Full text: Der Bergmannsfreund (3.1873)

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werden mußte, ist jetzt ein neues Krankenhaus Seitens des 
Werkes' gebaut und den Knappschaftsgenossen zur unent⸗ 
geltlichen Benutzung übergeben. 
Für alle größern industriellen Werke ist ein Kranken— 
haus höchst wünschenswerth, für die Georgs-Marien-Hütte 
aber unerläßlich nothwendig, da die Arbeiter in Entfer— 
nungen bis zu 2 Stunden vom Werke wohnen und bei 
Verwundungen oder schweren Krankheiten dem Kranken bei 
solchen Entfernungen Seitens des Arztes nicht die nöthige 
Sorgfalt zugewendet werden kann. So gab es z. B. im 
Jahre 1872 8,8485 Krankheitsfälle mit 17,896 Krankheits- 
tagen, deren Behandlung dem Arzte ohne Krankenhaus bei 
den erwähnten Entfernungen fast unmöglich gewesen wäre. 
Den Haushalt des Krankenhauses besorgt der Hospital⸗ 
verwalter, der zugleich Assistent des Knappschaftsarztes ist, 
und sind außerdem für die Verpflegung der Kranken noch 
2 Krankenwärter angestellt. 
An Beiträgen zum Knappschaftsverein zahlen: 
1) die Arbeiter 
a. die unständigen pro 1 Thlr. Verdienst 9 Pfg., 
b. die ständigen pro 1 Thlr. Verdienst 15 Pfg.; 
das Werk mindestens die Hälfte sämmtlicher Seitens 
der Arbeiter gezahlten Beiträge. 
Die Verwaltung des Knappschafts-Vereins erfolgt 
unter Oberaufsicht des Staats: 
1) durch einen Vorstand, aus 4 Mitgliedern bestehend, 
von denen 2 durch die Arbeiter gewählt, 
2) durch eine angemessene Zahl — zur Zeit 4 — 
Knappschaftsältesten, die durch die ständigen Arbeiter 
gewählt werden. 
Es könnte auffallen, daß für Unterftützungen ꝛc. aus 
der Knappschaftskasse verhältnißmäßig geringe Summen 
verausgabt sind. Der Grund hierfür liegt vornehmlich 
darin, daß noch verschiedene Fonds vorhanden sind, die, 
unter der Verwaltung des Werks-Vorstandes stehend, in 
freigebigster Weise zum Besten der Arbeiter verwendet werden. 
Der hervoragendste unter diesen Fonds ist der Ar— 
beiter⸗Dispositions-Fonds (Fonds zur Förderung des Wohles 
der Werksarbeiter). Derselbe wurde im Jahre 1866 gestifte! 
mit 4000 Thalern. Von der Zeit an ist jährlich eine 
größere oder geringere Summe, im Ganzen von 1867 — 
1872 gegen 40,000 Thlr., Seitens des Werkes diesem 
Institut bewilligt worden. Der Vorstand des Werkes 
ist, wie schon bemerkt, mit der Verwaltung dieses Fonds 
betraut und legt darüber Rechnung ab. 
Die übrigen noch vorhandenen 5 Fonds sind meistens 
besondern Zwecken gewidmet, so z. B. der weitern Aus— 
bildung befähigter Söhne von Meistern und Arbeitern, 
Bescheerung ärmerer Kinder am Weihnachtsfeste, Unter— 
stützung derjenigen Waisen, denen ein desfallsiger Anspruch 
an vorhandenen Pensionskassen nicht zusteht ꝛc. Sämmtliche 
Fonds sind dem jeweiligen Werksdirigenten zur Verfügung 
gestellt. 
Die Nothhülfe bei plötzlichen Unfüllen und Gefahren. 
VI. 
Verfahren bei starker Berauschung. Ob 
schon im Allgemeinen die meisten Fälle von Trunkenheit 
ohne dauernde üble Folgen vorüberzugehen pflegen und durch 
den Schlaf sich von selbst ausgleichen, so kann ein solcher 
Zustand doch unter Mitwirkung besonderer Verhältnisse Le— 
bensgefahr, ja selbst plötzlichen Tod herbeiführen. Wenn 
man daher an dem Betrunkenen Erscheinungen wahrnimmt, 
welche nicht der Berauschung allein zugeschrieben werden 
önnen, wie sehr starke Betäubung, röchelnden Athem, blaue 
Färbung des Gesichtes und Schwellung der Halsadern, 
o muß auch allsogleich Sorge für Verhütung eines Schlag⸗ 
lusses getroffen werden. Zu diesem Zwecke ist der Be— 
rauschte an einen kühlen Orte mit erhöhtem Kopfe nieder— 
zulegen, der Körper von jedem beengenden Kleidungsstücke 
zu befreien, der Kopf durch stetes Begießen mit kaltem Was⸗ 
er oder durch kalte Umschläge abzukühlen, dabei der Schlund 
des Betrunkenen mittelst eines Federbartes oder Strohhalmes 
zum Erbrechen zu reizen. 
Ist dies geschehen, so überlasse man den Berauschten 
der Ruhe und wiederhole blos die kalten Umschläge auf 
seinen Kopf recht fleißig. 
Rettungsverfahren bei Vergiftungen. 
Bei Vergiftungen suche man das Gift sofort durch Er— 
brechen (— Kitzeln des Schlundes mittelst des Fingers oder 
einer Feder, Einflößen großer Mengen warmen Wassers —) 
zu entfernen. Hat nun der Ungluͤckliche erbrochen, so reicht 
man ihm, bis zur Ankunft des Arztes, bei Vergiftung durch 
— 
ätzende oder scharfe Substanzen, Milch, schleimige Getränke, 
wie Reiswasser, Seifenwasser oder dickconcentrirtes Zucker⸗ 
wasser dar, reibe seinen Körper mit Flanell oder Bürsten, 
und begieße, namentlich bei betäubenden Giften, den Kopf 
von 5 zu 5 Minuten mit kaltem Wasser. 
Rettungsverfahren bei Erfrorenen. Die 
Wiederbelebung Erfrorener ist mitunter selbst dann noch 
möglich, wenn sie mehrere Tage schon bewußtlos unter 
Schnee gelegen haben und vollkommener Scheintod vor— 
liegt. Deshalb soll man nie zu früh von den anscheinend 
erfolglosen Bemühungen abstehen. 
Erfrorene, die ganz steif und starr sind, müssen mit 
der größten Vorsicht transportirt werden, da gefrorene Glie⸗ 
der leicht brechen. Der Verunglückte muß in ein kaltes, 
ungeheiztes Zimmer gebracht werden, wo jedoch kein Luft— 
zug sein darf. Dort schneide man ihm die Kleider vom 
Leibe und entblöße ihn ganz. Hat man Schnee zur Ver— 
fügung, so mache man ihm davon ein Lager und bedecke 
ihn auch etwa 1 Fuß hoch damit, so daß nur Mund und 
Nasenlöcher frei bleiben. In diesem Bette hat der Erfrorene 
s'o lange zu liegen, bis er aufzuathmen beginnt und die 
Belenkigkeit der Glieder wieder hergestellt ist. Dann wird 
der ganze Körper mit Schnee oder Eis abgerieben. In 
Ermangelung von Schnee bringe man ihn in ein möglichst 
kaltes Bad, worin er bis zum völligen Aufthauen und 
Eintritt der Beweglichkeit seiner Glieder zu bleiben hat. 
Alsdann wird er abgetrocknet, in ein nicht gewärmtes Bett 
in kalter Stube gebracht und nun am ganzen Körper mit 
trockenen Tüchern vorsichtig abgerieben. Wenn der Ver— 
anglückte schlingen kann, so gebe man ihm kleine Portionen 
von Fleischbrühe, Thee oder Weinsuppe, die aber nicht heiß, 
sondern höchstens, lauwarm sein dürfen. 
Sind nur einzelne Körpertheile erfroren, so bringt 
man den Kranken in ein kaltes Zimmer, und reibt ihm die er⸗ 
frorenen Glieder mit Schnee oder recht kaltem Wasser, bis 
sie aufzuathmen beginnen und die Empfindlichkeit in den— 
selben wiederkehrt. Hierauf mache man kalte Umschläge auf 
die erfrorenen Theile und lasse den Kranken noch 2 bis 3 
Stunden in einer kühlen Stube verweilen.
	        
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