Full text: Der Bergmannsfreund (29.1899)

„Im Hause, Königliche Hoheit!“ 
Der Prinz verschwand, der Leibjäger aber meinte ver— 
raulich gegen Sepp: 
„Neulich beneidetet Ihr mich, Herr Ropp, heute beneide ich 
Euch, solch' Glück kommt nicht an Unsereinen!“ 
Seine weiteren Ergießungen wurden abgeschnitten durch 
das Erscheinen der bekannten Figur des Hochzeiters im Frack 
und hohen Hut, überall behangen und geschmückt mit langen 
bunten Seidenbändern. Er kam mit dem Prinzen aus dem 
Hause und setzte sich direkt nach dem Rosenhof in Bewegung. 
„Halte Dich bereit Sepp,“ bemerkte der Prinz, „wir 
müssen sogleich in den Rosenhof!“ 
Vorerst traten sie in das Haus, das hübsch restaurirt war; 
dort nahm Sepp die Glückwünsche des Pfarrers, des Notars 
und des Intendanten, die hier versammelt waren, entgegen. Ihm 
war dabei zu Sinne, als sei das alles nur ein Traum; er sah 
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sein Mütterchen brachte. Sepp flog ihr durch die Reihen des 
VSesindes entgegen und erzählie der alten Frau in fliegender 
Hast all sein Glück. Der Pfarrer aber meinte: 
„Wer seine Eltern so ehrt. dem muß es hier auf Erden schon 
wohlergehen!“ 
Inzwischen stärkte sich die ganze Gesellschaft durch ein Glas 
Wein, das man auf das Wohl des neuen Gutsherrn trank. Dem 
Besinde aber war versorglich schon Bier in reicher Fülle zur 
Verfügung aestellt. 
Martin Strasser war heute schon früh auf. Mißmutig 
sagte er Elisabeth guten Morgen, ebenso fragte er nach Toni, 
dann ging er hinaus, die Arbeiter zu konrolliren, denn die Auf— 
äumungsarbeiten waren längst im Gange. Es war etwa9 
Uhr. Ehe sich der Alte zum Frühstück niedersehte, kam Koni 
nit einem Strauß Alpenblumen: 
„Grüß Gott, Vater; ich gratulire auch schön zu Deinem 
50. Geburtstage. Möge die zweite Hälfte Deines Lebens vwoch 
gesegneter und freudenreicher sein als die erste!“ 
„Hab Dank, mein Mädel,“ entgegnete der Bauer weich, 
„ich hatt ganz vergessen, daß heut der Tag ist! — Deukst auch 
noch an den Sepp?“ 
„Ja, Vater; denken thu ich schon an ihn, aber zum Mann 
nehme ich doch nur den, den Du mir mit Deinem Segen giebst!“ 
„So ist es recht, Loni,“ meinte der Bauer gerührt und er— 
veitert, „so ists recht! Gott lohne Dir's!“ 
Nun das Eis gebrochen war, konnten auch Frau Slisabeth 
ind Toni ihren Glückwunsch anbringen. Alle setzten sich nieder 
zum Frühstück. Loni stimmte den Vater äußerst heiter durch 
ihren Vericht; Vroni, keilte sie mit, seiĩ nun vpollständig wohlauf, 
daß sie, Loni, jetzt der Hauswirtschaft wieder vorstehen könne; 
das Vieh sei gesund; die Nahrung reichlich vorhanden. So 
vpurde auch der Rosenbauer mitteilsam. Er sprach über den 
Bau und entwickelte seiner Frau den Plan, nach welchem das 
neue Haus genau auf der Stelle und dem Fundamente des alten 
errichtet werden sollte. Als Frau Glisabeth jetzt einen Blick 
durch das Fenster warf, verfärbte sie sich; sah sie doch die wohl— 
ekannte Gestalt des Hochzeilers sich dem Rotbaum nahern. Leise 
stiek sie den Bauern an, dann fragte sie schüchtern 
„Was mag der wollen?“ 
„Einen Antrag stellen,“ antwortete Vater Martin kalt— 
lütig. „Was sonst? — Kommt aber sebr zur perfehrten Zeit— 
der Mann!“ 
Inzwischen trat der Bote ein. Martin Strasser hieß ihn 
niedersizen und nötigte ihn zum Zulangen, was Jener sich denn 
ruch nicht zweimal sagen ließ. Als das Frühstück beendigt, rief 
nach der Sitte des Orts der Hausherx sain Geßnde zusammen 
zu welchem sich auch die Arbeiter drängten; der Hochzeiter räus 
perte sich und begann seinen Spruch: 
„Meine Damen und meine Herr'n, 
Was ich wünsch', wüßtet Ihr wohl gern? 
Das kann ich mir wohl denken 
Und soll mich auch nicht kränken. 
So hört, was ich zu sagen hab', 
Denn ich bin halt kein Unglücksrab' 
Ich komm' als Liebesbote heut'. 
In Liebesangelegenheit. 
Mein Herr, der Dornbau'r fragt hier an, 
Ob er ins Haus nit freien kann. 
Sein Grundstück, das ist schuldenlos, 
Doch das ist sein Besitz nicht bloß, 
éEr hat auch volle Schränk' und Schrein' 
Das Anseh'n und die Jahr zum Frei'n. 
Eu'r Töchterlein hat ihn entzückt, 
Seitdem er sie zuerst erblickt. 
Darum lenkt sich sein ganzer Sinn 
Zu Eurem holden Kinde hin. 
Auch dünket ihm, wie's scheinen thut, 
Fu'r Kind sei ihm auch wieder gut, 
So daß die Ehe, hier geplant, 
Schon Jedermann als glücklich ahnt, 
Drum gebt mir ehrlich Antwort auch, 
Wie's hier zu Lande ist der Brauch, 
Damit ich meinen guten Herrn 
Gleich hole, denn er ist nicht fern, 
Daß er die Sach' selbst führen kann 
Und bring' sein Werbesprüchlein an!“ 
Lautlose Stille herrichte im Kreise. Loni war etwas blaß 
eworden. 
(Schluß folgt.) 
Diurnte Beitung. 
* Der Sarkophag Bismarcks. In den Marmorwerken 
Kiefersfelden ist der Steinsarkophag für das Grab des 
Fürsten Bismarck in diesen Tagen vollendet worden und zur 
ffentlichen Besichtigung ausgestellt. Der Sarkophag er— 
cheint in der strengen Einfachheit des romanischen Stils im— 
»osant durch seine Größe (die Länge beträgt 2,70 die Breite 
1.40, die Giebelhöhe 1,50 Meter), eindrucksvoll und ernst in 
Aufbau und Verzierung, würdig seiner Bestimmung. Kleine 
Säulen mit wechselnd berzierten Kapitälen teilen die Längs— 
eiten in je drei Felder und scheinen den als Dach gebildeten 
Zarkophagedeckel zu tragen, dessen schräge Flächen durch den 
First und die Sparren mit ihrer schön ausgeführten Orna— 
nentierung ebenso wie die Längsseiten gegliedert sind. So ist 
hei aller Wuchtigkeit der Eindruck des Schwerfälligen ver— 
nieden; was aber die Wirkung noch wesentlich erhöht, ist das 
errliche Material, in dem der Sarkophag ausgeführt ist: 
Intersberger Marmor, dessen lichtes, verschiedenfach geihöntes 
sot an Wärme und Leben der Farbe carrarischen Marmor 
oder schwedischen Granit weit übertrifft und doch bei aller Zart— 
eit des Tones nichts Süßliches hat. Man mag sich aber, außer 
in der Schönheit dieses edlen deutschen Marmors, auch an dem 
Hedanken freuen, daß das Sterbliche des Mannes, der den 
Traum der deutschen Einheit erfüllt hat, ruhen soll in Gestein 
»on jenem Berg, in dem die mittelalterliche Sage den Kaiser 
Karl den Großen und seine Paladine sich gebannt dachte, wie 
ie in halbem Schlummer die Wiederkehr deutscher Herrlichteit 
ind Größe erharren. Und nicht minder bedeutungsvoll erscheint 
s, daß unmittelbar an der Südgrenze des Reiches die Fels⸗ 
tücke geglättet und gemeißelt worden sind für den Sarkophag. 
der dicht am nordischen Meer über dem Einiger des Reiches 
die steinerne Macht halten soll. Der Sarkophaag der Fürstin
	        
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