Full text: Der Bergmannsfreund (3.1873)

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nicht an, vor oléun Rieini haben sie leinen Abscheu, mit 
Leberthran schmieren sie nicht einmal ihre Stiefel, geschweige 
denn ihre Kehlen ein. Es muß ihnen wohl gehen, wie 
dem verwöhnten Jäger, der den Hasenbraten, wie dem 
Zuckerbäcker, der die Süßigkeiten verschmäht. Oder liegt 
aquch hier der Grund tiefer. 
Genug, der geneigte Leser weiß jetzt so ziemlich, wie 
ein Apotheker ist, und was für ein Mann ungefähr an 
einem klaren Wintertage in der Officin vor einer zerbrochenen 
Flasche und seinem henlenden Lehrburschen stand, dem er 
so eben ein paar Maulschellen versetzt hatte und jetzt, vom 
statu contritionis profitirend, folgende Ermahnungen ange— 
deihen ließ : 4 
„Junge, es ist zu toll! Schon wieder Scherben! Du 
wirst töpelhafter von Tag zu Tag. Ich ärgere mich noch 
zu Tode. Wozu hast du denn deine Augen? Um zu sehen. 
Und deine Hände? Um festzuhalten. Gebrauch' sie doch!“ 
Peter war ein guter, dummer Bauernknabe, den sein 
Vater, um etwas Hoͤheres aus ihm zu machen, zu Herrn 
Pill in die Lehre gebracht hatte. Und dieser unterwies ihn 
treulich in den Anfangsgründen der geheimnißvollen Kunst, 
hatte auch über seine Willigkeit nicht zu klagen, wohl aber 
ůber seine unverbesserliche Ungeschicklichkeit. Kaum verging 
ein Tag, und nie eine Woche, ohne daß Peter etwas um— 
warf oder zerbrach; er schien zwei linke Hände zu haben 
und machte gelegentlich auch von den Füßen einen zer— 
störenden Gebrauch; weder Ermahnungen, noch Strafen, 
noch die Drohnung, ihn fortzujagen, hatten bis jetzt gefruchtet. 
Sein Principal, der (vergl. unsere zweite Bemerkung 
oben) ein Feinschmecker war, verstand sich vortrefflich auf 
allerlei Conserben und Confitüren, und machte unter Anderm 
im Herbst regelmäßig höchsteigenhändig grüne wälsche Nüsse 
mit der Schale in Zucker ein, bewahrte dieselben aber 
nicht etwa in der Vorrathskammer, sondern in der Apo— 
theke selbst, und zwar, um Naschhafte abzuschrecken, in 
einem schönen Topfe mit der Aufschrift: Gift! und einem 
grinsenden Todenkopfe und zwei kreuzweis gelegten Beinen 
darauf. „Dies ist das allerstärkste und gefährlichste Gift!“ 
sprach er mit höchst ernster Miene in den ersten Tagen der 
Lehre zu Peter; „darum steht es hier ganz appart. Rühre 
nur nicht daran! Du hast auch keine Veranlassung; es 
wird höchst selten verschrieben, und dann mach' ich das Re— 
cept selbst.“ 
Peter hörte erschüttert zu und war folgsam; hätte er 
nur ebenso leicht jeden anderen Anlaß zu Tadel vermeiden 
können! Aber das gelang ihm nicht. So eben noch hatte 
er schon wieder eine Flasche hinfallen lassen. 
„Nun laß dein Heulen!“ sprach Herr Pill, „geschehene 
Dinge sind nicht zu aͤndern. Wisch die Thränen aus dem 
Gesicht und den Spiritus vom Boden auf. Aber ich bin 
des Dings wirklich müde und mache jetzt Ernft. Wenn du 
innerhalb der nächsten acht Tage wieder Etwas zerbrichst, 
so mußt du aus dem Hause! Auf der Stelle marschirst du 
zu deinem Vater zurück! Verstanden? — Ich geh' jetzt ein 
Stündchen spazieren; wenn was Wichtiges kommt, so laß' 
die Magd mich im Stadtgarten rufen.“ Damit ergriff er 
seinen Bambusstock und schritt hinaus. Peter that, wie er 
geheißen war, brachte die Scherben auf den Hof zu ihren 
bielen Genosfen, und fuhr daun behutsam in seiner Arheit 
fort, die ganze Apotheke zu reinigen. Aber das Unglück 
schien ihn heute zu verfolgen. Als er, auf der Leiter stehend, 
einen besonders schweren Topf aus der Höhe herunternehmen 
wollte, verlor er das Gleichgewicht, rettete sich selbft zwar 
VIruser Resee de 5 — 
durch einen kühnen Griff nach dem Repositorium, wars 
aber bei der Gelegenheit den Topf natürlich auf den Boden, 
wo derselbe klirrend zerschellte. Entsetzt stieg er ihm nach 
und starrte die Verwüftung an. ..1 
„Was nun?“ seufzte ex. „Der Prinzipal schlägt mich 
halb todt, wem er heimkehrt, und mein AÄlter'schlägt mich 
zanz todt; wenn ich heimkehre. Ich bin doch der unglück— 
seligste Mensch, auf der Welt,“ Und er heulte, doch plötz— 
lich ward er still: „Ich mach' dem Ding ein Ende!“ sprach 
er mit furchtbarer Entschlosfenheit und holte das „gefähr— 
lichste Gift“ herbeit. Wohl pochte sein Herz wie rasend, 
als er das erste Stückchen in den Mund schob; aber es 
schmeckt nicht übel — was? es schmeckte köstlich! „Ein süßes 
Gift!“ meinte Peter, und da er micht sofort todt nieder⸗ 
stürzte: „Ein langsames Gist! ich muß mich beeilen, sonst 
findet mich Herr Pill noch am Leben.“ Damit griff er 
muthig weiter und immer weiter zu und hatte richtig das 
ganze Töpfchen geleert, als sein Principal zurückkehrte, und 
die nicht weggeräumte Bescheerung am Boden erblickend, 
schon wüthend den Stock aufhob. „Ach, Herr Pill!“ jam— 
merte Peter, schlagen Sie mich nicht; ich muß ja doch 
sterben, ich hab' all' das Gift genommen!“ 
Daß nun der Stock erst recht niederfiel und Peter ent⸗ 
lassen wurde, brauch' ich wohl nicht zu erzählen. Er ist 
Schreiner geworden; Holz zerbricht zum Glück nicht so leicht. 
Drei schlimme Gottheiten. 
Drei Götter gibt es, drei Götter, achh 
Verführerisch lockend und ohne Erbarmen; 
Ob Herz an Herz durch sie auch schon brach, 
Sie spielen doch neu stets mit den Armen. J — 
Der erste Gott, wer kennt ihn nicht, . —— 
Es ist der flammende Gott der Liebe;z 
Weh' dem, dem an nöthiger Kraft es gebricht 
Zu ersticken die falsch entfesselten Triebel — 
Der zweite Gott, ein schlimmer Gesell, 
Es ist der finstere Gott des Spieles; 
Ihm fallen zum Opfer nur zu schnell, 
Die er sich erkor als Punkte des Zieles. 
Der dritte Gott, und lechzend nach Blut. 
Es ist der rasende Gott des Krieges; 
Nicht schont er den eignen Sohn in Wuth 
Und mordet noch, im Genuß schon des Sieges. 
Und fielen auch Hekatomben schon 
Als Opfer dem blutigen Triebeee 
Noch immer sitzen auf stolzem Thronn 
Die Götter des Krieges, des Spiel's und der Liebe! 
Auflösung des Räthsels in yoriger Nummer: 
Ohrfeige.— 
Warktpreise am 1. März 1878. 
gee * n Saarbrücken. zu St. Johanx. 
s. M 
7177 
2 
—1 
1 
1 
Centner Kartofßeln 
Pfund Butter 
Dutkend Fier 
nrsrsgen. Erpeditien der Sorütee
	        
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