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bestimmter Zeit zu zahlende Rente oder ein nach dem Tode
fälliges Kapital Gegenstand der Versicherung sein, so wird
immer zunächst nach dem Alter des Eintretenden der Bei—
trag ein verschiedener sein müssen.
Nun hat aber das knappschaftliche Vereinswesen die
Aufgabe:
1. den Mitgliedern für den Fall der Invalidität eine
Rente,
2. im Todesfalle
a. eine bestimmte einmalige Zahlung (Sterbegeld),
b. der Wittwe und
c. den hinterlassenen Waisen ebenfalls eine Rente zu
zahlen, und
außerdem die Verpflichtung, in Krankheitsfällen den
Mitgliedern freie Kur und Arznei und Krankengeld, und
endlich sogar auch noch für Schulzwecke eine Bei—
hülfe zu gewähren.
Wollte man nun für diese Leistungen die Beiträge ver—
sicherungsmäßig feststellen, so wäre zunächst eine Zerlegung
des Instituts in Specialkassen, und zwar: Pensionskasse,
Wittwenkasse, Sterbekasse u. s. w. erforderlich.
Zu jeder dieser Kassen würde das Mitglied je nach
dem Eintrittsalter, dem Umstande, ob verheirathet, kinderlos,
oder nicht, einen verschiedenen Beitrag zu zahlen haben,
und sich so aus verschiedenen Sätzen der zur Knappschafts-
kasse zu leistende Beitrag des Einzelnen verschieden er—
geben müssen.
Eine derartige Trennung der einzelnen Leistungen und
Erhebung der Beiträge nach Versicherungsgrundsätzen ist
in einem ersten Entwurfe für das neue Statut versucht,
aber vorläufig, als auf unlösbare Schwierigkeiten, nament⸗—
lich in dem zur Zeit geltenden Gesetze, stoßend, beseitigt.
Gleichwohl bleibt es Aufgabe der Zukunft, das Knapp—
schaftswesen in einer Richtung zu entwickeln, welche sich
mehr und mehr den Grundsätzen der Versicherungsberech—
nung nähert, da diese den Vorzug größerer Haltbarkeit und
Zuverlässigkeit unbedingt gewährt.
Ursprung und Entwicklung des Bergbaues.
XX.
Nicht nur rings um Freiberg herum, sondern auch
in weiterer Entfernung von der Stadt war seit Freibergs
Gründung ein blühender Bergbau auf Silber-, Blei- und
Kupfererze entstanden, der viele Tausende von Bergleuten be—
schäftigte. Die Relionskriege des 15. Jahrhunderts brachten
wie in Böhmen so auch hier viele Gruben zum Erliegen.
Noch über 100 Jahre hinaus scheint der Freiberger Berg—
bau namentlich den Einfall der böhmischen Hussiten schwer
empfunden zu haben. Auch in den folgenden Jahrhunderten
thaten Krieg, Pest (besonders 1521, wo allein in Freiberg
über 2000 Menschen der Pest erlagen), große Wasserzu—
gänge und Unglücksfälle aller Art dem Bergbau manchen
Schaden. Gleichwohl ist derselbe nie erlegen und hat sich
durch die Jahrhunderte hindurch unter Herrschaft der Mark—
grafen von Meißen und später der Herzoge und Churfürsten
von Sachsen in Blüthe und wachsender Ausdehnung er—
halten.
Wie beträchtlich die Zahl der auf den Gruben im 158.
und 16. Jahrhunderte beschäftigten Bergleute gewesen sein
muß, zeigt beispielsweise, daß im Jahre 1540 die Stadt
Freiberg, abgesehen von den zahlreichen umliegenden Dörfern
und kleinern Bergstädten, allein 32,763 über 11 Jahre alte
—— zählte, die weit überwiegend aus Bergleuten be—
standen.
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Mit der zunehmenden Tiefe der Schächte auf den
Freiberger Gruben hatte der Bergbau immer größere
Schwierigkeiten zu bekämpfen. Vornehmlich waren es die
starken Wasser, deren Hebung mittelst der alten unbeholfenen
Heinzenkünste (Seile ohne Ende innerhalb einer Röhre, in
gewissen Abständen mit Kugeln oder Scheiben versehen,
welche bei Bewegung des Seils das Wasser in die Höhe
hoben) unendliche Mühe kostete, und welche oft die er—
giebigsten Gruben zum Erliegen brachten. Von der alten,
ehemals berühmten Thurmhof-Grube bei Freiberg erzählt
die Sage, daß ein Steiger, voll Zorn und Ungeduld über
das beschwerliche Einhängen der für die unterirdisch auf—
gestellten Künste nöthigen Pferde in den Schacht, einst die
Gezeuge zerhauen habe, wodurch die Wasser aufgingen und
seitdem nicht mehr gewältigt werden konnten. Welche
Kräfte zur Wasserhebung in Anspruch genommen wurden,
erhellt daraus, daß man gegen das Jahr 1569 allein im
engern Freiberger Revier 210 Pferde und 2505 Wasser⸗
knechte dazu gebrauchte. Einen bedeutenden Fortschritt
brachten die im Jahre 1570 vom Oberbergmeister Planer
eingeführten Stangenkünste oder Radpumpen, welche durch
Wasserräder in Bewegung gesetzt wurden. Trotz der an—
fänglichen Unvollkommenheit ergaben doch diese „neuen
Zeuge“ gegenüber der frühern Wasserhebung durch Menschen
und Pferde bereits im ersten Jahre 1570 innerhalb des
Fzerger Reviers eine Kosten-Ersparniß von über 100,000
ulden.
Im Jahre 1613 wurde zuerst die Anwendung des
Pulvers beim Bergbau, die Sprengarbeit, durch den spätern
Oberbergmeister Weigold in Freiberg erfunden. Die nach
und nach allgemeiner gewordene Einführung des Sprengens
gestattete manche Baue wieder aufzunehmen, die wegen zu
großer Gesteinsfestigkeit verlassen worden waren. — Aehnliche
wichtige Fortschritte wurden auch bei den Freiberger Gruben
durch verbesserte Fördereinrichtungen gemacht, namentlich
durch Einführung von Förderwagen („Hunde“) statt der
Laufkarren, durch Einrichtung von Pferdegöpeln und Wasser—
rädern zur Förderung in den Schächten statt der alten Has—
pel, die von Menschenhand betrieben wurden, u. dgl. mehr.
Ueber den Ertrag der Freiberger Bergwerke innerhalb
der ersten Jahrhunderle ihres Betriebes liegen keine genauen
Nachrichten vor, doch muß derselbe ganz ungeheuer groß
gewesen sein, wie er später nie wieder erreicht wurde.
Ueberhaupt hat die Ergiebigkeit der Gruben mit größerer Tiefe
bedeutend abgenommen. In den 100 Jahren von 18529 bis
1630 belief sich die an die Gewerken vertheilte reine Aus—
beute nach Abzug des Zehnten und sonstiger Abgaben auf
3144 Millionen Thaler, in den folgenden 100 Jahren bis
1730 nur gegen 122 Millionen Thaler. Im Laufe des
18. Jahrhunderts stieg dann die Ausbeute wieder und be—
trug beispielsweise im Jahre 1790 über 50,000 Thlr.
Die Production der Freiberger Gruben erreichte gegen
Ende des vorigen Jahrhunderts jährlich etwa 45,000 Mark
Silber, 5000 Etr. Blei und 1000 Etr. Kupfer. Dabei
waren 230 gangbare Gruben in Betrieb mit einer Beleg—
schaft von 3000 Bergleuten. Die tiesste Grube zu dieser
Zeit, der Kuhschacht, hatte 205 Lachter — 1246 Fuß Tiefe
unter Tage.
Schon 1702 war in Freiberg für den Unterricht
unger Bergleute im Berg- und Hüttenwesen eine Schule
errichtet, die 1765 zu einer Bergakademie erweitert wurde.
Letztere hat bald große Berühmtheit erlangt. Alle Nationen
der Welt sandten und senden zum Theil heute noch ihre
jungen Bergingenieure zu ihr hin, um sie daselbst zu ihrem
Berufe sich ausbilden zu lassen. Auch Alexander von Hum—