Full text: Der Bergmannsfreund (18.1888)

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Pflicht der Genossenschaftverwaltung, da die im Vorstehen⸗ 
den entwickelten Wohlthaten nach der Absicht des Gesetz- 
gebers den versicherten Arbeitern nur für die Folgen der 
bei dem Betriebe sich ereignenden Unfälle gewährt werden sollen. 
Vorgeschichtlicher Salzbergbau. 
Mitgeteilt von F. Schenk.*) 
Aus den Funden am Salzberg bei Hallstatt in Ober—⸗ 
özsterreich, geht hervor, daß der Salzbergbau von Seite der 
vorgeschichtlichen (vorrömischen) Bevölkerung dieser EGegend 
betrieben wurde und die Quelle jenes Reichtums war, den 
wir aus den dortigen Gräberfunden uns entgegentreten sehen. 
Die direkten Beweise für den Betrieb des Salzbergbaues wur⸗ 
den auch hier durch Stolln des „Heidengebirges“ erbracht, 
welche Objekte geliefert haben, die in den im Hallstätter 
Gräberfeld gefundenen vollkommen übereinstimmen und da— 
durch ihre fixierte chronologische Bestimmung erhalten. 
Solche prähistorische, vom Tag abgebaute Salzgruben 
hat man nach der Beschreibung des Herrn v. Sacken bei 
Hallstett im Salzberg in einer Tiefe von mehr als 480 
Fuß gefunden, die noch Leuchtspähne, Scheiter und be— 
arbeitetes Rüstholz enthiellen. Man fand fünf solche Tag— 
gruben: im Tollingerstolln, auf der Friedrich-Kehr, im Kaiser 
Karl-Stolln und in der Forstner Wöhr. Sie unterscheiden 
sich wesentlich von der mittelalterlichen und neueren Be— 
nutzungsart des Salzlagers, indem man in vorgeschichtlicher 
Zeit nur senkrechte Gruben abteufte, um Steinsalz zu ge— 
winnen, während man seit 1311 Stolln anlegt und das 
Salzflötz vorzüglich nur durch Auslaugung mit Wasser benutzt. 
Andere Funde wurden im Salzstock selbst gemacht und 
zwar zum Teil senkrecht unter dem ältesten im 14. Jahr— 
hundert eingetriebenen Stolln. — Im Jahre 1838 fand 
man bei Ausmauerung der Kaiser Josef-Stolln⸗Hauptschacht- 
richt im Salzthon die Spitze eines Keils aus schwarzem 
Serpentin von einer auch sonst vorkommenden Form, vier⸗ 
eckig, einerseits flach mit scharfen Kanten, andererseits etwas 
gewölbt mit abgerundeten, spitz zulaufend, durchaus poliert. 
Das Werkzeug dürfte eine Länge von 7—8 Zoll gehabt 
haben, bei 0 Zoll Breite und gleicher Dicke. Dabei war 
das Fragment eines Hirschgeweihs mit der Rose und deut— 
lichen Spuren der Bearbeitung, endlich ein Ring 21. Zoll 
im Durchmesser aus Holz oder Splint, mit einem Bast— 
streifen sorgfältig umwickelt, dessen Enden in einen Knoten 
geschlungen sind. Bei der weitergeführten Ausmauerung 
im Jahre 1845 wurden Bruchstücke eines Pickels und Stein— 
bohrers mit sechskantiger Spitze gefunden, dann weiter eine 
314 Zoll lange cylindrische Pfrieme aus Bein, scharf zu— 
zespitzt; das Ende eines flachen Gerätes aus Horn abge— 
rundet und schief mit einem scharfen Werkzeug durchbohrt; 
das Fragment eines Topfes aus grobem schwärzlichen Thon 
mit zwei erhabenen Bändern, deren eines gerade, das andere 
krumme Eindrücke roher Art zeigt. Ferner ein fest in das 
Steinsalz eingewachsenes Stück einer hölzernen Schale von 
dauchiger Form mit eingezogenem Rand aus Ahornholz 
pon ca. 6 Zoll Durchmesser und 2 Zoll Höhe und ein Stierhorn. 
Besondere Beachtung verdienen die zahlreichen Ueber— 
reste von Fellen, Pelzwerk und gewebten Wollenstoffen, die 
owohl hier als an benachbarten Stellen im „Heidengebirge“ 
im Salzthon eingeschlossen gefunden wurden. Nebst vielen 
Stücken von schwarzem Lammpelz, Ziegen- und Kalbsfellen, 
Reh- und Gemsdecken, alle noch mit Haaren, erregten 
Stücke wohlgegerbten Leders die Aufmerksamleit, nament⸗ 
lich ein ungefähr einen Quadratfuß großes Stück Kalbleder, 
*) Aus Dr. Joh. Ranke: Anleitung zu anthropologisch-vorgeschicht- 
lichen Beobachtungen. 
aus mehreren, mittels ganz feinen Lederstreifchen zusammen— 
genähten Teilen bestehend. Es ist ohne Zweifel eine Tasche 
oder ein Bentel, durch einen Zug zu verschließen; das 
hierzu dienende Riemchen ist noch vorhanden und durch die 
Säume gezogen. Mehrere schadhafte Stellen sind mit fest 
und sorgfältig aufgenähten Flecken aus anderem Leder aus— 
gebessert. Die Außenfeite ist glatt und scheint dunkel ge— 
färbt gewesen zu sein, die Innenseite rauh und licht. Von 
einem zweiten Beutel ist der Oberteil erhalten; er erscheint 
zusammengefaßt und mit einem fünfmal herumgewundenen, 
zuletzt verknüpften Bindfaden aus Pflanzenfaser fest geschlossen. 
Die gewebten Stoffe bestehen sämtlich aus Schafwolle, 
sind aber in Feinheit, Technik und Färbung verschieden. 
Man kann zehn Muster unterscheiden, von ganz groben, 
wahrscheinlich geflochtenen, bis zur Feinheit eines Merinos 
oder Orleans gröberer Sorte unserer Zeit. Sie sind teils 
bou einfacher glatter Weberei, teils diagonal im einfachen 
und doppelten Croisée gearbeitet, einige zeigen noch ein in 
anderem Muster als Bordüre gewebtes Ende. Die Stoffe 
iind teils braun, teils lichtgrün, von letzterer Farbe meistens 
die feineren; einer derselben erscheint dunkel blaugrün, bei 
mehreren braunen ist Kette und Einschlag von verschiedenen 
Tinten, wodurch eine Melierung entsteht. Ein Streifen aus 
chwarzer mittelfeiner Schafwolle besitzt in der Mitte der ganzen 
Länge nach ein schachbrettartiges Muster aus braunen Fäden, 
nußerdem sind der Quere nach starke Pferdehaare eingewebt. 
Ferner fanden sich Stücke einer aus Binsen geflochtenen 
Matte, Blätter mit Gras oder Bast in Büschel gebunden, 
oder in einzelne große Blätter eingeschlagen und viele zum 
Teil verkohlte Holzreste. 
Der gesamte Fund mit seinen zerbrochenen Geräten, 
Fetzen von Fellen, Stoffen und Matten, einzelnen Knochen, 
Hörnern und Geweihstücken, Holzstücken und Kohlen, siellt 
sich als ein Haufen von Abfällen und weggeworfenen Sachen 
dar, die durch eine bedeutende Masse von Tagwäͤssern, welche 
sich in den oberen Teilen des Salzbergs angestaut hatte 
und zum plötzlichen Durchbruch kam, weggeschwemmte und 
bei der später erfolgten Neubildung eines krystallinischen 
Salzstocks in demselben eingeschlossen wurden. Diese Re— 
polution, die man aus der Schichtung des Salzstocks muß, wie 
die mitgefundenen Erdbeer- und Kleeblätter, Moose und andere 
Pflanzenreste beweisen, zu Anfang des Sommers eingetreten sein. 
Wie wichtig für unsere Beurteilung des Kulturlebens 
der Vorzeit diese in Salz konservierten Reste so leicht ver— 
zänglicher Stoffe und Objekte sind, bedarf keiner weiteren 
Auseinandersetzung. Die Untersuchung des Hallstätter Grab— 
eldes, worüber wir unsern Lesern Mitteilung machen wer⸗ 
den, fügt zu dem hier Gewonnenen noch wichtige Ergeb— 
nisse hinzu. Auffallend erscheint das Fehlen(?) von Flachs⸗ 
zeweben, welche wir in den Pfahlbaufunden der Schweiz 
eine so wichtige Rolle spielen. 
Hänseleien in alter Zeit. 
Die Handwerker und Kaufmannsgilden der deutschen 
Städte verbanden die Aufnahme neuer Mitglieder vielfach 
mit seltsamen Gebräuchen, von denen einige sich, trotz der 
Verbote von Kaiser und Reich, bis spät in die erste Hälfte 
unseres Jahrhunderts erhielten. Vielfach wurden diese, oft 
inmenschlich rohen Zeremonien eingeführt, um dem starken 
Zudrang der Novizen zur Zunft oder Gilde vorzubeugen. 
Bewöhnlich war ein gewisser, wenn auch derber Humor bei 
diesen Hänseleien vorhanden; nicht selten aber auch das 
Bestehen einer KRrüfung mit Lebensgefahr verknüpft. So 
hatten die Handlungsdiener zu Königsberg ein Hänjselspiel, 
welches das Kaisern genannt wurde.
	        
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