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dr s nicht wenig stolz auf den Erfolg seiner Beredt—
amkeit.
„Laßt einmal sehen, lesen kann ich noch so ziemlich,
nur mit der Feder will's nicht — was habt Ihr gezeichnet?
Zehn Thaler? Gut, schreibt für mich auch zehn Thaler hin.“
„Aber das ist wirklich zu viel, lieber Freund, das ver—
langen wir nicht,“ wandte der Ueberraschte ein. „Zehn
Groschen thun's auch, und sind aller Ehren werth.“
„Nein, Herr Bürgermeister, wenn das wirklich so ein
guter Mann gewesen ist, wie Ihr sagt — ich hab's bisher
nicht gewußt, wo soll auch unsereins ihn kennen? — wenn
das wirklich so ein Ausbund von Tugend gewesen ist, so
geb' ich's gern. Ihr habt sehr schön gesprochen, das wär'
allein das Geld werth, Ihr wißt Eure Worte gut zu setzen,
es hat mir wohlgethan. Schreibt rüstig zehn Thaler, ich
geb's gern.“
Der Bürgermeister merkte, daß er diesem Uebermaß
der Begeisterung deutlicher entgegentreten müßte und sprach:
„Alles schön und gut, lieber Freund, aber seid vernünftig.
Das könnt Ihr ja nicht bezahlen.“
„Dann sitz' ich es ab!“ erwiederte unverzagt der
Redliche, der auf diese nicht mehr ungewöhnliche Art wohl
schon frühere Schulden getilgt hatte. — Weiter kann man
in der That wohl den Patriotismus kaum treiben.
XI.
Guter Rath.
Ellingen liegt von Berghausen fast anderthalb Meilen
entfernt, wenn man nämlich in gerader Richtung durch den
Wald geht; folgt man den Windungen der bequemen Land—
straße, so ist's noch weiter. Das muß verausgeschickt wer
den, um folgendes Späßchen zu verstehen, das sich zu Berq—
hausen zugetragen hat.
Dort wohnte ein Ehepaar schlecht und recht, hieß Isaak
und Rebekka, wie der Erzvater und seine Hausehre, die ja
bei aller Liebe auch zuweilen verschiedener Meinung ge—
wesen sind, und hatte den Honigmond, wenn er überhaupt
süß gewesen war, längst hinter sich. Nicht als ob sie sich
täglich gezankt oder besonders uneinig gelebt hätten, aber
Ehestand reimt sich trotz aller Freude auf Wehestand, was
zuweilen bedeutsam sein soll.
Eines Tages nun war gerade sehr schlechtes Wetter
im Hause; Rebekka wollte ein neues Kleid haben und ihre
sechs besten Freundinnen zu einem feinen Kaffee einladen,
und Isaak wollte beides nicht. Alle Bitten und Schmeiche—
leien, alle guten und bösen Worte blieben diesmal wirkungs—
los. Da nahm Rebekka endlich zum letzten Mittel schöner
Frauen, zu den Thränen, ihre Zuflucht und schluchzte:
„Nein, es ist zu arg! Nichts gönnst Du mir. Keine Freude
soll ich haben. Seitdem wir verheirathet sind, hab' ich
noch keine gute Stunde gehabt!“ —
„Weißt Du was?“ meinte der kluge Isaak gleich—
müthig, „lauf' nach Ellingen, da hast Du zwei gute
Stunden!“ j
XII.
Sehr!
„Kalbsbraten ist meine Leibspeise“, bemerkte ein Gast
an der Wirthstafel, indem er ein ansehnliches Stück auf
seinen Teller schob.
„Das könnte ich gerade nicht sagen“, sprach sein Nach⸗
bar, bediente sich aber trotzdem nicht schlecht. „Dieser sieht
allerdings ziemlich fest aus, er scheint von einem heran⸗
gewachsenen Thiere zu kommen. Gewöhnlich aber heißt's
in Deutschland von den Kälbern: Heute roth, morgen todt!
Man schlachtet sie zu früh, und deßhalb zieh' ich im
Allgemeinen etwas Kräftiges, ein Rostbeef, oder einen
Schinken vor. Was meinen Sie, Herr Nehres?“
Der Angeredete, ein beleibter Herr mit rundem Gesicht
und kleinen, aber klugen Augen, ließ Messer und Gabel ein
Weilchen ruhen und antwortete lächelnd: „Alles, was von
einem gesunden und frischen Thiere herkommt, ess' ich
gern, es mag Namen haben, wie es will: Kalbs-, Ham—
mel⸗, Schweine-⸗, Rinds- und Sauerbraten, Schinken, Speck
und Geknöchel, Hammelsrippchen, Schweine- und Kalbsco—
teletts, das Wildpret nicht zu vergessen, Hirsch, Has' und
Reh, Schnepfen und Krammetsvögel, und das zahme Ge—
flügel, Huhn, Hähnchen, Kapaun, Truthahn, Ente und
Gans — wie gesagt, Alles ess' ich gern, ausgenommen
Beefsteak.“
„Wie,“ riefen mehrere Gäste verwundert, „das ist doch
seltsam.“
„Ausgenommen Beefsteak“, wiederholte Herr Nehres
ernst, „denn das esse ich sehr gern!“
Und er beugte sein Vollmondgesicht wieder über den
Teller hin und schnitt und aß, während der Saal von lau⸗
tem Gelächter widerhallte.
XIII.
Geldwechseln.
„Kannst Du mir vielleicht einen Thaler wechseln ?“ sagte
Bruder Lustig im überfüllten Wirthshause zu seinem guten
Freunde Ernst.
„Warum nicht?“ antwortete der behäbige Mann, der
aus Grundsatz immer ein kleines Sümmchen in verschiedenen
Sorten mit sich herumträgt, und zählte rasch mit der ge—
übten Hand sechs Fünfgroschenstücke auf den Tisch. Er
wartete, bis sein Freund sie mit kurzem: „Danke schön!“
eingestrichen, er wartete auch noch, bis derselbe eine neue
Flasche bestellte und beide Gläser gefüllt und mit ihm an—
gestoßen hatte, dann aber wagte er die bescheidene Bemer—
ung, denn man darf dergleichen nicht auf die lange Bank
schieben, sonst wird's vergessen: „Aber Du hast mir den
Thaler noch nicht gegeben!“ „Schafskopf!“ sprach Lustig
kopfschüttelnd, meinst Du, wenn ich einen harten Thaler
hätte, dann braucht' ich Dich zum wechseln? Dann könnt's
der Wirth auch.“ —
Derselbe rief, als einmal die Rede auf Oberstein kam,
verächtlich aus: „Und ein elendes Nest!“ Es ist aber doch ein
schmuckes Städtlein im schönen Nahethal, mit zwei Burgruinen
und einer Felsenkirche und vielen hübschen Sächelchen aus
Achat, den die fleißigen Einwohner fein schleifen. „Ein
elendes Nest! Ich bin einmal durchgekommen, eine Lumpen—
wirthschaft! Geht mir weg! Denkt Euch, ich wollt' auf der
Post einen Friedrichsdor wechseln lassen, aber weder da.
noch in einem andern Hause —“
„Was? Das wollen Sie uns doch nicht weißmachen —
Sie haben doch klein Geld bekommen?“
„Nein! Ich sag' nochmals: Ein erbärmliches Nest!
Ich wollt' mir einen Friedrichsdor wechseln lassen, und
hatte keinen!“
Marlktpreise am 21. August 1875.
2242cken. zu St. Johann
ofg. Mark Pfg.
) 3 —
1 30
— 85
Centner Kartoffeln
Pfund Butter
1 Dutzend Eier
Drucker und Verleger Gebruder Hofer in Saarbrücken. (Expedition der Saarbrücker Zeitung/
erantwortlicher Rebccteur: A. Haßlacher in Saarbrücken.