die Ent—
wicklung so weiter geht, werden in Kürze der
Regierungskömmissson überhaupt käine Zoll—
reinnahmen mehr zufließen! Dieses Vorgehen der
ranzösischen Zollbehörde kann nichts anderes bedeuten, als einen
lagranten Rechtsbruch. Aber die Regierungskommission
chreitet nicht ein, trozdem dies bereits mehrmals gefordert
wvorden ist. Und warum nicht? Weil sie grundsätzlich
nichts tut, was wider französische Interessen
verstoßen könnte!
Von sachverständiger Seite werden die Verluste, wie sie
dem Saarhaushalt aus diesem, mehr als eigenartigen Verhalten
der Französischen Zollbehörde auf nich weniger als
1d Mällionen Mark im Jahre geschätzt, was auf den
Kopf der Bepölkerung umgerechnet eine weitere Mehrbelastung
um etwa 14 Mark bedeutet.
Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände erhöht g da⸗
mit die gesamtesteunerliche Belastung des Saar⸗
gebietes auf nicht weniger als 171 Mark auf den
Kopf der Bevölkerung, wobei die Kommunalsteuern noch gar
nicht berücksichtigt sind Damit stellt sich die Steuer⸗
belastung des Sgaargebietes um nicht weniger
als 130 Prozent höher als im Reichsgebiet. Wenn
also das Saargebiet wieder mit Deutschland ver;
eint wird und dadurch auch zu den Reparationsleistungen auf
Hrund des Dawezgutachtens beitragen muß, so wird dies keine
teuerliche Mehrbelastung, sondern sogar eine Ent⸗
lastung bedeuten.
Selbstverständlich hat das ganze Saargebiet auch ein exheb⸗
liches Interesse daran, zu erfähren, was mit den aufge—
brachten Stenerbeträgen geschieht, Die Regie—
rungskommission aber hält sich nicht für verpflichtet, in dieser
dinsicht irgendwie Rechenschaft abzulegen. Sie legi dem Landes⸗
rat höchstens einen Voranschlag vor, und zwar wie üblich, zur
pöllig unverbindlichen ee Aus einem solchen Etat
tann man naturgemäß. solange keine Schlüsse ziehen, solange
nicht auch der Istetat des Vorjahres vorgelegt wird, aus dem
man ersehen kann. was an Geldern eingekommen ist und wie
diese verwandt worden sind. Aber die Regierungaskommission
Die Mitte April vom Landesrat vorgenommene kritische Ve—⸗
zutachtung der neuen ungeheuerlichen Steuergesetzentwürse der
Zaarregierung lenkt wiederum die allgemeine Aufmerksamkeit
guf die Tatsache, daß das Saargebiet ganz erdrückende steuerliche
dasten zu tragen hat. Das Saargebiet habe nicht nur die be—
deutenden Kosten aufzubringen, die die Verwaltung eines solch
sseinen Gebietes ohnehin schon erfordert, sondern außerdem noch
die Kosten zu tragen für einen künstlich aufgeblähten Ver—
waltungsapparat, bei dem man das Wort Sparsamkeit ig zu
lennen scheint. Und weiterhin steht auch heute noch das Saar—
gebiet, dem an und für sich doch Reparationsfreiheit zugesichert
war, in mancher Hinsicht noch im Dienste der französischen Repara⸗—
tionspolitik, wenn auch die Leistungen im Saargebiet nicht direkt,
sondern auf Umwegen erhoben werden. Allein schon die Be—
lastung durch die Inflationssteuer zugunsten des französischen
Sziaates muß als ungeheuerlich bezeichnet werden.
In dem neuen Etat, der allerdings bis jetzt dem Landesrat
ioch nicht zugegangen ist, krotzdem das Etatsjahr bereits be—
gonnen hat, werden sich die Einnahmen aller Voraussicht nach
auf nicht weniger als 300 Mill. Fre. belaufen; nach dem augen—
blicklichen Kursstand umgerechnet ergibt dies eine Belastung
von nicht weniger als 61 RMuauf den Kopf der Bevölkerung.
Dieser neue Etat wird aber kaum auf Grund des heutigen Kurs—
standes des Franken aufgestellt werden, vielmehr wird man wie
immer nach französischem Muster verfahren, d. h. nach weiterer
Entwertung des Franken mit einem Nachtragsetat im Laufe des
Jahres kommen. Die sich dadurch auf den Kopf der Bevölkerung
etgebende weitere Steuerbelastung dürfte mit 30 Prozent Er—
höhung eingesetzt werden, d. h. statt 61 4auf 82 RM.
Wenn man demgegenüber die Steuerbelastung des unter der
dast der Reparationen seufzenden Deutschlands vergleicht, so er—
gibt sich auf den Kopf der Vevölkerung eine Belastung von nur
etwa 75 RMiuim Jahre, während man unter Berücdsichtigung der
höheren Kaufkraft der Reichsmark im Saargebiet den Betrag
der steuerlichen Belastung im Saargebiet getrost auf 100 RMier—
höhen kann, um mit einander vergleichbate Zahlen zu erhalten.
Ddamit ergibt sich, daß die steuerliche Belastung
im Saargebiet um ein volles Drittel höheräst
als im übrigen Deutschland; und das will ge⸗
wiß bei der gewaltigen Steuerlast im Rersche
jchön etwas heißen.
Damit sind aber die finanziellen Lasten, die das Saargebiet
u tragen hat, noch keineswegs erschöpft; im Gegenteil erhöhen
ich diese noch ganz gewaltige Oben ist bereits die Frage der
Inflationssteuer gestreift worden. Durch die Entwertung
der im Saargebiet umsdaufenden Zahlungsmittel, die seit der
kinführung des Franken, also in nicht ganz drei Jahren, auf
weniger als die Hälfte ihres damaligen Wertes gesunken sind
hat das Saargebiet einen Kapitalverkust erlitten,
der mit 80 Millionen Goldmarkeher zu niedrig
als zu hoch veranschlagt werden kann, qn Betrag.
der nichts anderes darstellt, als eine indirekle Steuerdeistung an
den französischen Staat. Die sich nicht einmal in Form von
billigen Kapiialien zu dem Diskontsatz der Bank von Frankreich
erkenntlich zeigt.
Dazu kommen aber noch weitere Verluste, wie sie sich aus der
Frankenentwertung ergeben; einmal sind es wiederum die Mün—⸗
delgelder, die nur in Frankenwährung angelegt werden dürfen,
also ganz besonders von der Geldentwertung betroffen werden,
und auf der anderen Seite die Versicherungen, die auf Grund
bertragswidriger Bestimmungen der Saarregierung nur auf
Franken basis abgeschlossen werden können. Aber auch sonst er⸗
wachsen aus der Kapitalanlage in Frankenwährung besonders
angfristiger Art —aber auch bei kurzfristigen Kapitalanlagen
in Form von Bankguthaben u. a. — ganz erhebliche Verluste,
die keineswegs restlos durch Anlage in wertbeständiger Form
ermieden werden können. Diese Verluste lassen sich allerdings
ehlepmotis kaum erfassen, daß es hier aber um Beträge
handelt die hoch in die Mittionen geben, er—
cheint ohne alle Frage
Wenn daher in der letzten Landesratssizung der Abge—
ardnete Becker ausführte, daß jeder Frankenrückgang
um nur 10 Prozent dem Saargebiet insgesamf
inen Kapifalverrtust von 60 Millionen Franken
augt, so dürfte diese Zahl keinesfalls zu hoch gegriffen sein.
PVenn man nun diese Uebetlegungen auf das Elalsjaähr 1926
iberträgt so ergibt sich soigenden nachdem in dem ersten Viertel⸗
jahr 1026 der Franken wiederum um mehr als 10 Prozent zurück—
eangen ist, und nachdem die frangzösfische Währungsfanerung
einiweils vertagt worden ist, wird man min Begtimmiheit da⸗
nit rechnen können, daß die Gesamtentwertung des Franken im
uienden Jahre nicht hinter 30 Prozent zurückbleiben wird. Das
edeutet für das Saargebiet dann einen Kapiralverfust