Full text: Der Bergmannsfreund (29.1899)

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zlärre ihr den Kopf zu verdrehen, oder es nimmt ein böses Ende 
zwischen uns!“ 
„Ah, Du bist es Lorenz!“ entgegnete Wilibald, nachdem 
er sich von dem ersten Schrecken einigermaßen erholt hatte und 
den ihm wohlbekannten Bauernburschen erkannte. „Wie kannst 
Du solche Sprache führen, Balbina ist mir doch allen Rechtes 
dersprochen und ihr Vater hat seine Einwilligung gegeben.“ 
„Versprochen mit Dir ist sie — nein abspenstig gemacht 
hast Du sie mir und sie war schwach genug sich von Dir betören 
zu lassen!“ 
Wilibald hatte nicht die Absicht, sich in Streit mit dem 
in heftigen Zorn befindlichen wilden Lorenz einzulassen, Zeit 
und Ort dünkten ihm dazu nicht geeignet. „Wir treffen uns 
ein anderes Mal, Lorenz,“ sagte er besänftigend und wollte 
schleunigst seinen Weg fortsetzen, aber da hatte er sich in dem 
aufgeregten Burschen verrechnet, in dem alle wilden Leiden— 
schaften durch die Eifersucht entfesselt waren und mit unheim— 
licher Gewalt sein hitziges Gemüt auf dem Siedepunkt brachten, 
sodaß er seiner Sinne nicht mehr ganz mächtig war. 
„Nein, jetzt sollst Du mir Rede und Antwort stehen!“ 
zischte Lorenz und trat ganz dicht an Wilibald heran, wodurch 
der Gegensaß in der Gestalt dieser beiden Männer sich deut— 
ich zeigte. 
„Du bist aufgeregt Lorenz, laß uns nach Hause gehen, 
Balbina mag entscheiden,“ machte Wilibald abermals den Ver— 
such, sich aus der gefährlichen Lage, in welcher er sich befand, 
zu ziehen, denn es wurde ihm immer unbehaglicher zu Mute; 
lrotz der Dunkelheit vermochte er die unheimlich funkelnden 
Augen des wilden Lorenz zu erkennen, die dieser fest auf ihn 
gerichtet hielt. 
Dieses nächtliche Zusammentreffen der beiden Neben— 
buhler nahm plötzlich eine Wendung, welche Lorenz sicher nicht 
dermutet hatte. Wilibald, der wohl einer plötzlichen Eingebung 
folgen mochte und den ein Gefühl der Furcht beschlich, wandte 
plößlich dem wütenden Burschen den Rücken und eilte, so schnell 
ihn seine Beine zu tragen vermochten, davon. Nur einen 
Augenblick blieb der wilde Lorenz unschlüssig stehen, dann nahm 
er die Verfolgung des Flüchtigen auf. 
Eine tolle Jagd entspann sich zwischen den Beiden auf der 
menschenleeren Dorfstraße, die zudem gerade an dieser Stelle 
ziemlich weitab von den einzelnen Anwesen dahinzog. Wili— 
bald, der sehr wohl wußte, daß sein Heil in der Schnelligkeit 
seiner Beine lag, wollte er nicht in die Hände seines Verfolgers 
fallen, über dessen Absicht er sich zwar noch im Unklaren befand, 
raste mit dem ganzen Aufgebot seiner Kräfte dahin. Schon 
erkannte er in einiger Entfernung auf der Anhöhe den Einöd— 
hof, hatte er denselben erreicht, so war er geborgen. 
Eben will er zum letzten Ansturm ansetzen, doch bevor er 
dies thut, wendet er sich erst noch einmal um, gewissermaßen 
im den Abstand zu messen, der ihn noch von seinem Verfolger 
trennt, doch da ist auch der Lorenz schon ganz dicht heran— 
gekommen. Blitzschnell springt der Letztere auf Wilibald zu 
— einige derbe Flüche und die Beiden sind im wütendsten 
Handgemenge mit einander. Trotz seiner schwächlichen Gestalt 
ist doch Wilibald gewandt und flink und ringt mit dem Mute 
der Verzweiflung, aber gegenüber der rohen Kraft kann er 
nicht aufkommen — jetzt holt Lorenz zu einem furchtbaren 
Schlag aus — an seiner Hand blitzt im Sternenlicht ein 
schwerer Schlagring — ein furchtbarer, markerschütternder 
Zuree tönt durch die Nacht, dann sinkt Wilibald lautlos zu 
Boden. 
Eine unheimliche Pause trat ein — Wilibald gab keinen 
Laut mehr von sich. Jetzt kam auch die Besinnung wieder über 
Lorenz; erschrocken beugte er sich über den am Boden liegenden 
jungen Mann nieder und suchte ihn wieder aufzurichten, aber 
es wollte ihm dies nicht gelingen, denn die Glieder desselben 
waren schon starr und steif. Kopf, Gesicht und Hände fühlten 
sich feucht und klebrig an und als Lorenz seine Hände dicht 
F die Augen hielt, da sah er, wie sie rot gefärbt waren von 
Blut. 
Die ganze Schwere seiner That wurde ihm jetzt klar und 
diese Erkenntnis bewirkte eine niederschmetternde Ernüchterung 
von dem Zornesrausch, der ihn befallen hatte. 
„Mörder! Mörder!“ Dieses Wort tönte ihm schrecklich 
in den Ohren, es war ihm, als würde ihm dasselbe von einer 
unsichtbaren Person zugerufen und doppelt und dreifach ver— 
wünschte er seinen Jähzorn, der ihn zu einer solchen That hin— 
gerissen hatte, denn mit dem Brandmal eines Mörders für 
ewige Zeiten gezeichnet, war er ausgeschlossen aus der Gemein— 
schaft seiner christlichen Mitmenschen, war er dazu verdammt 
in Schimpf und Schande sein Dasein zu verbringen. 
Was sollte er beginnen? Sollte er hier bleiben an der 
Stätte seiner Unthat und warten, bis man ihn ergriff und ihn 
als auf frischer That ergriffen hinwegführte ins Gefängnis. — 
(Forts. folgt.) 
Hausmittel und Gemeinnühiges. 
* Zähes Fleisch kocht man schnell weich, wenn man nach 
dem Abschäumen auf ca. 8 Pfund Fleisch einen Eßlöffel Sprit 
zusetzt. Das härteste Fleisch wird hierdurch erweicht, ohne im 
Geringsten nach Spiritus zu schmecken. 
* Ein bequemes und zugleich billiges Kissen läßt sich 
aus Papier herstellen. Man schneidet altes Papier, z. B. 
Seidenpapier, braunes Papier, alte Briefe, jedoch keinZeitungs— 
papier, damit das Kissen den Geruch der Druckerschwärze nicht 
annimmt, und füllt diese Papierschnitzel dann in eine Hülle 
von starkem Kattun. Dieses Papierkissen ist weich, frisch und 
sehr einfach herzustellen. 
* Transparentes Papier kann man selbst herstellen, in— 
dem man ein Stück gewöhnliches Papier auf der Rückseite leicht 
mit Benzin anfeuchtet und trocknen läßt. Dieses Verfahren 
muß öfters wiederholt werden, damit das Papier vollständig 
vom Benzin durchdrungen ist und beim Trocknen nicht wieden 
undurchsichtia wird. 
Barute Zeitung. 
* Woher stammt der Osterhase? Wenn im Frühlinge 
die lauen Südwinde wehen und dem Regiment des Winters ein 
jähes Ende bereiten, dann durchzieht ein geheimnisvoller Zauber die 
Natur, der durch verschiedene uralte symbolische, meistens noch aus 
der Heidenzeit unserer Vorfahren stammende Gebräuche zum Aus— 
drucke kommt. Daß schon um das Jahr 1200 die Kinder mit bunt— 
bemalten Eiern beschenkt wurden, geht aus Freidanks „Bescheiden— 
heit“ zur Genüge hervor. Die bunt bemalten Eier sollen ohne 
Zweifel an die lebhaften Farben der aus dem Winterschlafe er— 
wachenden, sich neu verjüngenden Natur erinnern, die nun ihr weißes 
Totengewand ablegt und dafür ein mit Blumen durchwirktes Fest— 
Jewand angelegt hat. Das Suchen nach den verborgenen Eiern 
soll das Suchen der drei Frauen nach dem auferstandenen Heiland 
hedeuten. Auch die im Verborgenen blühenden ersten Kinder Floras 
müssen mit Eier gesucht werden. In manchen Gegenden Deutsch-— 
lands finden auch Kampfspiele um die Eier statt, durch die der 
Kampf zwischen Frühling und Winter veranschaulicht werden soll 
Da das Ei schon in frühester Zeit als Sinnbild des erwachender 
Lebens betrachtet wurde, so ist es sehr erklärlich, warum es zur 
Osterzeit als Sinnbild der neuerwachten Natur gilt. Der Osterhast 
aber, der die bunten Eier legt, bezieht sich sinnbildlich auf die Frucht 
barkeit der Frühlingsgöttin „Ostara“. 
* Wie die Fische schlafen, darüber belehrt uns Dr. 
Theodor Beer in der „Allgemeinen Fischerei⸗Zeitung“ au 
Grund seiner in der Zoologischen Station zu Neapel gesam— 
melten Erfahrungen. Zunaächst ist die Behauptung, daß die 
Fifche schlafen, überhaupi nicht unbestritten. Die Gegner diesen
	        
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