Auf und in der Erde.
Erzählung aus dem Forst⸗ und Bergmannsleben
von Conrad Herrmann.
Fortsetzung.)
Die Gesellen berieten sich lange hin und her, auf
welche Weise sie wieder zu ihren Waffen kommen könnten,
die tollkühnsten Vorschläge kamen zum Vorschein, aber alle
vurden schließlich als unausführbar verworfen. Da wurde plötz⸗
lich die Beratung durch einen unverhofften Zwischenfall unter⸗
drochen. Ein zweispänniger Fuhrwagen kam herangefahren
und hielt vor der Schenke und in dieselbe trat der Köhler
Freitag, eine knorrige verwitterte Gestalt mit dichtem Voll⸗
bart, welcher man es ansah, daß Wald und Köhlerhütte
der Salon waren, in welchem er sein ganzes Leben zuge—
bracht hatte. Nachdem er die Gesellschaft mit lauerdem
Blicke flüchtig gemustert hatte, ließ er sich mit kurzem Gruße
neben dem Wirt auf die Bank nieder.
„Ein Gläschen Franzbranntwein, Müller“, sagte er,
„es geht ein schneidiger Wind und ich glaube, daß der
Winter frühzeitig seinen Einzug halten wird.“
„Trink ein Glas Wein mit“, sprach der Wirt, „es
sind ja lauter alte Bekannte hier.“
„Seid wohl auch nicht durch bloßen Zufall hier
usammen ?*
„Wie man will, ja oder nein“, entgegnete Müller, aus
einem dicken weißen Steinkruge ein Glas mit Franzbrannt—
wein füllend. „Was gibts Neues im Revier, alte Wald⸗
rette?“ frug er alsdann, neben dem neuen Gaste wieder
Platz nehmend.
„Viel und wenig, wie man will“, antwortete der
Köhler, mit einer verschmitzten Grimasse die vorhin ge—
prochenen Worte des Wirtes wiederholend. Er merkte wohl,
mit welcher'Neugierde aller Augen auf ihn gerichtet waren.
„Weißt Du denn wirklich gar nichts Neues? Oder
sind wir Deines Vertrauens nicht mehr wert? frug Knopf,
den Köhler scharf fixierend und ihm ein gefülltes Glas
Rotwein zuschiebend.
„Wie mir scheint, wißt Ihr das Allerneueste schon, denn
der Zufall hat Euch doch nicht zu so ungewohnter Stunde hier
zusammengewürfelt“, entgegnete Freitag. „Ist es nicht so?“
„Ja, es ist so“, antwortete der Wirt, ‚wir wissen, daß
das Arsenal ausfindig gemacht worden ist.“
„So, Ihr wißt es schon“, sagte der Köhler erstaunt;
von wem wißt Ihr es?“ frug er nach einigem Besinnen.
„Dein Anton selbst hat es uns mitgeteilt“, antwortete
Müller; „ein tüchtiger Junge das, der seine Abstammung
nicht verleugnet, das muß ich gestehen.“
„Es ist richtig“, bestätigte der Köhler, uund was ge⸗
denkt Ihr nun anzufangen?
„Wir wollen es räumen, aber über das Wie? sind
wir nicht einig“, entgegneten mehrere Stimmen.
„Es wäre Jammer und Schade, wenn die Gewehre
in die Hände unserer Gegner fielen“, meinte Freitag; „wahr⸗
lich, ich gönne ihnen diese Freude nicht!“ Nach einigem
Nachdenken fügte er hinzu: „Wenn etwas geschehen soll,
muß es bald geschehen und ich will gern das Meinige da—
zu beitragen.“
„So ist's recht“, riefen mehrere, mit dem Köhler
anstoßend.
„Hört“, sprach dieser jetzt sehr ernst, „ich will morgen
in aller Frühe mit meiner Fuhre in der Nähe des Arsenals
am Breitenweg halten und wenn Ihr mir die Sachen
dringt, will ich dieselben schon unvermerkt hinbringen, wohin
Ihr wollt. Länger darf es aber nicht anstehen. denn ich
fürchte, daß der Ort schon von Spionen im Auge gehalten
vird. Seid Ihr einverstanden?“ Die Gesellschaft war mit
dem Vorschlag einverstanden. Alle Einzelheiten wurden
derabredet und festgestellt und Knopf erbot sich freiwillig,
die Gewehre zu verladen und die Höhle zu räumen, ehe
die Häscher in dieselbe eingedrungen seien, aber Gregor
nüsse ihm dabei behülflich sein. Viel wurde noch hin und
jer besprochen, auch fehlte es nicht an schlechten Witzen
über die verdutzten Gesichter, welche der Baron und seine
Benossen machen würden, wenn sie das Nest ausgehoben
jänden. Nachdem Müller nochmals Vorsicht empfohlen,
oerließen die Schmuggler auf verschiedenen Wegen nach—
inander die Schenke.
Drittes Kapitel.
Schmugglers Rache.
Vom Unrecht zum Verbrechen
Ist nur ein kurzer Schritt,
Kannst Du nicht wiederstehen
Dann reißt die Flut dich mit.
Lange vor Tagesanbruch hatten Knopf und Gregor
sich in der Höhle eingefunden, um in derselben so gut als
nöglich aufzuräumen und die Schußwaffen in Sicherheit
zu bringen, denn um 5 Uhr schon wollte der alte Freitag
herabredetermaßen an der destimmten Stelle am Waldweg
sein. Die Gewehre waren bald in einen Sack verpackt und
mit noch anderen Gegenständen, welche die Schmuggler zu
zelegenerer Zeit abholen wollten, in einem dichten Ge—
ftrüppe niedergelegt. Der alte Freitag war pünktlich. Um
die festgesetzte Zeit vernahmen die ungeduldig Harrenden
das Geknall der Peitsche und das Gepolter des heran⸗
nahenden Wagens.
„Da ist er ja schon“, sprach Knopf, indem er den
Pack auf die Schulter nahm und aus dem Versteck hervor—
trat. Ehe 5 Minuten vergingen, war der Sack auf dem
Fuhrwerk untergebracht und mit Reisern und Kohlen sorg⸗
ältig bedeckt. Nach dem Austausch weniger leise gesproche ner
Worte fuhr Freitag weiter und auch die beiden Schmuggler
zingen des Weges in der Richtung nach der Holzhauer—
hütte zu.
„Das wäre alfso glücklich besorgt“, sprach Knopf zu
dem Genossen, „nun wollen wir sehen, was es weiter giebt.“
Und als hätte es nur dieses Wortes bedurft, um ihnen
hierüber Gewißheit zu verschaffen, da sprang den Beiden
auch schon Laut von sich gebend ein Jagdhund entgegen,
während aus dem Morgengrauen der Förster Andreas ihnen
entgegen kam. Die beiden Männer stutzten und auch der
Förster war sichtlich überrascht, sich so unerwartet den be—
rüchtigten Schmugglern und Wilderern gegenüber zu be—
finden. Schnell gefaßt frug er:
„Nun, was gibt es denn schon so früh hier im Wald?“
„Nichts, Herr Förster, wie Sie sehen, als zwei Leute,
welche ihrer Urbeit nachgehen“, antwortete Gregor, und
„Guten Morgen“ wünschend, gingen beide harmlos weiter
anscheinend der Holzhauerhütte zu, welche nicht sehr weit
yon hier entfernt und auf dem Grund und Boden des
Baron von Grafenstein lag.
Der Förster sah den Männern mißtrauisch nach; er
war mit deren Thun und Treiben zu bekannt, als daß
er die Begegnung mit ihnen so gleichgültig hinnehmen
sollte. Und als er den Wagen in der Ferne knarren hörte.
dieg nur noch sein Mißtrauen.
„Geht nur, ihr Strolche“, murmelte er in den Bart.
„das Pandwerk wird Euch jetzt bald gelegt werden!“
Nach einiger Zeit, als die Schmugqgler aus der Hör—