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Die Zustände im Sgargeblet ein internationaler Skandal.
Eine lothrengische Stimme üher öle französische Kolonialpolitik im Saargebiet.
Dr. K. W. An anderer Stelle ist schon auf die vertrags⸗
widrigen Reparationsgewinne hingewiesen worden, die Frank—
reich seit Jahr und Tag dank des „weitherzigen Entgegen—
lommens“ der Regierungskommission aus dem Saargebiet heraus—
zieht. Bei Betrachtung dieser Zustände, die vom Völkerbund still⸗
chweigend geduldet werden, Kobwohl es um das seiner Für—⸗
orge anveriraute Mandatgebiet handelt), drängt sich unwillkür—
lich der Vergleich mit den römischen Konsuln auf, die in die „Pro⸗
oinze hingausgingen, sich auf Kosten der ihrer Verwaltung unter⸗
stellten Gebiete vollsogen und dann „saniert“ heimkehrten. Der
Unterschied gegen früher besteht heute darin, du nicht nur ein⸗
Jelne französische Konsuln an der Ausbeutung des Saargebiets
hersönliches Interesse haben — die Vetternwirischaft dort steht in
bollster Blüte; alle einträglichen Pöstchen sind mit Franzosen be—
sekt —. sondern offenbar der französische Staut selbst.
Die sagrlündische Steuer⸗,, Währungs- und Zollpolitik ist trotz
heftigsten Protestes des Landesrats bis zum heutigen Tage aus—
schließlich auf „französische Bedürfnisse“ eingestellt, y der
Völkerbundsrat der Regierungskommission schon bei ihrem Amts⸗
antritt im Jahre 1920 die Weisung erteilte, daß sie sich von keiner
anderen Sorge als der um die Wohlfahrt der Bevölkerung leiten
lassen dürfe Der Völkerbundsratkämmertsich aber
nicht um die Tätigkeit seiner fünf Regierungs—
kommissare in Saargebiet. Das Ergebnis der „völker—
hundlichen Wohlfahrtspolitik“ der Regierungskommission besteht
daher darin, daß die Sgarbevölkerung mit Steuern und indirekten
Abgaben stärker belastet ist als die Steuerzahler im übrigen
Reich, obwohl dart Repatationen zu zahlen sind. In Lothringen,
wo man unter der Ausbentungspolitik der „Befreier“ ebenfalls
ehr leidet, hat man für die Klagen der Saarbevölterung Ver—
ztündnis. Die in Metz erscheinende „Lothringer Volkszeitung“,
das Organ der republikanischen Volktspartei, schrieb am 25. April:
„Unserer Regierung sowie der Saarregierung dann es nicht warm
genug ans Herz gelegt werden, mit dem im Saargebiet bisher ge⸗
handhabten System gründlich aufzuräumen, denn die Zustände da—
sesbst sind auf dem besten Wege, zum internationalen
Staundalauszuwachsen. Besonders nahe ist diese Gefahr
Lm. 8 Deutschland einmal seinen Sißz im Völtkerbundsrat
haben wird“
Die Gruben, die gmäß 8 13 des Saarstatuts im Verhältnis
ihres Wertes zu dem gesamtsteuerpflichtigen Vermögen des Saar—
gebiets zu dem örtlichen Haushalt des Saargebiels beizutragen
berpflichtet sind, bezählen auf Grund eines im Landesrat mit
Recht als betrügerisch bezeichneten Steuervertrages, den Frank—
reich mit der Regierungskommission abzuschließen verstand, etwa
nur die Hälfte ihrer regnlären Verpflichtungen. „Läßt es sich“, so
fragt die Lothringer Volkszeitung“, „mit der französischen Ehre
vereinbaren. — anzunehmen, für die ein Nachbarstaat
bluten muß?“ (Der Steuerausfall muß natürlich von der Bevölke⸗
rung gededt werden.)
Ebenso verhält es sich mit der Kohlensteuer. Ein großer Tetlt
der Saarkohlen wandert auf den französischen Martt, so daß leii—
weise der französische Verbraucher diese für den Etat des Saar—
zebiets sehr wesentliche Steuer zu tragen hat. Frankreich dele—
gierte daher, um die Kohlen noch billiger beziehen zu fönnen
— nach Angaben der ‚Lothringer Volkszeitung“ —, einen Begamten
in die Finanzabteilung der Regierungskommission, Herrn Labie,
der die Kohlensteuer im französischen Interesse gründlich abbauite.
Lieferte die Bergverwaltung früher B6 Millionen Franken an
Aohlensteuer ab, so im Jahre 1924 nur noch 59 Millionen — trotz
der Entwertung des Franken — und 1925 überhaupt nichts mehrl
Der Millionenausfall wurde natürlich“, so sagt die „Lothringer
Volkszeitung“, „auf die Schultern der saarländischen Bevölkerung
abgewälzt.“
NMeben den abgebauten Kahlensteuern wußte sich Frankteitß —
trotz Defizits (s1) der Sgarbahnen — in den Genuß einer Tarif⸗
dergünstigung für den Abtransport der Kohlen zu setzen. Das
Sdargebiet — im Zeichen der Koble und diese belastet den
Fßüterverkehr in erster Linie. Auch dieser, durch die vertrags—
vidrige Begünstigung des französischen Fiskus entstehende Verlust
mnußk von der Bevölkerung getragen werden.
Die „Lothringer Volkszeitung“, deren Offenherzigkeit im
Saargebiet aufs wärmste begrüßt wird,. befasst sich in ihrer Krititk
der — auch mit den standalosen Zollverhältnissen
ind gidbt seibst zu, daß die französischen Zollsiellen an der Sgar⸗
gebietsgrenze der Zollabfertigung mit Absicht die größten Hinder⸗
zisse in den Weg legen, um auf diese Weise eine Umleitung der
für das Saargeblet bestimmten zollpflichtigen Waren über franzö⸗
ische Zollstationen zu erzwingen! Dieses Verfahren bezwedktt, die
Zolleinnahmen, die laut Verfailler Vertrag dem Saargebiet, zu⸗
ehen cund einen sehr wesentlichen Teil seiner Einnahmen dat⸗
ellen) in französischen Vesißz zu bringen. „Diesen Ausfall an
Zzollen traͤgte, so schreibt die „Lothringer Volkszeitung“, „wieder
das Saargebiet, während Jenkreich das Geld, das dem
A eimst. Man schätzt den
brslichen A a Zöllen auf 60 Milsionen
Franken“
Das Blatt schließt seine Ausführungen mit der Feststellung:
Unsere Nachbarn, die Saarfänder, sind zum Bollwerk des deut—
schen Gedankens geworden. In blindem Eifer schreiben wir dieses
Faklum zu gerne quf das Konto der deutschen Propaganda. Ein
Kuüfturotteignetfichnuneinmalnicht zur Aus
beutung. Eis iß kein Kolonialvolk. Jeder Mißbrauch
auf diesem Gebiete rächt sich.“
Es wäre nun wirklich an der Zeit, daß man in Genf, wo
dauernd von der Verständigung und der Achtung vor internatio—
salen Verträgen gefaselt wird, diesen schamlosen, nertrags—
den Zustunden im Saargebiet ein Ende machte. Wie lange
IX
Das Ergebnis des franzößschen Schulunterrichts im Saargebiet.
Als vor rund 6 Jahren unter dem Protektorat des pseudo⸗
dünischen Rennstallministers, Grafen Moltke, Dr. Rotton seine
berüchtigten Eriasse zur Förderung des französischen Schulunter⸗
richts herausgab, und bekannt wurde, mit weich verbrecherischen
Nitteln wirtschaftlichen Drucks, der Vestechung und Drohung die
französischen Schulen ihre Räume mit saardeutschen Kindern zu
füllen versuchten, da wuürde bereits von der saardeutschen Lehrer⸗
chaft, von den politischen Parteien und von der deutschen Presse
des Saargebiets darauf hingewiesen, daß die von der französi⸗
schen Propaganda eingefängenen deutschen Kinder einer trost⸗
losen Zukunst entgegengehen müßten, weil ihre Ausbildung in
den ee Schulen mehr als mangelhaft sein würde. Man
legte damals den Ellern auseinander, wie völlig unzureichend
der Schulunterricht in den französischen Schulen sein müßte, da
die Lehrer entweder sich deutsch kaum verständigen können, oder
ihte Befähigung zur Unterrichtserteilung so, lückenhaft ist, oder
zum dritten die bedauernswerien Kinder nicht in der Lage sein
würden, dem Unterricht zu folgen, da sie sich mit ihren Lehrern
nicht verständlich machen könnten. Heute liegt das Ergebnis eines
mehrjährigen franzöfischen Schulunterrichts vor und es bestätigi
leider noch in weit höherem Mahe die Prophezeiungen der da⸗
maligen Abwehrjahre. Nachdem der Völkerbundsrat im Jahre
924 wenigstens moralisch der framzösischen Schulpoli—
tak der Raufi-Miolike-⸗Kotton das Urtfeil gesprochen hat. und
einer weiteren standalsösen Zutreiberpolitik für die französischen
Saarschulen ein Ende bereitet haite, ging es mit diesen Schulen
schnell bergab. Der Zugang ist gleich Rull. Rux ganz vereinzelt
gibt es noch verbohrte, betörte oder verärgerde Eltern, die ihr
Tind von der deutschen Schule abmelden, weil sie ihren verzogenen
Bürschchen oder verhätschelten Mädchen die strenge Zucht der
deutschenSchule ersparen wollen. Vielleicht werden diese Eltern der⸗
einst die Vorwürfe ihrer so mißhandelten Kinder ersahren, wenn
fie feststellen müssen, welch Verbrechen sie an ihnen begangen, als sie
sie der deutschen Schule und damit der deutschen Kulturgüter in
furzsichtiger Weise entzogen. Von der Verheißung des Grafen
Moltke und des Dr. Noktton, „daß die französischen Schulen in
ihren Leistungen auf gleicher Stufe mit den deutschen Volks⸗
ichulen stünden“, daß sie zudem „den Vorzug der Zweisprachig⸗
keit haben“, ist nichts übrig geblieben als das Trümmerfeld
franzäfischer Schulpropaganda und ihre bedauernswerten Kinder⸗
opfer. Die Kinder, die die französische Schule besucht haben, be herr⸗
schen weder die deutsche noch die französische Sprache, sie können
nicht richtig deutsch sprechen, noch weniger deulsch schreiben, am
ierwenighen aber vermoögen sie sich französisch zu verstündigen.
* sHierüber teilte die „Saarbrücker Landeneeitung“ dolgendes
mit?
Vor kurzem fiel uns das Aufsatzheft eines 18 bis
14 iährigen Anaben, der die framzösische Schnle besucht und vot
der Entlassung steht, in die Hönde. Die Fehler sind grauenhajt
und derart, dae bei einem Kinde von 20 Jahren in der dent⸗
e Schule nicht vorkommen dürften. Der arme Junge, dem
tch die Verblendung seiner kurzsichtigen Ellern statt einer gulen
Vildung in vder deutschen Volkeschule die minderwertige Zwei