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sagerin gesagt, auch wirklich eintrifft — was jedenfalls
nach dem Titel und der Anzeige der noch folgenden Kapi—
tel geschieht — und der Glaube an böse, im Finstern wir⸗
kende Geister, kurz der Aberglaube ist da! —
Wenn doch sich und seinen Geldbeutel Jeder vor solchem
Geschreibsel hüten wollte! Geht an der Hand eines verständigen
Führers in eine solide Buchhandlung und kauft Euch ordent—
liche, gesunde und gute Bücher, oder — noch billiger — geht
in die bergmännischen Lesezimmer oder Lesevereine und leihet
Euch dort Bücher zum Lesen;: da werdet Ihr wenigstens
nicht an Geld und Eurem gesunden Sinn betrogen!
Das kalte Herz.
Ein Märchen von Wilhelm Hauff.
J.
Wer durch Schwaben reist, der sollte nie vergessen, auch
ein wenig in den Schwarzwald hineinzuschauen; nicht der
Bäume wegen, obgleich man nicht überall solch unermeßliche
Menge herrlich aufgeschossener Tannen findet, sondern wegen der
Leute, die sich von den andern Menschen rings umher merk—
würdig unterscheiden. Sie sind größer als gewöhnliche Men—
schen, breitschultrig, von starken Gliedern, und es ist, als ob
der ftärkende Dust, der Morgens durch die Tannen strömt,
ihnen von Jugend auf einen freieren Athem, ein klareres Auge
und einen festeren, wenn auch rauheren Muth, als den Be—
wohnern der Stromthäler und Ebenen gegeben hätte. Und
nicht nur durch Haltung und Wuchs, auch durch ihre Sitten
und Trachten sondern sie sich von den Leuten, die außerhalb
des Waldes wohnen, streng ab. Am schönsten kleiden sich
die Bewohner des badenschen Schwarzwaldes; die Männer
lassen den Bart wachsen, wie er von Natur dem Mann ums
Kinn gegeben ist, ihre schwarzen Wämser, ihre ungeheueren,
enggefalteten Pluderhosen, ihre rothen Strümpfe und die
spitzen Hüte, von einer weiten Scheibe umgeben, verleihen
ihnen etwas Fremdartiges, aber etwas Ernstes, Ehrwürdiges.
Dort beschäftigen sich die Leute gewöhnlich mit Glasmachen;
* verfertigen sie Uhren und tragen sie in der halben Welt
umher.
Auf der andren Seite des Waldes wohnt ein Theil
desselben Stammes, aber ihre Arbeiten haben ihnen andere
Sitten und Gewohnheiten gegeben, als den Glasmachern.
Sie handeln mit ihrem Wald; sie fällen und behaueu ihre
Tannen, flößen sie durch die Nagold in den Neckar, und
von dem obern Neckar den Rhein hinab, bis weit hinein
nach Holland, und am Meer kennt man die Schwarzwälder
und ihre langen Flöße; sie halten an jeder Stadt, die am
Strom liegt, an und erwarten stolz, ob man ihnen Balken
und Bretter abkaufen werde; ihre stärksten und längsten
Balken aber verhandeln sie um schweres Geld an die Mynheers,
welche Schiffe daraus bauen. Diese Menschen nun sind an
ein rauhes, wanderndes Leben gewöhnt. Ihre Freude ist,
auf ihrem Holz die Ströme hinabzufahren, ihr Leid, am
Ufer wieder heraufzuwandeln. Darum ist auch ihr Pracht—
anzug so verschieden von dem der Glasmänner im andern
Theil des Schwarzwaldes. Sie tragen Wämser von dunk—
ler Leinwand, einen handbreiten gruünen Hosenträger über
die weite Brust, Beinkleider von schwarzem Leder, aus deren
Tasche ein Zollstab von Messing wie ein Ehrenzeichen her—
vorschaut; ihr Stolz und ihre Freude aber sind ihre Stiefeln,
die größten wahrscheinlich, welche auf irgend einem Theil der
Erde Mode sind; denn sie können zwei Spannen weit über das
Knie hinaufgezogen werden und die Flötzer“ können da—
mit in drei Schuh tiefem Wasser umherwandeln, ohne sich
die Füße naß zu machen
Noch vor kurzer Zeit glaubten die Bewohner dieses
Waldes an Waldgeister, und erst in neuerer Zeit hat man
ihnen diesen thörichten Aberglauben benehmen können. Son—⸗
derbar ist es aber, daß auch die Waldgeister, die der Sage
nach im Schwarzwalde hausen, in diese verschiedenen Trachten
sich getheilt haben. So hat man versichert, daß das Glas—
männlein, ein gutes Geistchen von vierthalb Fuß Höhe, sich
nie anders zeige, als in einem spitzen Hütlein mit großem
Rand, mit Wams und Pluderhöschen und rothen Strüm—
pfchen. Der Holländer Michel aber, der auf der andern
Seite des Waldes umgeht, soll ein riesengroßer, breit—
schultriger Kerl in der Kleidung der Flötzer sein, und
Mehrere, die ihn gesehen haben wollen, versicheren, daß sie
die Kälber nicht aus ihrem Beutel bezahlen möchten, der en
Felle man zu seinen Stiefeln brauchen würde. „So groß,
daß ein gewöhnlicher Mann bis an den Hals hineinstehen
könnte,“ sagten sie, und wollten Nichts übertrieben haben.
Mit diesen Waldgeistern soll einmal ein junger Schwarz⸗
wälder eine sonderbare Geschichte gehabt haben, die ich er—
zählen will. Es lebte nämlich im Schwarzwald eine Wittwe,
Frau Barbara Munkin; ihr Gatte war Kohlenbrenner ge—
wesen, und nach seinem Tod hielt sie ihren sechzehnjährigen
Knaben nach und nach zu demselben Geschäft an. Der
junge Peter Munk, ein schlanker Bursche, ließ sichs gefallen,
weil er es bei seinem Vater auch nicht anders gesehen hatte,
die ganze Woche über am rauchenden Meiler zu sitzen, oder
schwarz und berußt und den Leuten ein Abscheu, hinab in
die Städte zu fahren und seine Kohlen zu verkaufen. Aber
ein Köhler hat viel Zeit zum Nachdenken über sich und An—
dere, und wenn Peter Munk an seinem Meiler saß, stimm—⸗
ten die dunkeln Bäume umher und die tiefe Waldesstille
sein Herz zu Thränen und unbewußter Sehnsucht. Es be—
trübte ihn Etwas, es ärgerte ihn Ewas, er wußte nicht
recht Was. Endlich merkte er sich ab, was ihn ärgerte,
und das war — sein Stand. „Ein schwarzer, einsamer
Kohlenbrenner!“ sagte er sich. „Es ist ein elend Leben.
Wie angesehen sind die Glasmänner, die Uhrmacher, selbst
die Musikanten am Sonntag Abends! Und wenn Peter
Munk, rein gewaschen und geputzt, in des Vaters Ehrenwams,
mit silbernen Knöpfen und mit nagelneuen, rothen Strüm—
pfen erscheint und wenn dann einer hinter mir hergeht und
denkt: wer ist wohl der schlanke Bursche? Und lobt bei
—AV—
wenn er vorübergeht und schaut sich uwm, sagt er gewiß:
ach, es ist ja blos der Kohlenmunkpeter.“
Auch die Flötzer auf der andern Seite waren ein Ge—
genstand seines Neides. Wenn diese Waldriesen herüber—
famen, mit stattlichen Kleidern, und an Knöpfen, Schnallen
und Ketten einen halben Centner Silber auf dem Leib trugen,
wenn sie mit ausgespreizten Beinen und vornehmen Gesich—
tern dem Tanz zuschauten, holländisch fluchten, und wie die
bornehmsten Mynheers aus ellenlangen, kölnischen Pfeifen
rauchten, da stellte er sich als das vollendetste Bild eines
zlücklichen Menschen solch einen Flötzer vor. Und wenn
diese Glücklichen dann erst in die Taschen fuhren, ganze
Hände voll großer Thaler herauslangten und um Sechsbätz-
ner würfelten, fünf Gulden hin, zehn her, so wollten ihm
die Sinne vergehen, und er schlich trübselig nach seiner Hütte;
denn an manchem Feiertagabend hatte er einen oder den
andern dieser „Holzherren, mehr verspielen sehen, als der
arme Vater Munk in einem Jahr verdiente. Es waren vor—⸗
züglich drei dieser Männer, von welchen er nicht wußte,
welchen er am meisten bewundern sollte. Der Eine war ein
dicker, großer Mann mit rothem Gesicht, und galt für den
reichsten Mann in der Runde Man hieß ihn den dicken