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Dieses erste und älteste große Faß, das am nämlichen
Orte thronte, wo man das heutige sieht, hielt 1321 Fuder,
es war 27 Fuß lang, aus 112 Dauben zusammengesetzt
und mit 24 eisernen Reifen umgeben, zu welchem man allein
122 Centner Eisen gebraucht haben soll. Doch nicht lange
sollte dieses erste große Faß die Schaulust seines Begrün⸗
ders und seiner Besucher ergötzen. Schon ein Jahr nach
seiner Erbauung starb der Pfalzgraf, und in dem dreißig
jährigen Kriege ging das Faß zu Grunde. Erst nach
längerer Zeit, im Jahre 1664, wurde es mit vermehrter
Pracht und Meisterschaft nen aufgebaut, und faßte nunmehr
in seinem Bauche 204 Fuder Wein. Leider sollte auch
dieses zweite große Faß nicht von langer Dauer sein. Be
den räuberischen Einfällen entging es zwar durch einen Zu—
fall der Zerstörungswuth der Soldaten und dem überall
wüthenden Flammenmeere, doch verlechte und verdarb es
in den Kriegsunruhen. Verjüngt wurde es 1728 wieder
hergestellt und im gleichen Jahre noch mit Pfälzischem
Weine gefüllt. Als es im Laufe der Zeit unbrauchbar ge—
worden, wurde 1751 ein ganz neues Faß von dem festesten
Holze erbaut, und diesesnist es, welches man noch heute er—
blickt, und zu welchem von Nah und Fern Pilger kommen
und seinen riesigen Umfang ansiaunen.
Die Erbauung dieses Riesen aller Fässer der Erde soll
die große Summe von 80,000 Gulden gekostet haben. Es
war oftmals mit dem köstlichen Rebensafte der Pfalz ge—
füllt, und faßt 280 Fuder oder beinahe 400,000 gewöhn⸗
liche Flaschen Wein in seinem kolossalen Bauche.
Eine Gallerie mit Geländer und verschiedenen Treppen
führen zu und um den Faßriesen, der auf seinem Rücken,
28 Fuß hoch über dem Kellerboden, einen Tanzboden und
Raum für eine zahlreiche Gesellschaft darbietet.
Ungern schied Zobel von den schönen Schloßrninen
und dem freundlichen Heidelberg. Aber es muß Abschied
genommen werden. Mit Thränen in den Blicken zieht der
kräftige Bergmann von dannen nach seiner Väter heil'gem
Heerde hin, bald soll er neu begrüßen sein theures Heimath—
land. Glücklich und wohl behalten ist er in die Heimath
zurückgekehrt, und arbeitet seitdem noch bis auf den heutigen
Tag in den Kohlenbergwerken Saarbrückens. Er hat sich
in der Nähe seiner Grube einen eignen Heerd gegründet,
und wenn ihn auch mitunter manche ernsie Stürme ange—
fochten haben, so hat er doch stets des Schicksals feindliche
Macht als Mann getragen und sich von ihr nicht nieder—
drücken lassen.
An einem Septembertage des Jahres 1866 kehrte einst
Zobel eben von der Schicht zurück, da erblickte er auf der
Grube einen Menschen, dessen Züge ihm bekannt zu sein
schienen. Er trug einen abgetragenen Ueberzieher, an dem
der Zahn der Zeit sein Möglichstes bereits gethan hatte
wahrscheinlich noch Ueberreste aus bessern Tagen, — ein
Paar hohe Wasserstiefel, die etwas schief gelaufen und auch
wiederum zu offenherzig waren, um allenfalls eindringende
Nässe nicht sofort wieder ablaufen zu lassen. Auf seinem
schwarzen Lockenkopfe saß eine Pelzmütze, die ihm ein noch
erbärmlicheres Aussehen verlieh, als dies schon die ties
zurückliegenden Augen und die blasse, hagere Gestalt
thaten. In der rechten Hand trug er ein italienisches
Grubenlicht, welches einer Uhrkapsel gleicht und mit einer
fußlangen Schlinge versehen ist. Etwas Unstätes lag in
der ganzen CErscheinung, der man die traurigen Folgen des
Leichtsinnes anmerken, die aber jetzt nur Bedauern erregen
konnte.
Zobel trat auf den Fremden zu und reichte ihm
Hand, er erkannte in ihm den ehemaligen Banunterneh'
Willibald Rieger, der ihn einst im Heidelberger Gasthe
„um großen Faß“ so schwer beleidigt hatte. Vom tief
Mitleid ergriffen, fragte Zobel nach seinem Ergehen, in
er ihn mit Namen anredete. Rieger, nicht wenig üb
rascht über die Anrede des jungen Mannes, erkannte nb
auch in diesem den „Begrabenen aus dem Carlthorstoll
und erinnerte sich jener besseren Tage, wo er mit dem Gelde
spieltshatte und seinen Nebenmenschen zum Besten halten wo
Ein tiefes Schamgefühl überfiel ihn, er stand vor I87
beinahe wie vor einem Richter, er gedachte der Stunde,
er jenem damals so übel aufgespielt hatte. Voll innerer
regung, mit nassen Augen, reichte er Zobel seine abgemas
Rechte. Zobel drückte sie recht herzlich zum Zeichen
Versöhnung, denn was ist schöner und erhabener als zu
fügte Beleidigungen zu vergeben! Das eigene Gefühl str
schon den Beleidiger genug bei solchen Scenen.
Rieger begann nun seine unglückliche Lage zu schilde
Als der Heidelberger Tunnel fertig gewesen, — so erzäl
er —. hätte er eine ansehnliche Summe Geld erworben gehc
er sei aber immer kühner und dreister in seinen Unlern
mungen geworden und wäre von Baden nach der Schn
gegangen. Sein Glücksstern hatte indeß bald ausgeleuch
und fing an zu sinken. Im Kanton Wallis in der Schn
stürzte ihm ein Tunnelbau zusammen, wobei mehrere M
schen beschädigt wurden, und nun das ganze Unglück ihm
Last gelegt wurde. Es blieb ihm von seiner ganzen —
Nichts mehr übrig, und somit war er nun der größ
Armuth preisgegeben.
Aber der liebe Gott verläßt den Bergmann nicht, we
er gleich schwankt im Schicksalsstrudel, wie einst Petr
als er am See Genesareth seinen Herrn und Meister
Hilfe anrief. Auch Rieger sollte nicht untergehn. Zo
erschien ihm wie ein rettender Engel. Edelmuͤthig opf.
er, was ihm zu Gebote stand, und Rieger fing nun an,
ihm zu arbeiten. Zwar kam es ihm Anfangs schwer an, o
er hatte es doch in seiner Jugendzeit gelernt und verst
das Arbeiten. Wenn es gleich nicht vom Besten ging
unterstützte doch Zobel ihn. So arbeiteten beide nun
Jahre miteinander in der größten Freundschaft. Ruͤ
war ein Geognost, der die Zusammensetzung der Steina
und Gebirgsmassen kannte und Zobel hierüber manch nütz
Lehre gab.
Aber für den schwergeprüften Rieger war nach die
2 Jahren die Prüfungszeit vorüber. Sein Wandergeist tr
ihn nach Westphalen, wo er durch einen Baumeister,
sein Talent zu schätzen wußte und ihn von früher her kan
wieder zu seinem Ziele gelangte, es geht ihm jetzt aus
zeichnet. Zobel und Rieger sind noch immer Freunde
blieben und schreiben einander von Zeit zu Zeit ihre
lebnisse.
So ging jener denkwürdige Spruch auch hier
in Erfüllung: „Berge und Thäler begegnen sich nicht,
doch die Menschen! Darum verachte keinen Menschen!“
Marktpreise am 2. Mai 1873.
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