seine Wünsche erfüllt, da sein Vater als Heizer nach einem
neuen Schachte ging und er daselbst als Maschinenbursche
angestellt wurde. Mit der ängstlichsten Sorgfalt pflegte er
seine Maschine und war unablässig bemüht, sie in allen
hren Einzelnheiten auf's Genaueste kennen zu lernen.
Stephenson war unterdessen 18 Jahre alt geworden,
war Maschinenwärter, hatte einen treuen Hund, welcher ihm
sein Mittagsessen brachte, hatte hübsche Kaninchen und zahme
Rothkehlchen, aber — er konnte weder lesen noch schreiben.
Dies, seinem strebsamen Geiste so empfindliche Hinderniß
wußte er indeß durch den Besuch einer Abendschule und
angestrengten Fleiß zu beseitigen, und wie stolz war er, als
er im 19. Lebensjahre seinen Namen schreiben konnte!
Hierauf kam er als Bremser nach Black Callerton und wußte
sich durch Mäßigkeit, Fleiß und Nebenverdienste, welche er
durch Schuhflicken, Leistenschneiden und Uhrenrepariren er—
zielte, so Viel zu ersparen, daß er eine kleine Wohnung miethen
und möbliren konnte, um seine geliebte Fanny heimzu—
führen.
Die Trauung sand am 28. November 1802 in der
Newburner Kirche statt; nach dieser Feierlichkeit bestieg er
mit seiner Frau ein starkes Bauernpferd, und so kamen sie
nach Willington-Quay, um den Segen seiner Eltern zu
holen. Im December des nächsten Jahres ward ihm ein
Sohn geboren; im folgenden Jahre jedoch, als er sich kaum
in Killingworth als Bremser der Fördermaschine niederge—
lassen, wurde ihm seine Frau, welche ihre Ehre darin suchte,
ihm den häuslichen Herd so angenehm zu machen, daß kein
Vergnügen ihn ihr des Abends zu entführen vermochte,
durch den Tod entrissen. Noch in der Betrübniß über diesen
Verlust nahm er auf einer Grube in Montrose die Stelle
eines Maschinenmeisters an, kehrte jedoch im nächsten Jahre
zu seinem Kinde zurück, mit einer Ersparniß, welche hin—
reichte, seinen unterdessin an Brandwunden erblindeten
Vater dem äußersten Elend zu entreißen, und für sich im
Kriege gegen Napoleon einen Ersatzmann zu stellen, welche
aber nicht groß genug war, um den Einflüsterungen seines
Mißmuths nachgeben und nach America übersiedeln zu
önnen.
Der reisende Bergmann,
rzählt von Nikolaus Plein, Bergmann in Friedrichsthal.
Fortsetzung.)
Herrmann lenkte seine Schritte der Schenke zu. In
Martins Herzen stiegen zwar bange Ahnungen auf, doch
folgte er seinem Gefährten. Stolzen Schrittes ging dieser
zur Wirthsstube hinein und sprach noch im Hausflur seinem
fast zaghaften Kameraden Muth zu. „Schönen guten
Abend“, sagten Herrmann und Martin zugleich wie aus einem
Munde. Der Wirth, ein vierschrötiger Mann, erhob sich
oon seinem Großvaterstuhl und wünschte „großen Dank.“
Martin konnte einen bangen Seufzer nicht unterdrücken.
Denn in einer solchen, hilflosen Lage hatte er sich noch nie
befunden und er meinte den Wirth immer noch größer und
dicker, als er wirklich war, zu sehen. Seine Jugendzeit trat
ihm mit unwiderstehlicher Macht vor die Seele, er sah sich
im Geiste versetzt ins elterliche Haus und hätte gerne ge—
weint, wenn er allein gewesen waͤre.
Aber ganz anders sah es bei Herrmann aus. Die
Schicksalswirbel hatten ihn schon oft mürbe gemacht. Er
hatte schon als Jüngling von kaum 20 Jahren den Krim—
krieg mitgemacht war von da als Gefangener noch Ruß
and, dann nach Sibirien geschleppt worden, wo er sieben
Monate mit Hunger, Kälte und Prügel zu kämpfen hatte.
— Er dachte jetzt, mehr als Schläge können wir nicht be—
tommen und da sind wir auch noch mit dabei. Er bestellte
eine Flasche guten 57er. Der Wirth war überfroh, die
hohen Gäste bedienen zu dürfen und verabfolgte schnell und
bünktlich das Verlangte, setzte die Flasche vor die beiden
und sprach sein höfliches, Wohl bekomm's Ihnen!“ — „Bringen
Sie gefälligst noch ein Glas, Herr Wirth!“ — Dieser be—
eilte sich, das Geforderte schnell zu besorgen. Herrmann
schenkte nun die drei Gläser voll von dem edlen Naß und
lud den Wirth ein, mitzutrinken. Der schlug das Aner—
hieten nicht aus, und stieß an auf Ihr Wohlsein.
Jetzt kamen von Zeit zu Zeit auch Bauern in die
Schenke, um ihre Neugierde zu befriedigen. Herrmann er—
tlärte dem Wirthe in wohlgesetzten Worten, wie sie von
einer Niederländischen Gesellschaft beauftragt wären, hier im
Dorfe Tiefenbach ein Bergwerk anzulegen an dem alten
heidenkopf, und daß sie am folgenden Tage ein Koffer per
— geschickt bekommen würden, worin Banknoten, Zeichnungen,
leidungsstücke und geometrische Werkzeuge sich befänden.
Es war nun nicht bei einer Flasche geblieben und der
z7er that auch seine Wirkung; denn er hatte glücklicher
Weise von den Fortschritten der Neuzeit noch Nichts er—
ahren, und der gutmüthige Eifeler Wirth ließ ihn rein,
vie er ihn vom Winzer kaufte. Jemehr sie tranken, umso—
nehr wuchs der Muth Herrmanns. Er setzte dem Wirthe
auseinander, daß er schon innerhalb zwei Tagen 20 Ar—
deiter vorläufig beschäftigen könnte; es müßten das aber
unge, kräftige und unbescholtene Leute sein und nicht unter
18 Jahr alt, der Lohn sollte einstweilen auf 8 Franken
»der, 24 Sgr. festgestellt sein. „Sollten vielleicht soviel
unge Burschen hier im Dorfe zusammen zu bringen sein“,
neinte er, „so möchte ich Sie doch bitten, mir ein Wenig be—
zülflich zu sein, es soll gewiß Ihr Schade nicht sein. Denn
sehen Sie einmal. Wenn wir uns bei Ihnen niedergelassen
haben, da gibt's eine ganz andre Wendung, an Geld soll
es Ihnen nie mehr fehlen.“
Der überglückliche Wirth versprach, Alles aufzubieten,
was in seiner Kraft stehe, und zwar schon sofort. Er schickte
allsogleich den Bauer, mit dem seine Gäste auf dem Wege
zusammengetroffen waren, der mittlerweile auch zum db7er
eingeladen war, fort, die Bestellung zu machen. Es durften
aatuüͤrlich aber nur befreundete und Stammjungen zu dem
zünstigen Anerbieten herbeigernfen werden.
Kaum war eine halbe Stunde verflossen, so erschien
der Bauer mit mehr Burschen, als angenommen werden
fonnten. Jetzt wurde eingereiht und Notiz geführt. Herr—
nann stellte die Burschen in zwei Gliedern auf und
nusterte sie. Da kam zuerst die Reihe an den Zammer—
Rückes, einen riesengroßen Menschen, dem das „Laster“ der
Dummheit in seinem ganzen Aeußern aufgeprägt war.
Wie freute er sich, der Erste auf der Liste zu sein; er schlug
mit seiner derben Faust auf den Tisch, daß die Gläser
lirrend aneinander stießen. „Zehn Flaschen Wein hierher,“
gebot er in einem Ausflusse übergroßer Freude, er konnte die
Mundwinkel gar nicht mehr zusammenbringen.
Martin mußte sich auch an der Musterung betheiligen.
So wie Herrmann die Einzelnen herausstellte, wurden sie
an Martin verwiesen, der sie dann einschrieb nach Namen
ind Alter. — Die Stube füllte sich allmählig, so daß man
'ast keinen Platz mehr hatte, die Rekrutirung fortzusetzen.
Der Wirth hatte sich an Herrmanns Seite gestellt, um —
vie er versprochen — behülflich zu sein, er nickte ihm jedes—
—al monn vinoer yon ceinen Kunden zur Musterung qrs2