Full text: Der Bergmannsfreund (3.1873)

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geld — je nachdem. Er versprachß uns wundersame Dinge 
zu zeigen, als da sind: die Riesenscheeren des großen See⸗ 
krebses, das Crokodil, wie es aus dem Ei schlüpft, und, wie 
die Wilden Feuer machen. 
Daß fortan bis zum Schluß der Schule im Raechnen, 
Lesen und Schreiben nicht inehr besonders Viel geleistet 
wurde, werde ich kaum zu versichern brauchen. Der Kopf 
steckte uns voll von Krebsscheerren, von jungen Crokodilen 
und vom Feuer der Wilden. 
Gleich nach dem Mittagessen kamen wir vor das Schul⸗ 
haus gestürmt und warteten sehnsüchtig bis der Mann mit 
dem Kasten heranwandelte. 
In dem Schulzimmer gab es, ehe noch die Schätze 
erschlossen waren, ein gewaltiges Drängen uund Stoßen, ich 
aber bekam als Pfarrerssohn, und weil ich einen Groschen 
bezahlt hatte, den besten Platz. 
Die Merkwürdigkeiten, die der Mann vorzeigte, über— 
trafen unsere kühnsten Erwartungen. Zwar genirte mich's 
bei den Krebsscheeren ein wenig, daß einer meiner Kamera⸗ 
den — durch prüfendes Herumklopfen entdeckt zu haben 
glaubte, daß, wie er mir in's Ohr flüsterte, die ungeheu— 
ern Scheeren von Töpfer⸗Erde seien, und, was „das Cro— 
kodil, wie es aus dem Ei schlüpft“, anbelangt, so will ich 
zwar heute noch nicht seine aͤcht-iäghptische Abkunft anzwei— 
seln, aber es sah doch einer Eidechse, die den Schwanz in 
ein leeres Tauben-Ei streckt, in bedenklicher Weise ähnlich. 
Am Begierigsten waren wir natürlich darauf, wie die 
Wilden Feuer machen; denn das hatte praktischen Werth. 
Nun konnten wir doch ohne Weiteres im Wald und auf dem 
Felde „zündeln“, ohne vorher der zankenden Mutter Zünd— 
hölzchen aus der Küche wegstibitzen zu müssen. Ich war 
nicht wenig stolz darauf, daß ich meinen Kameraden schon 
zuvor hatte erklaͤren können, die Wilden reiben, um Feuer 
anzumachen, ein hartes Holz an einem weichen. 
Und gerade so griff denn der Mann auch in der That 
die Sache an. Er holte zwei Holzstücke, ein hartes und 
ein mürbes, aus seinem Kasten hervor und rieb sie so kräf— 
tig und so lang aneinander, daß ihm der Schweiß von der 
Stirne rann. 
Feuer aber brachte er keines zu Stande. 
Darob erbarmt's den Herrn Unterlehrer des alten 
armen Mannes, und theilnehmend fragt er: „Soll ich 
bvielleicht Zündhölzchen holen?“ 
Der Mann antwortete schmunzelnd: „Ja, wenn Sie 
so gut sein wollen“ und, während der Herr, Unterlehrer 
auf sein Zimmer eilte, spaltete er das merkwürdige Holz, 
das harte und das weiche, in dünne Spähne, und brachte 
mittelft eines Zündhölzchen, das ihm der Unterlehrer dienst 
fertig hinhielt, wirklich ein lustiges Feuerchen zu Stande. 
So machen die Wilden Feuer. 
Diese Geschichte hat mich indeß Manches gelehrt, so 
sehr sie mich anfaugs verdroß. Als ich später in eine an— 
dere Schule kam, naämlich auf die hohe Schule, und Vor— 
lesungen hörte und der Herr Professor trotz unsäglicher Mühe 
mit seinen gelehrten Auseinandersetzungen das nicht zu 
Stande brachte, was unsereiner mit seinem simplen Ver— 
slande bald heraus hat — da war ich nicht selten in Ver⸗ 
suchung zu fragen: „Herr Professor, soll ich vielleicht Zünd— 
hölzchen holen?2“ — F 
Der Hofschnupfen. 
Eine Fabel. 
Der Wolf sprach: „Hm! wie ist mir denn? 
ee ee eer Soser in Eι——Âν. (GErnedition der Saarbrucker Zeitunc 
Herr König, mit Erlaubniß, wenn ... 
Wenn meine Nase .... ist mir recht, 
So riecht's in Eurer Höhle schlecht“. 
Da nickten Bär und Fuchs dazu 
Und hielten sich in stiller Ruh', 
Doch aus des Löwen Auge brach 
Ein Blitz, der also deutlich sprach, 
Daß der Verweg'ne ohne Grüßen 
Sich hat von dannen schleichen müssen 
D'rauf wandte zu dem Bären sich 
Der Löwe also: „Lieber, sprich, 
In welcherlei Geruch steht hier 
Des Königs Haus und Hof beĩ dir?“ 
„Ich,“ sprach der Bär, „ich finde sie 
So voll von Wohlgeruch wie nie.“ 
Da nickte auch der Fuchs dazu 
Und hielt sich noch in guter Ruh', 
Doch aus des Löwen Auge flog 
Ein Wink, der jenen nicht betrog: 
In Eile trollt' er sich zum Lohn 
Für seine Schmeichelei davon. 
D'rauf zu dem Fuchse wandte sich 
Der Löwe also: „Lieber, sprich, 
Was dünkt denn Dich nun dieses Falles? 
Doch Wahrheit — hörst Du — über Alles!“ 
Reinecke aber mittlerweil, 
Der zog herfür ein Tuch in Eil, 
Hielt sich's mit Eifer vor die Nasen 
Und sprach mit Räuspern, Husten, Blasen: 
„Herr König, ich bedau're sehr, 
Will Vetter Luchs gleich holen her: 
Ein böser Schnupfen hat — erlaubt! — 
Mir heute den Geruch geraubt.“ 
Allerlei. 
Gerechtes Mitleid. — Student (beim An— 
blick eines Wagens, auf dem eine Anzahl Kälber zum Metz— 
ger gefahren werden): „Die armen Thierlein dauern mich.“ 
— Fremder: „Warum denn eigentlich?“ — Student—: 
„Na, warum? — Weil ihr Vater ein Rindvieh war!“ — 
Gedanken einer verschmähten Geliebten 
„Abschenlich! Mich liebt er und heirathet die Marie. 
Wenn er nur wenigstens mich heirathete und die Marie 
liebhte!“ 
Räthsel. 
Drei Silben sind's, zwei Wörter nur. 
Die erste gab dir die Natur 
In duplo. Zwei und Drei schmeckt gut, 
Was nimmer doch das Ganze thut. 
Schluckst du's hinunter, steckst du's ein, 
So wirst du selbst Zwei⸗-Drei wohl sein! 
Auflösung folgt in nächster Nummer.“ 
Marktpreise am 22. Februar 1873. 
zu Saarkrücken. zu St. Johann. 
⸗ 
1 — — 
18 — 
9
	        
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