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Schichtentheile mit ziemlicher Sicherheit projektiren, was zu
bergmännischen Zwecken häufig von großer Wichtigkeit sein
kann; solche projektirte Sättel nennt man „Luftsättel“,
weil sie ja gewissermaßen in der Luft gedacht werden. —
Das Steinkohlengebirge in der Ruhrgegend hat bei—
spielsweise eine ganze Reihe derartiger Luftsättel aufzu—
weisen. Bei seinen zahlreichen, oft seltsam in einander
greifenden tiefen Mulden und Windungen muß dasselbe
chemals ein sehr gebirgiges, scharf eingeschnittenes Gebiet
gewesen sein. Jetzt würde dasselbe uus aber, wenn man
die jüngern Gebirgsschichten, welche es heute größtentheils
bedecken, wegnehmen könnte, nur mehr eine ganz wenig
geneigte, flache Ebene zeigen, von deren Oberfläche sämmtliche,
früher emporragenden Sattelhöhen gänzlich weggewaschen
sind. — Bei andern Kohlenbecken wiederum, wo die Zeit—
dauer zwischen der Hebung des Kohlengebirges und der
Ablagerung jüngerer Gebirgsschichten keine so gewaltig große
gewesen ist, hat die Auswaschung weniger stark gewirkt;
die Sättel sind im Wesentlichen erhalten geblieben und die
Unebenheiten der Oberfläche zwischen den Sätteln sind von
den ˖ abgelagerten jüngern Schichten ausgefüllt worden, so
daß letztere an der gegenwärtigen Oberfläche häufig insel—
förmig im Kohlengebirge erscheinen.
Die Nothhülfe bei plötzlichen Unfällen und Gefahren.
vV.
Rettungsverfahren bei Erhängten oder
Erdrosselten. Das Erste, was bei einem Erhängten
oder Erdrosselten, an dem noch keine deutlichen Merkmale
der Fäulniß wahrnehmbar sind, geschehen muß, ist, daß
man das Band oder den Strick, welcher den Hals um—
schnürt, schnell, aber vorsichtig löst oder durchschneidet und
zugleich Sorge trägt, daß der Körper des Erhängten nicht
auf die Erde herabfalle und sich durch den Fall beschädige.
Hierauf bringe man den Scheintodten in eine sitzende Stel—
lung, löse alle beengenden Kleidungsstücke, bespritze ihm Ge—
sicht, Brust und Ruͤcken mit kaltem Wasser und halte ihm
scharfen Essig oder sonstige scharfriechende Stoffe unter die
Nase. Ist der Körper kalt, das Gesicht blauroth und auf—
gedunsen, die Augen hervorgedrängt, die Lippen und Zunge
angeschwollen, so suche man rasch seine Füße durch heiße
Ziegel, Wasserkrüge u. s. w. zu erwärmen, und lege auf
seine Waden Senfteige oder in Ermangelung dessen Sauer⸗
teig oder geriebenen Meerrettig solange, bis die davon be—
dectte Haut roth wird. Zeigt sich keine Spur von Athmen,
dann ist in der früher beschriebener Weise mit künsilicher
Athmung vorzugehen.
Rettungsverfahren bei Ertrunkenen. Ist
Jemand im Wasser untergesunken, so ist er mittelst eines
Rettungshakens, oder sonst auf andere Weise, jedoch stets
mit Vorsicht herauszuziehen, so daß der Körper keinen Scha—
den erleiden kann. Zeigt er demnächst kein Merkmal von
Faäulniß, so müssen, in der Voraussetzung, daß Wiederbe—
lebung möglich sei, die entsprechenden Versuche gemacht
werden. Zu diesem Behufe reinige man vor Allem dessen
Mund mittelst des eingebrachten Zeigefingers von Schlamm,
Sand, Schaum und dergleichen; kihele mittelst eines Feder—
hartes oder Strohhalmes seinen Gaͤumen; wende ihn, den
Kopf unterstützend, auf die eine Seite, und reize auch seine
Nase durch scharfe Riechmittel oder Schnupflabak, damit
»er durch Niesen und Erbrechen die eingedrungenen fremden,
das Athmen behindernden Stoffe entleere Zeigl sich kein⸗
Spur von Athmen, so lege man den Körper auf den Bauch,
schiebe ihm ein zusammengelegtes Tuch oder Kleidungsstüch
inter die Brust und den einen seiner Arme unter das Gesicht;
vährend dieser Bauchlage übe man mit der Hand einen
zleichmäßig starken Druck auf den Rücken, zwischen den
Schulterblaͤttern aus, wende vorsichtig den Korper wieder
auf eine Seite, dann wieder auf den Bauch und wieder—⸗
hole solche Wendungen etwa 15-mal in der Minute und
zwar bald auf die eine bald auf die andere Seite. Zu
gleicher Zeit suche ein anderer Mann die Hände und Füße
zu trocknen, und den Körper von den nassen Kleidern zu
hefreien. — Stellt sich nach einigen Minuten keine Spur
don Athmen ein, so lege man den Körper auf den Rücken,
ziehe die Zunge aus dem Munde hervor, und halte sie in
dieser Lage fest, während die anderen Hülfeleistenden die
ünstliche Athmung vorzunehmen haben. Das Umstürzen,
sauf den Kopf Stellen) der Ectrunkenen ist schädlich und
somit verwerflich und zu meiden.
Rettungsverfahren bei Erstickung durch
schädliche Luftarten. Wenn Leute in geschlossenen
Räumen — Gruben, Kloaken, Kellern oder Zimmern —
der Einwirkung schädlicher Luftarten erlegen sind, so handelt
es sich vor Allem um eine schnelle, jedoch auch für die
Hilfeleistenden zugleich gefahrlose Befreiung der Verunglück—
ten von der schädlichen Luft.
Es muß also zuerst die Luft soweit gereinigt und ver—
bessert werden, daß ein Mensch daselbst ohne Gefahr wei—
sen kann. — Ist der Unfall in einem Zimmer oder Keller
dorgefallen, so öffnet man alle Luftlöcher, Thüren und
Fenster, bricht nöthigenfalls auch neue Oeffnungen in das
Mauerwerk, um hierdurch einen Luftzug zu bewirken. Ist
er in Gruben, Brunnen, oder Schächten geschehen, so suche
nan durch geeignete Ventilationsmittel die angesammelte
duft zu beseitigen. Niemand darf in einen solchen Raum
„inabsteigen, bevor man sich nicht überzeugt hat, daß die
darin befindliche Luft zur Athmung verwendet werden kann.
Letzteres ist der Fall, wenn ein hinabgelassenes brennendes
Licht nicht erlischt, oder ein hinabgelassenes lebendes Thier
(Hund, Katze, Kaninchen u. s. w.) nicht umfällt, sondern
munter bleibt.
Ist Anlaß zur Befürchtung, daß das schädliche Gas
bei Berührung mit Feuer explodiren könnte, so darf man
nur mit gut geschlossenen Sicherheitslampen vorgehen, oder
muß im Finstern den Verunglückten aufsuchen und hinaus—
tragen.
Wer sich zur Rettung eines Verunglückten in einen
solchen gefährlichen Raum begibt, soll jedenfalls zuvor, falls
nicht die neuerdings erfundenen Rettungsapparate zur Hand
sind, einen mit Essig befeuchteten Schwamm oder ein solches
Tuch vor Mund und Nase binden und sich einen Gürtel
mit einem Seile am Leibe befestigen lassen, an welchem er
bei Anwandlung eigener Unpäßlichkeit wieder herausge—
zogen werden kann.
Ist der Verunglückte an die freie Luft gebracht und
scheintodt, so ist er nach gehöriger Entkleidung und Lagerung
mit kaltem Wasser zu bespritzen. Brust, Haͤnde und Füße
sind auf die früher beschriebene Weise mit einer Bürste zu
reiben, Riechmittel ihm unter die Nase zu halten, und bei
Erfolglosigkeit dieser Mittel unverweilt die ebenfalls be—
schriebene künstliche Athmung vorzunehmen.
Arnold Wellenstein wird Bergmann.
kine wahrheitsgetreue Erzählung aus der jüngsten Vergangenheit.
Von Nik. Plein, Bergmann zu Friedrichsthal.
(Fortsetzung.)
Den Alten schien der Vorwitz zu plagen, in Er—