fahrung zu hringen, was die beiden Fremdlinge für Lands⸗
leute sein möchten. Höflich sie grüßend, frug er, wo die
Reise hinausginge. Wellenstein antwortete, daß sie am
Ziele ihrer Wanderung angekommen seien und im Begriffe
ständen, sich nach Arbeit umzusehen. Der Alte schien doch
einen gewissen Verdacht nicht unterdrücken zu können.
„Hätt' Ihr dann och ä Schriwes?“ sagte er zu Wellen—⸗
stein in einem Tone, an dem man einen Feldschütz oder
Dorfpolizisten hätte vermuthen können. Wellenstein zeigte
ihm seinen Reisepaß, wovon jener aber nicht Viel zu ver—⸗
stehen schien, bis er endlich Etwas vom Regierungsbezirk
Trier herkaute. „Ihr sitt Owwerlänner“, meinte er und
reichte den Paß zurück.
„Lieber Freund, Sie könnten uns vielleicht fagen, wo
Arbeit zu haben ist, und an wen man sich zu wenden hat?“
frug seinerseits nun Wellenstein den Alten. Der fühlte sich
offenbar durch dies Vertrauen geschmeichelt und gab denn
auch sofort die Auskunft: „Jangt ens strack de Berg robb.
An engem bräddere Hüsge is minge Sunn Steger. Ihr
frägt nur nach dem Steger Berghem; ä hätt' en Hoth of,
we de Steger Jansen von Mechernich.“
Beide Wanderer dankten nun dem Greis für die ihnen
gewährte Auskunft und gingen den bezeichneten Berg hinauf.
Da gewahrten sie zwei Menschen hinter einer Hecke, deren
Kleidung ihnen völlig fremd war. Sie hatten Bergkittel
an, der Ueberkragen des Kittels war mit langen Franzen
besetzt. Dem jungen Wellenstein war nicht recht geheuer
beim Anblicke dieser seltsamen Menschen, er hätte gern
einen andren Weg eingeschlagen, aber es ging nicht, sie
mußten grade an ihnen vorbei. Das waren die ersten
Bergleute, die sie in ihrem ganzen Leben gesehen hatten.
Glücklicher Weise war der schon erwähnte Steiger
Bergheim bei den beiden hinter der Hecke. Er sprach Wel—
lenstein an, da der Fußpfad, auf welchem dieser sich be—
fand, nicht weiter fuͤhrte, als zu einem Schürfloche, bei
welchem der Steiger Bergheim einige Mann beschäftigt hatte
Wellenstein erklärte ihm, daß er sich Arbeit suchen wolle.
Der Steiger schickte ihn eine halbe Stunde weiter hinunter
auf das Hauptwerk, das von den Arbeitern spottweise Span—
dau genannt wird, nach seinem eigentlichen Namen aber
Bachrevier oder Peterheide heißt. Dorthin nun lenkten
Wellenstein und sein Sohn ihre Schritte. —
Das genannte Werk ist schon vor vielen Jahrhunderten im
Betrieb gewesen, aber es sind keine Urkunden darüber vorhanden,
allem Anschein nach ist es in früherer Zeit bei einer großen
Ueberschwemmung ersoffen. Ein alter Geschichtsschreiber,
Sebastian Münster, schreibt darüber Folgendes: „In der
rechten Eyfel ist ein rauher Boden von Wäldern, da wenig
Habern (Hafer) wächst; aber gegen den Rhein und die
Mosel ist es fruchtbar. Um die Stadt Commern, die
Trierisch ist, erzeigt sich gut Silberbergwerk, werden aber
durch die Ungeschicklichkeit der Bauern verwahrlost, und
kommen in Abgang.“ — Sebastian Münster wurde 1489
zu Ingelheim geboren und starb 1552 zu Basel an der Pest.
Aus Münster's Urkunden läßt sich schließen, daß die—
ses Werk schon im Anfange des 16. Jahrhunderts zu seinem
gänzlichen Erliegen kam. In und um das Bergwerk zeigen
sich noch Spuren römischer Alterthümer, die sogenannte
Trierische Wasserleitung führt an der Burgfeyer Schmelz-—
hütte vorbei, und noch heutzutage kann man den Wasser—
kanal auf einige Meter Länge wohlerhalten erblicken. Die
Bewohner von den nächstgelegenen Ortschaften, Feybach,
Satzfey, Katzfey, Burgfey, Urfeiy, Eiserfey flüchteten sich
180
bei den früheren Kriegsunruhen in den Kanal oder in den
jetzt wieder in Betrieb gesetzten Burgfeyer Stollen, der eine
Lange von mindestens 1000 Lachter hat. — Daß das Berg—⸗
werk eine bedeutende Tiefe erreicht hatte, konnte man er⸗
sehen, als dasselbe in den Z0er Jahren dieses Jahrhunderts wie⸗
der von 4 Gebrüdern Kreuser, worunter einer taubstumm war,
neuerdings eeöffnet wurde. Man fand zugeschlämmte Ge—
senke, welche cirkelrund abgeteuft waren, von etwa 11
Meter Durchmesser. Beim Auspumpen und Aufbauen der—
selben ergab sich, daß das Pulver hier noch nicht gebraucht
vorden war. Dagegen fand sich noch verschiedenes Werk—
zeug im Schlamme vor, ein Hacken mit einer Feder, eine
messingene Lampe und eine thönerne Lampe, welch letz—
tere noch wohl erhalten war; die übrigen Gegenstände
waren nicht mehr genau erkenntlich. Die Gesenke, in denen
das Werkzeug gefunden wurde, waren noch nicht bis auf
das Erzlager abgeteuft, hatten aber doch eine Teufe von
etwa 200 Meter.
Die 4 Brüder Kreuser arbeiteten Anfangs allein und
benutzten den taubstummen Bruder als Haspelzieher. Das
Erz, welches sie gruben, wurde in ein Sieb geworfen, welches
über einem Wasserkasten sich befand, so daß die un—
tere Hälfte des Siebes im Wasser lag, dann wurde es
mehrere Male hin und her gerüttelt, bis sich das eigentliche
Erz von den Bergen getrennt hatte. War dann ein Wagen
voll Erz gewonnen, so verkaufste man ihn an das Berg—
verk zu Bleialf. Späterhin nahm sich eine englische Ge—
sellschaft „Wiesbaden“ der Gebrüder Kreuser an, und so
entstand das schöne, noch heutzutage im Betrieb stehende
Bergwerk. Nach einiger Jahren waren die Gebruͤder in
den Stand gesetzt, der englischen Gesellschaft ihr Geld zu—
rückzuzahlen. Im Jahre 1855 hatte das Werk schon 1800
Arbeiter, worunter ungefähr 150 weibliche Personen, welche
in dem Pochwerk und in der Erzwäsche beschäftigt wurden,
und 2300 jugendliche Arbeiter unter 16 Jahren bei den
zroßen Sieben über Tage, welche mit der Maschine getrie—
ben wurden. Die Mehrheit der Mannschaft wurde über
Tage beschäftigt.
Das Erzlager war hier so mächtig, daß man es immer
auf 20 bis 30 Meter und noch mehr schätzen konnte. So
lohnte es sich der Mühe, daß man die oberen Erdschichten
bis auf das Erzlager abdeckte und die, wo das Erz schon
ausgebeutet war, dann mit dem abgeräumten Gebirge wie—
der ausfüllte. Das Erz kömmt in „Knotten“ vor, wie es
der dortige Bergmann zu nennen pflegt; es sind dies
Stückchen von der Dicke einer Erbse, jedoch finden sich auch
verschiedenartig geformte Stücke bis zur Dicke eines Neu—
zolls, allerlei Figuren darstellend. Wo das Lager am
Stärksten ist, sind die Erzknotten vermischt mit krystallartigem
veißen Sand, der aber doch so hart ist, daß an den meisten
Stellen geschossen werden mußte. Es werden dabei durch—
schnittlich Loͤcher gebohrt von 133 Meter Tiefe, mitunter
auch noch tiefer, und von 7 bis 8 Centimeter Durchmesser,
—000
loch. Schlangenbohrer waren zwar versuchsweise im Ge—
—XIE——
Schon Anfangs der Wer Jahre kam es häufig vor, daß
20 und noch mehr Schüsse auf einmal angezündet wurden. —
In dem Erzlager befand sich hinwieder ein Eisengallstein,
der die Gestalt wie ein Menschenkopf hatte und nach der
Bergmannss prache „Tott“, genannt wurde.
Fortsetzung folgt.)
orucker und Verleger: Gebruder Sof er in Saarbrucken. sErpedition der Saarbrucker Zeiung.)