Full text: Der Bergmannsfreund (5.1875)

Von den gesammten ordentlichen Beiträgen zahlten 
die Vereinsgenossen 586,3 Procent und zwar 
1) die meistberechtigten 28,2 90; 
2) die minderberechtigten 28,1 00; 
o. die Vereinswerke 43,7 60, 
und betrugen die Beiträge der Werke ungefähr Dreiviertel 
von den Beiträgen der Vereinsgenossen. 
Beim Saarbrücker Verein sind: 
1) die Beiträge der Geuossen allgemein beträchtlich höher 
normirt als die vorstehenden; 
2) die Beiträge der Meist- und Minderberechtigten 
eich; 
8) * Beiträge der Werke bilden nicht einen Vruchtheil 
der Beiträge der Genossen, sondern sind gleich hoch 
wie die Summe der Beiträge sämmtlicher Mitglieder. 
148 
Arbeiterverhältnisse auf den Bergwerken Preußens 
im Jahre 1874. 
II. 
Knappschaftswesen. 
Ueber den Stand des Knappschafts wesens, dieses 
wichtigsten Institutes für die Bergarbeiter, läßt sich, was 
das vorige Jahr betrifft, nur Günstiges berichten. Die rück⸗ 
gängige Bewegung in der Industrie, insbesondere in der 
Eisenindustrie, mußte freilich auch von den Knappschaftsver— 
einen empfunden werden; denn auf der einen Seite fehlte 
der Zuwachs an jüngeren Mitgliedern und die Erhöhung 
der Einnahmen aus den Beiträgen derselben, andererseits 
blieben nicht nur die in den letzten Jahren meistentheils 
erhöhten Leistungen bestehen oder traten erst in volle 
Geltung, sondern es mehrten sich auch vielfach die Fälle 
der Invalidisirung, und ebenso wuchsen die Ausgaben für 
Krankenlöhne und dergleichen. 
Infolge der nunmehr bei allen größeren Vereinen 
durchgeführten Erhöhung der Beiträge und infolge zweck— 
mäßiger Verbesserungen in der Verwaltung waren die Ver⸗ 
eine in der Lage, ihren Verpflichtungen nachzukommen und 
zum Theil eine nicht unerhebliche Vermögensvermehrung 
bewirken zu können. Besonders günstig gestalteten sich nach 
den vorlaͤufigen Nachweisungen in dieser Beziehung die 
Verhältnisse der Knappschaftsvereine Schlesiens, des Hal—⸗ 
berstätter und des Mansfeld'schen Vereins und einiger 
Vereine des Oberbergamtsbezirks Bonn. Unter den letz— 
leren ist der Saarbrücker Knappschaftsverein hervor— 
zuheben. Die Einnahme desselben überstieg nämlich im 
Jahre 1874 die Ausgabe um 156,227 Thlr. 18 Sgr. 5 Pfg., 
so daß sich das Kapital vermögen, welches am Jahres 
schluß 664,358 Thlr. 8 Sgr. 7 Pfg. betrug, um 145,904 
Thlr. 15 Sgr. 7 Pfg. höher stellte. Die Zahl der Ver— 
einsmitglieder hob sich von 20082 zu Ansang 1874 auf 
21800 am Schiuß 1874, also um 1118. 
Die Bahl der Knappschaftsmitglieder fiel von Anfang 
bis zum Schluß des Jahres 1874: 
in dem Oberbergamtsbez. Breslau von 85756 auf 55 166, 
—u Halle 286847, 27336, 
und stieg Clausthal 11804 11739. 
Das Gesammtvermögen der Knappschafsvereine stieg: 
rt. 
in dem Oberbergamtsbezirk Breslau von 53 auf u 
Clausthal 878402, 882390. 
Die Gesammtergebnisse der Bezirke Halle, Dortmund 
und Bonn liegen noch nicht vor. Nach dem Jahresberichte 
des bedeutendsten der westfälischen Vereine, des Märkischen 
Knappschaftsvereins zu Bochum betrug: 
im Jahre 1873 im Jahre 1874 
die Gesammt⸗Einnahme .. 761,410 Thlr. 947,043 Thlr. 
usgabe. 6145 879878 
Vermögen .. 563266 541,601 . 
Die Gesammtzahl der in Preußen bestehenden Knapp⸗ 
schaftsvereine vermehrte sich im Jahre 1874 um 1 und be— 
ziffert sich demnach am Jahresschluß auf 89. 
Die Revision der Knappschaftsstatuten sowie die An— 
strebung der Verschmelzung der für sich nicht lebensfähigen 
kleineren Knappschaften hat im vergangenen Jahre weiteren 
Fortgang genommen und wird voraussichtlich auch im lau— 
senden Jahre und darüber hinaus fortdauern. 
Familien- und Klassenverhältnisse. 
Was die sonstigen Arbeiterverhältnisse anbelangt, so 
tommen im Jahre 1874 auf die 239,884 betragende Ge— 
sammtzahl der Bergarbeiter 416,688 Familienglieder 
oder im Durchschnitt auf je einen Bergarbeiter L.r4 Fa⸗ 
milienglieder, genau wie im Jahre 1878. 
Unter jenen 239,884 Bergarbeitern befanden sich im 
Jahre 1874 8636 ju gendliche (männliche und weibliche) 
Arbeiter, welche größtentheils über Tage bei den Aufbe— 
reitungsanstalten oder beim Verladen und Sondern von 
Kohlen beschäftigt waren, und 5466 weibliche (erwachsene) 
Arbeiter, also zusammen 14098, das macht 5.8 Prozent der 
sämmtlichen Arbeiter aus. 
Unter der Gesammtzahl der auf den Königlichen 
Berg-, Hütten- und Salzwerken 1874 beschäftig— 
ten Arbeiter von 42020 waren im Ganzen 1267 jugend— 
liche und 276 weibliche Arbeiter. Unter der Arbeiterbeleg⸗ 
schaft der Königl. Steinkohlengruben von Saarbrücken, welche 
1874 21437 Köpfe ausmachte, waren 488 jugendliche Ar⸗ 
beiter und gar keine weiblichen Arbeiter beschäftigt. 
Eine Geschichte aus dem letzten Kriege. 
Nach dem Jahre 1848 war die Jugend des Volkes 
auch in solchen Gegenden Deutschlands, wo nicht seit Jahr⸗ 
hunderten allsonntäglich mit dem Messer gerauft und ge— 
tochen wird, so aufgeregt und zu Unfug aller Art aufgelegt, 
daß einst bei einem Sonntagstanze auf dem Lande ein 
dazu kommandirter Polizeisoldat bei einer Prügelei tödtlich 
am Halse verwundet wurde. Der Thäter war ein erst 
achtzehnjähriger wohlhabender Bauernsohn, welcher auf den 
Polizeisoldaten mit einem Pfahle, an dem ein Nagel heraus— 
ttand, losschlug und dadurch dessen fast augenblicklichen 
Tod veranlaßte. 
Welche Bestürzung im Dorfe! Es war Nacht: wie 
von Sinnen, wußte der Mörder nirgends anders als zu 
ieiner Mutter, einer Wittwe, mit dem Ausruf zu eilen: 
„Ich hab' einen Menschen erschlagen, was soll ich thun?“ 
„Großer Gott!“ schrie das verzweifelte Weib; doch 
die Mutterliebe hatte einen Rath, den nämlich, lieber ihren 
Sohn auf immer in der Fremde, als in der Heimat im 
Gefängniß als Mörder zu wissen. „Nimm Deine besten 
und Deine schlechtesten Kleider,“ schluchzte sie, „und hier 
diese 150 Gulden, die wir vorgestern für Weizen gelöst, 
und geh jetzt gleich diesen Augenblick fort auf Nimmerwieder— 
sehen und so schnell und weit, wie Du kannst übers Meer!“ 
Die arme Frau sank bei diesen Worten ohnmächtig um, 
ihr Sohn legte sie in diesem Zustande auf ihr Bett und 
entfloh. 
Noch in derselben Nacht gegen Morgen nahm er, nicht 
auf der ersten, naheliegenden Eisenbahnstation, sondern, 
um keinen Verdacht zu wecken, erst auf der zweiten, zwei 
Stunden entfernten, ein Billet nach Frankfurt am Main.
	        
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