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Kölner Männergesangverein zugesprochen. Die
Kaiserin hängte die Kette dem Präsidenten des Vereins
um den Hals und schüttelte ihm die Hand, ebenso der Kaiser.
Das Publikum brach in Hochrufe aus. Die übrigen sieben in
die engere Konkurrenz gekommenen Vereine erhielten die weiter
zur Verfügung stehenden Preise des Prinzen Leopold und ver—
schiedener Vereinigungen. Der Festakt klang in begeisterten
Huldigungen für das Kaiserpaar aus. Nach der Feier fuhr
das Kaiserpaar ins Schloß.
Berliu, 29. Mai 1898.
*Der Kaiser wird am 1. Juni dem Stapellaufe
des Panzerschiffes „Ersatz König Wilhelm“ in Kiel persönlich
beiwohmen und während seines Aufenthaltes dort auf der
kaiserlichen Yacht „Hohenzollern“ Wohnung nehmen. Nach Be—
endigung des Stapellaufes wird sich der Monarch mit der
„Hohenzollern“ nach Danzig begeben, um von dort aus nach
Einnahme des Frühstücks im Offizierkasino des 1. Leib—
Husaren-Regiments seiner neuen Besitzung Cadinen im
ElbingerLandkreise den ersten Besuch abzustatten. Von Cadinen
aus begiebt sich der Kaiser voraussichtlich nach Prökelwitz zur
Teilnahme an den Jagden beim Grafen zu Dohna-Schlobitten.
* Auf die dem Kaiser telegraphisch übermittelte An—
zeige von der erfolgten Konstituierung der Schiffbau—
technischen Gesellschaft hat Se. Majestät seiner
Genugthuung über diesen neuen Initiativschritt auf dem Ge—
biete der deutschen Marinebestrebungen in nachstehendem, an
den geschäftsführenden Vorsitzenden, Geh. Regierungsrat
Busley in Berlin, gerichteten Telegramm Ausdruck verliehen:
„Es hat Mich mit lebhafter Freude erfüllt, daß die Schiffbau—
technische Gesellschaft nunmehr begründet worden ist. Sie wird
berufen sein, nach dem Vorbilde der Institution of Naval
Architects, deren Ehrenmitglied Ich seit einer Reihe von Jahren
zu sein mich erfreue, die große Industrie fördern zu helfen,
welche auf das Gedeihen und die Entwickelung der Nation einen
so weitreichenden Einfluß ausübt. Wünsche der Gesellschaft
eine gute Förderung auf dem Gebiete; sie wird sich Meines
warmen Interesses dann immer versichert halten können.
Wilhelm J. R.“
* Der Droschkenkutscher, dem der Kaiser bei
einem Unfall persönlich Hülfe leistete, hat in einem Schreiben
an den Kaiser seinen Dank sowohl für die bei dem Un—
glücksfall ihm zu Teil gewordene allerhöchste Hülfe wie auch
für die Entsendung eines noch am selben Tage bei ihm er—
schienenen Arztes ausgesprochen.
*Prinzessin Heinrich von Preußen ist am
Freitag Nachmittag von ihrer ostastatischen Reise bei ihren
beiden Söhnen in Münster a. St. eingetroffen.
* Die Frühjahrsparade wird am 31. Mai auf
dem Tempelhoferfelde abgehalten, da sich der Kaiser am 1. Juni
zum Stapellauf des „Ersatz König Wilhelm“ nach Kiel be—
giebt. An der Parade nimmt nur die Garnison von Berlin
Groß-Lichterfelde und Spandau teil, soweit es sich in letzterem
Standort um Truppen des Gardekorps handelt; fürdie Garni—
son Potsdam findet eine besondere Frühjahrsparade statt.
Diese rückt nur zur Herbstparade mit nach Berlin, welche über
das gesamte Gardekorps abgehalten wird.
*DiepreußischenPrinzen müssen sich bekanntlich
vwvährend ihrer Jugend sämtlich der Erlernung eines Hand—
werks widmen. Der Kronprünz hat sich, wie gemeldel
wird, für die Drech slerei entschieden und will bei einem
Drechslermeister einen Kursus durchmachen. Der Unierricht
hat bereits begonnen, sodaß die Erstlingsarbeiten den kaiser—
lichen Eltern schon zu den Pfinastferien mitgenommen werden
konnten.
*Bismarckehrung. Auf der Rudelsburg bei
Kösen haben die deusschen Korpsstudenten
Pfingsten eine Bismarck-Gedenkfeiser veranstallet
Die aktiven deutschen Korps und ihre Alten Herren-Verbände
waren von sämbtlichen deutschen Universitäten zusammen-
geströmt, um das Gedächtnis des Größten der ihrigen zu feiern,
Zunächst fand eine kurze Feier an dem Denkmal statt, das die
deutschen Korpsstudenten im Jahre 1890 dem Gedächtnis
Kaiser Wilhelms des Großen errichtet haben. Dann ging es
zum Denkmal des Jungburschen Otto v. Bismarck. An diesem
Orte fand die Hauptfeier statt, prunklos und würdig, der Be
deutung des Tages entsprechend. Die Festrede hielt Amts
richter Bindseil aqus Halle, alter Herr der dortigen Borussia
Er schloß mit folgenden tiefempfundenen Worten: „Ich ent
blöße mein Haupt: Bismarck, ich grüße dich, den gewal,
tigen Helden und Schöpfer des Reiches, den
deutschen Mann, dem wir ewige Treue und
Dankbarkeit geloben; Bismarck, ich grüße dich, als den
Herrlichsten aus den deutschen Korps, der uns
allezeit als glänzendes Beispiel voranleuchten soll!“
Den Schluß fand die herrliche Feier an dem Denkmal der
1870 und 1871 gefallenen Korpsstudenten.
* Nachdem unlängst die im März d. J. vorgekommenen
Eisenbahnunfälle nach der im Reichseisenbahnamte
geführten Kontrole veröffentlicht worden sind, läßt sich ein
Ueberblick über die Betriebsunfälle des mit diesem Monar
endigenden Etatsjahres gewinnen. Vorgekommen sind auf den
vollspurigen Eisenbahnen Deutschlands (ausschließlich der
bayerischen) im Ganzen 8352 Entgleisungen und 217 Zu—
sammenstöße gegenüber 350 Entgleisungen u. 268 Zusammen-
stößen im Vorjahre. Bei der Vergleichung verschiedener Jahre
ist indes die Verkehrsleistung zu berücksichtigen. Da im Jahre
1898 377 Millionen Zugkilometer gefahren worden sind gegen
350 Millionen im Vorjahre, so entfallen auf die Einheit von
10 Millionen Zugkilometer in 1898 9,84 Entgleisungen und
5,76 Zusammenstöße, im Vorjahre 10,00 Entgleisungen und
7,40 Zusammenstöße. Zurückgegangen ist also namentlich die
Zahl der Zusammenstöße. Ueberhaupt aber giebt sich eine er—
freuliche Abnahme der Zugunfälle und damit eine Zunahme
der Betriebssicherheit auf den deutschen Eisenbahnen kund,
denn im Jahre 1880, aus dem die erste Eisenbahnunfallstatistij
stammt, entfielen 47 Zugunfälle auf 10 Millionen Zug—
tilometer, zehn Jahre später noch 27, während sich die Zah'
heute auf 15, also im Laufe von 20 Jahren auf weniger al⸗
den dritten Teil verringert hat.
*Auf der Pariser Weltausstellung 1900
wird die deutsche Maschinen-Industrie in
geradezu imposanter Weise vertreien sein. Dieselbe wird in
der Haupt-Ausstellung einen Flächenraum von 1 Hektar
0 000 Quadratmeter) bedecken. Hierzu kommt noch eine
Spezial Ausstellung deutscher Maschinen in Vincennes und
wiederum eine besondere Ausstellung für Eisenbahnen. Gleick
—V gewerb—
liche Industrie vertreten fein, ebenso dürften duch die
Hauptdistrikte der deutschen Textil-Industrie auf der Aus
stellung eine würdige Vertretung finden. Ein öffentliches Ge
heimnis ist es, das fast alle Industriestacten bei dieser Aus
stellung von dem Gedanken geleitet werden, mit dem
deutschen Wettbewerb, ber in dem letzten Jahrzehn!
den größten Fortschritt gemacht hat, zu konkurrieren refpe ihr
zu übertreffen.
* Wilhelmshaven, 26. Mai. Bei strömendem Regen
und heftiger Brise ist gestern Nachmittag der Lho 9d
d ampfer „Darmstadi“, Kapitän Weher, mit der ab—
gelösten Besatzung der Garnisson Tsintau
wohlbehalten hier eingetroffen. Infolge des stürmischer
Wetters hatte sich der letzte Teil der überaus schnell verlaufenen
Reise ein wenig verzögert. Eine nach Hunderten zählende
Menschenmenge harrte trotz des unaufhörlich niedergehender
Regens am Hafen geduldig der Ankunft des schon von weiten
durch seinen langen Heimatwimpel kenntlichen Dampfers
velcher beim Passieren der Moole vom Musikkorps des 2 Se—