Full text: Der Saar-Freund (7.1926)

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Die Zustände im Sgargeblet ein internationaler Skandal. 
Eine lothrengische Stimme üher öle französische Kolonialpolitik im Saargebiet. 
Dr. K. W. An anderer Stelle ist schon auf die vertrags⸗ 
widrigen Reparationsgewinne hingewiesen worden, die Frank— 
reich seit Jahr und Tag dank des „weitherzigen Entgegen— 
lommens“ der Regierungskommission aus dem Saargebiet heraus— 
zieht. Bei Betrachtung dieser Zustände, die vom Völkerbund still⸗ 
chweigend geduldet werden, Kobwohl es um das seiner Für—⸗ 
orge anveriraute Mandatgebiet handelt), drängt sich unwillkür— 
lich der Vergleich mit den römischen Konsuln auf, die in die „Pro⸗ 
oinze hingausgingen, sich auf Kosten der ihrer Verwaltung unter⸗ 
stellten Gebiete vollsogen und dann „saniert“ heimkehrten. Der 
Unterschied gegen früher besteht heute darin, du nicht nur ein⸗ 
Jelne französische Konsuln an der Ausbeutung des Saargebiets 
hersönliches Interesse haben — die Vetternwirischaft dort steht in 
bollster Blüte; alle einträglichen Pöstchen sind mit Franzosen be— 
sekt —. sondern offenbar der französische Staut selbst. 
Die sagrlündische Steuer⸗,, Währungs- und Zollpolitik ist trotz 
heftigsten Protestes des Landesrats bis zum heutigen Tage aus— 
schließlich auf „französische Bedürfnisse“ eingestellt, y der 
Völkerbundsrat der Regierungskommission schon bei ihrem Amts⸗ 
antritt im Jahre 1920 die Weisung erteilte, daß sie sich von keiner 
anderen Sorge als der um die Wohlfahrt der Bevölkerung leiten 
lassen dürfe Der Völkerbundsratkämmertsich aber 
nicht um die Tätigkeit seiner fünf Regierungs— 
kommissare in Saargebiet. Das Ergebnis der „völker— 
hundlichen Wohlfahrtspolitik“ der Regierungskommission besteht 
daher darin, daß die Sgarbevölkerung mit Steuern und indirekten 
Abgaben stärker belastet ist als die Steuerzahler im übrigen 
Reich, obwohl dart Repatationen zu zahlen sind. In Lothringen, 
wo man unter der Ausbentungspolitik der „Befreier“ ebenfalls 
ehr leidet, hat man für die Klagen der Saarbevölterung Ver— 
ztündnis. Die in Metz erscheinende „Lothringer Volkszeitung“, 
das Organ der republikanischen Volktspartei, schrieb am 25. April: 
„Unserer Regierung sowie der Saarregierung dann es nicht warm 
genug ans Herz gelegt werden, mit dem im Saargebiet bisher ge⸗ 
handhabten System gründlich aufzuräumen, denn die Zustände da— 
sesbst sind auf dem besten Wege, zum internationalen 
Staundalauszuwachsen. Besonders nahe ist diese Gefahr 
Lm. 8 Deutschland einmal seinen Sißz im Völtkerbundsrat 
haben wird“ 
Die Gruben, die gmäß 8 13 des Saarstatuts im Verhältnis 
ihres Wertes zu dem gesamtsteuerpflichtigen Vermögen des Saar— 
gebiets zu dem örtlichen Haushalt des Saargebiels beizutragen 
berpflichtet sind, bezählen auf Grund eines im Landesrat mit 
Recht als betrügerisch bezeichneten Steuervertrages, den Frank— 
reich mit der Regierungskommission abzuschließen verstand, etwa 
nur die Hälfte ihrer regnlären Verpflichtungen. „Läßt es sich“, so 
fragt die Lothringer Volkszeitung“, „mit der französischen Ehre 
vereinbaren. — anzunehmen, für die ein Nachbarstaat 
bluten muß?“ (Der Steuerausfall muß natürlich von der Bevölke⸗ 
rung gededt werden.) 
Ebenso verhält es sich mit der Kohlensteuer. Ein großer Tetlt 
der Saarkohlen wandert auf den französischen Martt, so daß leii— 
weise der französische Verbraucher diese für den Etat des Saar— 
zebiets sehr wesentliche Steuer zu tragen hat. Frankreich dele— 
gierte daher, um die Kohlen noch billiger beziehen zu fönnen 
— nach Angaben der ‚Lothringer Volkszeitung“ —, einen Begamten 
in die Finanzabteilung der Regierungskommission, Herrn Labie, 
der die Kohlensteuer im französischen Interesse gründlich abbauite. 
Lieferte die Bergverwaltung früher B6 Millionen Franken an 
Aohlensteuer ab, so im Jahre 1924 nur noch 59 Millionen — trotz 
der Entwertung des Franken — und 1925 überhaupt nichts mehrl 
Der Millionenausfall wurde natürlich“, so sagt die „Lothringer 
Volkszeitung“, „auf die Schultern der saarländischen Bevölkerung 
abgewälzt.“ 
NMeben den abgebauten Kahlensteuern wußte sich Frankteitß — 
trotz Defizits (s1) der Sgarbahnen — in den Genuß einer Tarif⸗ 
dergünstigung für den Abtransport der Kohlen zu setzen. Das 
Sdargebiet — im Zeichen der Koble und diese belastet den 
Fßüterverkehr in erster Linie. Auch dieser, durch die vertrags— 
vidrige Begünstigung des französischen Fiskus entstehende Verlust 
mnußk von der Bevölkerung getragen werden. 
Die „Lothringer Volkszeitung“, deren Offenherzigkeit im 
Saargebiet aufs wärmste begrüßt wird,. befasst sich in ihrer Krititk 
der — auch mit den standalosen Zollverhältnissen 
ind gidbt seibst zu, daß die französischen Zollsiellen an der Sgar⸗ 
gebietsgrenze der Zollabfertigung mit Absicht die größten Hinder⸗ 
zisse in den Weg legen, um auf diese Weise eine Umleitung der 
für das Saargeblet bestimmten zollpflichtigen Waren über franzö⸗ 
ische Zollstationen zu erzwingen! Dieses Verfahren bezwedktt, die 
Zolleinnahmen, die laut Verfailler Vertrag dem Saargebiet, zu⸗ 
ehen cund einen sehr wesentlichen Teil seiner Einnahmen dat⸗ 
ellen) in französischen Vesißz zu bringen. „Diesen Ausfall an 
Zzollen traͤgte, so schreibt die „Lothringer Volkszeitung“, „wieder 
das Saargebiet, während Jenkreich das Geld, das dem 
A eimst. Man schätzt den 
brslichen A a Zöllen auf 60 Milsionen 
Franken“ 
Das Blatt schließt seine Ausführungen mit der Feststellung: 
Unsere Nachbarn, die Saarfänder, sind zum Bollwerk des deut— 
schen Gedankens geworden. In blindem Eifer schreiben wir dieses 
Faklum zu gerne quf das Konto der deutschen Propaganda. Ein 
Kuüfturotteignetfichnuneinmalnicht zur Aus 
beutung. Eis iß kein Kolonialvolk. Jeder Mißbrauch 
auf diesem Gebiete rächt sich.“ 
Es wäre nun wirklich an der Zeit, daß man in Genf, wo 
dauernd von der Verständigung und der Achtung vor internatio— 
salen Verträgen gefaselt wird, diesen schamlosen, nertrags— 
den Zustunden im Saargebiet ein Ende machte. Wie lange 
IX 
Das Ergebnis des franzößschen Schulunterrichts im Saargebiet. 
Als vor rund 6 Jahren unter dem Protektorat des pseudo⸗ 
dünischen Rennstallministers, Grafen Moltke, Dr. Rotton seine 
berüchtigten Eriasse zur Förderung des französischen Schulunter⸗ 
richts herausgab, und bekannt wurde, mit weich verbrecherischen 
Nitteln wirtschaftlichen Drucks, der Vestechung und Drohung die 
französischen Schulen ihre Räume mit saardeutschen Kindern zu 
füllen versuchten, da wuürde bereits von der saardeutschen Lehrer⸗ 
chaft, von den politischen Parteien und von der deutschen Presse 
des Saargebiets darauf hingewiesen, daß die von der französi⸗ 
schen Propaganda eingefängenen deutschen Kinder einer trost⸗ 
losen Zukunst entgegengehen müßten, weil ihre Ausbildung in 
den ee Schulen mehr als mangelhaft sein würde. Man 
legte damals den Ellern auseinander, wie völlig unzureichend 
der Schulunterricht in den französischen Schulen sein müßte, da 
die Lehrer entweder sich deutsch kaum verständigen können, oder 
ihte Befähigung zur Unterrichtserteilung so, lückenhaft ist, oder 
zum dritten die bedauernswerien Kinder nicht in der Lage sein 
würden, dem Unterricht zu folgen, da sie sich mit ihren Lehrern 
nicht verständlich machen könnten. Heute liegt das Ergebnis eines 
mehrjährigen franzöfischen Schulunterrichts vor und es bestätigi 
leider noch in weit höherem Mahe die Prophezeiungen der da⸗ 
maligen Abwehrjahre. Nachdem der Völkerbundsrat im Jahre 
924 wenigstens moralisch der framzösischen Schulpoli— 
tak der Raufi-Miolike-⸗Kotton das Urtfeil gesprochen hat. und 
einer weiteren standalsösen Zutreiberpolitik für die französischen 
Saarschulen ein Ende bereitet haite, ging es mit diesen Schulen 
schnell bergab. Der Zugang ist gleich Rull. Rux ganz vereinzelt 
gibt es noch verbohrte, betörte oder verärgerde Eltern, die ihr 
Tind von der deutschen Schule abmelden, weil sie ihren verzogenen 
Bürschchen oder verhätschelten Mädchen die strenge Zucht der 
deutschenSchule ersparen wollen. Vielleicht werden diese Eltern der⸗ 
einst die Vorwürfe ihrer so mißhandelten Kinder ersahren, wenn 
fie feststellen müssen, welch Verbrechen sie an ihnen begangen, als sie 
sie der deutschen Schule und damit der deutschen Kulturgüter in 
furzsichtiger Weise entzogen. Von der Verheißung des Grafen 
Moltke und des Dr. Noktton, „daß die französischen Schulen in 
ihren Leistungen auf gleicher Stufe mit den deutschen Volks⸗ 
ichulen stünden“, daß sie zudem „den Vorzug der Zweisprachig⸗ 
keit haben“, ist nichts übrig geblieben als das Trümmerfeld 
franzäfischer Schulpropaganda und ihre bedauernswerten Kinder⸗ 
opfer. Die Kinder, die die französische Schule besucht haben, be herr⸗ 
schen weder die deutsche noch die französische Sprache, sie können 
nicht richtig deutsch sprechen, noch weniger deulsch schreiben, am 
ierwenighen aber vermoögen sie sich französisch zu verstündigen. 
* sHierüber teilte die „Saarbrücker Landeneeitung“ dolgendes 
mit? 
Vor kurzem fiel uns das Aufsatzheft eines 18 bis 
14 iährigen Anaben, der die framzösische Schnle besucht und vot 
der Entlassung steht, in die Hönde. Die Fehler sind grauenhajt 
und derart, dae bei einem Kinde von 20 Jahren in der dent⸗ 
e Schule nicht vorkommen dürften. Der arme Junge, dem 
tch die Verblendung seiner kurzsichtigen Ellern statt einer gulen 
Vildung in vder deutschen Volkeschule die minderwertige Zwei
	        
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