Full text: Der Bergmannsfreund (18.1888)

Auf und in der Erde. 
Erzählung aus dem Forst⸗ und Bergmannsleben 
von Conrad Herrmann. 
Fortsetzung.) 
Die Gesellen berieten sich lange hin und her, auf 
welche Weise sie wieder zu ihren Waffen kommen könnten, 
die tollkühnsten Vorschläge kamen zum Vorschein, aber alle 
vurden schließlich als unausführbar verworfen. Da wurde plötz⸗ 
lich die Beratung durch einen unverhofften Zwischenfall unter⸗ 
drochen. Ein zweispänniger Fuhrwagen kam herangefahren 
und hielt vor der Schenke und in dieselbe trat der Köhler 
Freitag, eine knorrige verwitterte Gestalt mit dichtem Voll⸗ 
bart, welcher man es ansah, daß Wald und Köhlerhütte 
der Salon waren, in welchem er sein ganzes Leben zuge— 
bracht hatte. Nachdem er die Gesellschaft mit lauerdem 
Blicke flüchtig gemustert hatte, ließ er sich mit kurzem Gruße 
neben dem Wirt auf die Bank nieder. 
„Ein Gläschen Franzbranntwein, Müller“, sagte er, 
„es geht ein schneidiger Wind und ich glaube, daß der 
Winter frühzeitig seinen Einzug halten wird.“ 
„Trink ein Glas Wein mit“, sprach der Wirt, „es 
sind ja lauter alte Bekannte hier.“ 
„Seid wohl auch nicht durch bloßen Zufall hier 
usammen ?* 
„Wie man will, ja oder nein“, entgegnete Müller, aus 
einem dicken weißen Steinkruge ein Glas mit Franzbrannt— 
wein füllend. „Was gibts Neues im Revier, alte Wald⸗ 
rette?“ frug er alsdann, neben dem neuen Gaste wieder 
Platz nehmend. 
„Viel und wenig, wie man will“, antwortete der 
Köhler, mit einer verschmitzten Grimasse die vorhin ge— 
prochenen Worte des Wirtes wiederholend. Er merkte wohl, 
mit welcher'Neugierde aller Augen auf ihn gerichtet waren. 
„Weißt Du denn wirklich gar nichts Neues? Oder 
sind wir Deines Vertrauens nicht mehr wert? frug Knopf, 
den Köhler scharf fixierend und ihm ein gefülltes Glas 
Rotwein zuschiebend. 
„Wie mir scheint, wißt Ihr das Allerneueste schon, denn 
der Zufall hat Euch doch nicht zu so ungewohnter Stunde hier 
zusammengewürfelt“, entgegnete Freitag. „Ist es nicht so?“ 
„Ja, es ist so“, antwortete der Wirt, ‚wir wissen, daß 
das Arsenal ausfindig gemacht worden ist.“ 
„So, Ihr wißt es schon“, sagte der Köhler erstaunt; 
von wem wißt Ihr es?“ frug er nach einigem Besinnen. 
„Dein Anton selbst hat es uns mitgeteilt“, antwortete 
Müller; „ein tüchtiger Junge das, der seine Abstammung 
nicht verleugnet, das muß ich gestehen.“ 
„Es ist richtig“, bestätigte der Köhler, uund was ge⸗ 
denkt Ihr nun anzufangen? 
„Wir wollen es räumen, aber über das Wie? sind 
wir nicht einig“, entgegneten mehrere Stimmen. 
„Es wäre Jammer und Schade, wenn die Gewehre 
in die Hände unserer Gegner fielen“, meinte Freitag; „wahr⸗ 
lich, ich gönne ihnen diese Freude nicht!“ Nach einigem 
Nachdenken fügte er hinzu: „Wenn etwas geschehen soll, 
muß es bald geschehen und ich will gern das Meinige da— 
zu beitragen.“ 
„So ist's recht“, riefen mehrere, mit dem Köhler 
anstoßend. 
„Hört“, sprach dieser jetzt sehr ernst, „ich will morgen 
in aller Frühe mit meiner Fuhre in der Nähe des Arsenals 
am Breitenweg halten und wenn Ihr mir die Sachen 
dringt, will ich dieselben schon unvermerkt hinbringen, wohin 
Ihr wollt. Länger darf es aber nicht anstehen. denn ich 
fürchte, daß der Ort schon von Spionen im Auge gehalten 
vird. Seid Ihr einverstanden?“ Die Gesellschaft war mit 
dem Vorschlag einverstanden. Alle Einzelheiten wurden 
derabredet und festgestellt und Knopf erbot sich freiwillig, 
die Gewehre zu verladen und die Höhle zu räumen, ehe 
die Häscher in dieselbe eingedrungen seien, aber Gregor 
nüsse ihm dabei behülflich sein. Viel wurde noch hin und 
jer besprochen, auch fehlte es nicht an schlechten Witzen 
über die verdutzten Gesichter, welche der Baron und seine 
Benossen machen würden, wenn sie das Nest ausgehoben 
jänden. Nachdem Müller nochmals Vorsicht empfohlen, 
oerließen die Schmuggler auf verschiedenen Wegen nach— 
inander die Schenke. 
Drittes Kapitel. 
Schmugglers Rache. 
Vom Unrecht zum Verbrechen 
Ist nur ein kurzer Schritt, 
Kannst Du nicht wiederstehen 
Dann reißt die Flut dich mit. 
Lange vor Tagesanbruch hatten Knopf und Gregor 
sich in der Höhle eingefunden, um in derselben so gut als 
nöglich aufzuräumen und die Schußwaffen in Sicherheit 
zu bringen, denn um 5 Uhr schon wollte der alte Freitag 
herabredetermaßen an der destimmten Stelle am Waldweg 
sein. Die Gewehre waren bald in einen Sack verpackt und 
mit noch anderen Gegenständen, welche die Schmuggler zu 
zelegenerer Zeit abholen wollten, in einem dichten Ge— 
ftrüppe niedergelegt. Der alte Freitag war pünktlich. Um 
die festgesetzte Zeit vernahmen die ungeduldig Harrenden 
das Geknall der Peitsche und das Gepolter des heran⸗ 
nahenden Wagens. 
„Da ist er ja schon“, sprach Knopf, indem er den 
Pack auf die Schulter nahm und aus dem Versteck hervor— 
trat. Ehe 5 Minuten vergingen, war der Sack auf dem 
Fuhrwerk untergebracht und mit Reisern und Kohlen sorg⸗ 
ältig bedeckt. Nach dem Austausch weniger leise gesproche ner 
Worte fuhr Freitag weiter und auch die beiden Schmuggler 
zingen des Weges in der Richtung nach der Holzhauer— 
hütte zu. 
„Das wäre alfso glücklich besorgt“, sprach Knopf zu 
dem Genossen, „nun wollen wir sehen, was es weiter giebt.“ 
Und als hätte es nur dieses Wortes bedurft, um ihnen 
hierüber Gewißheit zu verschaffen, da sprang den Beiden 
auch schon Laut von sich gebend ein Jagdhund entgegen, 
während aus dem Morgengrauen der Förster Andreas ihnen 
entgegen kam. Die beiden Männer stutzten und auch der 
Förster war sichtlich überrascht, sich so unerwartet den be— 
rüchtigten Schmugglern und Wilderern gegenüber zu be— 
finden. Schnell gefaßt frug er: 
„Nun, was gibt es denn schon so früh hier im Wald?“ 
„Nichts, Herr Förster, wie Sie sehen, als zwei Leute, 
welche ihrer Urbeit nachgehen“, antwortete Gregor, und 
„Guten Morgen“ wünschend, gingen beide harmlos weiter 
anscheinend der Holzhauerhütte zu, welche nicht sehr weit 
yon hier entfernt und auf dem Grund und Boden des 
Baron von Grafenstein lag. 
Der Förster sah den Männern mißtrauisch nach; er 
war mit deren Thun und Treiben zu bekannt, als daß 
er die Begegnung mit ihnen so gleichgültig hinnehmen 
sollte. Und als er den Wagen in der Ferne knarren hörte. 
dieg nur noch sein Mißtrauen. 
„Geht nur, ihr Strolche“, murmelte er in den Bart. 
„das Pandwerk wird Euch jetzt bald gelegt werden!“ 
Nach einiger Zeit, als die Schmugqgler aus der Hör—
	        
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