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Kolonien, andrerseits nach den neu aufgenommenen Stein—
kohlengruben im norddeutschen Tieflande.
Die deutschen Bergleute brachten in die neue Welt
neben ihrer technischen Befähigung die vorzugsweise Be—
gabung des Deutschen mit, sich allen klimatischen Verhält—
nissen anzupassen. In Folge dieser Eigenschaften finden
wir noch heute die deutschen Bergleute als Betriebsführer
sowohl in den heißen und feuchten Riederungen der tropischen
Küsten, als auch auf den unwirthlichen Höhen von Eerro
de Pasco, wo in einer Höhe von mehr als 13000 Fuß,
also beinahe in der Höhe des Montblanc, gegen taufend
Silbergruben betrieben werden. Sie erhalten durch das
ganze spanische Amerika den deutschen NRamen in Ehren,
welchen dort einst der größte Wanderer unter den deutschen
Bergleuten, Alexander von Humboldt, mit so unvergäng—
lichem Glanze bekleidet hat.
Der zweite Auszug der sächsischen und harzigen Berg—
leute nach den Steinkohlengruben von Westfalen, Schlesien
u. s. w. fällt in die Zeit des aufblühenden deutschen Stein—
kohlenbergbaues, welcher vom sechszehnten Jahrhundert ab
einen größeren Umfang erlangte.
Der Sparsinn unter den Bergleuten.
Wiederholt ist schon die Bemerkung gemacht worden —
auch in diesem Blatte, Jahrgang 1872 Rr 25 Seite 98 —,
daß unter der Saarbrücker bergmännischen Bevölkerung der
Sinn zum Sparen und zum Zurücklegen eines Nothpfenniges
für schlimme Tage leider nur sehr schwach ist. Alle Ein—
richtungen, die zur Förderung desselben in den verschiedensten
Zeiten geschaffen worden sind, wie namentlich die bergmän⸗
nische Sparkasse zu Saarbrücken und die auf den einzelneu
Gruben errichteten Spar- und Vorschußvereine, waren von
jeher bei den Bergleuten beliebter, um aus ihnen Darlehen
zu entnehmen und zu borgen, als Ersparnisse in ihnen aͤn—
zulegen.
Zwar muß allerdings anerkanut werden, daß es noch
andere Arten des Sparens und der Anlegung von Erspar:
nissen gibt, als diejenige des directen Einlegens von Geld
in eine Sparkasse. Und grade solche andere Sparanlagen
sind im Saarbrücker Bezirk durch die getroffenen Einrich⸗
tungen des Hausbaues und der Ansiedlung der Bergleute
wesentlich erleichter. Wer ein Haus mit Darlehen aus
der Knappschaftskasse oder mit Vorschuß aus der Gruben—
kasse gebaut hat und im Laufe der Jahre regelmäßig die
vorgeschriebenen Abtragungen auf dieses Darlehns- oder
Vorschußkapital von seinem Lohn leistet, der spart damit
gewiß mehr und sicherer, als auf die gewöhnliche Art; denn
als Frucht seines Sparens während 8—216 Jahren hat er
dann das freie, volle Eigenthum von einem Hause und
Grundstücke im Werthe von durchschnittlich 700 dis 1000,
ja oft selbst mehrern Tausenden Thalern — natürlich unter
der Voraussetzung, daß er nicht mittlerweile, währen der auf
der einen Seuͤe zum Sparen gezwungen wird, auf der andern
wieder Schulden gemacht und Hypotheken auf sein Haus ge⸗
nommen hat! — Auch die Anschaffung von Ackerland aus
den Lohnsersparnissen ist namentlich bei denjenigen Berg⸗
leuten, die weiter ab von den Gruben wohnen und die Vor—⸗
theile der Hausbauvorschüsse und Bauprämien nicht genießen.
erfreulicher Weise gar nicht selten.
Aber gleichwohl kann man doch behaupten, daß da—
neben unter den Saarbrücker Bergleuten, besonders bei den
jetzigen guten Löhnen, noch weit miehr als es wirklich ge⸗
schieht, durch Anlegen von Geld bei den Sparkassen gespar⸗
werden könnte, und daß in dieser Hinsicht die westphälischen
Bergleute den Saarbruͤckern entschieden voraus sind
Bei der städtischen Sparkafse in Bochum z. B. stehen
unter den am Schlusse des Jahres 1878 vorhanden ge—
wesenen Spareinlagen von 1,868,989 Thlr. obenan die
durchweg sparsamen dortigen Bergleute mit einem Spar⸗
sapitale von 309,127 Thlr. Also ein so großartiges Spar—
sapital haben Bergleute allein bei dieser einen Kasse ein⸗
gelegt. Bedenkt man aber, daß im Kreise Bochum außer⸗
dem noch eine Reihe anderer, wenn auch kleinerer Spar⸗
kafsen thätig sind, bei denen dasselbe Verhältniß obwaltet,
sowie daß die ähnlichen Sparkassen in Essen, Dortmund u. s. w.
in fast noch größerem Maßstabe von der bergmännischen
Bevölkerung benutzt werden, so können in dieser Beziehung
die westphälischen Bergleute den Saarbrückern nur als Muster
zur Nacheiferung anempfohlen werden.
Die Macht der Thränen.
Ein armer, aber geschickter Tischler erhielt durch Em—
pfehlung Arbeit in einem augesehenen Kaufmannshause. Der
Kaufmann bestellte zur Aussteuer seiner Tochter für einige
hundert Thaler Mobilien bei ihm. Der Tischler, hocherfreut,
eilte nach Hause und erzählte seiner Frau das gehabte Glück.
Als der erste Rausch vorüber war, kam der hinkende
Bote nach, und die Frau stellte die Frage auf: „Wo
nur die bedeutenden Aussagen hernehmen?“ Den neuen gro⸗
ßen Kunden um Vorschuß bitten, das ging nicht; denn
dadurch hätte man vielleicht die ganze Bestellung wieder rück
gängig gemacht. Reiche Freunde hatte der arm Maun nicht,
wo blieb nun eine andere Zuflucht, eine so bedeutende Summe,
die doch zur Auslage gehörte, herzuschaffen, als von einem
Wucherer? Der war auch bald gefunden und erklärte, nach⸗
dem er sich von der Richtigkeit der Bestellung überzeugt,
aus Menschenliebe, gegen einen Wechsel für hohe Procente,
auf drei Monate das benöthigte Geld herzugeben.
Fleißig arbeitete der brave Tischler, und bald standen
zwei Dutzend der schönsten Stühle, ein prachtvoller Schrank
zc. fertig zum Lobe des glücklichen Meisters da.
Nett im Sonntagsrock gekleidet, ging unser Tischler neben
den Trägern her, und hoch pochte ihm das Herz vor Freude,
wenn Vorübergehende die schöne Arbeit lobten
Als man im Hause des Kunden angekommen, lief Alles
zusammen, das Neue zu beschanuen. Auch der Hausherr wurde
gerufen und lächelte beifällig und zufrieden.
„Ihr sollt in Zukunft mein Tischler sein, denn die
Sachen sind lobenswerth; laßt nur Alles behutsam nieder—
setzen. Gott befohlen!“ und damit ging er aufs Comtoir,
der Tischler und, seine Gesellen bald darauf nach Hause.
„Meister,“ sprachen diese, „der Herr schien ja ganz
zufrieden. Der muß mal reich sein! Da hat der Mästen
einen guten Kunden aufgethan“
„Jawohl! ich bin auch erfreut darüber,“ antwortete
ex. Doch auf des guten Mannes Gesicht war eben keine
Freude zu sehen, denn er gedachte daran, daß die drei Ro—
nate in acht Tagen verflossen, und der reiche Kaufmann von
Bezahlung ihm keine Silbe gesagt. Wie sollte das nun
werden? Trübe saßen, als sieben Tage bereits vergangen
waren, die beiden Eheleute zusammen, da sprach die Frau:
„Auf, lieber Mann! fasse ein Herz, geh' zu unserem
neuen Kunden und bitte ihn um Bezahlung. Er wird ein
Mensch sein und Einsicht haben.“
Und der Meister ließ sich bereden.
Schwer schlug das Herz, krampfhaft drückte er die
Krempe seines Hutes zusammen. als er nun die Tbue pe