Zum Schein.
kine Erzählung von Ludwig Habicht.
(Fortsetzung.)
Der Alte zog seine Tochter zärtlich an sich: „Wein'
ut, hättest Du mir gefolgt, dann wärst Du längst von
n liderlichen Manne fort, der doch nicht eher Ruhe hat,
3bis er die ganze Wirtschaft durch die Gurgel gejagt.
henehme Dich mit und wir klagen auf Scheidung, denn
giebt ja noch Gerechtigkeit auf der Welt.“
„Mutter! Du könntest wirkiich fortgehen, wegen der
men Ursach'?“ frug Georg ganz entsetzt. „Das ist Dein
ust nicht und Du wirst wieder ruhig, wieder gut werden,
mkannst den Vater nicht allein lassen, der dann vollends
Hrunde geht.“
„Und was ist die Ursach' all' des Streites, als Deine
»llheit,“ entgegnete Margareth mit wildem Zorn, „heirat'
Frauenzimmer, aber ich verwünsch' Dich, Euch alle!“
„Pack' ein, Tochter, und laß das Schwatzen,“ eiferte
alte Krahl, „wenn er zurückkommt, mag er die vier
en Wände finden.“
„Nein, ich will nichts mitnehmen,“ entgegnete Marga—
). „er mag alles behalten, er soll nicht sagen, daß ich
fortgegangen, um ihm seine Sachen mitzunehmen.“
„Nun gut, das wird sich finden,“ bemerkte der Alte.
„Will ich denn wirklich fort?“ frug Margareth sich
st und langte nach ihrem Kopf. „Fünfundzwanzig Jahr
ich hier gewirtschaftet, treu und ehrlich, und alles zu—
imengehalten. Hier hab' ich gesessen und gesponnen bis
in die Nacht — dort stand Deine Wiege, Georg, —
nun —“
„Mutter! es treibt Dich ja niemand fort!“ entgegnete
org. „Bleibe hier und hör' noch einmal auf meine
tten, Du kannst ja nicht ganz Dein Hetz von mir ab—
aden, schelte, strafe mich, wenn Du wuͤlst, denn ich hab'
⸗z verschuldet, nur bleibe hier!“
„Schweig! ungeratener Bube!“ rief der Alte heftig,
Valentin hat Dich verzogen, Dir allen Willen gelaf
da mußtest Du in die Siadt, ein großer Herr werden,
rrer wohl gar — denn wurdest Du jortgejagt.“
ger war damals noch so jung,“ entschuldigte Mar—
th. —
„Ach was!“ entgegnete der alte Krahl schonungslos,
sagt's schon immer, er wird Euch über den Kopf wach—
nun mögt Ihr sehen, wohin Ihr kommt. Margareih
Dich zusammen, denk' an den Schimpf, an Deine
ter — es giebt ja noch Gerechtigkeit.“
Der alte Krahl war ein fester, starrköpfiger Charakter,
mit seinem eisernen Willen alles unterjochte. Auch
e Tochter, obwohl sie die Halsstarrigkeit des Vaters ge—
hatte, beugte sich endlich seinem überlegenen Willen.
in dem einen Puntkte hatte sie sich bisher nicht gefügt
schon längst drang der Alte auf Scheidung, aber Mar⸗
eth hatte bisher widerstanden — heut' war ihr Herz
tief verwundet worden — der alte Krahl erreichte da⸗
h ein Ziel. Margareth verließ noch in derselben Stunde
Haus ihres Mannes und willigte in die Scheidung.
ganzen Dorfe machte dieser Vorfall das größte Auf
n. Wenn sich endlich Menschen trennen, die beinahe
halbes Menschenalter zusammen gelebt haben, dann
ssen es schwere, gewichtige Gründe fein, die eine solche
te sprengen und obgleich Valentin wegen seiner schlegten
cischaftsführung nicht im besten Rufe stand, war er doch
ge nicht so berunteraekommen, dak sich nab Ansidt de
Bauern eine Trennung der beiden Leute rechtfertigen ließe.
Der Berlust irdischer Güter ist auf dem Döorfe der einzige
und beste Scheidungsgrund.
Niemand hatte über das Unglück Valentin's größere
Freude, als der Weber, besonders war's ihm eine Genug⸗
huung, daß gerade sein Erscheinen diese schlimme Ent—
cheidung herbeigeführt hatte; aber er baute darauf noch
einen anderen Plan. Finster brütend ging er meist umher
und oft spielte ein hämisches Lächeln um seine Lippen.
kines Tages durchwanderte er auch wieder seine kleine
Stube und murmelte vor sich hin: „So muß es gehen, ich
kenn' die Gesetze, das trifft ihn besser, als wenn ich ihm
an's Leben gegangen, wie ich's immer gewollt. Wie oft
hin ich, mit dem Messer in der Faust, um sein Haus ge—
chlichen, aber ich konnt's nicht, das ist zu harte Urbeit
für mich. O, wie das brennt, wenn man eine alte Schuld
hJeimzahlen soll, we sich das Herz da im wilden Haß ver—⸗
zehrt und ruhig sein muß, weil noch nicht die rechte Stunde
geschlagen hat. Wo nur der Franz bleibt? den brauch'
ich, er schwatzt für ein Glas Branntwein wie eine Elster.
Ah, da kommt er schon,“ rief er erfreut, als der Musikant
eben in das Zimmer trat.
„Nun, Better, was habt Ihr denn, daß Ihr mich so
zeheim bestellt?“ frug der Eintretende lebhaft.
Der Weber sah erst in die Kammer, ehe er antwortete
und als er dort Niemand bemerkte, kam er zurück und
sagte: „Die Marie ist nicht dort, das ist schön. Ja, ich
sab' was Besonders mit Dir, ich weiß, Du bist ein kluger
Kerl und es soll Dein Schaden nicht sein.“ Er blickte da⸗
bei mit seinen kleinen, stechenden Augen den Musikanten
prüfend an.
„Was giebt es denn, Vetter? frug dieser ungeduldig,
‚sagt's nur frisch heraus. Das lange Aufziehen kann ich
aicht leiden, ich bin keine Uhr, die acht Tage geht!“ und
Dpche wohlgefällig über seinen vermeintlichen quten Ein—
all.
„Du sollst Dir ein hübsch Stück Geld verdienen, wenn
Du gescheut bist,“ meinte der Weber.
„Geld?!“ rief Franz freudig überrascht, „das wär'
freilich mein Schaden nicht, für Geld zieh' ich dem Teufel
die Unterjacke aus.“
Ja, ein schön Stück Geld,“ wiederholte der Weber
langsam, „hei, denke Dir, wie wirst Du in der Schenke
auftrumpfen und die Thaler fliegen lassen!“
„Ich hör' sie lieber in der Tasche klingen. als erst hin⸗
eindenken,“ sagte Franz lachend. „Hättich, war nie mein
Freund.“
„Aber Habich,“ entgegnete der Weber, „'s ist recht
so, weißt Du, daß der Gerichtsbot' heut' dem Valentin die
Klage auf Scheidung gebracht hat?“
„Was kümmeri's mich,“ meinte Franz gleichgültig,
„dem Prahlhans iss recht, sag' mir lieber. wo ein Stück
Beld zu verdienen ist.“
„Das ist's eben,“ erwiderte der Weber, und mit großer
Bedächtigkeit fuhr er fort: „Ich will seine Nahrung kaufen
— nicht wahr — das ist ein Spaß — hähä!“
„Ha, ha, das ist wirklich ein Spaß!“ stimmte Franz
in das Gelächter des Webers ein.
„Aber 's ist auch mein Ernst,“ bemerkte der Weber
jetzt mit ganz auderem Gesichtsausdruck.
Das erschien dem Musikanten noch lustiger. Ha, ha,
hört nut damit anf — ich ersticke jal“ keuchte er hervor
m brach immer wieder von neuem in ein schallendes Ge—
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