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Materialien liegt jetzt unter dem Titel: „Die Einrich—
tungen zum Besten der Arbeiter auf den Berg—
werken Preußens“ (im Verlag von Ernst u. Korn in
Berlin) vor. Der erste Theil beschäftigt sich mit den
Staatsbergwerken, deren einschlägige Verhältnisse er voll⸗
ständig bespricht; der zweite Theil behandelt die Privat-
werke, so weit sie auf die gestellten Fragen Aufschluß ge—
geben haben; hier kann es nicht fehlen, daß Manches nicht
erwähnt ist, was im Verhältnisse zu andern Leistungen der
Erwähnung werth gewesen, daß Anderes hervorgehoben,
was eigentlich kaum der Aufführung sich verlohnte. Nach
Allem ist zu betonen, daß die Staatsbergwerke im Ganzen
weit mehr das Interesse der Arbeiter zu fördern gesucht
haben, während die Privatbergwerke mehr den eigenen
Nutzen selbst bei diesen humanitären Einrichtungen über—
wiegen ließen. Von ihnen wurden z. B. hauptsächlich
Miethshäuser für die auf den eigenen Gruben beschäftigten
Arbeiter gebaut, während vom Staate vorzugsweise Vor—
sorge getroffen wurde, daß die Arbeiter eigenen Grund und
Boden und ein eigenes Heim sich erwarben, aus dem sie,
auch wenn sie aufgehört hätten, Arbeiter des betreffenden
Staatsbergwerks zu sein, nicht vertrieben werden konnten.
Eine solche Ansiedlung ist wohl am großartigsten im Saar—⸗
brückener Bezirk durchgeführt worden. Es sind hier allein
in den letzten 30 Jahren mit Prämien und Geldunterstütz-
ungen des Staates 3742 Häuser für Bergarbeiter gebauf
worden, wofür allein 807,965 Thl. an Prämien, 632, 350 Thl.
Vorschüsse ohne Zinsen, 687,372 Thl. verzinsliche Darlehne
aus der Knappschaftskasse bewilligt wurden. Die Arbeiterzahl
belief sich zuletzt auf über 21,000. Dazu hatte der Staat
38 Häuser mit 76 Miethwohnungen für 82,000 Thlr. so
wie 33 Schlafhäuser mit 4916 Betten hergestellt. 18 Fort—
bildungsschulen, 1J Bergschule mit 12-15 Schülern nebst
3 Vorschulen zu je 24 -30 Schülern, 10 Industrieschulen
mit 190 Kindern, 11 Kleinkinderschulen mit 1174 Kindern
sorgten für den Unterricht, 3 Spar⸗ und Vorschußvereine
so wie 9 zum Theil großartige Consumvereine für wirth—
schaftliche Erleichterungen. (Kölnische Zeitung.)
Unglücksfall durch Pulverexplosion.
Bochum, 18. August. Gestern Nachmittag 4 Uhr
explodirte in dem Hause eines Bergmanns zu Riemke
eine Quantität Sprengpulver von etwa 20 Pfd. Das
Dach des Hauses wurde zum Theil abgedeckt und die Ziegel—
steine fortgeschleudert. Die Mauern des Hanses sind ge—
borsten, und durch das Feuer ist nicht unbetraͤchtlicher Schaden
entstanden. Leider ist auch ein Menschenleben zu beklagen,
da das einjährige Söhnchen des betreffenden Bergmanns,
welches auf dem Bette schlief, durch die Gewalt der Explosion
von demselben herabgeschleudert wurde und außerdem noch be—
deutende Brandwunden erhalten hat, so daß schon nach 2
Stunden der Tod es von seinen Leiden erlöste. Die
Untersuchung wird ergeben, inwiefern einer dritten Person
die Schuld an diesem Unglück, welches in der letzten Zeit
leider nicht vereinzelt dasteht, trifft.
Bunte Bilder.
Von Wilhelm Fischer.
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Wie man Denkmäler baut.
Meine Herren!“ sprach der Bürgermeister am Schluß
einer langen Gemeinderaths⸗Sitzung, „eh' wir auseinander⸗
zehen, noch Eins. Ich erhalte soeben die Nachricht, daß
man in der Hauptstadt Seiner Durchlaucht dem Hochseligen
Herrn Herzog aus freiwilligen Beiträgen ein Denkmal er⸗
richten will und auf eine lebhafte Betheiligung des ganzen
Landes, insbesondere auch unsres Ortes, rechnet. Dem
Schreiben ist schon eine Liste beigefügt. Wie wär's, wenn
wir sogleich den Anfang machten und Jeder einen beliebigen
Beitrag zeichnete? Ich würde es dann in unserem Blättchen
bekannt machen und die Liste hier im Rathhause auflegen
oder durch den Polizeidiener rund schicken. An Vaterlands⸗-
liebe stehen wir, das wag' ich kühn zu behaupten, hinter
keiner andern Stadt zurück — und es wird von oben gern
gesehen und kann uns bei der Frage, ob wir oder Nahdorf
das Bataillon bekommen, von Nutzen sein.“ setzte er leiser,
aber eindringlich hinzu.
Und es wirkte. Die weisen Väter der Stadt sahen
sich einen Augenblick tiefsinnig an, und dann entgegnete der
Reichste und folglich Klügste unter ihnen würdevoll: „Es
versteht sich wohl von selbst, Herr Bürgermeister, daß wir
uns nicht zurückziehen, wenn's ein patriotisches Werk gilt
— das haben wir noch nie gethan. Aber nicht auf dem
Rathhause darf die Liste aufliegen, die Leute sind zu träge,
von selbst kommt niemand. Man muß es ihnen bequem
machen, besonders, wenn man Geld haben will. Doch auch
der Polizeidiener darf sie nicht umhertragen; der bringt
allerlei, und nicht immer angenehme Botschaften, und ist
zudem kein Mann von dem nöthigen Gewicht und Einfluß.
Nein, nach meinem unmaßgeblichen Dafürhalten müssen
ein paar angesehene Herren sich persönlich der Mühe unter—
ziehen und von Haus zu Haus, von Thür zu Thüre gehen
und auch den geringsten Beitrag willkommen heißen. Dann
mehren sich die Unterschriften erstaunlich, viele Saudkörner
machen einen Haufen, und zudem wird gerade die Bethei⸗
ligung der kleinern Leute höheren Orts höchst angenehm
berühren. Also, noch einmal, etwa Sie selbst, Herr Bürger⸗
er und irgend ein Bürger von Bedeutung und Ge—
wicht.“
Nachdem er so gesprochen, sah er sich unter dem Bei—⸗
fallsgemurmel seiner Genossen befriedigt um und setzte sich.
Er wog selbst ohne den Ueberrock hundert und achtzig Pfund,
so war also die gewichtige Persönlichkeit nicht schwer zu finden.
Einhellig wurden der Bürgermeister und der beredte Sprecher
gewählt und machten sich, nachdem sie und die übrigen Stadt⸗
räthe flott gezeichnet hatten, alsbald auf den Weg.
Ihrem Grundsatz getreu, überschlugen sie auch die
niedrige Hütte eines armen Taglöhners nicht, der in einer
Nebengasse des Marktes wohnte. Der ehrliche Mann
fühlte sich durch den vornehmen Besuch höchlich geehrt.
Und als die hohen Herren, von denen er sonst selten an—
geredet und dann meist angeschnauzt wurde, so manierlich
und höflich zu ihm sprachen, da ging ihm das Herz noch
mehr auf. Und als der Bürgermeister, der noch gut bei
Athem und voll frischen Eifers war, gar die Tugenden des
Hochseligen zu schildern begann, wie tapfer derselbe im
Kriege, wie mild derselbe im Frieden gewesen, wie stand⸗
haft im Leiden, wie leutselig im Glück, ein Schreck der
Feinde und Uebelthäter, ein Vater seines Volks, ein Be—
schützer der Künste und Wissenschaften, und wie man jetzt
ihm, dem Freund und Wohlthäter der Armen, ein Denk—
mal errichten und auch das Scherflein der Armen und Ge⸗
ringen dazu nicht verschmähen wollte, da schmolz der Gute
vollends vor freudiger Rührung und rief mit leuchtenden
Augen aus: ‚Ja, Herr Bürgermeister, das versteht sich, da
geb' ich auch mein Theil, schreibt mich nur auf!“
‚Wie viel darf ich denn schreiben?“ fragte der Vater