Full text: Der Bergmannsfreund (18.1888)

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an den Tisch. „Thut's nicht!“ rief sie mit schneidender 
Stimme, „um Gotteswillen nicht, ich kann's Euch nicht sa— 
gen, warum? Aber 'ich weiß nur, sie haben nichts Gutes 
mit Euch vor — ich hört' sie sprechen —“ 
„So? mein Töchterchen! Du machst Deinen eigenen 
eer schlecht, Du bist ein prächtig Mädchen,“ höhnte der 
eber. 
Georg der bald nach Marie das Zimmer betreten 
hatte, stimmte jetzt in die Bitten seiner Geliebten ein: 
„Vater, die Marie hat recht — laß Dich warnen, Du 
virst bitter bereuen!“ 
Kaum hatte Georg seine Bitte vorgebracht, als der Wi— 
derspruchs geist des Bauern erwachte: „Du auch dort? Jür— 
zel! Nun weiß ich schon, wie's gemeint ist,“ sagte er mit 
zutmütigem Spott und leistete nun ohne weiteres Bedenken 
seine Unterschrift. Er zeigte dem Weber das Papier und 
demerkte dabei nicht ohne Eitelkeit: 
„Hab' ich nicht gut geschrieben?“ 
„Prächtig!“ entgegnete der Weber und seine Augen 
ruhten mit eigentümlichem Lächeln auf der Unterschrift des 
Bauern, dann faltete er das Papier sorgfältig zusammen 
und steckte es in die Tasche. 
„Hei! das ist lustig und nun heißt's — Alles um⸗ 
sonst,“ meinte Franz. 
„Und Du behälst das Gut,“ sagte der Weber leise zu 
Valentin, lauter setzte er dann hinzu: „Und Dein Weib 
g— zurück, Du sollst nur sehen, was das Papier alles 
ann.“ 
„Und der Weber dazu,“ schwatzte wieder Franz „denn 
das ist ein Hauptkerl, „und morgen fahren wir in die 
Stadt zum Advokaten.“ 
„Verlaßt Euch d'rauf, ich hol' Euch mit dem Wagen 
ab,“ versicherte der Bauer. 
„Morgen also?“ riefen Franz und Weber zugleich. 
Morgen!“ 
„Komm' mein gutes Töchterchen,“ wandte sich jetzt der 
Weber mit seltsamem Hohn zu Marie und zerrte sie fast 
zewaltsam hinweg. 
Marie schlug die Hände vor das Gesicht und jammerte: 
Nun hbab' ich nichts erreicht und alles verloren!“ — 
an den Kirchhof anftoßenden Häuschen herausgelockt. Rift 
gIIhr mich?“ frug sie erschrocken. 
„Nein, die dort!“ sagte der Weber finster und zeigte 
auf den Grabhügel seiner Frau. 
„Mein Gott, Vater, was macht Ihr hier auf der Mut—⸗ 
ter Grabe?“ rief Marie noch immer entsetzt, „und Eure 
Reden, die so wild und fürchterlich sind — es schaudert mir —“ 
„Ich weiß schon, Du bist nicht mehr mein Kind,“ ent⸗ 
zegnete der Weber traurig, „Du hassest und verfolgst mich, 
wenn ich daran dent', was Du alles bei Valentin gesagt, 
dann könnt' ich — aber Marie, Du bist ihr Kind, häst 
Dich von mir losgesagt und magst nichts mehr von Dei— 
nem alten Vater wissen und ich hab' niemand sonst, als 
die da unten —“ ein krampfhaftes Schluchzen unterbrach 
seine weitere Rede. 
‚Ich liebe Dich doch, Vater!“ antwortete Marie. „Du 
hast ja so viel für mich gethan, hast gearbeitet und ge— 
darbt, damit ich in die Stadt kam und dort alles lernen konnte.“ 
„Hab' ich das?“ frug der Weber erfreut. „Ja, ja, 
Rind 's hat manche Nacht gekostet, aber du sollteft dafür 
auch klüger und geschickter sein, als sie alle im Dorfe und 
9 machst Du mir solchen Kummer, das ist der Dank, der 
ank!“ 
„Vater, ich mußt's thun, weil ich Dich liebe, so recht 
tief im Herzen liebe!“ erklärte Marie warm und herzlich, 
„weil ich's nicht mit ansehen konnt', daß Du etwas thatest, 
was vor Gott und Deinem Gewissen nicht Recht ist.“ 
„Ha, ha, nicht Recht? Marie, hörst Du? Nicht Recht, 
sagt die Kleine,“ wandte sich der Weber zu dem Grabe sei— 
ner Frau, „aber gerecht ist's, glaub's nur. Wenn die Grä— 
ber reden könnten, dann freilich! Dann würdest Du hören, 
der Valentin hat uns wie Hunde aus dem Hause gejagt, 
hat Deine Mutter in den Tod geschickt und wär's nicht 
Recht, wenn ich ihm zu vergelten sucht'?“ 
(Fortsetzuug folgt.) 
Allerlei. 
Resohut. Reisender (in ein Geschaͤft tretend, in 
velchem sich die sehr energische Frau des Kaufmanns augen— 
blicklich allein befindet): „Verzeihen Sie, gnädige Frau, 
'ann ich Ihren Herrn Gemahl mal sprechen?“ — Die gnä— 
dige Frau: „Ach was! Unsinn! Was wollen Sie denn? 
Hier bin ich Gemahl!“ 
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Es waren nur wenige Monate seit dem Abschluß des 
„Scheinvertrages“ vergangen, da eilte eines Morgens der 
Weber mit triumphierenden Augen auf den Kirchhof, beugte 
sich tief über das Grab seiner Frau hinweg und redete hin— 
unter, als könne ihn die Tode noch hören: „Marie — 
hörst Du? Ich zahl's ihm heim, heut' muß er hinaus, Du 
kannst nun still ruh'n in Deinem Mauerwinkel — jauchze 
zoch Marie — es ist zu prächtig!“ fuhr er mit wildem, 
zöhnischem Gelächter fort, ‚wie er heulen, wie er mit dem 
dopfe an die Wand rennen wird, gerade so wie ich, als er 
ins ohne Barmherzigkeit aus unserm kleinen Häuschen hin— 
zustrieb, lebendig nicht — denn Du liesst in der Verzweif⸗ 
ung auf den Boden und sie brachten Dich erst als Leiche 
hexdus, und sie scharrten Dich hier in den Winkel ein und 
zer Valentin verfluchte und verwünschte Dich, weil Du ihm 
zas Haus schimpfiert — arme Marie! Hörst Du auch? 
Heut'“ laß' ich ihn hinausbringen und ich will mich an's 
Fenster schleichen und auf sein Wutgeheul horchen, und 
daun erzähl' ich Dir, wie's ihm geschmeckt hat, Haus und 
hof zu verlieren, hörst Du, Marie?“ Er war außer sich 
ind geberdete sich wie ein Wahnsinniger. 
Das laute Geschrei des Webers hatte Marie aus ihrem 
Rätsel. 
Wenn segenbringend ich komms hernieder, 
Erheben die Blumen die Köpfchen wieder; 
Wie kein irdischer Künstler bin ich Architekt. 
Drehst du mich um, in Afrikas Landen 
Lebt ich bis Europäer uns fanden, 
Zu unserm Unglück sind wir entdeckt. 
(Auflösung des Rätsels folgt in nächster Rummer.) 
Fiarltpreise am 8. März 1888. 
zu Saarerücren. zu St. FJohauu 
AMark fg. NMark Psg. 
vonn 246 
bis 7 20 
von 2 — 
bis 2 40 
vonn 1 — 
bis 28 
100 Kils Kartosfeln 
1 Ails Buiter 
1DPDutend Fier 
Prusfer und Rerleger: Gebräder Hofer in Saarbrücken. Erpedition der 
—,—iecdee J22922u Baar 
—1 
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