1834 —
fuhren sie ihre erste Schicht. Obschon ihnen Anfangs die
ungewohnte harte Arbeit schwer fiel, waren sie doch froh,
daß sie jetzt der übermäßigen Armuth Lebewohl sagen
konnten.
Der junge Arnold Wellenstein wurde fast von Tag
zu Tag kräftiger, die Arbeit gefiel ihm, und nachdem er
zuerst über Tage beschäftigt gewesen war, wurde er nach
einigen Jahren wirklicher Bergmann. Durch seine große
Liebenswürdigkeit war er bald beliebt geworden bei Jeder—
mann. Die Mutter Natur hatte ihn zudem auch mit allen
körperlichen Vorzügen begabt. — Mit einer seltenen Pflicht—
treue und Liebe ging er seinem Berufe nach. Bald war
er auch bekannt geworden bei den Werkseigenthümern selbst,
und im Jahre 1854, in seinem 18. Lebensjahre, schickten
diese ihn auf ihre Kosten nach Düren in die Bergschule.
Nach bestandenem einjährigem Schulcursus kehrte er mit
den besten Zeugnissen zurück nach Mechernich und wurde
bald, als Jüngling von kaum 20 Jahren, auf der Grube
Peterheide zum Steiger ernannt. Er betrat nun eine
neue Laufsbahn. Aber immer blieb er derselbe in seiner
Bescheidenheit gegen jeden Menschen.
So wirkte Arnold Wellenstein mehrere Jahre mit dem
besten Erfolg. Er erfand die neuen Schnappwagen, bei
denen der Kasten des Wagens nur auf der Mitte ungefähr
40 Centimeter aufsaß; die Räder waren dabei dicht an
einander, so daß nur 'einige Centimeter freier Raum blieb,
der Stuhl, worauf der Kasten ruhte, hatte einen nach
hinten hervorstehenden Schwanz, in den sich ein unter dem
Kasten angebrachtes Gelenk einlegte und dann vermittelst
eines eisernen Riegels festgehalten wurde, so daß der
Wagen, wenn der Riegel herausgezogen wurde, mit Leichtig—
keit entladen oder ausgeleert werden konnte.
Im Jahre 1861 enschloß sich die Gewerkschaft, einen
neuen Schmelzofen zu bauen nach englischer Construction.
Der älteste der Gebrüder Kreuser reiste in Begleitung des
Steigers Wellenstein nach England, um die Grube Concordia
zu besuchen, eines der schönsten Silberbergwerke Englands.
Dort sollte Wellenstein einen Zeichenabriß aufnehmen von
jenen Schmelzöfen. Nach mehreren Tagereisen kamen beide
in London an, hielten sich ein paar Tage dort auf und
reisten dann direct nach der Grube Concordia in Alt-Eng
land. Hier fanden sie freundliche Aufnahme bei dem Be—
sitzer der Grube, Namens John Wilton, einem Engländer,
der schon einmal als Theilhaber an der Gesellschaft, Wies—
baden“ in Denschland auf dem Bleiberge gewesen war.
Auf alle mögliche Weise suchte er den deutschen Gästen seine
englische Gastfreundschaft zu bezeigen; auf's Liebenswürdigste
unterstützte ihn noch dabei seine einzige Tochter Hildegard,
die zwar nur wenig und gebrochen Deutsch sprach, aber
doch leicht sich verständlich zu machen wußte.
Am Tage nach ihrer Ankunft fuhren Wellenstein und
sein Begleiter unter der Leitung des alten Herrn Wilton
in die Grube Concordia und sahen sich den Abbau und
die Fördervorrichtungen an. Dann ging es wieder zu
Tage, nach der Silberhütte und dem Pochwerke und endlich
zu den sie am Meisten interessirenden Schmelzöfen. In
den nächsten Tagen begann Wellenstein seine Zeichenauf—
nahme und führte sie auch bald mit der größten Pünktlich—
keit und zur Zufriedenheit seines Herrn sowohl wie auch
ihres englischen Gastfreundes aus.
An einem schönen Sommertage begleiteten Herr Wilton
und Fräulein Hildegard ihre deutschen Gäste zu Wagen
nach der Stadt Boston. Während Hildegarde sich auf der
FSruder und Verleger: Gebrüder Hofer in Sgarbrücken. (Erpedition der Saarbrücker Zeitung.)
Fahrt in munterster Laune bemühte, von ihrem jungen
Reisegefährten sich Unterricht in dessen Muttersprache geben
zu lassen, unterhielten sich die beiden ältern Herren über
geschäftliche Angelegenheiten. Im Laufe des Gespräches
am auch die Rede auf Wellenstein, dessen Anstand und
gute Sitte dem alten Engländer überaus wohl gefiel. Herr
Kreuser erzählte ihm Wellensteins Lebensgeschichte und wuͤrde
dabei nicht müde, dessen gute Eigenschaften hervorzuheben
und ihn so vortheilhaft zu schildern, als wenn Wellenstein
sein eigenes Kind wäre.
Nachdem man sich in Boston einige Tage aufgehalten
hatte, wurde wieder die Rückreise nach Concordia angetreten.
Unterwegs brachte John Wilton in der Unterhaltung mit
Kreuser wiederum das Gespräch auf Wellenstein und erklärte
rundweg, der junge Mann gefiele ihm so gut, daß er mit
Freuden ihm sogar die Hand seiner Tochter anbieten würde,
wenn er ihn bei sich in England zurückhalten könnte. Kreuser
wvar sehr überrascht über diese Wendung des Gesprächs,
namentlich aber darüber, daß der reiche Engländer allem
Anschein nach ihm Wellenstein abspenstig machen wollte.
Er erwiderte denn auch, daß ihm das nur höchst unwill—
ommen sei, jedoch wolle er dem Lebensglück seines Lieb—
lings auch keine Hindernisse bereiten. „Wie steht es aber
denn mit Ihrer Fräulein Tochter?“ meinte er schließlich
lächelnd. „Ist sie denn damit einverstanden?“ „Vollkommen,“
sagte Wilton, „denn sie gestand mir offen schon in den
ersten Tagen Ihres Aufenthalts in meinem Hause ein, daß
sie noch nie einen liebenswürdigeren jungen Mann in ganz
England gesehen habe als diesen.“
Hildegard war eine blühende, frische Schönheit, ihr
üppiger Wuchs, das reizende Gesicht mit den dunkel blitzenden
Augen mußten auf Jeden, der für solche Reize nicht ganz
unempfänglich war, einen bleibenden Eindruck machen. Sie
war der Stolz ihres Vaters und die Zierde seines Hauses.
Der alte biedere Engländer hätte Alles für seine Tochter
geopfert. (Fortsetzung folgt.)
Allerlei.
Ein Bergbeflissener hatte in einem Gasthofe Viel von
seinen manichfaltigen Kenntnissen gesprochen, so daß endlich
den Gästen und dem Wirthe die Geduld riß und letzterer
iemlich barsch sagte: „Jetzt haben wir wirklich genug
von dem gehört, was Sie können; nun sagen Sie uns aber
auch, was Sie nicht können, und ich stehe Ihnen gut dafür,
das kann ich.“ — „Ich?“ sagte der rasch, „nun, ich kann
meine Zeche nicht bezahlen, und es freut mich sehr, daß Sie
* können.“ Unter allgemeinem Gelächter schlich der Wirth
ich weg. —
Streng nach dem Gesetz. Der Koran gebietet:
„Du sollst keinen Lebendigen berauben.“ Die Tartaren
sandeln buchstäblich nach diesem Gebote: sie schlagen die
Reisenden erst todt und berauben sie dann. Raub ohne
Mord kommt dort gar nicht vor.
Marktpreise am Noyvember 1873.
u St. Ishaun.
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