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sich und ließ nun Tag und Nacht Glas machen. Anfangs Preis an herumziehende Händler, nur um seine Arbeiter be—
gefiel ihm das Handwerk wohl. Er pflegte gemächlich in zahlen zu können.
die Glashütte hinabzusteigen, ging dort mit vornehmen Schrit⸗ Eines Abends ging er auch wieder vom Wirthshaus
ten, die Hände in die Tasche gesteckt, hin und her, guckte dahin, heim und dachte trotz des vielen Weines, den er getrunken,
guckte dorthin, sprach Dies und Jenes, worüber seine Arbeiter um sich fröhlich zu machen, mit Schrecken und Gram an—
oft nicht wenig lachten, und seine größte Freude war, das Glas den Verfall seines Vermögens. Da bemerkte er auf ein⸗
blasen zu sehen, und oft machte er sich an die Arbeit und mal, daß Jemand neben ihm gehe, er sah sich um, und siehe
formte aus der noch weichen Masse die sonderbarsten Fi- da — es war das Glasmännlein. Da gerieth er in Zor
zuren. Bald aber war ihm die Arbeit verleidet, und er kam und Eifer, vermaß sich hoch und theuer und schwur, de
zuerst nur noch eine Stunde des Tages in die Hütte, dann Kleine sei an all seinem Unglück schuld. „Was thuni
nur alle zwei Tage, endlich die Woche nur ein Mal, und nun mit Pferd und Wägelchen?“ rief er. „Was nutzt mich
seine Gesellen machten, was sie wollten. Das Alles kam die Hütte und all mein Glas? Selbst als ich noch ein elen—
aber nur vom Wirthshauslaufen. Den Sonntag, nachdem der Köhlersbursch war, lebte ich froher und hatte keine Sorgen.
er vom Tannenbühl zurückgekommen war, ging er ins Wirths- Jetzt weiß ich nicht, wann der Amtmann kommt, und meine
haus, und wer schon auf dem Tanzboden sprang, war der Habe schätzt und mich pfändet der Schulden wegen.“
Tanzbodenkönig, und der dicke Ezechiel saß auch schon hinter „So?“ entgegnete das Glasmännlein. „So? Ich also
der Maßkanne und knöchelte um Kronenthaler. Da fuhr soll schuld daran sein, wenn Du unglücklich bist? Ist
Peter schnell in die Tasche, zu sehen, ob ihm das Glas- dies der Dank für meine Wohlthaten? Wer hieß Dich auch
männlein Wort gehalten, und siehe, seine Tasche strotzte von so thöricht wünschen? Ein Glasmann wolltest Du sein, und
Silber und Gold. Auch in seinen Beinen zuckte und drückte wußiest nicht, wohin Dein Glas verkaufen? Sagte ich Dir
es, wie wenn sie tanzen und springen wollten, und als der nicht, Du solltest behutsam wünschen? Verstand, Peter, Klug⸗
erste Tanz zu Ende war, stellte er sich mit seiner Tänzerin heit hat Dir gefehlt.“
oben an neben den Tanzbodenkönig, und sprang dieser drei „Was Verstaänd und Klugheit!“ rief Jener, „ich bin
Schuh hoch, so flog Peter vier, und machte dieser wunder- ein so kluger Bursche als irgend einer und will es Dir
liche und zierliche Schritte, so verschlang und drehte Peter zeigen, Glasmännlein,“ und bei diesen Worten faßte er das
seine Füße, daß alle Zuschauer vor Lust und Verwunderung Männlein unsanft am Kragen und schrie: „Hab' ich Dich
beinahe außer sich kamen. Als man aber auf dem Tanz⸗ etzt, Schatzhauser im grünen Tannenwald, und den dritten
boden vernahm, daß Peter eine Glashütte gekauft habe, als Wunsch will ich jetzt thun, den sollst Du mir gewähren.
man sah, daß er, so oft er an den Musikanten vorbeitanzte, Und so will ich hier auf der Stelle Zweimalhunderttausend
ihnen einen Sechsbätzuer zuwarf, da war des Staunens harte Thaler, und ein Haus und — o weh!“ schrie er und
kein Ende. Die Einen glaubten, er habe einen Schatz im schüttelte die Hand, denn das Waldmännlein hatte sich in
Wald gefunden, die Andern meinten, er habe eine Erbschaft zlühendes Glas verwandelt und brannte in seiner Hand, wie
gethan, aber alle verehrten ihn jetzt und hielten ihn für Prühendes Feuer. Aber von dem Männlein war Nichts
einen gemachten Mann, nur weil er Geld hatte. Verspielte mehr zu sehen.
er doch noch an demselben Abend zwanzig Gulden, und Mehrere Tage lang erinnerte ihn seine geschwollene
nichts desto minder rasselte und klang es in seiner Tasche, Hand au seine Undankbarkeit und Thorheit. Dann aber
wie wenn noch hundert Thaler darin wären. aͤbertäubte er sein Gewissen und sprach: „Und wenn sie mir
Als Peter sah, wie angesehen er war, wußte er sich die Glashütte und Alles verkaufen, so bleibt mir doch im—
vor Freude und Siolz nicht zu fassen. Er warf das Geld mer der dicke Ezechiel. So lange der Geld hat am Sonn⸗
mit vollen Händen weg und theilte es den Armen reichlich tag, kann es mir nicht fehlen.“
mit, wußte er doch, wie ihn selbst einst die Armuth gedrückt Ja Peter! Aber wenn er keins hat? Und so geschah es
hatie. Des Tanzbodenkönigs Künste wurden vor den über- ꝛines Tages und war ein wunderliches Rechenexempel. Denn
natürlichen Künsten des neuen Tänzers zu Schanden, und eines Sonntags kam er angefahren aus Wirthshaus, und
Peter führte jeßt den Namen Tanzkaiser. Die unterneh- die Leute steckten die Köpfe durch die Fenster, und der
mendsten Spieler am Sonntag wagten nicht so viel wie er, Eine sagte: Da kommt der Spielpeter, und der Andere:
aber sie verloren auch nicht so viel. Und je mehr er ver- da, der Tanzkaiser, der reiche Glasmann, und ein Dritter
lor, desto mehr gewann er. Das verhielt sich aber ganz so, schüttelte den Kopf und sprach: „Mit dem Reichthum kann
wie er'es vom tleinen Glasmännlein verlaugt hatte.“ Ert man es machen, man sagt Ällerlei von seinen Schulden,
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haben, wie der dicke Ezechiel, und gerade dieser war es, an nicht mehr lange säumen zum Auspfänden.“
welchen er sein Geld verspielte. Und wenn er zwanzig, (Fortsetzung folgt.)
dreißig Gulden auf ein Mal verlor, so hatte er sie also—
bald wieder in der Tasche, wenn sie Ezechiel einstrich. Nach
und nach brachte er es aber im Schlemmen und Spielen
weiter, als die schlechtesten Gesellen im Schwarzwald, und
man nannte ihn öfter Spielpeter, als Tanzkaiser, denn er
spielte jetzt auch beinahe an allen Werktagen. Darüber kam
aber seine Glashütte nach und nach in Verfall, und daran
war Peters Unverstand schuld. Glas ließ er machen, so
piel man immer machen konnte, aber er hatte mit der Hütte
nicht sogleich das Geheimniß gekauft, wohin man es am
besten verschließen könne. Er wußte am Ende mit der Menge
Glas Nichts anzufangen, und verkaufte es um den halben
rc lege ee Seruin Ea bren. (Er pedition der Saarbruder Zeitung.)