Full text: Der Bergmannsfreund (3.1873)

188 
ersten, die in der Stube umhertaumelten: sie hatten die 
günstige Gelegenheit nicht vorüber gehen lassen wollen. 
Man war gespannt, wie hoch das Haus im Steig— 
preis kommen würde, denn auf jede hundert Thaler der An— 
steigerung mußte ein Thaler Trinkgeld, wie dies üblich war, 
gleich baar bezahlt werden. 
Der Aufrufer hatte inzwischen einige Male dem Apfel— 
wein kräftig zugesprochen, dann wieder seinen Platz einge— 
nommen, und fing nun mit einer Miene, die seinem Amte 
völlig passend schien, an, das Haus auszubieten. Er wußte 
Vieles von der schönen Einrichtung und der Dauerhaftig— 
keit der Bauart auszulegen, und rief dann endlich mit 
mächtiger Stimme: „Wer läßt sich das Haus ansetzen?“ 
Zunächst herrschte einige Minuten allgemeine Stille 
Jetzt aber trat der Schubben-Wällgert“, den man für den 
reichsten Bauern im Vorfe hielt, und der zugleich auch 
„Schultes“ war, hervor, und bot 400 Thaler. Er hatte 
die Absicht, das Haus für seinen Schwiegersohn zu steigern 
und dachte auch nicht im Mindesten daran, daß er einen 
Hauptgegner zu fürchten habe und Einer überhaupt es wagen 
würde, ihn im Ernste abzubieten. 
„Vierhundert Thaler zum Ersten,“ erscholl die Stimme 
des Ausrusers. 
„Vierhundert und zehn!“ rief eine rauhe Baßstimme. 
— Wällgert sah sich um nach seinem Gegner, und erkannte 
in ihm den „Krakkels Pitter,“ einen jungen, breitschulterigen 
Bauersohn, der noch nicht lange geheirathet hatte.“ 
Vierhundert und fünfzig!“ bot Schubben Wällgert, 
schon ein wenig gereizt. Eine tiefe Stille herrschte, nur 
unterbrochen von dem das Gebot wiederholenden Ausrufer. 
„Fünfhundert!“ bot da Krakkels Pitter mit düsterem 
Ernst.Wällgert bohrte seinen Blick in die ihm nur halb 
zugewandte Gestalt des Pitter und wechselte die Farbe; 
unbewußt zogen sich seine Fäuste zusammen, preßten sich 
seine Zähne aufeinander. 
„Sechshundert Thaler!“ stieß er, kaum seiner innern 
Aufregung Meister, hervor. 
„Siebenhundert!“ sagte Pitter, das Wort stockte ihm 
aber schon auf der Zunge. Soviel hatte er nicht im Sinne 
gehabt, zu bieten, aber er wurde dazu gereizt, hinter ihm 
stand eine Anzahl Bauern, die dem Schubben Wällgert nicht 
hold waren und es ungern gesehen hätten, daß der Wäll— 
gert in den Besitz des Hauses gekommen wäre; oder wenig— 
stens hätten sie gewünscht, daß es ihm recht theuer aufge— 
brannt würde. Sie winkten daher dem Pitter immer zu, 
und suchten ihn aufzustacheln. 
Wäͤllgerts Hitze hatte sich inzwischen jedoch schon et— 
was gebrochen, und der Geldgeiz ließ es ihm nicht mehr 
zu, mit ganzen Hunderten zu bieten; er dachte außerdem, 
er würde doch dem Kraklels Pitter das Herz abkaufen. Er 
fing jetzt wieder gelinde an und bot siebenhundert und zehn 
Thaͤler. So ging es noch eine Weile mit dem Wettstreite 
der beiden fort, bis endlich der Pitter nachgab. Der Aus— 
rufer rief schon: „Neunhundert zum Ersten. — neunhundert 
zum Zweiten!“ — 
Tausend Thaler!“ sagte jetzt ganz gelassen Arnold 
Wellenstein, der bis dahin nur als ruhiger Zuhdrer da ge⸗ 
standen hatte. 
Alle Gesichter waren mit einem Male nach dem un— 
bekannten Fremdling hin gerichtet. Wällgert war stumm 
wie das Grab, er laumelte nur mehr so aus der Stube 
heraus, — er hatte fich nämlich beim Apfelwein auch nicht 
hintenan gestellt und der that jetzt bei Wällgert's Aufge— 
regtheit seine Wirkung. Die ganze Versammlung brach 
iber Wällgert's Rückzug in ein lautes Gelächter aus, und 
das Haus wurde nun dem bis jetzt noch fremd gebliebenen 
Arnold zugeschlagen. Aber wie staunten Alle, als der No⸗ 
tar nach dem Namen des Käufers und nach dem Bürgen 
fragte, und Arnold ruhig erwiderte: „Ich heiße Arnold 
Wellenstein, und meinen Bürgen, den habe ich hier!“ — Da—⸗ 
mit deutete er auf die gefüllte Geldbörse, die an seiner Seite 
ruhte und die er nun öffnete. Er legte die gebotene Summe 
in einem Tausend-Thaler-Scheine vor den Notar. Nach— 
dem dieser die Echtheit des Scheines sorgfältig geprüft und 
sich damit zufrieden erklärt hatte, legte Arnold auch noch 
2 Zehn⸗Thalerscheine, also das Doppelte dessen, wozu er ver⸗ 
pflichtet war, auf den Trinkgeldteller, wie es Sitte war. 
Die Bauern ließen sich es nun recht wohl sein, denn 
so viel Trinkgeld hatte es bei ihrer Lebzeit noch nie gege— 
ben, Versteigerungen kamen überhaupt nicht häufig vor und 
gar solche bis zu 1000 Thaler nur höchst selten. Wie ju— 
helten sie Arnold entgegen! Jeder wollte sich eine Ehre da— 
raus machen und lud ihn ein, bei ihm einzukehren. 
Für Arnold war es ein glückliches Gefühl, wieder im 
Besitze seines Vaterhauses zu sein. Er durchmusterte alle 
Zimmer, und da erblickte er auch zu seiner großen Freude 
an der Wand jenes Bild, das ihm oft seine verstorbene 
Mutter gezeigt hatte. Es war dies nämlich die schöne kleine 
Wachsfigur, Johannes in der Wüste darstellend, welche vor 
fast 50 Jahren die Mutter seines Vaters gehabt, als man 
sie todt am Wellenstein gefunden hatte. Hastig griff er 
nach dem lieben Andenken. Aber kaum berührte er es nur, 
da fiel es von der Wand zu Boden und zerbrach. Be— 
dauernd hob er die Bruchstücke auf. An einem Stücke fand 
sich ein kleines Papierchen. Neugierig entfaltete Arnold 
dasselbe und siehe da, es enthielt eine in französischer Sprache 
geschriebene Notiz, die auf Deutsch folgendermaaßen lautete: 
„Ein Landjunker aus der Grafschaft Burgund, Nikolaus 
Imblon, in Adenau den 8. Juni 1812.“ Weiter konnte 
man Nichts daraus entnehmen. Aber für Arnold gab es 
wenigstens einen erfreulichen Fingerzeig in dem räthselhaf⸗ 
ten Dunkel, das über die Herkunft seines Vaters und dessen 
anglückliche Mutter bisher geschwebt hatte. — 
Arnold ließ nun seinen Vater lommen, der bis dahin 
noch immer auf dem Bleiberge beschäftigt war, und legte ihm 
einen neuen Kaufladen im alten Hause zu Bruch an. So 
erlebte Vater Wellenstein wieder glückliche Tage. Arnold 
selbst reiste nach einmonatlichem Aufenthalte in seinem Ge— 
»urisorte wieder mit seiner Frau nach England zurück, und 
er, der sich vor dem ersten Bergknappen, den er am Blei— 
herge einst sah, so sehr gefürchtet hatte, ist jetzt ein tüch— 
tiger Bergingenieur nicht nur, sondern sogar alleiniger Be⸗ 
siher des großen Silberbergwerkes Concordia. 
Buchftaben räthsel. 
Mit Kegibt's Speis', und Trank mit B, 
Mit H erklingt's, und sticht mit D, 
Mit Z thut's selten gut. Zum Sporn 
Noch dies: mit v ist's immer vorn. 
(Auflbsung folgt in nächster Nummer.) 
Marktpreise am 15. Moh⸗ 
973. 
St. Johaun. 
—A 
11 — 
— 13 — 
10 
Centner Kartoffeln 
Pfund Butter 
Dutzend Eier 
Drucker und Verleger; Bebrüͤder Hofer in Saarbrugen. Erpedition der Saarbrader 
ꝛitun.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.